Caro (26)

Stell dich bitte kurz vor:

Ich bin weiblich, 26 Jahre alt und bin masochistisch und devot. Im „normalen“ Leben studiere ich, verdiene nebenbei mein eigenes Geld, bin sportlich und aktiv.
Ich weiß, was ich will, weiß in den meisten Fällen auch, wie ich es bekomme, ohne dafür über Leichen zu gehen und entspreche wohl dem, was man so landläufig „alltagsdominant“ nennt. Ich bin nicht immer einfach und trotzdem ganz pflegeleicht, wenn man(n) nur weiß, wie man mit mir umzugehen hat ;-)


Seit wann reizt dich BDSM, gab es einen Auslöser?

Ich denke, die „Veranlagung“ hatte ich schon immer irgendwie, ich konnte es nur nicht einordnen. Bewusst geworden ist es mir im Sommer 2008, als ich aus Langeweile im Internet erotische Kurzgeschichten gelesen habe. Einige handelten auch von BDSM, das hat mich fasziniert und ich wollte mehr wissen. So habe ich angefangen, mich mit dem Thema zu beschäftigen und mir recht viel Theorie angelesen.
Nach der Trennung von meinem damaligen Freund (nicht wegen SM) wollte ich dann auch wissen, wie „das so ist“. Ich habe seither einige Male gespielt, hatte aber bisher keine Beziehung mit einem dominanten Mann.


Was genau reizt dich an dem sehr weiten Feld BDSM?

Gerade dass es so ein weites Feld ist. Ich war immer schon recht offen und experimentierfreudig. Einer meiner Grundsätze ist, dass ich (fast) nichts ablehne, was ich nicht vorher zumindest einmal ausprobiert habe, so dass ich auch früher schon Dinge als selbstverständlich angesehen habe, die andere bei BDSM eingeordnet hätten.

Heute genieße ich es vor allem, die Verantwortung für mich und mein Handeln eine Zeit lang abgeben zu dürfen, auch mal klein und schwach sein zu dürfen und mich trotzdem – oder gerade deswegen – sicher, geliebt und geborgen zu fühlen.

Ich mag beispielsweise die klaren Regeln innerhalb einer Session, weil sie mir die Sicherheit geben, das Richtige zu tun. Es freut mich ganz ehrlich und aufrichtig, wenn mein Partner durch meine Anwesenheit, mein Handeln oder auch die Einhaltung seiner Regeln Lust empfindet und ich ihm so dienen kann.

Ich mag aber auch und ganz besonders die psychische Komponente. Das Spiel mit Nuancen in der Stimme, Blicken, einer kleinen Anspielung, die alle anderen Anwesenden nicht verstehen, oder der Wechsel von „normaler“ Beziehung zu „Spiel“ innerhalb von Sekunden ohne große Worte, das ist für mich auch ein wichtiger Teil von SM.

Und natürlich mag ich als Masochistin die unglaubliche Bandbreite von Lust und Schmerz, die ich immer wieder so anders erlebe und die mich meinem Partner so unheimlich nahe bringen kann. Ich kenne kaum glücklichere Momente, als nach einer ausgiebigen Flag-Session in den Armen des Mannes liegen zu dürfen, der mir diese ermöglicht hat.


Falls du BDSM inzwischen auslebst: Hat sich „dein“ BDSM im Lauf der Zeit verändert?

Ich habe bisher ja nicht viel erlebt, deshalb hat sich „mein“ BDSM nicht sehr verändert. Ich bin aber jedes Mal fasziniert, welche Gefühle BDSM in mir auslöst und wie unterschiedlich ich manches je nach Tagesform und Partner erlebe.


Welchen Stellenwert hat BDSM für dein Leben und für deine Beziehung?

Es ist ein Teil von mir, den ich nicht mehr missen möchte. Wenn es irgendwie möglich ist, möchte ich eine Beziehung mit BDSM führen. Ob ich im Moment ganz ohne BDSM leben könnte, weiß ich nicht. Eine Weile ginge das bestimmt und es ginge vermutlich auch gut. Aber irgendwann würde es mir fehlen und ich würde eine gewisse Leere und Sehnsucht spüren.
Trotzdem ist meine Neigung immer nur ein Teil von mir, nicht mein Leben – dazu bin ich vermutlich auch zu selbstständig und eigensinnig ;-)


Wie lebst Du BDSM in deiner Beziehung aus, beziehungsweise wie würdest du es ausleben wollen?

Ich weiß trotz der kurzen Zeit, die ich mit BDSM zu tun habe, dass ich mir eine recht weitreichende Dominanz wünsche. 24/7 wäre schön, allerdings in der Form, dass mein Partner jederzeit über mich verfügen kann, wenn er möchte (und die Umstände es zulassen). Wenn er jedoch nicht explizit die Sub an seiner Seite fordert, bin ich ihm gleichberechtigt, gleichgestellt, treffe meine eigenen Entscheidungen und kann durchaus auch mal die Stärkere von uns beiden sein.

