Outing bei der Mutter

Meine Mutter und ich hatten das erste Mal wirklich über Beziehungsfragen gesprochen, während dieser Unterhaltung erfuhr ich sehr viel von dem, was sie bewegte. Irgendwann hielt ich dann die Zeit für gekommen.

„Soll ich dir auch mal was erzählen?“

Sie schaute neugierig. „Ja, gerne.“

„Ich warne dich aber vor, das hat nichts mit X (von dem sie glaubte, ich würde mich für ihn interessieren) zu tun.“„Aha. Gut, dann schieß mal los.“ „Okay. Also, ich weiß ja nicht wirklich, ob es dich interessiert und eigentlich erzähl ich das nur, damit ich dich dann später dazu missbrauchen kann, nach mir zu schauen. Reiner Eigennutz.“ „Na, was hast du denn jetzt?“ „Ich wollte dir gern mal erzählen, dass ich mich im Bereich BDSM heimisch fühle.“

Sie grinste. „Ach Quatsch!? Okay.“ Pause. „Ernsthaft?“

„Ja.“

Sie grinste noch breiter und hörte sich wirklich interessiert alles an, was ich ihr als groben Überblick geben wollte. Wenigstens musste ich ihr nicht erklären, was der Begriff bedeutet. (Und auf welcher Seite ich da stehe, dass ich also bei submissiv einzuordnen bin, danach fragte sie nicht einmal.) Dazu kamen dann unendlich viele Fragen. Und ein großes Lob, dass ich ihr das nicht erst 10 Minuten vor Abreise zu einem Treffen erzählt hätte, mit der Bitte, mich doch mal anzurufen. Ich erläuterte ihr ein paar Fragen, sie interessierte sich besonders für meine schon gefundenen Tabus und für viele Aspekte der Sicherheit. („Wenn ich dich nicht erreiche, kannst du sicher sein, dass die Hundertschaften losgaloppieren!“)

„Aber wenn dich dann jemand haut, bin ich sauer auf den.“ Vorgeschützter Ernst, die Augen lachten. Ich grinste. „Es ist ja nicht so, dass ich mich nur darauf versteifen würde. Sollte mir der Traummann oder die Traumfrau über den Weg laufen, der oder die mit dem Thema nichts anfangen kann, dann wäre es halt so. Sollte ich also später mal mit jemandem bei euch aufkreuzen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass er oder sie auch BDSMler ist. Das kann auch eine ganz normale Beziehung sein.“

Kurze Pause. Sie: „Dann müsste ich reinkommen und einen Knebel aufheben: „Gehört der Ihnen, oder ist der noch von hier?““ Sie kriegte sich fast nicht mehr ein. Nicht dass ich das Wort „Knebel“ in den Mund genommen hätte…

Keine Vorurteile, kein Fragen, ob ich nicht doch besser zum Psychologen sollte etc., nichts Detailliertes. Kein „Warum?“.

Eigentlich war sie eher die ganze Zeit dabei, sich Gedanken darüber zu machen, wie sie auf ihre stichelnde Art meinen Auszug beschleunigen kann. Aber ich habe geahnt, dass es nicht so schlimm wird, schließlich ist sie wirklich tolerant (O-Ton nach meinen Ausführungen zum Überblick: „Da kann ich ja noch was von dir lernen.“).

Trotzdem ist mir aufgefallen, dass ich, als ich das Thema ansprach, Sternchen gesehen habe und dass mir nach einer halben Stunde Reden dann doch die Hände merklich zitterten. Schien also schon etwas gewesen zu sein, das Adrenalin heraufbeschworen hat…

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