Freitag

Gerade habe ich den Hörer auf die Gabel gelegt und dich ins Bett geschickt, denn morgen schon sehen wir uns ja. Ob du es wohl wirklich schaffst, um 16.00 Uhr loszufahren? Denn dann könntest du ja schon um 17.40 Uhr hier vor meiner Türe stehen. Hoffentlich kein Stau, bloß nichts, was dich aufhalten könnte!

Es ist 0.45 Uhr. Ich bin nicht müde und doch gehe ich jetzt ganz vernünftig ins Bett. Ich hoffe, dass ich schnell einschlafen kann. Denn morgen, ja morgen ist endlich Freitag.
Freitag der Geplante, der Ersehnte, der Fast-nicht-mehr-zu-hoffen-gewagte-Freitag. Der Freitag, an dem mein Kind nach der Schule von Oma abgeholt wird, der Freitag des Wochenendes, an dem es nicht zu Hause schlafen wird.

Morgen ist ein richtiger FREItag. ZeitdruckFREItag, KindFREItag, HausarbeitsFREItag. Ich werde noch aufräumen und putzen, damit es ein ChaosFREItag wird. Die Nummer vom Pizzaservice ist auch schon bereits herausgesucht, also KochFREItag. Ich grüble, welche CD ich morgen gegen 17.30 Uhr einlegen könnte, denn es soll der perfekte Freitag sein.

Vor meinem geistigen Auge kommst du die Treppe herauf, Kissen unter dem Arm und in der anderen Hand die Reisetasche. Als Erstes sehe ich deine dunklen Haare. Stachelig und weich zugleich laden sie mich ein, sie mit meinen Händen zu durchwuscheln. Dann dein Gesicht, ich finde es wunderschön.
Was hast du an? Ein Hemd in „bequemer“ Farbe, darunter ein T-Shirt, natürlich in Schwarz? Schwarz steht dir soooo gut, meine ich. Aber egal. Ich liebe es, dich anzuschauen. Du hast nur noch ein paar Stufen bis zu meiner Tür: komm herein.

Morgen ist Freitag! Ich kuschle mich unter die Decke und meine Hand wandert dorthin, wo du mich streicheln und liebkosen wirst. Verrückt machen wirst du mich. Ich stelle mir vor, du wärst schon da. In meiner Phantasie werden meine Hände zu den deinen.

Nach einer anstrengenden, aufregenden und wunderschönen Session lasse ich mich fallen, aufgefangen von dir, langsam in den Schlaf dämmernd, den Schlaf nach der Exstase, den schönsten Schlaf. Mich nimmt er mit ins Traumland, bis es morgen endlich Freitag ist.

Was ich wohl träume in dieser Nacht? Träumen ist erlaubt, Träumen ist nicht gefährlich. Träume geben mir alle Zeit dieser Welt. Im Traum kann ich stundenlang vor dem Kleiderschrank stehen und überlegen, was ich für dich anziehe. Der schwarze Minirock aus Leder oder doch der andere? Oder vielleicht das geblümte, mädchenhafte Kleid mit dem gesmokten Oberteil und den tausend Knöpfen, damit du etwas zu tun hast?

Ich kann mich nicht entscheiden. Also erst einmal unter die Dusche springen und das heiße Wasser auf die Haut prasseln lassen, über den Kopf und ins Gesicht.
Heute gönne ich mir das Duschgel, das so phantastisch riecht. War das schön, nachts um eins mit dir zu duschen! Ob du wohl noch einmal Lust hast, mich von Kopf bis Fuß einzuseifen und ganz gründlich zu waschen?

Nackt, nur mit dem Handtuch über den Schultern, noch feuchte Tapse auf dem Boden hinterlassend, stehe ich wieder vor dem Kleiderschrank. Ich werde einfach alles anprobieren. Mit dem Kleid fange ich an, dem, mit den vielen Knöpfen.
Ich tipple ins Zimmer meiner Tochter – warum habe ich bloß keinen vernünftigen Spiegel? Ich betrachte mich von vorne, von der Seite und von hinten. Ganz OK. Jetzt ein wenig bücken, den Hintern schön rausstrecken. Und schon steigt der Puls ein bisschen. Ja, träumen macht Spaß.

Im Traum entscheide ich mich für den schwarzen Minirock, der ist am kürzesten, bietet die besten Einblicke. Dazu ein paar halterlose, hoffentlich aber nicht haltlose Strümpfe. Dann noch das rote, geschnürte Oberteil. So möchte ich dich erwarten, wenn du nachher die Treppe heraufkommst. Was du wohl sagen wirst? Vielleicht gar nichts? Ach was soll es, ich bin am Träumen, da brauche ich keine Angst zu haben und du auch nicht!

Du lächelst, ein wenig überrascht und auch erfreut. Und ich lächle natürlich ebenfalls, ein wenig unsicher zwar, aber auch ein wenig stolz. Aber zuerst drücken wir uns fest und sagen uns ganz oft, wie schön es sei, dass jetzt endlich Freitag ist. Denn wer behauptet, dass Träume immer von der Realität abweichen müssen?
Du musst dringend auf´s Klo wie stets nach einer Autofahrt. Und wie immer, machst du anschließend einen Minirundgang durch die Wohnung.
„Wie schön, hier zu sein!“, bemerkst du strahlend, und ich frage dich: „Kaffee oder Tee?“ Du entscheidest dich für Kaffee und lässt dich ein wenig erschöpft auf den Stuhl in meiner kleinen Küche sinken. Und während ich die Teebeutel im Mülleimer versenke und die Kaffeemaschine befülle, fährst du mit deiner Hand ein wenig an meinem Bein entlang. Das ist so schön!
Ich bekomme Herzklopfen und ein wenig Angst vor meinem eigenen Mut, ich wünschte, ich hätte doch etwas Bequemeres angezogen. Das Ziehen, das sehnsuchtsvolle Pochen, da wo die Säfte sich sammeln, ist beinahe schmerzhaft. Ich muss wahnsinnig sein.

Du ziehst mich ein wenig zu dir herunter, um mich zu küssen, ganz sacht. Zwischendurch leckst du dir immer wieder die Lippen.
"Hmm – lecker“, sagst du. Ich würde gerne etwas erwidern, säße da nicht der Kloß in meinem Hals. Stündest du hinter mir, könntest du sehen, wo die Strümpfe enden. Meine Nacktheit unter der Kleidung wird mir von Augenblick zu Augenblick bewusster.

Doch zuerst möchtest du ankommen, dich mit mir unterhalten. Ich bin erleichtert und enttäuscht zugleich. Aber so kann ich dich anschauen und mich daran freuen, wie wunderschön du bist. Wir lachen und wiederholen tausendmal, wie schön es sei, dass heute endlich Freitag ist. Endlich Freitag, aber auch erst Freitag.

Inhaber der Rechte ist bekannt, die Person will aber anonym bleiben.

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