Leah

Selten waren ihr die Schritte so schwer gefallen wie in diesem Moment. Gerade hatte sie geklingelt, auf das leise Knacken in der Gegensprechanlage nur mit ihrem Namen geantwortet und die Tür geöffnet. Doch ihr Körper zögerte, nicht nur kurz, sondern merklich.

Schon den ganzen Tag über war sie nervös. Ihr Magen kribbelte, manchmal nur leicht, manchmal schmerzhaft, an Essen war jedenfalls nicht zu denken gewesen.
Sie hatte die Stunden gezählt, bereits seit ihrem Schichtbeginn um 6.30 Uhr. Noch 13 Stunden, noch 12, noch 11… und jetzt war es vielleicht noch eine, falls er ihr etwas Ruhe gönnen würde. Ihm war sicher klar, wie es in ihr aussah, wie es in ihr stürmte.

Auch wenn sie sich vor den vier Etagen fürchtete, die Beine zitterten, so nahm sie doch die Treppen. Wusste sie doch, wie sehr er das Geräusch ihrer hohen Schuhe auf der Treppe mochte, sich freute, es zu hören.

Heute war es also soweit. Der Moment, auf den sie, so schien es ihr, ein Leben lang gewartet hatte, stand direkt bevor. Vor zwei Wochen hatten sie gemeinsam vor seinem Laptop gesessen, er auf dem gemütlichen roten Sofa, sie an sein linkes Bein gelehnt auf dem Boden davor und diesen Halsreif herausgesucht. Schlicht und einfach sah er aus, nur ein Kenner würde wissen, welche Bedeutung er hat. Und sie beide natürlich.

Lange hatten sie nach einem Zeichen für sie gesucht. Tattoos und Piercings kamen für ihn nicht in Frage, ebenso wenig wie ein Fingerring. Diese Zeichen mochten zwar diskret sein, doch waren sie viel zu klein um genau das auszudrücken, worum es in ihrer Beziehung ging.
Ein Reif an ihren Hals dagegen, direkt um ihre Atemwege, der Verbindung zwischen Geist und Körper, der konnte diese Macht, die er über sie hatte, viel eher deutlich machen.

Sie war sein, vollkommen und ganz, und das betraf nicht nur einen Ringfinger, ihre Brustwarzen oder den Bereich über ihrem Hintern, nein, es ging um jeden Zentimeter ihres Körpers, oberhalb und unterhalb des Halses.

Als er ihr seine Entscheidung mitgeteilt hatte und mit ihr gemeinsam diesen Ring heraussuchte, war sie glücklich, ja beinahe selig gewesen. Er liebte sie, so sehr, dass er sie zu seinem Eigentum machen wollte! Etwas, das keiner seiner bisherigen Sklavinnen vergönnt gewesen war. Er war bereit, sie auf diese Weise zu einem Teil von sich werden zu lassen.

Noch in diesem Moment fühlte sie die Nacht danach, die einzige Nacht ohne Fesseln, vollkommen frei von Schmerzen. Er hatte sie ebenbürtig behandelt, nein, eher wie eine Königin. Er trug sie auf Händen, küsste und liebkoste jede Rundung, jedes Stückchen Haut, als würde er eine neue Kostbarkeit seiner Sammlung erkunden, sogar auswendig lernen wollen.

Doch jetzt war dieses Glücksgefühl längst verflogen, seit Tagen wurde sie von Nervosität gequält, in vielen Augenblicken zitterte sie sogar. Würde sie ihm gerecht werden können? Was, wenn sie ihn nur enttäuschte, wie würde er reagieren? Ihre Beziehung ging längst über die anfängliche Zeit der Euphorie hinaus, jeder Fehler wäre nun schwerwiegender und nicht mehr so leicht zu übersehen.

Die Hälfte der Strecke lag nun hinter ihr, und wieder zögerte sie. Sollte sie einfach umkehren? War weglaufen besser, als sich als Enttäuschung zu entpuppen? Dieses Vertrauen, das er in sie setzte, würde sie dem gerecht werden können?

"Liebes, warum so zaudernd? Ich warte auf dich. Du fürchtest dich doch nicht etwa?" Er blickte ihr durch das Treppengeländer hindurch direkt in die Augen.
Sie senkte ihren Blick, lief rot an, wie immer, wenn er sie in einer peinlichen oder unbedachten Situation erwischte und setzte sich wieder in Bewegung. Sie eilte die Stufen hinauf und fiel ihm vor seiner Tür in die Arme. Tränen liefen über ihr Gesicht, als er sie fest an sich drückte, sie in die Wohnung führte und die Tür hinter ihnen beiden schloss.

Als sie dann, nur einige Minuten später seinen Reif um ihren Hals spürte, legte sich der Sturm in ihr und Ruhe kehrte ein. Sie fühlte, dass alles nun genau so war, wie es sein soll. Sie fühlte sich angekommen. Endlich.

Verfasserin Bissiges Kaetzchen (SZ-Nr: 198941)

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