Ist das jetzt ein Widerspruch zu der Frage darüber, dass BDSM nur ein Teil von mir ist? Ich denke nein. Ich habe nun mal zwei Seiten, und beide haben ihren Platz und ihre Zeit in meinem Leben.


Gab es eine ganz besonders intensive, lustige, oder auch nur ungewöhnliche Situation in deinem Leben, die einen BDSM-Kontext hatte?

Och, da gibt es einige. Sehr intensive Erinnerungen habe ich an meine vielen kleinen „ersten Male“. Als ein Dom mich zum Beispiel das erste Mal mit wenigen Sätzen so weit hatte, dass ich völlig kleinlaut einen Kloß im Hals hatte und keinen vollständigen Satz mehr formulieren konnte (und das will bei mir was heißen).
Das erste Mal, als ich gefesselt und geschlagen wurde und endlich spüren durfte, was ich mir vorher nur vorstellen konnte. Als mir bei meinem ersten richtig heftigen Mundfick Tränen die Wangen runterliefen und ich das nicht mal bemerkt habe, weil ich so erregt davon war.
Als mich das erste Mal in meinem Leben jemand ganz gezielt so weit provoziert hat, dass ich ihm vor lauter Wut fast das Knie zwischen die Beine gerammt hätte, nur um mir daraufhin sehr deutlich klarzumachen, dass ich mit meinem vorangegangenen Machtspielchen nicht durchkommen werde. Und auf jeden Fall das erste Mal zu fliegen, daran werde ich mich mein Leben lang erinnern.

Eine sehr lustige Begebenheit hingegen war ein Besuch im Baumarkt. Ich kam gerade aus dem Büro und wollte nur eben auf dem Heimweg ein paar Meter Seil kaufen. Also ab ins Auto und mit sehr engem, figurbetonendem, knielangen schwarzen Rock, mit High-Heels, schickem Top und Handtasche losgestöckelt.
In der entsprechenden Abteilung gab es nur Seile aus Sisal und Polypropylen, ich sollte aber eines aus Baumwolle kaufen. Also habe ich freundlich lächelnd den erstbesten Verkäufer angesprochen und höflich gefragt, ob sie denn auch Baumwollseile hätten. Er musterte mich kurz, lächelte ebenso freundlich und meinte ganz trocken: „Nein, aber Ketten sind einen Gang weiter“.


Hast du mit deiner Neigung gehadert? Wenn ja, warum und wie bist du damit umgegangen?

Nein, nie. Ganz im Gegenteil. Seit ich von meiner devoten Seite weiß, kann ich diesen Teil meiner Persönlichkeit viel besser verstehen und viel besser damit umgehen. Vorher habe ich mich zum Beispiel oft wegen meiner Schwäche oder dem Wunsch nach jemanden, der mir sagt was ich zu tun habe, verachtet. Ich hatte nun mal groß, stark und selbstbewusst zu sein, da passte das nicht in mein Selbstbild. Heute kann ich diese Seite in einem begrenzten zeitlichen und sicheren Rahmen kontrolliert leben und habe auch noch Spaß daran :-)


Welche Erfahrungen hast du mit der Partnersuche gemacht?

Naja, so im Alltag ist es natürlich schwieriger, jemanden zu finden. Zumal einem ja immer wieder mal interessante Männer begegnen, mit denen man sich eine Beziehung vorstellen könnte – wenn sie denn auch BDSM-ler wären. Dann die Konsequenz aufzubringen „nein“ zu sagen, um das unvermeidbare Scheitern der Beziehung aufgrund meiner Neigung – oder eben der nicht-vorhandenen Neigung auf der anderen Seite – zu verhindern, ist manchmal schon hart.

Das Internet ist heute natürlich eine Hilfe, auch wenn man schon sehr genau hinschauen muss, wer einem da gegenüber sitzt.

Angefangen bei so netten Unterhaltungen wie „Ficken?“ (ohne „hallo“ oder irgendeine Kommunikation vorher) bis hin zum verheirateten Mann, der mich am Balken seines Dachbodens aufhängen und foltern wollte, während seine Frau (mit der er natürlich eine vorbildliche Ehe führt, die er aufrichtig liebt und die von alledem nichts wissen darf) eine Etage tiefer im Zimmer neben den beiden Kindern schläft, gibt es so ziemlich alles.
(Ein dezenter Hinweis, dass der eigene Dachboden vielleicht nicht so geeignet wäre, weil ich ja später jederzeit vorbeikommen könnte und seiner Frau bei einer Tasse Kaffee unter anderem von den architektonischen Vorzügen ihres Speichers berichten könnte, hat ihn dann doch etwas verunsichert...)

Auch immer spaßig ist die Variante des erfahrenden Dom, meistens Mitte 50, der sich ganz rührselig um mich kleine, unerfahrene Sub kümmern möchte, damit ich auf gar keinen Fall in die Hände eines Falschen gerate...
Und dann wäre da noch eine erschreckend große Anzahl von Männern, die denken, nur weil man devot ist, bräuchten sie sich nur dominant nennen und schon läge man ihnen willenlos zu Füßen, würde alle ihre perversen Ideen mit uneingeschränkter Bereitwilligkeit sofort umsetzen und wäre sowieso immer und überall naturgeil. Wenn man sie dann fragt, was ihre ach so perversen Ideen sind, fällt ihnen nach ausführlichem und höchst dominanten Rumdrucksen meistens Oralverkehr oder in ganz extremen Fällen schon mal Analsex ein...

Schwieriger sind da leider die ebenso zahlreichen Dumm-Doms, die keine Ahnung von vernünftigem BDSM haben, das Ganze aber entsprechend geschickt verpacken können, so dass man sie nicht direkt durchschaut.

Ich habe bisher die Erfahrung gemacht, dass die Männer, die mich vom Chatten oder Mailen intellektuell ansprechen und sich tatsächlich um einen guten Eindruck bemühen, deutlich älter sind als ich. Dummerweise lässt bei mir allerdings trotz aller inneren Werte der Erotikfaktor langsam aber sicher nach, wenn mein Gegenüber 20 Jahre oder sogar noch älter ist als ich... Also werde ich wohl noch eine Weile nach meinem Herrn und Meister suchen müssen - hoffentlich nicht, bis ich selbst so alt bin ;-)


Was bietest du und was erwartest du von deinem Partner?

Hmm, das klingt so ein bisschen nach Supermarkt oder Versandhauskatalog. Im Grunde erwarte ich von beiden Seiten eine „normale“ Beziehung mit allem was dazugehört – Respekt, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, Freundschaft, Aufmerksamkeit etc.

Dann muss er die Fähigkeit besitzen, klar zwischen „Alltag“ und „BDSM“ unterscheiden zu können. Außerhalb einer Session will ich unbedingt respektiert und ernst genommen werden, sonst werde ich ganz schnell sehr unangenehm. Außerdem reicht es mir nicht zu wissen, dass ein Mann mir körperlich überlegen ist. Wenn er mich dominieren möchte, dann muss er mir auch intellektuell gewachsen und konsequent sein, sonst fange sehr schnell an seine Grenzen zu testen und spiele mit ihm statt er mit mir. Das wird mir dann allerdings ebenso schnell langweilig und damit hat sich dann zumindest die Dom/dev-Beziehung erledigt.

Was man(n) dafür bekommt? Dazu fällt mir eine Kontaktanzeige ein, die ich vor einiger Zeit mal gelesen habe:
„Suche: Die wahre Liebe
Biete: Nichts als Ärger“

Oder anders formuliert: Ich biete jede Menge Anlass für eine vernünftige Erziehung :-D


Was ist dir an deinem Partner am wichtigsten?

Das ist eine Frage, die ich so nicht beantworten kann. Es gibt nicht „die eine“ Eigenschaft, es ist das Zusammenspiel des Gesamten, vom Charakter über die Ausstrahlung (nicht nur als Dom, sondern auch und gerade als Mann), Fantasie und die reine Technik bei BDSM-Praktiken bis hin zu der viel genannten Chemie, die einfach stimmen muss.


Willst du den Lesern noch etwas mitteilen, was hier nicht angesprochen wurde?

Ich bin kein Freund von großen Zitaten, weil gerade in BDSM-Chats zu viel einfach kopiert wird, ohne dass der Verfasser selbst in der Lage gewesen wäre, etwas ähnlich Intelligentes zu formulieren oder auch nur zu denken. Trotzdem finde ich die folgenden Zeilen hier sehr passend:

„Trenne Dich nicht von deinen Illusionen und Träumen, wenn sie verschwunden sind, wirst Du weiter existieren - aber aufhören zu leben.“ (Mark Twain)

Gerade für Anfänger, aber auch für alle anderen Suchenden, gilt: Lasst euch Zeit und wartet auf den Richtigen, ohne an euch und euren Vorstellungen zu zweifeln. Das ist allemal besser, als sich durch irgendeinen Idioten den Spaß an BDSM nehmen zu lassen oder sogar ernsthaften psychischen Schaden zu nehmen.

„Seelische Schmerzen können einem das Herz zerreißen, körperliche Schläge höchstens die Haut zerfetzen. Auch wenn man die inneren Narben nicht sieht, es sind die, die einen Menschen wirklich prägen.“

Diese beiden Sätze stammen von dem Besitzer dieser Seite. Sie haben mich in ihrer Einfachheit und Klarheit sehr beeindruckt, hallen seit dem ersten Lesen in meinem Kopf nach und haben mich schließlich dazu gebracht, dieses Interview auszufüllen. Es tut gut zu wissen, dass es da draußen auch vernünftige Doms gibt und erhält mir die Hoffnung, eines Tages einen solchen treffen und lieben zu dürfen.