Hemmungen wegen Liebe

BDSM und Liebe sind eine wunderbare Verbindung, zumindest ist dies meine Meinung. Dennoch sind solche Beziehungen nicht einfach, denn die Liebe kann BDSM nicht nur besonders intensiv, sondern auch besonders kompliziert machen. Das größte Problem ist es, zwei Beziehungsarten unter ein und denselben Hut zu bekommen, und diese Beziehungsarten, also Mann und Frau wie auch Top und Sub, haben oft sehr konträre Ausprägungen.

Vielleicht ist meine Sichtweise als Dom sehr subjektiv, aber ich finde es ist gerade für einen dominanten Part sehr viel schwerer als für einen devoten, bei einer Session mit einem geliebten Menschen in der Rolle zu bleiben. Der devote Part gibt sich hin, opfert sich auf, erträgt, arbeitet an sich und wird dennoch beschützt, also alles Dinge, die auch ein liebender Mensch tut oder empfindet. Der dominante hingegen nimmt, benutzt, bestraft und spielt mit seinem Gegenüber, ein Verhalten, was demnach schwerlich mit Liebe zu assoziieren ist.

Wenn ich liebe, habe ich im Kontext BDSM zwei große Probleme, das erste ist die Angst, vorwiegend als Dom und nicht als Mann geliebt zu werden, und die mir so lieb gewonnene Konsequenz. Gerade letztere führt zu gewissen Hemmungen im Spiel. Wenn ich liebe, will ich besonders dem geliebten Menschen keinen Schmerz zufügen, als Dom wird aber genau das mitunter von mir erwartet. Mein Spiel zeichnet sich durch Kreativität, Lust, Empathie und eben Konsequenz aus. Wenn sich meine Sub also etwas zu Schulden hat kommen lassen, liegt es an mir, dies auch zu bestrafen, damit es eben nicht (so schnell) wieder vorkommt und wir uns ganz den schönen Seiten des Spiels hingeben können. Mache ich es nicht so, verschwimmen Grenzen, und irgendwann sind wir nicht mehr Dom und Sub, sondern nur noch zwei Laienschauspieler, die etwas exotischen Sex haben. Ich muss mich also, wenn ich liebe, dazu zwingen, Handlungen vorzunehmen, die ich gar nicht will, aber irgendwie doch will, weil ich weiß, ohne diese Strafen funktioniert unser Dom-Sub-Verhältnis einfach nicht. Ich muss mich demnach zwingen, meine Hemmungen zu überwinden und jemanden zu bestrafen, den ich liebe. Somit macht die Liebe mich auch irgendwie zum Sklaven, denn mein Verhalten dient unserer gemeinsamen Dom-Sub-Beziehung, und wie auch meine Sub mache ich Dinge, die ich eigentlich gar nicht machen will. Konsequenz bedeutet für einen Dom eben nicht nur, gegenüber seiner Sub konsequent zu sein, sondern auch sich selbst gegenüber.

Wobei ich keine Hemmungen habe, sind alle Handlungen, von denen ich weiß, meine Partnerin mag diese, aber dies war vor vielen Jahren anders. Zu Anfang hatte ich immer noch im Hinterkopf, so etwas macht man doch nicht und das gehört sich nicht, das ist respektlos ihr gegenüber usw. Daher lebte ich meine Neigung nur in Affären aus, denn jemanden zu schlagen oder zu erniedrigen, den ich liebe, das konnte ich mir so gar nicht vorstellen. Ich weiß noch sehr genau, wie mir die erste Sub, die ich auch liebte, gestand, sie stünde total auf Ohrfeigen. Für mich war es ein Riesenproblem, ihr eine solche zu verpassen, weil es so ziemlich gegen alles stand, was einen liebenden Partner ausmacht. Nachdem ich diese Hemmschwelle einmal überwunden hatte, ist sie aber gänzlich bei mir verschwunden. Ich stehe seitdem allem, was meiner Partnerin und mir Spaß bereiten könnte und eben auch sicher ist, sehr offen gegenüber.

Es ist grundsätzlich meist auch so, dass man als Dom vorsichtiger ist, weil man eben liebt. Das ist kaum verwunderlich, denn geht etwas schief (womit nun wirklich nicht bleibende Schäden gemeint sind, die jeder vernünftige Dom immer zu verhindern sucht), so ist dann nicht nur eine Spielbeziehung, die man schnell ersetzen könnte, sondern eben auch die Liebesbeziehung betroffen.

Hemmungen führen demnach dazu, dass beide langsamer vorankommen auf ihrem gemeinsamen Weg, aber ehrlich - ist das wirklich schlimm? Eine Affäre hat ein natürliches Verfallsdatum, also soll man diese auch in vollen Zügen genießen, und Tempo, zumindest solange dieses nicht zu einem Kontrollverlust führt, führt dazu, dass beide zusammen mehr erleben können. Liebe und BDSM - das kann im Idealfall dazu führen, dass man einen sehr, sehr langen gemeinsamen Weg gehen wird. Warum soll man das nicht auch genießen und sich dabei Zeit lassen, um all die schönen kleinen Facetten am Wegesrand aufzunehmen, für die in einer schnelllebigen Beziehung einfach keine Zeit ist.

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