Die andere Seite

Endlich, nach vier Stunden Autofahrt, lenke ich das Auto auf den Parkplatz und freue mich auf drei lange Tage mit ihm. Während ich noch die Taschen auslade, ziehe ich das Handy aus der Jacke, um ihn anzurufen und zu fragen wo er bleibt.
Die Mailbox ist am anderen Ende. Langsam kommt Unruhe auf; er wusste, wann ich ankomme. Wir haben doch stündlich telefoniert. Es war ausgemacht, dass er vor dem Haus steht, um mir beim Tragen meines Gepäcks zu helfen.

Wahlwiederholung ... die eine Hand am Handy und mit der anderen Hand nestle ich eine Zigarette aus der Tasche.
Warten, die Verbindung wird hergestellt; nervös und sichtlich aufgebracht zertrete ich die angerauchte Zigarette.

Es nutzt nichts, ich muss die Taschen allein in die Wohnung tragen. Wütend werfe ich mir die Reisetasche über die Schulter, schnappe den Koffer und vergewissere mich, dass das Auto verschlossen ist. Innerlich fluche ich wie ein Rohrspatz. Das freie, lange Wochenende beginnt ja gut, aber der Fahrstuhl funktioniert wenigstens.

Nein, auf Auspacken habe ich keine Lust. Jetzt will ich einen starken Kaffee, Musik und mich aufregen. Das ist mein Recht. Ja, ich will wütend sein und genieße es. Mit diesen Gedanken lasse ich mich in den Sessel fallen und schließe die Augen.

Bilder ziehen an meinem geistigen Auge vorbei, Rachepläne werden geschmiedet und langsam nimmt diese Art der Vergeltung Gestalt an.

Der Schlüssel dreht sich im Schloss und ein „Hallo mein Schatz. Du bist ja schon da!“ dringt durch den Flur. Beinahe wäre ich aufgesprungen, weil ich mich freue, ihn endlich zu sehen. Im letzten Moment erinnere ich mich an die letzte halbe Stunde.
Alles Freundliche weicht aus meinem Gesicht und theatralisch baue ich mich vor ihm auf. Es folgt ein Wortgefecht allererster Güte. Wir haben völlig vergessen, warum wir beide das Wochenende frei genommen haben. Es sollte ein Kurzurlaub werden, eine Flucht vor dem Alltag. Jetzt stehen wir jeweils in einer Ecke und schweigen uns an.

Diese Stille im Raum ist unheimlich. Sie macht mich unsicher. Warum spricht er kein Wort mehr? Für mich ist diese Situation neu, bisher unvorstellbar. Unser erster Streit und dann noch wegen diesen Nichtigkeiten.
Man freut sich über Wochen auf ein Wiedersehen und macht Pläne, lässt dem Kopfkino Raum für mindestens einen Film in Überlänge und dann bricht alles zusammen wie ein Kartenhaus - wegen nichts.

Mit einem Versuch zu lächeln, werfe ich den Kopf in den Nacken und bemühe mich, das Ruder wieder an mich zu reißen. Wer bin ich denn, dass mir ein Sub derart über den Mund fährt? Meine Sicherheit kommt langsam zurück, oder ist es eher Arroganz? Egal, was es ist, die Hauptsache ist, dass ich mein Gesicht wahre und ihm zeige, wer hier das Sagen hat.

„Geh und erledige endlich Deine aufgetragene Arbeit!“, höre ich mich in gewohnt nüchternem Befehlston sagen und vermeide es, ihn anzuschauen.
Er steht maximal einen Meter vor mir und über seine Lippen kommt nur ein Wort. Kurz aber sehr bestimmend: „Nein!“
Instinktiv erhebe ich meine linke Hand und möchte ihn mit einer Ohrfeige maßregeln. Doch er wehrt ab, hält mein Handgelenk fest und ich spüre eine Kraft in seiner Hand, die keinen Rückzug ermöglicht.

Unsere Blicke treffen sich. Meine Augen sprühen vor Rage und Ratlosigkeit. Die Lider zucken, mein Puls rast, Wut steigt auf.
Seine Augen strahlen Ruhe aus. Er atmet gleichmäßig, sein Handeln duldet keinen Widerspruch.
Er drückt mich nach hinten, drei oder vier Schritte, wortlos, und zwingt mich auf's Bett.
„Was soll das?“, frage ich ihn mit einem Beben in der Stimme, aber er bleibt stumm und sein markantes Gesicht bleibt regungslos.

Fast lautlos legt er mir die neuen Handfesseln aus Edelstahl um das linke Handgelenk und ehe ich begreife, was passiert, schnappt auch die rechte Fessel zu.
Ich strample und keife: „Mach´ mich sofort los, du elender Saukerl.“ Meine Wangen färben sich vor Zornesröte. Doch er fasst nach meinen Füßen und macht unbeirrt weiter. Verdammt, so habe ich keine Chance, er hat mehr Kraft und vor allem im Moment die volle Beherrschung, sprich die Kontrolle – über mich!

