Herzensentscheidung

„Du hast dich also entschieden?“, fragt er, mit rauer Stimme.
„Ja.“
„Du willst also mir gehören. Auch wenn ich dich nicht schlage, wenn ich dich lieber in den Armen halte und dich küsse, als dich zu demütigen. Wenn ich dich ganz für mich alleine haben will und unsere Sexualität weder Aggression noch Schmerz beinhalten wird. Das willst du wirklich?
„Ja.“
„Kannst du dem nachkommen? Kannst du deine Sehnsüchte kontrollieren?
„Ich tue mein Bestes.“, sagt sie, traurig, aber entschlossen.
„Das will ich hoffen. Denn, du hast kein Freifahrtschein, nur weil du dich Sub nennst. Du musst auch tun, was du willst.“
„Ich weiß.“

Ein sanftes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus und er nimmt ihre Hand zwischen seine.
„Gut. Was möchtest du trinken?“ fragt er und sie erinnert sich, dass sie in einem Restaurant sind. „Weißweinschorle“, antwortet sie und hofft auf eine Aufgabe, eine Möglichkeit, ihre Unterwerfung zu unterstreichen, sie öffentlich zu machen. Er bestellt und streichelt noch immer ihre Hand.
Sie träumt, dass er sie bitten würde, sich auszuziehen. Zumindest das Oberteil. Oder sie auf die Toilette schickte, ihr einen Euro in die Hand drückte, für die Klofrau. Sie wichsen und ihren Slip ausziehen ließe, den sie ihm dann, nach ihrer Wiederkehr zu überreichen hätte.

„Du bist wunderschön!“, strahlt er sie an. Innig. Sie lächelt und bedankt sich, den Blick senkend. Dabei erträumt sie sich einen festen Griff in ihrem Nacken, einen derben… Augen, die dasselbe sagten, es aber nicht aussprächen.
Nach dem Essen fahren sie Nachhause und er hält an einer Tankstelle. Nach dem Tanken fragt er sie, ob sie noch was bräuchte von drinnen.
„Kondome“, antwortet sie. „Ohh“, sagt er und lächelt verschwörerisch, bevor er sich umdreht und in den Laden hineingeht.

Sie träumt davon, wie er ihr Handschellen anlegte, ihr Geld in die Hand drückte und sie Kondome holen ließe. Wie sie, beschämt, im Laden versuchen würde, die Handschellen unter ihren Ärmeln zu verbergen und an der Kasse solange wartete, bis keiner mehr davor stünde und damit aber nicht durchkäme. Sich irgendwann doch in die Schlange begäbe und Herzklopfen bekäme, weil es ungewiss wäre, wer sich hinter ihr anstellte.
Wie sie beim Zahlen, beide Hände zusammen über den Tresen halten müsste, den Schein in der Hand, die Kondome auf dem Band…
„So. Hier!“, er steigt ins Auto und legt ihr die Kondome und zwei Schachteln ihrer Zigarettenmarke auf den Schoß. „Danke“, sagt sie lächelnd.

„Hast du denn gar keinen Wunsch, mich an dich zu binden?“ fragt sie zögerlich.
„Natürlich habe ich den. Aber zwingen kann man niemanden.“, antwortet er und schaut sie an, ohne den Wagen zu starten.
„Du willst es mir also auch nicht leichter machen? Mir keinen Grund geben, dich zu brauchen, dich zu wollen?“, fragt sie noch mal nach.
„Fängst du schon wieder an? Ich dachte, du hättest dich entschieden. Für mich. So wie ich bin.“ Sagte er und schaute nach hinten, bevor er den Zündschlüssel drehte. Ein anderes Auto wartete bereits.

„Es ist einfach nicht leicht.“, sagte sie.
„Wer sagt, dass das Leben leicht zu sein hat? Wir haben nicht das Recht auf Glück gepachtet. Wir können nur unser Bestes tun. Was dein Bestes ist, das kannst nur du entscheiden. Ich dachte, du wüsstest es, als du dich entschieden hast. Weißt du es?"
Sie schaut aus dem Fenster, sieht die Lichter der Stadt an ihr vorbeiziehen und fragt sich, ob sie es schaffen wird, diesen Teil ihrer Selbst auszuklammern, zumindest zu transformieren in etwas Anderes. Ihr Blick sucht den seinen und trifft nur auf sein Profil, im Halbdunkel. Sie schaut wieder nach vorn und spürt nun seinen streifenden Blick.

„Weißt du es?“, fragt er noch einmal, eine Tonlage tiefer.
„Ich weiß, dass das, wofür ich mich entschied, mir im Moment als das Beste erscheint. Ich weiß nur nicht, ob ich darin falsch liege.“, antwortet sie.
„Kann sein. Wenn du aber nur halbherzig deinem Entschluss folgst, dann wird er nicht das Beste sein. Ich hoffe, du weißt das auch.“
„Ja… ja, das weiß ich auch.“
„Gut.“
„Ja…“

„Soll ich an der Videothek halten? Wollen wir uns einen Film anschauen?“, fragt er, nach fünf Minuten Stille.
„Gerne“, sagt sie und freut sich über die Möglichkeit, ihre Tränen über fremde Dramen loswerden zu können.

Verfasserin Temples

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