Verschrecktes Reh

Mein erstes Wochenende unter Perversen
Verschrecktes Reh - dieses Bild benutzte Angua, um mir zu erklären, wie ich am Freitagabend auf sie gewirkt hatte. Dieser Abend war der Beginn meines ersten Forumstreffens im vergangenen Jahr.

Angua und ich wohnen in der gleichen Stadt, und so ergab es sich, dass ich in ihrem Auto mitfahren durfte. Wir beide hatten uns vorher schon ein paar Mal getroffen, um ein bißchen zu planen, und auch um stundenrund zu schnacken. Einkaufen für das Treffen waren wir zusammen. Den Herrn des Hauses hab ich ebenfalls getroffen, und oh Wunder, ich wurde nicht gefressen. ;-)

Ich habe lange überlegt, ob ich überhaupt mitfahren soll. Ich war mir gar nicht sicher, ob ich das auch wirklich will. Auch habe ich mich gefragt, was mir das Treffen überhaupt bringen soll. Mein Mann hatte keine Lust mitzukommen. Er hatte aber nichts dagegen, dass ich alleine dorthin fuhr. Was sicherlich auch damit zusammen hing, dass ich eben nicht ganz alleine dorthin fuhr, sondern mit einer Frau, die ich schon vorher real kennengelernt hatte.

Meine Entscheidung hatte ich ja nun getroffen, und wie ich nun mal bin, ziehe ich sowas dann auch durch. Trotzdem war ich unglaublich aufgeregt. Und es war auch nackte Angst dabei: Ich wusste ja so gar nicht, worauf ich mich da eingelassen hatte. Außerdem war es aus privaten Gründen schon eine Weile her, dass ich mit so vielen Menschen auf einem Haufen ein ganzes Wochenende verbracht hatte.

Angua holte mich zu Hause mit dem Auto ab, wir fuhren los, und ich war sehr froh, dass ich mit ihr zusammen fahren konnte. Sie fährt gerne Auto, und ich bin gerne Beifahrerin, also passte das ebenfalls wunderbar. Mir war kurz vor dem Schlechtwerden, aber wir hatten auch viel zu reden. Uns fehlten noch ein paar Lebensmittel, die wir vor Ort kaufen wollten. Es gab noch genug anderes zu organisieren. Und natürlich überlegten wir, wie die einzelnen Leute wohl so drauf sind. Denn auch sie kannte ja noch nicht alle.

Als wir ankamen, haben wir den Schlüssel in Empfang genommen und uns das Haus zeigen lassen. Die Dame, die uns das Haus vermietete, hatte etwas Sorge um uns, denn am Wochenende war Dorffest, und es würden vermutlich viele betrunkene Kerle in der Gegend herumlaufen. Als sie hörte, dass auch Männer zu unserem Treffen kommen würden, war sie beruhigt, und wünschte uns viel Spaß.

Bis die ersten anderen Mitglieder eintrafen, hatten wir genug zu tun, und ich vergaß meine Angst. Ich meine mich zu erinnern, dass als erstes die Schwaben in das ruhige Haus einfielen. :-D Und ich habe sie nicht verstanden. ;-) Aber nachdem sie wohl meinen hilflosen Blick gesehen hatten, redeten sie mit mir so, dass ich sie auch verstehen konnte. Nach und nach trudelten dann immer mehr Leute ein.

Eigentlich sahen sie alle ganz normal aus. Keiner hatte eine Peitsche am Gürtel hängen oder machte blöde Sprüche. Nicht mal bei Jester guckten Bändsel aus der Hosentasche. Ungefragt angefasst wurde ich auch nicht. Nur Umarmen zur Begrüßung wollten irgendwie alle, aber das war o. k. für mich.

Was mir auffiel: Die meisten waren jünger als ich. Teilweise sehr viel jünger.

Irgendwann waren die meisten da, und es gab Abendbrot und selbstverständlich Kuchen. Was wäre ein Treffen dieses Forums ohne Kuchen?

Danach begann der ruhige Teil des Abends. Und je länger wir zusammen saßen, umso mulmiger wurde mir. Da wurde über alles Mögliche gequatscht, auch über das Thema Fesseln. Jester holte seine eisenhaltigen Abführmittel aus dem Koffer, und es ergab sich, dass sie auch am lebenden Objekt ausprobiert wurden. Ich dachte die ganze Zeit: Hoffentlich fällt ihm bloß nicht ein, die bei mir ausprobieren zu wollen. Ich hätte es mir vermutlich gefallen lassen, weil ich mich nicht blöd anstellen wollte. Aber mein Wunsch war das nicht. Ich hätte mich dabei sehr unwohl gefühlt.

Ich habe mir diese Situation sehr genau angeschaut. Ich war mir nicht sicher, ob die Mädels, die nun gefesselt waren, das genauso lustig fanden wie der Rest der Truppe. Ich war damit komplett überfordert. Ich wusste nicht, ob ich jetzt etwas unternehmen sollte, und wenn ja, was denn? Ich konnte allerdings auch nicht darüber sprechen. Nach einer ganzen Weile hatte ich den Eindruck, dass das schon so in Ordnung ist und dieses blöde Gefühl einfach nur mein Problem ist. Und so habe ich mich der Situation entzogen und bin ins Bett gegangen.

