Ds aus Subsicht - Ein Erklärungsversuch (Mai 2013)

Es ist ein ziemlich schwieriges Unterfangen Ds erklären zu wollen. Zum einen weil "es" für jeden etwas anderes ist, zum anderen weil so viele verschiedene Ebenen reinschwingen können. Es kann sich sexuelle Neigungen mit Persönlichkeitsstrukturen mit Lebensgestaltung mit Selbstfindung und vielem mehr vermischen. Die Diskussion und gerade die Verbissenheit mit der teilweise argumentiert wird, hat meiner Meinung viel damit zu tun, dass es für einige eben nicht nur eine sexuelle Neigung sondern eine Lebenseinstellung und ein Weg zu sich selber darstellt, der nie einfach war und man immer wieder gegen Konventionen kämpfen musste.

Ich selbst habe den Einstieg in BDSM eher durch meine masochistische Neigung gefunden. Irgendwann habe ich mir jemanden gesucht, der mir mein Kopfkino erfüllen sollte und mich das erste Mal schlug. Ich wollte wissen, ob sich eine Peitsche genauso toll anfüllt, wie ich es im Kopf hatte. Sie tat es und noch viel mehr. Ich hatte das Gefühl angekommen zu sein und zwar bei mir. Es war nicht nur der sexuelle Kick, sondern zum ersten Mal fühlte ich mich vollständig. Merkte ich, ich habe etwas gefunden was mir bisher immer gefehlt hat. Und schnell merkte ich, dass das nicht nur die Peitsche war. Meine Masoseite habe ich sehr schnell akzeptiert, meine devote Seite nicht. Die bereitete mir ziemliche Schwierigkeiten. Ich als emanzipierte Frau, die ihre Selbständigkeit hart erarbeitet hat, hatte das Bedürfnis mich einem Mann unterzuordnen?

 

Über die sexuelle Ebene ist das schnell erklärt. Es kickt mich einfach die Rechte über meine eigene Sexualität abzugeben und jemanden die Macht zugeben, darüber zu bestimmen. Es kickt mich befohlen zu bekommen, ohne Slip spazieren zu gehen. Es kickt nicht zu wissen, ob und wann etwas passiert, weil er entscheidet darüber. Es kickt einen Orgasmus als etwas besonderes anzusehen, weil ich nicht mehr darüber entscheide, ob, wann und wie ich einen bekomme. Und vieles mehr...

 

Aber das ist es nicht allein. Dieses Rechte abgeben kann sich auf den sexuellen Kontext beziehen, kann aber auch viel umfassender werden. Und dann ist es eben nicht mehr nur sexuelle Neigung, sondern deutlich mehr. Und prägt auch das eigene Leben deutlich mehr.

 

Ich habe erlebt, dass sich zwischen dom und sub ein sehr starkes Vertrauensverhältnis und eine sehr starke Verbundenheit entstehen kann, eine Tiefe in der Beziehung auf einer sehr emotionalen Ebene, die ich in Stino-Beziehungen so noch nie erlebt hatte (nein ich spreche es Stino-Beziehungen nicht ab, sondern spreche von mir). Und vor allem ging es immer sehr schnell sehr tief, den der dominante Part lernt einen sehr schnell sehr gut kennen. Jemand der mich schlägt, muss sehr schnell meine Körpersignale lernen, um mich in der Session einschätzen zu können. Jemand der mit meiner Psyche spielt (und genau das lasse ich beim Ds noch viel stärker zu), der muss sich sehr auf mich einlassen, um mich führen zu können. Um zu wissen, wie er mich zu was bewegen kann. Welche Knöpfe er drücken muss, um mich seine Überlegenheit spüren zu lassen. Kontrolle abgeben auf physischer, psychischer und emotionaler Ebene.

