Zeit für Gespräche

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Ich beschäftigte mich lange mit BDSM, bevor ich den Entschluss fasste, mit meinem Partner darüber sprechen zu wollen. Erst als ich mir sicher war, dass ich meine Wünsche und Vorlieben nicht nur in meiner Fantasie, sondern auch im realen Leben verwirklichen wollte, wagte ich, das Thema bei ihm anzuschneiden.

Natürlich hatte ich Sorge, ob mein Partner meine Vorlieben, Wünsche und Sehnsüchte teilen würde. Wie sollte ich es ihm erklären, ohne ihn zu verschrecken oder gar abzustoßen? Ich fürchtete mich vor seiner Reaktion.

Denn würde mein Partner meine Vorliebe nicht teilen, stünde ich vor der Frage, wie wichtig mir meine Partnerschaft ist und ob ich bereit wäre, meine Bedürfnisse zu unterdrücken.

Wie sollte ich jedoch wissen, wie stark diese wirklich sind und welche Rolle sie für mich spielen, wenn ich es noch nicht ausleben konnte? Ist mein Verlangen so groß, dass es sogar die Aufgabe meiner Beziehung wert wäre?

Beschäftigte ich mich mit der Umsetzung meiner Fantasien in die Realität, merkte ich, dass es für mich als Frau nicht leicht ist, die Kontrolle über mich an meinen Partner abzugeben, sei es auch nur in einem zeitlich abgesteckten Rahmen.

Würde ich meine gewohnte und vertraute Rolle der gleichberechtigten Partnerin verlassen und mich in die devote begeben, passt das so gar nicht in mein Rollenbild der emanzipierten und selbstständigen Frau, die ich gerne bin und als die ich auch gesehen werden will. Schwäche zu zeigen ist oft verpönt, ich wurde so erzogen, dass ich stark bin; meine Schwächen zu akzeptieren und möglicherweise noch genießen zu können, war mir bisher völlig fremd.

Da ich auch eine leicht masochistische Ader besitze, empfinde ich es als noch komplizierter. Wie soll ich meinem Partner, mit dem ich sonst auf Augenhöhe bin, zum Beispiel bitten, mich zu schlagen?

Hier merkte ich, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen wollen und können. Mein Schamgefühl hält mich zurück. Ich weiß nicht, ob ich es hinterher bereuen werde, mich vor ihm so emotional entblößt zu haben. Oder werden diese schambehafteten Gedanken während der ersten Session verschwinden? Wie werden wir danach miteinander umgehen? Sollte mein Partner mich zu etwas zwingen wollen, werde ich dann klar trennen können, zwischen dem Spiel und unserem Alltag?

Ich habe in Gesprächen gemerkt, das Vorurteile von „Nicht BDSM`lern“ oft daraus resultieren, das diese oft so gut wie nichts über die Regeln und Vereinbarungen, die zwischen einer Sub und einem Dom bestehen, wissen. Sie glauben, Dom bestimme alles, Sub dürfe kein Veto einlegen und hätte keinerlei Rechte oder wolle auch keine haben. Dass das Spiel von Sub`s Regeln und Grenzen bestimmt wird, wird nicht gesehen.

Daraus resultiert meine Sorge, nicht mehr als gleichberechtigte Partnerin angesehen zu werden. Wo und wie setze ich meine Grenzen und wie verhindere ich, mich zu etwas mitreißen zu lassen, was ich nicht möchte und hinterher möglicherweise bereue? Ich fordere, sowohl als Frau und auch als Sub, von meinem Partner mit Respekt behandelt zu werden.

Was, wenn wir unterschiedliche Vorlieben entwickeln, die nicht zusammenpassen? Und sagt er mir ehrlich, was er denkt und empfindet? Macht er es nicht nur, um mich nicht zu enttäuschen? Was, wenn einer von uns mit der Zeit mehr will, als der andere zu geben bereit ist? Wird das, was uns am Anfang verbindet, später zum Verhängnis unserer Beziehung?

Und wer führt wen am Anfang, schließlich müssen wir beide ja erst herausfinden, was uns gefällt bzw. nicht gefällt und welche Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Denn unsicher sind wir ja beide am Anfang, da werden wir klare Vereinbarungen treffen müssen, damit sich keiner von dem anderen überrumpelt fühlt.

Dies sind die Fragen, die mich am meisten beschäftigten und zum großen Teil auch jetzt noch beschäftigen.

Denn nicht immer hat man das Glück, das der Liebste die Vorlieben teilt. So war es auch bei mir. Dennoch glaube ich, dass es das Richtige war, mit meinem Partner darüber zu sprechen, auch wenn er meine Wünsche nicht teilt. Man sollte, wenn es einem wichtig ist, den Versuch wagen. Ungeachtet der erhofften oder befürchteten Reaktion, wenn man es nicht mal wagt, passiert überhaupt nichts.

Ich habe für mich entschieden, mir für diese Entwicklung die Zeit zu lassen, die ich brauche, um mich in meinem Gefühlschaos zurechtzufinden und zu erkennen, was ich will. Es ist ein wirklich konfliktbeladenes Thema. BDSM kann einer Beziehung so viel Schönes geben und sie intensivieren. Oder vieles wegnehmen.

Du hast die Hürde des persönlichen Gesprächs mit deinem Partner genommen - jetzt steht ihr vor der ersten Session. Was tun? Informiere dich im Erfahrungsbericht im Artikel "Die erste Session, gerne - aber wie?"

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