Kopfkino

Warum ich grinse? Ich hab Kopfkino!

Ein bekannter Spruch, der nur zu wahr ist. Oft ertappe ich mich selber in der WG-Küche, in der Bahn oder sogar während der Arbeit inmitten mehr oder weniger erotischer Tagträume. Und wenn ich mich gerade in der Öffentlichkeit vorsichtig umgucke, bin ich da nicht ganz alleine. Der Ausdruck „Tagträume“ würde meine Gedankenwelt verharmlosen. Den Unterschied von Tag- und Nachtträumen gibt es bei mir nicht.

Vielleicht liegt es an der hunderte Kilometer weiten Entfernung zum Partner und daraus resultierend einem so gut wie nicht vorhandenen Sexleben. Vielleicht ist es aber nur meine persönliche überschäumende Fantasie, die mich als Kind schon in Schwierigkeiten gebracht hat. Doch ich bin froh, dass ich diese Imaginationskraft habe. Wer sitzt schon morgens um acht Uhr in der Bahn und lässt sich gedanklich durchvögeln? Okay – wahrscheinlich mehr Leute, als man denkt.

Aber möchte ich das wissen? Neeeee! Ich möchte ja auch nicht, dass man in meinen Kopf gucken kann. Zumindest nicht jeder. Man muss schon aufpassen, wem man etwas erzählt. Eine Freundin von mir entsetzte sich einmal darüber; man könne doch nicht an einen anderen Mann/Schauspieler/Sänger/Gottheit/BittetragenSieeinenNamenein denken! Vor allem nicht dabei! Doch – man kann.

Vorher, dabei, nachher, immer wieder und so oft man will. Ich führe Gespräche in meinem Kopfkino, die ich so locker und schlagfertig spontan nicht führen könnte, denke mir Dialoge aus, die tatsächlich ausgesprochen zum Lachen reizen würden, und feuere in schlechtem Englisch Männer mit „Französischkenntnissen“ an. Ich bin frech und dreckig bis auf Anschlag und will Sachen, die „man“ nicht macht, nicht sagt, nicht sehen will. Und dabei entdecke ich immer wieder Neues an mir, finde anerzogene und erwünschte Grenzen, die ich durchbrechen könnte und manchmal auch möchte. Ich bekomme frische Gedanken, die ich dem Schatz erzählen möchte, erfinde neue Schlagworte, neue Session-Ideen und auch Wege, diese mitzuteilen.

Ich kann nicht sagen: „Hör mal, versuch mal, über mich herzufallen …“ Ich schreibe auf, was ich möchte, bringe mein Kopfkino zu Papier. Suche im Internet nach ähnlichen Geschichten, die es natürlich gibt. Es ist sehr beruhigend, wenn man bei Websites wie FanFiction.Net Frauen findet, die ein ganz ähnliches Kopfkino haben. Denn auch wenn Kopfkino am Anfang immer etwas sehr persönliches ist, es ist schön, wenn man dann andere findet, die ebenso empfinden, und mit denen man sich sogar austauschen kann.

Ich finde dabei dann meine Mitte zwischen den imaginären Ideen und den Dingen, die möglich wären. Und die sind dann erfüllbar. Und jedes mal ein wenig mehr. Schlussendlich MUSS man an der realen Kommunikation arbeiten. Es reicht mir irgendwann nicht mehr aus, nur Kopfkino zu haben. Wenn sich nach einiger Zeit feste Ideen herauskristallisiert haben, etwa durch immer wieder gleiche Kopfkinosituationen, muss ich dies weitergeben. Auch ich habe da meine Hemmschwelle. Ich kann nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und beim nächsten Besuchs meines Doms sagen: „So, nu musst Du dies und das machen und jenes sagen und dabei so zuschlagen.“

Abgesehen davon, dass das Leben kein Wunschkonzert ist und man auch als Subbie – oder sogar grade deshalb – Rücksicht auf seinen Dom nehmen sollte, ist diese Variante doch ziemlich ungeil. Just my opinion. Lieber erzähle ich ihm schon am Telefon von meinem aktuellem Kopfkino, versuche ihm nebenher ein oder zwei Situationen zu schildern und dabei herauszufinden, auf was davon er anspringt. Im Gegensatz zum Kopfkino besteht eine Session aus mindestens zwei Personen, und beide sollten von den Ideen des anderen angetan sein. Falls ich ähnliches Kopfkino bei anderen aufgeschrieben finde, sende ich ihm einen Link dazu: „Bitte lesen, das ist voll mein Ding! Schön, dass ich nicht die einzige Perverse bin, die auf Rape und Messerspiele steht!“

So sprechen wir uns ab – was sicherlich auch am der Entfernung unserer Lebensbereiche liegt. Mir ist auch schon der Gedanke gekommen, dass ich gerade, weil wir so weit auseinander wohnen, weniger Scheu habe, meine Ideen zu erzählen. Man kann die kostbare gemeinsame Zeit ja auch mit Spielen verbringen. ;-)

Gastautorin: Penny

Redakteur: