Unschuldig

Es ist erst wenige Tage her, dass er sie das letzte Mal gesehen hat. Er hatte sie genommen, härter als beabsichtigt. Aber ihre Haut war so anziehend gewesen, ihre Schenkel so blass – es hatte ihn einfach übermannt, wie er sie da auf dem Bett liegen sah.
Sie war eng und heiß. Sein Hunger war unerträglich. Er hatte ihren Oberkörper auf's Bett gedrückt und in sie gestoßen. Ihre leisen Schreie hatten ihn nicht davon abgehalten. Er spürte nur noch die Gier und dieses Ziehen im ganzen Körper. Er hörte sich selbst keuchen. Er hatte sonst nie einen Laut von sich gegeben. Es war, als würde sich alles auflösen und der Orgasmus glich einer Ohnmacht.

Sie sagte danach keinen Ton, bewegte sich nicht. Er erhob sich vorsichtig und rollte sich neben sie. Er musste ihr hübsches Gesicht sehen. Sie blickte ihn an. Ihre Augen waren feucht. Sie lächelte nur angedeutet. Ihr Mund zog ihn in seinen Bann. Er war leicht geöffnet und glühte rot.
Die Lust stieg von neuem auf. Er zog sie nah an sich heran und flüsterte ihr ins Ohr, was er wollte. Sie nickte ausdruckslos und glitt an seinem zitternden Körper entlang zu seinen Hüften. Er starrte sie an, die ganze Zeit, wie seine Spitze zwischen ihren verdorbenen vollen Lippen verschwand, wie sie küsste, saugte, leckte. Und er stöhnte hemmungslos.
Das erste Mal in seinem Leben konnte er seine Stimme nicht mehr kontrollieren. Sie würgte, doch das reizte ihn nur noch mehr. Und er ließ sie nicht frei, ergoss sich in ihren Hals, festgekrallt in ihrem weichen Haar.


Die Sonne scheint durch den Raum. Seine Frau schläft noch. Es ist erst halb acht. Aber er ist wach, aufgeregt. Er ist hart. Sein Körper steht unter Strom. Er kann die Gedanken an Josephine nicht verdrängen. Ihre Telefonnummer ist in seinen Kontakten auf dem Laptop unter ihrem Nachnamen gespeichert und dem Namen einer Firma, mit der er häufiger zu tun hat.

Sie haben kein Wort mehr miteinander gesprochen, seit er gegangen ist. Sie hatten sich wortlos verabschiedet. Es war ein gestilltes Schweigen seinerseits. Sie konnte er nicht einschätzen. Er wollte sie küssen, konnte es dann aber doch nicht. Sie wird verletzt sein, aber er muss sie wiedersehen, sie noch einmal haben.

Seine Erektion schmerzt. Fieberhaft überlegt er, wann er sie treffen könnte, welche Ausrede die glaubhafteste ist. Am liebsten würde er sofort gehen. Sie überraschen im Bett im Seidennachthemd und mit roten Wangen. Unter der Decke ihre Schenkel auseinander drücken, ihren Duft einsaugen. Sie berühren, bis sich ihr Becken von allein bewegt und sie ihn anbettelt, es mit ihr zu tun.

Er steht auf und sieht vom Türrahmen aus noch einmal zu seiner Frau, vergewissert sich, dass sie nicht aufgewacht ist. Er kann kaum klar denken, sein Leben ist so fremd mit einem Mal. Allein die Lust bestimmt sein Tun.
Er wird zu ihr gehen. Hat keine Zweifel daran, dass sie da ist und auf ihn wartet. Er ruft nicht vorher an. Rasiert sich ohne Eile, schlüpft in seine Kleidung und hinterlässt einen Zettel auf dem Küchentisch. Eine dumme Lüge.

