Aus meinen Anfangszeiten

Meine ersten Schritte in in Richtung BDSM machte ich über einen langen Zeitraum von etwas mehr als zwei Jahren ausschliesslich online. In amerikanischen Foren, Chatrooms und auf Informationsseiten tastete ich mich langsam an das Thema heran. Immer stärker wurde die Frage, ob das wohl auch etwas für mich wäre.

Warum ich mich das fragte, weiß ich so genau, weiß eigentlich auch nicht; auf jeden Fall hatte ich einige Zeit nach der Trennung von meinem Ehemann in einer neuen, sehr „long-distance“ Beziehung zu einem US-Amerikaner, den Eindruck, da müsse noch mehr sein als nur der - allerdings qualitativ hochwertige - „normale“ Sex.

Bei unseren gegenseitigen Besuchen versuchte ich meinen Freund dazu zu überreden, dass ich es toll fände, wenn er mir mal auf den Hintern haut, flocht auch die eine oder andere Idee ein, wie etwa light Bondage oder Machtspiele... er fand das zu meinem großen Leidwesen ziemlich abwegig und tat es ab mit „Du spinnst ja“.
Manchmal spielte er aber doch mit, nur war das mehr, um mir einen Gefallen zu tun, als dass er es selber prickelnd fand. Sicherlich hätte ich heutzutage mehr Überzeugungskraft als damals, als ich ja selbst noch nicht viel über das ganze Thema wusste.

Im Dezember 2000 begann ich auf einer langen Bahnfahrt meine Fantasien aufzuschreiben. Ich konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und diese in den PC einzugeben. Es entstanden zwei sehr lange Geschichten auf Englisch, die heute noch im Internet zu lesen sind.

Was mich an diesen Fantasien so irritierte, war die devot-masochistische Richtung, denn im Prinzip bin ich eine recht dominante, selbstbewusste Frau. Dennoch, irgendwie wollte ich das ausleben, nur wie???
Die Geschichten kamen also ins Internet, der Link dahin in meine ICQ-Info, und siehe da, es entstanden tatsächlich Kontakte zu anderen SM-Interessierten! Darunter auch zu einem Mann aus den USA, der einige Zeit später für 8 Wochen mein „Online-Master“ werden sollte.
Was ich in dieser Zeit mit diesem Mann über mich selbst gelernt habe, ist wertvoller als manch andere Erfahrung, die ich in den Jahren davor machte. Wir stehen heute noch in Kontakt zueinander.

Was Stan auszeichnete, waren seine Erfahrung, seine Intelligenz, sein Humor und seine Einfühlsamkeit. Ich bin sehr froh, dass er es war, der mich auf diese Entfernung in diese für mich so neue Welt einführte.

Dass wir nur über das Internet kommunizierten, machte es noch spannender, weil ja alles ausschließlich aus dem Kopf heraus geschehen musste. Nach vielen Vorgesprächen, die sich über Wochen hinzogen, trafen wir dann letztlich unsere Vereinbarung unter der Voraussetzung, dass keine seiner Aufgaben mein berufliches und privates Leben durcheinander bringen würden.

Mein Kopf geriet dennoch etwas durcheinander, aber das sah ich damals und sehe ich noch heute als absoluten Vorteil. Ich bin an diesen Aufgaben gewachsen, und eine davon möchte ich hier mit Ihnen teilen.

„Zieh dich so aufreizend wie möglich an, geh aus, flirte was das Zeug hält, mach Männer an. Ob du jemanden mit nach Hause nimmst oder nicht, überlasse ich dir.“

Oh weh, das mir! In dieser Stadt ist es mit Ausgehmöglichkeiten nicht so üppig bestellt, und ob ich noch flirten konnte, wusste ich im Februar 2001 auch nicht mehr – immerhin war ich ja nach der Trennung von meinem Ehemann schon wieder seit geraumer Zeit in der Dauer- wenn auch Fernbeziehung und demnach treu (wenn man davon absieht, dass ich eben auch noch einen Master hatte).

Doch sein Befehl war mir eben auch ein solcher, ich wollte ja lernen, wachsen, neue Dinge erleben. Also gut. Ich erzähle diese Geschichte in der dritten Person, weil ich an diesem Abend das absolute Gefühl hatte, neben mir zu stehen und mich zu beobachten.

Samstag abend, 18.20 h. Draußen ist es kalt und ungemütlich, aber irgendwie und irgendwann muss sie diese Aufgabe hinter sich bringen. Sie schaltet den Computer aus, legt eine CD auf und geht ins Bad, um sich für die Aufgabe ihres Masters vorzubereiten.

Sie legt ihr Halsband ab und beginnt mit der langwierigen Prozedur der kompletten Körperpflege. Rasur, Maniküre, Pediküre, das volle Programm. Zwischendrin immer ein Schluck Sekt und eine Zigarette. Sie fängt ihren Blick im Spiegel auf, lächelt.
„Das tu ich für Sie, Master“, denkt sie und das Lächeln wird breiter. Sie ist ziemlich stolz auf sich, all das zu tun, was von ihr verlangt wird. Hätte ihr das jemand vor nur ein paar Wochen gesagt, sie hätte ihn für verrückt erklärt.

