SM in Romanen – Go oder No?

Für mich als Autorin eigentlich eine ziemlich unbequeme Frage. Man verrennt sich leicht – wohl jeder aus der schreibenden Zunft würde anders antworten. Aber auch Autoren sind Leser und als solche greifen sie sich gewiss hin und wieder genervt an den Kopf angesichts der zigsten Version von 'Armes graues Mäuschen unterwirft sich dominantem Bad Boy'. Egal, ob es sich um eine Lovestory handelt, einen Thriller oder eine tiefgründige Beziehungsgeschichte – Dominanz und Devotheit sind allgegenwärtig in der Literatur. Passt SM also in jeden Roman und wenn, wie viel davon darf's denn sein?

Seit ich als Indie-Autor auf amazon veröffentliche, treibt mich diese Frage um. Und seitdem BDSM einen wesentlichen Teil meines Denkens ausmacht, noch mehr. Nach drei Jahren ziehe ich gerade Resümee. Über Bücher, die ich seitdem geschrieben habe, und über die, die als Nächstes kommen. Und natürlich gehöre auch ich zu den Autoren, die viel lesen. Gutes, nicht so Gutes und gelegentlich auch - sorry, wenn ich das so sage - echten Mist. 

Als das Thema für mich neu war, habe ich alles verschlungen, was auch nur ansatzweise eine SM-Story versprach. Doch es dauerte nicht lange, da hatte ich bei jedem neuen Buch das Gefühl der Wiederkehr. Mit leicht veränderten Personen und aufgehübschter Story, aber ähnlichem Handlungsverlauf. Kann man sicher lesen, wenn es gut erzählt ist. Tiefgang allerdings darf man sich davon nicht erhoffen. Mein Leseinteresse verlagerte sich. Ich wollte nichts mehr, das wirkte, als wenn der Autor um des Erfolgs Willen bei anderen abgekupfert hat. Statt dessen reizten mich Romane, die Authentizität rüberbrachten. Sei es, weil jemand gut recherchiert hatte. Sei es, weil ein SMler als Autor dahinter steckte. Und siehe da – BDSM kam plötzlich im neuen Gewand daher. Ehrlich, unaufgesetzt, nachvollziehbar, manchmal echt hart. Ja, auch das. Genauso, wie es eben ist. Das gefiel mir. In diese Geschichten konnte ich abtauchen. Sie waren der deutliche Beweis dafür, dass eine Neigung ebenso wenig aalglatt ist, wie das Leben. Dass es immer Einbahnstraßen gibt, Wege, die in die Irre führen, aber eben auch große Magistralen der Leidenschaft.

Sollte ich meine eigene Frage beantworten müssen, sage ich: Go – wenn es passt. Ich will nichts lesen, das nur um der Sache Willen geschrieben wurde. Keine Aneinanderreihung irgendwelcher Handlungen ohne Sinn und Verstand. Keine ständig wiederkehrenden Szenen mit lediglich veränderten Settings und Protagonisten. Das langweilt! Aus guten SM-Geschichten will ich etwas mitnehmen. Eine neue Sichtweise, Ideen und Inspirationen, gern auch Fragen. Und supergern tiefe Einsichten.

Ob ich mich als Autorin auch selbst dran halte? Das müssen meine Leser beurteilen. Auf jeden Fall ist mir die Story eines Romans wichtiger, als die Aneinanderreihung 'spezieller' Szenen. Wobei es vielleicht eine Ausnahme gibt. Und die liegt in der Natur der Sache begründet. In meinem Bondage-Roman gibt es natürlich sehr ausführliche Bondage-Szenen.

Doch kommen wir auf die ursprüngliche Frage zurück. Wie seht ihr das? Ist SM in Romanen für euch okay? Und wenn, unter welcher Bedingung?

Bin gespannt auf eure Sichtweise. Vicky


Kommentare:


June schrieb am 21.02.2016


Also, ich würde dir schon bescheinigen, daß du dich an deine Sichtweise hälst, ich habe schon ein paar Bücher von dir gelesen, und wurde nie enttäuscht. ;)

Somit gebe ich durchaus auch ein GO für SM und auch DS in Geschichten, solange die Menschen mit all ihren Facetten im Vordergrund stehen, und SM/DS eben "nur" Teil dieser Menschen ist. Der Griff in den Klischee-Topf sollte dabei wirklich vermieden werden.