 

Und hier sind wir bei der Dominanz. Ich muss bei jemandem, dem ich mich unterwerfe eine Überlegenheit spüren. Er muss mir intellektuell die Stirn bieten können, mich ab und an gegen eine Wand rennen lassen können. Mir immer mal wieder zeigen wo mein Platz ist - und zwar zu seinen Füßen. Hier finde ich sehr oft meine innere Ruhe. Ein Gefühl der Sicherheit, der Geborgenheit. Viele Dinge im Ds sehen nach außen recht einfach aus. Natürlich kann ich mich einfach vor jemanden hinknien. Solche Gesten wirken nach außen beliebig und werden durchaus auch in der Szene durch solche Dinge wie "eine gute sub hat vor ihrem Herrn zu knien" verunklipft. Aber für mich ist wesentlich, was in mir passiert in dem Moment und das können Außenstehende gar nicht bemerken. Das hier Momente der absoluten Hingabe entstehen können. Das sind Gefühle die man entwickelt, die nicht beschreibbar sind. Eine kleine Veränderung in der Stimme meines Herrn oder ein bestimmter Blick, der mich in den Bann zieht und mich in ihm versinken lassen, können mich innerlich ganz klein werden lassen. fesseln mich, mein ganzes sein und machen mich teilweise sogar bewegungsunfähig...und ich genieße es so eine Verbindung zu jemandem haben zu können.

 

Mein Weg im BDSM und vor allem Ds war und ist immer auch ganz viel ein auf mich selbst zurückgeworfen werden, ein am Dom zum ich werden, Selbstreflexion, Selbstfindung. Ein authentisches in mir gefestigt werden. Ich muss mich dem anderen öffnen, ihm mich erklären, damit er meine Fäden so ziehen kann, dass er zu dem von ihm gewünschten Ergebnis kommt.

 

Und das macht ganz schön abhängig und hat durchaus nicht nur seine positiven Seiten. Manchmal braucht es viel Kraft und wenn das Gegenüber sich als doch nicht stark genug erweist, dann muss man sich auch schon mal selbst am Schopf aus der Sch... ziehen können. Es ist immer auch ein psychischer Umgang mit den eigenen Grenzen und oft auch ein Überschreiten der selbigen. Und genau das reizt mich umgemein. Grenzen über die ich alleine nicht gehen würde - für ihn aber schon. 

 

Jetzt kann gerne wieder der Vorwurf kommen, es scheint ja nur um dich zu gehen, wo bleibt da die Devotheit? Klar geht es um mich, denn ich beschreibe hier meine Perspektive und mein Erleben. Klar geht es um mich, denn ich kann einem anderen nur dann sehr viel geben, wenn ich viel zum geben habe.

 

Und jede Ds-Beziehung hat auch ihre Entwicklung. Je tiefer so eine Beziehung geht, umso mehr verspüre ich den Wunsch für diesen Menschen, der mir so viel ermöglicht, in mir so viele Gefühle frei setzt alles zu geben, was ich ihm geben kann und ihn glücklich macht. Mich von ihm immer bedingungsloser zu führen und auch formen zu lassen, in der Gewissheit ich gebe mich nicht selbst auf sondern werde immer mehr zu mir selbst. Will ihm immer mehr gefallen, es ihm recht machen. Und dabei eben nicht meinen eigenen Willen abgeben, sondern dies mit der Gewissheit tun, ich will das so, weil es meine Bedürfnisse befriedigt, wenn ich mich ihm unterordne. Und das hat dann irgendwie gar nix mehr mit sexuellem zu tun...oder doch  ;-)


Kommentare:


jo do schrieb am 06.03.2014


Aus subsicht

Liebe Frekkja,

mich fesselt Deine Art zu schreiben und aus Deiner Sicht die Dinge zu beschreiben und zu bewerten. LG jo


Antwort auf diesen Kommentar

Danke! Das freut mich!

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    FREKKJA
    Kurz zu den Fakten: Ich bin 1973 geboren und habe Anfang 2006 angefangen „mein“ BDSM zu leben. In meinem Blog möchte ich euch ein wenig an meinen Gedanken zum Thema BDSM teilhaben lassen.
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