Nach fast einer Stunde ist sie fertig, das Make-up aufgetragen, ein paar sehr sparsame Tropfen Chanel #5 an den strategisch richtigen Stellen aufgetupft. Perfekt.

Nun die Klamottenfrage... so aufreizend wie möglich, sagte ihr Master. Was haben wir denn da im Schrank? Ein nagelneues Paar Halterlose. Schön. Einen kleinen Spitzen-BH, um ihre üppigen Brüste im Zaum zu halten. Keinen Slip, dafür den tief ausgeschnittenen, langärmligen schwarzen Body, der ahnen lässt, was der BH hält und zudem ihre Schamlippen teilt wie ein raffiniertes Bondage. Ein seltsames, aber durchaus spannendes Gefühl, das sie den ganzen Abend an ihre intimste Stelle erinnern wird. Er würde es mögen, denkt sie.
Ein kleiner dunkelgrauer Minirock, die neuen schicken italienischen Heels, dezent und doch auffällig durch ihre ungewöhnliche Form und die violette Farbe. Das Halsband. Ein Paar Ohrringe. Die warme Jacke, ein zu den Schuhen passender Schal. Fertig. Sie ruft ein Taxi, nimmt ihre Sachen und verlässt das Haus.

Sie hat sich entschlossen, zunächst einmal ins Kurhaus zu gehen, schauen, was dort so los ist. Im Zweifelsfall kann sie die Location ja immer noch wechseln. Der Taxifahrer lässt sie and der Rückseite des Etablissements aussteigen, der einzige direkte Zugang, ohne erst noch einen halben Kilometer durch die Arkaden zu laufen. Sie geht durch die Halle zum Restaurant, in ihren Heels etwa 1,84 m hoch, die Menge überblickend, ein Lächeln auf den Lippen. Sie erreicht die Bar...

... Schock! Es ist Karneval, das hatte sie natürlich komplett vergessen, und so sieht sie sich umringt von Cowboys, Hexen, Zauberern, Katzen… oh je. In Kürze werden die alle nach oben zum Ball gehen. Aber nur langsam. Erst einmal einen Drink bestellen, dann weitersehen.

Sie stellt sich an die Bar, bestellt einen Champagner. Hinsetzen kann sie sich in dem Body nicht, zumindest nicht auf einen der unbequemen Barhocker, also bleibt sie stehen und sieht sich um.
Neben ihr zwei Frauen und ein Mann, der ihr einen guten Abend wünscht, „ ... wenn Sie irgendetwas brauchen“, erklärt er ihr, „sagen Sie es mir, ich bin verantwortlich für Ihre Wünsche“.

Na klar. Ein stinknormaler Gast ist das, aber mal gucken. Sie lächelt ihn strahlend an und meint: „Sehr schön. Mein Konto ist so gut wie leer.“ Die beiden Frauen brechen in schallendes Gelächter aus.
„Gut gekontert!“, meint die eine. Sie kommen ins Gespräch, sie wird auf ein weiteres Glas Champagner eingeladen, dann verlassen die drei die Bar. Überhaupt ist es sehr leer geworden, bis auf ein paar vereinzelte Karnevalsgäste und ein kleines Mädchen, etwa 12 Jahre alt – die Tochter der Restaurantbesitzer – die sich zu ihr an die Bar stellt, ihr einen bewundernden Blick zuwirft und sagt: „Heute sind alle so toll angezogen, nur ich nicht.“ Sie unterhalten sich ein wenig, dann geht das Mädchen mit einer Tasse heißer Schokolade zurück zur Fernsehecke.

Nun ist es wirklich leer. Was tun? Es ist mal grade 21 Uhr. Sie nippt an ihrem Champagner und beschließt zu zahlen, um es anderswo zu versuchen, als zwei Männer die Stätte des Geschehens betreten...

„Guten Abend“, sagt der jüngere zu ihr, stellt sich neben sie an die Bar.
„Guten Abend, meine Herren“, erwidert sie (ja ja, wohl wissend, was sich gehört). Der ältere verkündet, er wolle sich eine Zigarre besorgen. Währenddessen plaudert sie mit dem anderen, der sie fragt: „Sie sind ganz allein an einem Samstagabend?“ Wenn der wüsste, kichert sie innerlich.
„Würden Sie uns ein wenig Gesellschaft leisten? Wir kommen immer zum Spielen her, trinken aber vorher noch einen Kaffee und würden uns über charmante Gesellschaft sehr freuen.“
Na also, läuft ja wie am Schnürchen, denkt sie und nimmt lächelnd das Angebot an.