Die Frage nach dem "wieviel darf's denn sein" wäre insofern zu beantworten, als daß es der "favorisierten Zielgruppe" entsprechen sollte.

Ich freue mich schon auf was neues von dir. :)

Liebe Grüße
June


Antwort auf diesen Kommentar

Hey, ein Fan - das freut mich, liebe June :-) Danke für deinen Kommentar und dein Kompliment!

Die Sache mit der Zielgruppe finde ich als Autorin extrem wichtig. Auch wenn ich im Zusammenhang mit BDSM Klischees überhaupt nicht mag, gibt es dafür eine riesige Zielgruppe. Man muss sich nur die Rezensionen für diese Bücher anschauen. Aber das ist ebenso okay, wie die Tatsache, dass es für bestimmte Storys, beispielsweise extrem harte, dann wieder nur eine eher kleine Fangemeinde gibt.

Ich mag es, wenn viel Reflexion in den Geschichten steckt. Wenn die Figuren Ecken und Kanten haben und gedanklich in die Tiefe gehen. Gern auch nicht immer ganz ausgereift. Es macht Spaß, dann zu beobachten, wie sich die Geschichte auf einer solchen Basis entwickelt, auf welches Ende sie zusteuert. Das weiß ich übrigens beim Schreiben manchmal selbst nicht von Anfang an ;-)

In diesem Sinne, liebe June, würde ich dir ja fast die Schneemänner ans Herz legen wollen, falls du sie noch nicht kennst. Das könnte nämlich spannend werden :-)

Liebe Grüße, Vicky

 

kleines-sub-Biest schrieb am 21.02.2016


Es kommt immer darauf an, wie eine Geschichte/Roman geschrieben wird. Wenn die Szene gut beschrieben ist und die Gefühle lebendig transportiert werden, lese ich auch gerne SM Storys. Die real Erfahrungen spiegeln sich meistens in den Texten wieder. Wenn sie das Kopfkino in gang setzen, warum nicht?

Gruß
kleines-sub-Biest


Antwort auf diesen Kommentar

Liebe ksb,

danke für dein Feedback. Ich finde auch, dass gute Romane das Kopfkino bedienen müssen. Ich liebe das ;-) Wenn man sich mittendrin fühlt in der Szene, empfinde ich das als tolles Leseerlebnis.

Dir weiter viel Spaß mit guten SM-Storys und liebe Grüße, Vicky

Anke schrieb am 21.02.2016


Hallo Vic,

Ha! Das ist mein Thema, wenn auch ein wenig abgewandelt.
Ich lese gern über das Leben MIT SM. Nicht über die 0236789.e Erfahrung mit einer Menage a trouis oder von ach so perfekten Körpern, ach so perfekten Doms die alles wissen und sehen und deren perfekte Körper in mir Würgereiz auslösen.
Zum Leben gehört der grausame Alltag manchmal nicht zu wissen wo oben oder unten ist, sich zu fragen welche Entscheidung war die richtige und welche falsch, zweifel, Abstürze, Schweiß, Blut, Tage, Kinder, zu pflegende Eltern, Alltagsdreck.
Die Sternmomente im Alltag die BDSM bieten kann sind für mich schön.
Ich suche Romane in denen mich vielleicht eine Zeile, meinem inneren Erwachen auch näher bringt, der innere Dialog das innere Reiben daran das der Grund für unerfüllte Sexualität (einhergehend mit Verlorenheit, Einsamkeit und Traurigkeit) eigene perverse Neigungen sind. Das Bereuen ob der verloren Zeit...
Das was auch dazu gehört und nicht einfach nur der Genuss... der auch süchtig machen kann - mit dazugehörigen dunklen Seiten.

Viele Grüße

Patentia


Antwort auf diesen Kommentar

Liebe Patentia,

du sprichst mir aus der Seele :-) Auch mir sind die inneren Dialoge extrem wichtig. Ich habe immer ein Problem damit, wenn es in einem Roman nur um Handlung geht und nicht gleichzeitig auch das Gedankenkarussell bedient wird, das gerade beim Thema SM nie stillsteht. Ich möchte mich identifizieren können. Das kann ich aber nur, wenn ich auch denken darf :-)

Danke für deinen Kommentar. Ich wünsche dir immer ein gutes Händchen bei der Wahl deiner Bücher.

Liebe Grüße, Vicky

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