Er tritt zurück und betrachtet mich, wie ich auf dem Bett liege. Fixiert, zappelnd, wütend, schimpfend, an den Fesseln zerrend - aber wehrlos. Noch mehr Wut steigt in mir auf. Logisch denken kann ich nicht, will ich nicht.
Das Einzige was mir bleibt, sind unkontrollierte verbale Ergüsse. Doch er dreht sich um und verlässt den Raum. Ich weiß nicht wie lange ich so liege - allein und vor Hass schnaufend.

Endlich! Er kommt wieder. Wie ein Waschweib keife und zetere ich und bevor ich realisiere, was passiert, zwängt sich ein Knebel zwischen meine Lippen. Sabber läuft aus meinem Mund.
Seine Finger malen die Konturen von meinem Gesicht nach, fahren über meinen Hals bis zu meinen Brüsten, welche sich durch die Bluse abzeichnen. Er umkreist meine Brustwarzen - sanft, dann fester. Seine Hände gleiten über meinen Bauch bis zu den Oberschenkeln. Dann schiebt er meinen Rock über die Hüfte, hält kurz inne und steht auf.

Während er die Vorhänge schließt und Kerzen anzündet, hat sich meine Atmung stabilisiert. Mein Hals ist vom Speichel, der aus meinem Mund rinnt, ganz nass. Meine Augen verfolgen seine Handlungen – bis ... bis er mir eine Augenbinde umlegt.

Und bevor ich versuche, trotz Knebel etwas zu sagen, spüre ich seine Hände. Er reißt mir die Bluse auseinander. Ein Knopf scheint gegen den Spiegel an der Wand zu prallen, zumindest hört es sich so an. Seine Hände massieren meine Brüste, seine Zunge leckt an meinen Brustwarzen, die sich bereits aufgestellt haben. Eine Hand greift zwischen meine Schenkel.

Ja, du Mistkerl, du fühlst richtig. Ich bin erregt. Höre nicht auf, fass´ mich an, berühre mich, nimm mich – dröhnt es in meinem Schädel.

Au ... ein stechender Schmerz zieht durch meine Brust - und ein zweites Mal. Es müssen Klemmen sein. Aber der Schmerz erregt mich. Mein Atem wird schneller, ich presse die Hand zu einer Faust. Ein kurzes Aufbäumen, als sich die kalte Kette der Brustklemmen auf meinen Bauch legt.
Röchelnde Worte wollen aus meinem Mund, aber er bleibt schweigsam. Ich spüre seine Lippen auf meinen Leisten, seine Zunge zieht Kreise über meiner Scham und immer wieder ein leichter, erregender Schmerz, wenn er die Kette der Klemmen berührt.

Das Surren des Vibrators höre ich kaum, ich spüre nur die Vibration zwischen meinen Beinen und mein Becken windet sich vor Lust.

Es ist so still. Wo ist er? Ich spüre ihn nicht mehr, sehe nichts – verliere jedes Zeitgefühl. Alles, was ich wahrnehme, ist Lust, das Ziehen in meiner Brust und Erregung, für die ich keine Worte finde.

Ein Schrei löst sich, ein Lustschrei und ehe ich wahrnehme, was passiert, wechseln Kälte und Wärme. Meine Lust lässt mich hyperventilieren. Heißes Wachs rinnt an meinen Brüsten vorbei, ich spüre wie es erstarrt und Muster auf meine Haut zeichnet.
Das Wachs vermischt sich mit den Rinnsalen von Eis, welches bis in meinen Nabel läuft. Diese Bilder kenne ich nur zu gut und ich kenne jede Regung seines Körpers dabei. Heute ist es mein Körper, der bebt, der sich lustvoll windet.

Zärtlich beugt er sich über mich, öffnet die Riemen des Knebels und erlöst mich von diesem nach Gummi schmeckenden Teil. Ich hole tief Luft und möchte etwas sagen. Aber er legt seine Handfläche auf mein Gesicht und ganz langsam verschließt er Mund und Nase. Während ich mich aufbäume spüre ich ihn auf mir, zwischen mir, in mir.

Seine Hand lockert sich, ich atme tief. Seine Stöße lassen nach und dieses Wechselspiel der Gefühle dauert an, bis ich nicht mehr kann. Ich falle in Trance und genieße. Irgendwann verschmelzen wir in Leidenschaft und Ekstase.

Zeitgefühl besitze ich nicht mehr. Erschöpft, glücklich und in Tränen aufgelöst, lasse ich mich losbinden. Schweigend nehmen wir uns in die Arme.

Ein paar Stunden später sitzen wir in einem Café und während meine Hand zärtlich über die Einkaufstaschen fährt, in denen sich neue Schuhe, ein Rock, Strümpfe und Blusen befinden, frage ich ihn, ob sich dieser Streit gelohnt hat.

Seine Antwort?
“Für Dich ja, meine Herrin.“

Und mit einem Lächeln kniet er nieder, legt seinen Kopf in meinen Schoß und macht mich zu dem, was ich bin, eine sehr glückliche Herrin.


Verfasserin Lady Antonia

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