Kurzabriss zur Szenenentwicklung

In den 70er und 80er Jahren tauchte SM nur vereinzelt in den Medien auf: Meist in Berichten über Dominas. Das änderte sich erst mit dem Sterntitel „Ich bin Masochistin“ über Sina Aline Geissler.
In den Pornoshops gab es seltsame Fetischheftchen (Club Caprice), Domina-Führer (mit Studioberichten und Anzeigen), manchmal auch Hefte wie „Slave Sex“ oder „SM“, billig und schlecht gemachte Fotoserien. Neben ein paar Bondage-Filmen aus amerikanischer Produktion (z.B. Harmonie) gab es Comics – Joe Farell, John Willie, Eric Stanton etc.

All das hatte nichts mit dem zu tun, was ich in meinen sexuellen Träumen gerne gemacht hätte.

Ende der 80er-Jahre tauchten dann in den Stadt-Magazinen ab und zu etwas andere Kontaktanzeigen auf, in Berlin hatten diese eine eigene Rubrik: Die harte Welle.

Dass es seit Ende 1988 die ersten Hefte der Schlagzeilen gab, stellte ich erst Anfang 1990 fest. Auch dass es in Berlin und Hamburg SM-Gruppen gab, die sich privat trafen, hatte ich nicht mitbekommen.

Tja – die Kontaktanzeigen. Die habe ich jeden Monat verschlungen und mich irgendwann getraut auf eine zu antworten. Und dann auch einen netten Brief zurück bekommen und ein Date. Wir haben uns dann ein paarmal zu reden und spielen getroffen, aber ich war ja sehr unerfahren und das war dann nichts für die Dame.

In den Schlagzeilen habe ich dann selbst eine Anzeige aufgegeben – mit dem Erfolg, dass sich jemand fast 10 Monate nach Erscheinen der Anzeige bei mir gemeldet hat. Da hatte ich aber schon meine zukünftige Frau auf einer Privatparty in Berlin kennen gelernt. Aber, da diese Beziehung schon damals offen war, hatte ich eine lustige Zeit mit meiner Anzeigen-Gespielin, die noch immer eine gute Freundin von meiner Frau und mir ist.

Nebenbei gab es in Hamburg auch den inzwischen wohl ältesten Stammtisch – lustigerweise in dem Laden meines Bruders, den Stammtisch des SM-Sündikats Hamburg – noch immer jeden ersten Montag im Monat. Das war natürlich auch ein potentielles Jagdrevier für mich.

Und im Januar 1991 gab es dann die erste regelmäßige öffentliche SM-Party in Hamburg, die inzwischen legendäre „Les Fleurs du Mal“ an jedem ersten Freitag im ungeraden Monat. Und kurze Zeit später ging es auch in anderen Städten los: Berlin, Rhein-Ruhr, Hannover, Bremen etc. – Partys und Stammtische, Gruppen und Vereine. Viele der Vereine gibt es heute immer noch, alte Partyreihen sind eingestellt, neue Party-Reihen gestartet.

In den 90er-Jahren war noch nicht wirklich etwas virtuell, man musste überall selbst hingehen, Briefe schreiben, telefonieren. Und das war gut so.

Matthias Grimme

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