Teil 9: Die Onlineerziehung

Nicht immer muss BDSM unter Anwesenden erfolgen, die verbreiteste Form dieser Erziehung auf Abstand ist die Onlineerziehung. Gibt man bei Google diesen Begriff ein, so erhält man über 35.000 Treffer.

Onlineerziehung bedeutet, dass Dom den/die Sub durch einen virtuellen Kontakt erzieht, neben der Onlineerziehung gibt es auch die Erziehung via Telefonat und/oder whatsapp, Kik, usw. Viele BDSMler betreiben die Onlineerziehung, aber ich kenne nur wenige, bei denen zumindest die reine Onlineerziehung auf Dauer keine Probleme verursachte. Und die Problemfelder können hierbei mannigfaltig sein.

Ich persönlich halte die reine Onlineerziehung grundsätzlich für Zeitverschwendung oder auch eine Gefahr, (Missbrauch der gemachten Bilder/Videos) je nach Intensität mit der sie betrieben wird. Trotzdem werde ich versuchen, dieses Thema möglichst neutral zu beleuchten. 

Was für Onlineerziehung spricht:

- Kennen sich die Partner und können sich einfach nicht so oft sehen, wie sie es gerne wollen, mag dies eine Option sein, die Zeit zu überbrücken. Teil dieses Spiels kann es sein, das nächste Treffen vorzubereiten und auch Wünsche und Bedürfnisse des anderen auf dieser Ebene einfach schneller kennen zu lernen, als es derzeit real möglich ist. Beweise dafür, dass eine Aktion vom devoten Part umgesetzt wurde, sind meist Fotos oder ähnliches.

- Ein Partner ist viel leichter zu finden als ein realer Partner. Ihr müsst nur entsprechende Chats besuchen und werdet sicher schnell fündig werden.

- Es ist unverbindlich. Auch wenn man einen Partner hat, kann man es mit seiner Moral leichter vereinbaren, sich nur virtuell erziehen zu lassen. Aber sind die Aufgaben, die einem erteilt werden, nicht auch realer Natur? Zumindest ist es „nur“ ein Betrug im Geiste und je nach Typ und Partnerschaft kann dies sogar stimulierend wirken.
Aber was, wenn einer von beiden oder gar beide plötzlich mehr wollen? Oftmals wird Onlineerziehung aber auch nur deswegen vollzogen, weil sich Leute nicht trauen, es real auszuleben. In diesen Fällen kann man nur hoffen, dass sich dann zwei passende Partner gefunden haben.

- Man kann einige Spielpartner haben. Somit kann man unterschiedlichste Spielarten oder Fantasien binnen kurzer Zeit kennen lernen und auch in die verschiedensten Rollen schlüpfen.

Wenn ihr das wirklich machen wollt, sucht euch auf dominanter Seite einen Partner mit viel Fantasie und zumindest etwas realer oder auch virtueller Erfahrung in diesem Bereich. Eine Webcam (ruhig nicht nur auf Seiten des devoten Parts) kann sehr von Vorteil sein.
Weiterhin ist es für den devoten Part absolut wichtig, dass dieser ehrlich ist, sonst kann es nicht funktionieren. Klärt was ihr wollt, also, ob es sicher nur virtuell bleiben soll oder ob es sich um einen Einstieg für ein reales Treffen handelt. Per Mail wird es kein direktes Feedback geben, deshalb sollte über die wichtigen Dinge recht detailliert geschrieben werden. Umso mehr Details ausgetauscht werden, umso besser können gemeinsame „Aktionen“ geplant werden, aber umso leichter kann es auch dem Dom fallen (gerade eine unerfahrene) Sub zu manipulieren. 

Was gegen eine Onlineerziehung spricht

- Oftmals wird sich nicht an Absprachen gehalten, geplante Treffen finden nicht statt oder auch eben bei einer als reine Onlineerziehung geplanten Verbindung wird plötzlich auf ein Treffen gedrängt.

- Nach einer Bestrafung ist da niemand, der Dich wirklich auffangen kann und eine zeitversetzte Mail wird Dir kaum helfen können in diesem Moment. Hier fehlt es an der körperlichen Wärme und Nähe. Gerade wenn man intensiver spielt, tun sich diese Gefahren auf.

- Onlineerziehung kann nie so intensiv sein wie ein reales Spiel, bei dem man riecht, fühlt, schmeckt, eben real genießt und in dem das Kopfkino durch die verschiedensten Aktionen befeuert werden kann.

- Es ist oft recht unpersönlich und meist bilden platte Befehle die Grundlage für die Aktionen. Das, was Dom interessiert, sind die Fotos von den Aktionen für seine persönliche Trophäensammlung und die werden teilweise dann gerne auch noch im Netz rumgezeigt. Ohne Fotos hingegen gibt es auch keinen Beweis, dass die Aktion ausgeführt wurde und dann wird der Dom oftmals nicht so motiviert sein weiterzuspielen.

- Extreme sind nicht gerade selten. Auf einen Befehl wie „Biete dich in den nächsten drei Tagen verschiedenen Männern sexuell an und berichte davon“ sollte man vorbereitet sein.

- Für jemanden, der BDSM und sexuelle Handlungen verbindet, wird diese Art des Spiels sicher sehr unbefriedigend sein, da am Ende nach dem Lesen und Tippen nur noch der Rückgriff auf die eigene Hand bleibt.

- Ist es nicht komisch sich selber körperlich zu bestrafen, sozusagen als verlängerter Arm des Doms?

Aber vor allem, wie soll das mit der Erziehung eigentlich genau gehen? Nimmt man Onlineerziehung wirklich ernst, wie sieht es dann mit der Verantwortung aus? Kann man diese wirklich auf die Entfernung übernehmen?
Sieht man es, wenn Sub einer Aufgabe nicht gewachsen ist und kann man es abbrechen für den Fall, dass sie selber dazu außer Stande ist? Können Sanktionen, aber auch Belohnungen sinnvoll angepasst werden, wenn Dom gar nicht genau weiß, wie der andere reagiert, gerade wenn er darüber nur schreibt? Wird das Bild nicht immer durch zwei, anstelle von sonst nur einer, subjektive Wahrnehmungen, die aufeinander aufbauen, verfälscht?

Von Bekannten ist mir immer wieder so oder so ähnlich eines erzählt worden: Der/die „OnlineDom/se“ war toll, er/sie schien sehr viel Erfahrung zu haben und wusste genau, was er/sie wollte. Nach einigen Wochen ergab sich die Möglichkeit eines Treffens und die Person, die dann angetroffen wurde, war real eine ganz andere. Meist recht schüchtern und unscheinbar, eben so gar nicht „dommig“. Hier wurde dann die Fantasie ausgelebt, die aber mit der realen Welt eben nichts gemein hatte.

Es scheint so, als seien die meisten "OnlineDoms/en" Kopfkinospieler und verfügen wohl über keine oder wenig Erfahrung bezüglich des realen BDSM. Jedoch kann man dies sicher auch hinterfragen mit den richtigen Fragen, wenn man denn will.

Umfrage zur Onlineerziehung

Ein interessanter Gastbeitrag zum Thema

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