Félin im Interview

Talon: Stell Dich bitte kurz vor.

Félin: Ich bin Félin, 31 Jahre, aus dem Ruhrgebiet. Nach meinem Studium arbeite ich jetzt in einem völlig anderen Bereich als ursprünglich geplant und auch noch mit Menschen, aber so ist das Leben ;)

Talon: Beschreibe bitte Deine Außenwirkung (Wie Du glaubst auf andere zu wirken).

Félin: Ziemlich ruhig und zurückhaltend, dadurch wirke ich wohl oft ablehnend, ohne das zu meinen. Manche Menschen lernen das, andere vielleicht nicht.

Talon: Seit wann reizt Dich BDSM, gab es einen Auslöser?

Félin: Einen Auslöser gab es so nicht. Ich habe mit meinem ersten Partner Dinge aus dem BDSM-Bereich gemacht, ohne das zu wissen, es hat sich einfach gut angefühlt und für meine Freundinnen war so etwas auch völlig normal. Dass das BDSM ist, habe ich eigentlich erst dadurch gelernt, dass ich in einem Vanillaforum eine Frage zu Bondage gestellt habe und ein Mensch, dem ich bis heute dankbar dafür bin, mich auf die SMJG hingewiesen hat mit der Aussage, dass ich da wohl bessere Antworten finden würde. Ich habe mich quer durch das Forum gelesen und war fasziniert und interessiert.

Talon: Wie waren Deine ersten Schritte ins BDSM?

Félin: Abgesehen von den Experimenten mit meinem ersten Partner habe ich vor allem zuerst Stammtische und Treffen besucht, um Menschen kennen zu lernen, ungefähr ein halbes Jahr lang. Und versucht, meinen Partner für weitere Experimente in die Richtung zu begeistern, das war aber nicht so erfolgreich und wohl der Hauptgrund für das Beziehungsende.
Ich hatte bei einem dieser Treffen ein sehr intensives Spiel mit jemandem, der später zu meinen Freund*innen zählte und habe meinen ersten BDSM-Partner dort kennengelernt. Erst hatten wir nur eine Spielbeziehung, daraus wurde aber schnell mehr.
Talon: Was genau reizt Dich an dem sehr weiten Feld BDSM?

Félin: Mich reizt vor allem D/s. Und von Anfang an war es eigentlich so, dass sich das nicht nur auf Sessions beschränkt hat, es hat sich ziemlich schnell in Richtung 24/7 entwickelt. Ich kann es mir anders schwer vorstellen, ganz oder gar nicht.

Talon: Woher weißt Du, dass TPE das ”Richtige” für Dich ist? Bist Du Deinem Ziel, eine TPE Beziehung zu führen schon näher gekommen? Hast Du Tipps und Infos für Anfänger, die sich für das Thema TPE interessieren?

Félin: Ich habe es ausprobiert und es tut mir gut. TPE (aber auch 24/7) mit festen Regeln und stabilem Konstrukt hilft mir einfach sehr dabei, mein Leben zu leben. Ich muss mir keine Gedanken darüber machen, was von mir erwartet wird, das wird mir schon mitgeteilt. Und es zwingt mich dazu, mehr auf meinen Partner einzugehen, von mir aus bin ich deutlich egozentrischer, was einer Beziehung nicht unbedingt gut tut. Und es fordert mich oft heraus, ich bin von mir aus auch nicht sonderlich devot, aber ich mag Herausforderungen.
Und ja, ich bin dem schon recht nahe gekommen, würde ich sagen.
Tipps und Infos: es gibt ein paar Bücher, die ich ganz gut finde (Living M/s, Devil in the details), aber viel wichtiger ist Menschen kennen lernen und Austausch. Menschen, deren D/s authentisch wirkt. Die vielleicht auch zugeben können, dass es Momente gibt, in denen das nicht immer so einfach ist und die nicht die Meinung vertreten, es gibt nur einen wahren Weg, den gibt es nämlich nicht. Ich kenne sehr viele sehr unterschiedliche Versionen von TPE-Beziehungen, sie müssen halt für alle Beteiligten passen.

Talon: Hat sich „Dein“ BDSM im Lauf der Zeit verändert?

Félin: Am Anfang war ich nicht so D/s-fokussiert, wie ich es jetzt bin. Und ich war schmerzunempfindlicher, das fehlt mir jetzt manchmal ein bisschen. Vielleicht ändert sich das noch einmal wieder.

Talon: Welchen Stellenwert hat BDSM für Dein Leben und für Deine Beziehung?

Félin: Nun, mein Freundeskreis besteht zu etwa 90% aus kinky Menschen. Und durch meine Beziehungsform spielt das Thema natürlich auch in meinen Beziehungen eine ständige Rolle.

Talon: Wie lebst Du BDSM in deiner Beziehung aus, beziehungsweise wie würdest Du es ausleben wollen? Gerne als Gegenüberstellung, Realität/Wunsch.

Félin: Ich lebe es ziemlich so aus wie ich möchte. Ich lebe in einer Ehe mit intensivem dauerhaftem Machtgefälle. Klar kollidieren da manchmal auch Wünsche mit dem Alltag und ein gefühlt ständiger Zeitmangel macht es nicht einfacher, auf beiden Seiten.
Dazu habe ich eine Beziehung mit dauerhaftem Machtgefälle, die viel mehr mit Distanz und Erniedrigung zu tun hat. Ich finde ja, dass sowohl Nähe als auch Distanz verschiedene Dinge ermöglichen, die ich reizvoll finde und bin sehr glücklich darüber, beides haben zu können.

Talon: Gab es eine ganz besonders intensive, lustige, oder auch nur ungewöhnliche Situation in Deinem Leben, die einen BDSM-Kontext hatte?

Félin: Nicht nur eine. Das ist dann allerdings doch zu persönlich.

Talon: Hast Du mit deiner Neigung gehadert? Hattest Du Schamgefühle? Wenn ja, warum und wie bist Du damit umgegangen?

Félin: Nein, dafür gab es nie Anlass. Ich habe vor der SMJG gedacht, es sei alles normal und dann hatte ich ja direkt ein Umfeld, das mich weiter bestärkt hat. Von daher gab es nie Grund, irgendwie daran zu zweifeln.

Talon: Welche Erfahrungen hast Du mit der Partnersuche gemacht? Was war Dein “Biggest Fail” zu dieser Frage?

Félin: Keine Erfahrungen. Ich habe alle meine kinky Beziehungen in meinem sozialen Umfeld kennen gelernt und war dabei nie auf der Suche nach einem Partner, das hat sich so ergeben, in allen Fällen.

Talon: Was bietest Du und was erwartest Du von Deinem Partner?

Félin: Ich biete mich und erwarte ihn ;) Das hängt vielleicht ein wenig von der Beziehung ab, in der wir zueinander stehen. Grundsätzlich möchte ich, dass meine Bedürfnisse erfüllt werden. Wie genau die aussehen, unterscheidet sich. Das sind die Erwartungen, die ich habe. Das fängt z.B. an bei regelmäßiger Kommunikation.
Ich biete, ebenfalls Bedürfnisse zu erfüllen und den Freiraum, diejenigen, die ich nicht erfüllen kann oder möchte, bei anderen Menschen erfüllt zu bekommen.

Talon: Was ist Dir an deinem Partner am wichtigsten?

Félin: Konsequenz. Und Ehrlichkeit. Und mir meinen Freiraum lassen (was in Bezug auf meine Beziehungsform vielleicht widersinnig klingen mag, aber es ist wichtig für mich).

Talon: Magst Du uns Deinen Satz mit Deinen Worten Übersetzen?
"I began to curl up within his boundaries, like a child in loving arms."

Félin: Innerhalb enger Grenzen fühle ich mich wohl und geborgen. Ich fühle mich dann sehr aufgehoben, wie ein Kind in den Armen eines Menschen, der es liebt.

Talon: Zu welchen Erkenntnissen bist Du bei den Themengebieten “Polyamorie”, ”Feminismus” und “Sexualität im Generellen” gekommen?

Félin: Polyamorie: Es gibt mehr Fehler, die man machen kann, als man meint. Zum Glück muss man nicht alle selbst machen und kann an den Erfahrungen anderer Menschen teilhaben.
Feminismus: Ist wichtig. Nicht alle verstehen, dass mir das in meiner Beziehungskonstellation wichtig ist - aber doch gerade deshalb. Ich möchte mich frei dafür entscheiden können und ich möchte nicht, dass ich benachteiligt werde aufgrund der Tatsache, weiblich zu sein.
Sexualität: Spannendes Thema. Man kann nicht genug dazu wissen und es gibt so viel interessante Literatur dazu.

Talon: Dein Profilbild, wo ist es entstanden? Wie würdest Du Dich auf diesem Bild beschreiben?

Félin: Auf einer Motto-Silvesterparty bei jemandem zuhause. Ich war offensichtlich „Black Swan“ - viel mehr Beschreibung ist da nicht ;)

Talon: Ein paar Zeilen zu Deiner Lieblings Location? Der Name/Ort muss nicht genannt werden.

Félin: Mit die besten Erinnerungen habe ich an einen etwas heruntergekommenen Spielkeller. Dort habe ich die ersten Jahre Playpartys gefeiert, zusammen mit Freund*innen - das macht es für mich zu einer großartigen Location, auch wenn es objektiv nicht so ist.

Talon: Ein Sprichwort das jeder kennt: Man Lernt nie aus im Leben... Was solltest Du noch lernen was willst Du noch lernen?

Félin: Ach, so vieles. Ich lerne sicher nie aus, wie man erfolgreich eine Beziehung führt und wie man vor allem komplexe Beziehungen führt.
Irgendwann werde ich vielleicht lernen müssen, wie sich diese Beziehungsform mit Familie kombinieren lässt, aber das hat noch Zeit.

Talon: Wo siehst du Dich in 10 Jahren?

Félin: Immer noch glücklich verheiratet, mit Kindern, beruflich hoffentlich erfolgreich und vielleicht auch immer noch oder schon wieder in einer weiteren Beziehung.

Talon: Willst Du den Lesern noch etwas mitteilen, was hier nicht angesprochen wurde?

Félin: Nein.

Talon: Wir danken für das schöne Interview und wünschen Dir alles Gute für Deine Zukunft.