Mittlerweile ist der ältere zurückgekehrt, und sie setzen sich an den größten Tisch in der Bar, der Platz für ca. 10 Personen bietet, aber es ist der bequemste.
Sie setzt sich ans Kopfende, der ältere, der sich als Hans vorstellt, links, der jüngere, Paco, rechts von ihr. Ihr Mini rutscht bedenklich hoch, läßt die Spitzen der Halterlosen zumindest erahnen. Lächelnd schlägt sie ihre Beine übereinander. Die Blicke sind unvergesslich, ihr Lächeln lässt sich nicht mehr abstellen.

Eine Plauderei über Gott und die Welt beginnt. Wozu das Halsband denn gut sei, fragt Hans, ob man sie daran anleinen könnte. „Das darf nur einer“, antwortet sie lächelnd. Sie bleibt den beiden für den Rest des Abends ein Geheimnis.

Im Laufe des Abends erzählte Hans eine Geschichte, die er als junger Mann in den frühen 60er Jahren in Berlin erlebte, und die ich so amüsant fand, dass ich sie hier wiedergeben möchte.

„Ich war in Berlin“, beginnt er, „gerade fertig mit dem Studium und natürlich zog es mich auch hin und wieder in den einen oder anderen Nachtclub. In einem davon gab es eine atemberaubende Tänzerin, in die ich mich sofort verknallte. Ich musste sie kennen lernen.
Gesagt, getan, der Kellner bekam ein Trinkgeld und sie erschien an meinem Tisch. Wir unterhielten uns wunderbar und sie schlug tatsächlich vor, dass ich mit zu ihr kommen sollte. Was für ein Angebot!
Natürlich nahm ich es an. In ihrer Wohnung angekommen, forderte sie mich auf, es mir doch schon einmal auf dem Bett bequem zu machen, während sie sich noch frisch machen wollte. Da lag ich, nackt und bewunderte diese kleine Puppenstube, als sie den Raum betrat.“ Pause. „Sie war allerdings ein Er.“

Ich lachte. „Und, sind Sie fortgerannt?“, wollte ich neugierig wissen. „Nein“, grinste Hans verschmitzt.... „Ich bekam den besten Blow-Job meines Lebens.“ Riesengelächter.

Drei Paare kommen in die Bar, setzen sich mit an den großen Tisch. Die Männer gaffen, die Frauen sprühen Gift. Sie bleiben alle relativ wortkarg und lauschen den dreien, beteiligen sich aber nicht am Gespräch. Wie auch.

Die drei lassen sich nicht stören und plaudern weiter. Der Kellner erscheint, um Kaffeetassen und übriggebliebene Kaffeesahnebecher wegzuräumen. Verschüttet dabei etwas Sahne direkt auf ihr rechtes Bein... die Assoziation ist eindeutig, den beiden fallen fast die Augen aus dem Kopf.
Nonchalant streicht sie die Sahne mit einem Finger vom Strumpf, leckt sie ab. Die Augen werden größer... und andere Körperteile auch, da bin ich ziemlich sicher (Schon oft habe ich mich gefragt, ob ich heute in so einer Situation den Mut hätte zu sagen: „Hinknien und auflecken“. Wer weiß?).

Ob man nicht zu ihr gehen könne, um privat etwas weiter zu feiern, möchte Paco zu vorgerückter Stunde wissen. Feiern ist gut, denkt sie bei sich und lehnt ab mit der Begründung, ansehen sei wohl erlaubt, wohl aber nicht anfassen... Das wird bedingungslos akzeptiert, und so geht das Geflirte lustig weiter.

Die Zeit vergeht wie im Flug unter Geplauder. Es ist schon nach Mitternacht. Zeit zu entschwinden, denkt sie, allein zu sein und über diesen Abend nachzudenken.
Ihre beiden netten Gentlemen beschließen, doch noch ins Kasino zu gehen. Die Rechnung wird bezahlt, sie verabschieden sich herzlich voneinander und gehen ihrer Wege... Sie läuft den kurzen Weg zum Taxistand, lächelnd, mit Herzklopfen. Was für ein Erfolg. Hätte sie sich das zugetraut? Nie im Leben! Danke, Master Stan, er wusste, sie kann es.

Meine Freunde, denen ich diese Geschichte erzählte, haben sich über dieses Erlebnis immer ein wenig gewundert, weil sie wissen, ich bin eine Frau, die flirten kann. Was ist daran so besonderes?

Ganz einfach: Ich hatte es vergessen. Nach Jahren Ehe, inzwischen getrennt, lange während dem (inzwischen gewonnenem) Kampf mit dem Übergewicht, in einer Fernbeziehung, die zwar schön, aber eben doch fern war, hatte ich tatsächlich vergessen, wie aufregend so etwas sein und wie verschönernd es wirken kann.
In dieser Nacht kam ich heim mit einem Glühen, strahlend und glücklich. Und immer, wenn ich daran denke, ist dieses Hochgefühl wieder da. Eigentlich kann ich so etwas jeder Frau empfehlen, auch oder besonders denen, die von ihrem Partner schon seit geraumer Zeit wie ein Möbelstück behandelt werden. Es wirkt Wunder.

Verfasserin CataBina

Du bist nicht angemeldet.
 Einloggen / Registrieren