Die erste Nacht in einem fremden Bett – immer ein Problem für mich, obwohl ich ziemlich k. o. war. Außerdem musste ich einfach heulen. Ich fühlte mich allein und schutzbedürftig, und ich habe meinen Mann vermisst.

Am nächsten Tag habe ich mich ziemlich zurückgezogen. Habe viel gelesen, meine Musik gehört, am Nachmittag noch geschlafen. Allerdings habe ich dadurch leider auch einen Teil des Workshops mit Jester verpasst. Es waren ja einige Pärchen dabei, die miteinander getüdelt haben. Jester hat hilfreich eingegriffen und ein paar Kniffe gezeigt. Er brauchte einige Begünstigte, um bestimmte Knotentechniken zeigen zu können. Allerdings wartete er auf die Meldung von Freiwilligen. Ich meldete mich nicht, obwohl ich fesseln ja sehr gerne mag. Ich traute mich nicht. Das war mir zu nah, und dann wäre ich ja komplett hilflos gewesen.

Bei diesem Workshop waren einige Subs ziemlich frech, und der eine oder andere Dom konnte es sich nicht verkneifen, seine Sub zu bestrafen. Also wurden die Seile nicht nur zum Verknoten genutzt, sondern auch zum Schlagen. Jeder, der mich schon etwas länger kennt, weiß, dass ich mit dem Bestrafen so meine Schwierigkeiten habe. Inzwischen hat sich meine Sichtweise ein kleines bißchen verschoben, aber damals konnte ich es kaum aushalten, dieser Situation ausgeliefert zu sein.

Während des Workshops habe ich noch einmal deutlich festgestellt, dass ich fesseln sehr sehr mag. Aber: Ich möchte nur von meinem Mann gefesselt werden, oder er muss dabei sein. Bei so einem Workshop dürfte mich dann auch Jester verknoten. Ich habe es bisher nur einem anderen Menschen erlaubt, mich zu fesseln - aber das ist eine andere Geschichte…

Was ich ebenfalls festgestellt habe: Ich mag nicht zuschauen, wenn andere spielen. Jedenfalls nicht, wenn ich so direkt dabei bin. Filme o. k., aber nicht wirklich anwesend sein. Keine Ahnung, ob sich das vielleicht mal irgendwann ändert. Vielleicht muss die Situation auch einfach passen.

Zu diesem Zeitpunkt habe ich meinen Mann unglaublich vermisst. Als der Workshop zu Ende war, war mir nämlich schlecht. Mein Kreislauf, oder was auch immer sich da so schrecklich unwohl fühlte, zickte ziemlich rum, und ich habe mich eine ganze Weile auf einen Stuhl gesetzt. Gefroren habe ich auch, obwohl es eigentlich warm war. Eine Schulter zum Anlehnen wäre schön gewesen, oder auch 2 Arme zum Festgehalten werden.

Am Abend grillten wir. Diesen Abend habe ich sehr genossen. Zum ersten Mal konnte ich echte Gespräche führen. Fühlte mich von den anderen verstanden. Ich habe einige Dinge aus ihrer Vergangenheit gehört. Wie ihr persönlicher BDSM-Weg war. Wir mussten dort auch nicht aufpassen, ob irgendjemand mithört, der nichts hören sollte. Es tat so gut, sich austauschen zu können. Auch wenn ich Sachen gehört habe, mit denen ich selbst so gar nichts anfangen kann, war es für mich wichtig. Es hat meinen Horizont sehr erweitert.

Das Treffen ging noch bis zum nächsten Tag. Nach dem Frühstück haben wir das Haus aufgeräumt und dann war Verabschieden angesagt.

Mein Fazit:
Ich war nach diesem Wochenende total erledigt. Es waren so viele neue Eindrücke auf mich eingestürmt, die ich erst mal verarbeiten musste.

Ich möchte so ein Wochenende das nächste Mal unbedingt mit meinem Mann zusammen erleben. Und deswegen sind wir für dieses Jahr auch schon angemeldet :-).

BDSMer sind auch nur Menschen. Und die, die ich kennenlernen durfte, waren richtig nett.

Es hat mir sehr gut getan, mich offen austauschen zu können.

Es war für mich sehr hilfreich, dass ich zusammen mit jemanden hinfahren konnte, den ich vorher schon einmal getroffen hatte.

 

Wer ich bin
Noch ein paar Worte zu mir: Ich bin weiblich. 48 Jahre alt. Ich stehe eindeutig auf der passiven Seite, aber wie weit das bei mir geht, weiß ich noch immer nicht so richtig. Denn ich habe erst vor zwei Jahren herausgefunden, was da so noch in mir steckt. Was ich aber ganz genau weiß: Bondage ist klasse! Sehr gerne mit Seilen. Ledermanschetten mag ich inzwischen auch. Mein Mann findet Handschellen toll. Ich denke, wir werden sicherlich noch einiges ausprobieren.

Alles hat seine Zeit. :-)

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