Aufgekratzt steigt er ins Auto und fährt los. Kennengelernt hat er sie auf einer Messe. Sie arbeitete den ganzen Tag am Stand gegenüber. Ihre Blicke trafen sich häufiger. Mittags hielt er es nicht mehr aus und sprach sie an. Ihr Lächeln bedeutete Zustimmung. Er gab ihr seine Visitenkarte und bat sie, sich zu melden, wenn ihr danach sei, einen Kaffee mit ihm zu trinken.
Sie rief ihn schon am nächsten Abend an. Gott sei dank war er noch im Büro. Mittwochs traf sich seine Frau immer mit Freundinnen und kam erst spät nach Hause. So beschloss er, gleich alles auf eine Karte zu setzen und fragte Josephine, ob sie nicht in einer Stunde Zeit hätte. Sie sagte ja und erleichterte das Gespräch, indem sie ihn zu sich einlud.

So stand er bald darauf vor ihrer Tür. Sie setzten sich auf das Sofa und tranken Rotwein, einen süßen Rosé, den er nicht mochte. Sie fragte, ob er schüchtern wäre. Auf sein Warum antwortete sie, dass sie sich sonst nicht erklären könne, warum er seine knappe Zeit mit Geplänkel verschwendete. Er hatte sich am Wein verschluckt und sie mit großen Augen angesehen.
„Das ist doch nicht der Grund für dein Kommen, oder?“ Er hatte den Kopf geschüttelt und das Glas auf dem Tisch abgestellt. Sie führte ihn ins Schlafzimmer und zog sich langsam vor ihm aus.
Von dem Rest des Abends träumt er seitdem fortwährend. Mittlerweile hat er das Gefühl, sie hatte ihn benutzt und nicht umgekehrt. Das macht ihn nur noch rasender vor Lust.
Er weiß, was auf dem Spiel steht – aber er wird sich heute seinen Verstand zurückholen. Das wird das letzte Mal sein.

Er biegt in ihre Straße ein. Sein Herz schlägt zu schnell. Es ist elf nach acht. Das Handy lässt er im Auto. Keine Störung, keine Zeugen. Er klingelt. Es knackt in der Gegensprechanlage.
„Ja?“- „Ich bin's.“ Keine Antwort.
Der Türöffner summt, er geht hinein. Ihre Wohnung befindet sich in der zweiten Etage. Sie steht da in einem weißen Bademantel.
„Ich hatte dich eher erwartet.“ Sie betreten den Flur. Der süßliche Duft vom letzten Treffen geht ihm wieder durch die Sinne.
Er packt sie fest am Arm, drängt sie an die Wand. Sie lächelt. Überrascht sie seine Kraft denn gar nicht? Er erhöht den Druck, bis sie leise aufschreit. Aber ihr Lächeln verschwindet nicht.

Der Sturm in ihm wird lauter. Sein Kopf ist ausgeschaltet. Er wird ihr schon zeigen, dass sie nichts weiter als eine einfache Hure ist! Hat er das wirklich gerade gedacht? Er tritt einen Schritt zurück und schließt die Augen. Was zum Teufel macht er hier? Gegen Dämonen kämpfen, die er einfach ignorieren könnte?
Hinter seiner Stirn brennt es. Josephine muss eine Hexe sein. Er muss gehen. Jetzt sofort. Sie nicht mehr ansehen. Vergessen und das Leben wieder klar empfinden. Er spürt ihre warme Hand auf seiner Wange und ihren Körper, als sie sich eng an ihn schmiegt. Sie reibt sich an seiner Hose. Das kalte Ziehen in seinem Unterleib streicht alle Gedanken fort.
Er fährt mit den Fingern durch ihr Haar und küsst sie verlangend. Sie löst sich, tanzt durch den Raum ins Schlafzimmer. Er massiert sich die Schläfen und zögert. Letzte Fluchtmöglichkeit. Aber betrogen hat er seine Frau ja schon längst. Warum also nicht auskosten? Ein letztes Mal.

Er geht langsam in ihre Richtung, findet sie ausgestreckt auf dem Bett, den Bademantel auf dem Boden. Ein dunkelblaues Seidennachthemd bedeckt ihre Haut. Sein Puls vibriert.
„Also?“, fragt sie und knöpft den Stoff vom Hals an auf. „Beim ersten Mal warst du doch auch nicht so schüchtern. Gefall ich dir nicht mehr?“
„Doch. Sehr! Ich will dir nur nicht weh tun.“ Sie lacht amüsiert. „Die Dämonen fressen dich auf, wenn du sie nicht freilässt.“
„Würde ich mich gehen lassen, hättest du blaue Flecke danach.“
„Ja, und? Die vergehen. Die Seele ist wichtiger als der Körper.“
„Aber ich bin kein Mann, der Frauen verprügelt.“
„Schscht! Willst du nun, oder nicht? Sonst geh gleich. Du verschwendest meine Zeit!“ Er geht steif auf sie zu, legt sein Hemd ab, schlüpft aus seinen Jeans. Er legt sich neben sie, saugt an ihrem Hals.

Ihr Duft betäubt ihn. Er streichelt ihren Oberkörper, kneift in ihre weichen Brüste, bis sie leise stöhnt. Mit seinen Fingerkuppen berührt er grob ihren Mund.
„Du bist so gut mit dem Mund. Ich will es noch einmal spüren.“ Er greift in ihr Haar und zieht sie an den Bettrand, stellt sich an die Kante. Der Boden unter seinen Füßen ist kalt, aber er spürt ihn kaum. Er steht unter Strom. Sein Leib gehorcht nur noch seinem Trieb.
Sie streift ihm die Shorts ab, fasst ihn an und leckt über die Spitze. Seine Oberschenkel zittern. Er ist hart, so hart, dass es schmerzt. Er hält ihren Kopf und bewegt sein Becken leicht vor und zurück, wird schneller in jedem weiteren Moment. Noch tiefer.
Als sie sich ihm entzieht, um nach Luft zu schnappen, schlägt er sie ins Gesicht. Erschreckt reißt er die Augen auf, während die Gier noch heißer in ihm schwillt. Er hält inne.

„Du kannst mich bezahlen für jeden blauen Fleck, wenn es dein Gewissen beruhigt.“ Er stößt sie von sich, sie kippt auf das Bett.
„Zieh dich endlich aus!“, herrscht er sie an, „und leg dich auf den Bauch!“ Sie tut es. Er streichelt ihren Po. Ein leichter Klaps lässt sie kichern. Dann trifft es sie härter. Ihre Muskeln zucken, spannen sich an in Erwartung des nächsten Schlags. Er gerät außer sich. Ihr leises Jammern macht ihn wahnsinnig.
Er kniet sich hinter sie, zerrt ihr Becken in die Luft. Ungeduldig dringt er mit zwei Fingern in sie ein. Sie ist nass. Seufzt. Ihre Haut glüht rot. Er hat das Gefühl, verrückt zu werden, riecht ihre Erregung so deutlich, dass er alles vergisst.

Er spreizt sie und stößt sein Glied hart in sie. Krallt sich in ihre Hüften. Der Strom wird stärker. Seine Hand landet scharf auf ihrem Rücken, sie beißt sich auf die Lippen und er stöhnt laut, hemmungslos. Soll ihn die ganze Welt hören! Egal! In ein paar Sekunden wird er tot sein. Dann kümmert es niemanden mehr.
Er spürt die Hitze ihres Schoßes, packt in ihr weiches Haar. Immer schneller treibt er in sie hinein. Und ergießt sich zuckend, schreiend, kratzend, schmerzlich in sie und sinkt zusammen. Sein Körper ist taub und er kann sich nicht mehr bewegen.


Als er erwacht, liegt er allein im Bett. Sein Kopf ist leer. Eine unendliche Müdigkeit hat ihn überfallen. Auf dem Laken findet er einen Zettel.
„Dusch, wenn du willst. Leg das Geld auf den Küchentisch. J.“ Er schluckt. Geht mechanisch ins Bad und spült ihren Geruch von seiner Haut. Er hat Hunger. Auf seiner Armbanduhr ist es halb elf.
Er nimmt alle Scheine aus seiner Geldbörse und legt sie auf den Tisch. Sieht sich nicht noch einmal um. Schließt die Tür hinter sich und verlässt, jeweils immer zwei Treppen auf einmal nehmend, das Haus.


Verfasserin persönlich bekannt, Sie will aber unerkannt bleiben

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