Interview mit Master Bruce

Spätzle: Du bist also bekennender BDSMer und praktizierst das mit Sicherheit schon seit längerem. Wie lange bist Du denn schon in der Thematik drin? Wie lange lebst Du es schon aus? Und wie alt bist Du eigentlich?

Master Bruce: Ich bin jetzt 31. BDSM lebe ich seit 2004 aus. Seit etwa zwei Jahren bekenne ich mich dazu. Soll heißen: Ich habe mich im Freundeskreis geoutet und habe keinerlei Probleme damit, dass es auch außerhalb bekannt wird. Ansonsten würde ich es nicht auch noch nebenberuflich machen. Zumal der Umgang mit der Thematik in der Öffentlichkeit ja schon seit längerem kein absolutes Tabu mehr ist, selbst im katholischen Bayern. Obwohl der/die ein/e oder andere schon etwas verhalten reagiert, wenn das Gespräch in die Richtung läuft.

Spätzle: Wie bist Du auf Deine Neigung aufmerksam geworden?

Master Bruce: In meinen Jugendtagen hatte ich schon Phantasien rund um die D/S-Thematik. Diese auszuleben, habe ich mich seinerzeit nicht wirklich getraut. Zum einen, weil meine Mutter unter allen Umständen einen Softie/Gentleman aus mir machen wollte. Zum anderen, weil ich mich mit diesen Vorstellungen sehr allein gefühlt habe. Internet war ja damals nicht unbedingt für jedermann. Aber sie waren permanent präsent und schlummerten in mir vor sich hin. Auch während der Phase, in der noch alles vanillamäßig lief. Bis zu dem Tag, an dem ich durch Zufall eine Freundin wieder traf, die ich für ein paar Jahre aus den Augen verloren hatte.

Wir landeten noch am gleichen Abend bei ihr. Als sie dann meinte, dass sie mit mir schlafen würde, aber ich mir das verdienen müsste, war ich irritiert. Für sie auf die Knie zu sinken war alles andere als das, was ich mir im Stillen gewünscht hatte. Doch das Mißverständnis war schnell geklärt: „Verdienen“ meinte sie im Sinne von „ihre Gegenwehr brechen“. Einer Frau weh zu tun war allerdings neu für mich. Dementsprechend unsicher war ich auch. Doch als es dann zur Sache ging, war das schnell vergessen und ich hatte Blut geleckt. Eine mehrmonatige Affäre mit ihr hatte mir dann gezeigt, dass meine bisherigen Erfahrungen eher schmuckes Beiwerk zu meiner eigentlichen Sexualität waren. Und das hat sich bis heute nicht geändert.

Spätzle: BDSM scheint in gewissen Grenzen so langsam gesellschaftsfähig zu werden. Du machst es nebenberuflich? Das heißt, im Hauptberuf gehst Du eigentlich einer ganz anderen Tätigkeit nach. Weiß dort jemand von Deinem Interesse an BDSM?

Master Bruce: Ein ausgewählter Kreis an Kollegen weiß um mein Interesse Bescheid. Und auch, dass ich es nebenberuflich mache. Auch wenn anfangs eine gewisse Skepsis herrschte, hat sich das nicht negativ auf das Arbeitsumfeld ausgewirkt. Teilweise war sogar ein reges Interesse an dem Thema vorhanden.

Spätzle: Wie bist Du denn auf die Idee gekommen, BDSM als Dienstleistung anzubieten? Und wird das Angebot auch tatsächlich genutzt?

Master Bruce: Zu dem Job bin ich ein bisschen so gekommen, wie die Jungfrau zum Kind. Auf einer Party, nicht im BDSM-Bereich, habe ich eine Domina kennen gelernt. Die hat den Ring der O an meiner Hand gesehen und wir kamen ins Gespräch. Einige Zeit und viele Gespräche später fragte sie mich, ob ich denn nicht Lust hätte, es mal zu versuchen, weil sie einen Kunden hätte, den das interessieren würde. Ich stellte mich bei der Hausherrin vor und dann stand der ersten Session nichts mehr im Weg. Die Nachfrage nach einem Dominus ist natürlich nicht so hoch wie die nach Dominas. Das dürfte erklären, warum die Präsenz der männlichen Fraktion in dem Gewerbe so gering ausfällt. Und davon leben lässt sich wohl eher nicht. Aber für nebenbei ist es durchaus reizvoll.

Spätzle: Einen Kunden? Das heißt, Du hast nicht nur weibliche Kundschaft?

Master Bruce: Um der Wahrheit die Ehre zu geben, hat sich in den zwei Monaten, die ich jetzt den Job mache, keine Frau allein gemeldet. Paare schon. Teilweise weil der eine Partner sich bestimmte Praktiken nicht zutraut oder sie gezeigt bekommen will. Teilweise weil der Wunsch nach einem zweiten dominanten Part besteht, der die Beziehung nicht gefährden soll. Oder auch um dem Partner zu zeigen, wie gut er/sie es doch zu Hause hat.

Natürlich fragen auch Männer an. Allerdings verhält es sich bis jetzt so, dass die eher nach einer härteren Gangart suchen. Sprich: Hardcore-Masochisten, denen die Dominas zu soft sind. Wenn es allerdings um eher sexuelle Handlungen geht, beißen die bei mir auf Granit. Ich bin hetero, aber wenn es um das Bedienen der masochistischen Wünsche von Männern geht, habe ich damit keinerlei Probleme. Die Kundschaft kann ich mir schließlich selbst aussuchen und damit auch mein Leistungsspektrum.

Spätzle: Das bringt mich doch gleich zu meiner nächsten Frage: Du sagst, Du kannst Dir die Kundschaft aussuchen. Wie kann man sich das vorstellen? Gibt es vorher eine Art unverfängliches Treffen oder nur ein Telefonat oder so?

Master Bruce: Für gewöhnlich melden sich Interessenten per E-Mail. Die Wenigsten rufen an. Sollte aber ein Termin zustande kommen, verlange ich die Telefonnummer. Bevor ich dann zum Studio fahre erfolgt ein letzter Anruf, damit mir der Kunde mitteilen kann, ob er den Termin auch wirklich wahrnimmt oder nicht. Bis jetzt ist mir auch schon ein Kunde abgesprungen, weil er dann doch ein bisschen Angst hatte. Ist verständlich und ich nehme das auch nicht persönlich. Bevor es dann aber zur Sache geht, führe ich mit jedem Kunden nochmal ein ausführliches Gespräch, bei dem die Details noch einmal geklärt werden. Genauso nach der Session. Feedback ist, wie im Privaten auch, sehr wichtig. Ich möchte ja schließlich auch, dass jeder/jede zufrieden ist und nach Möglichkeit wieder kommt.

Spätzle: Das heißt dann aber auch, dass Du Deine Kunden und Kundinnen vorher nicht zu sehen bekommst. Wenn jetzt ein eher unattraktiver (nicht ungepflegter) Mensch bei Dir aufkreuzt, hast Du da dann auch kein Problem damit? Ich denke da gerade an die Masse von Doms die immer schlanke, attraktive und kluge Subs suchen …

Master Bruce: Ob mir persönlich der Mensch optisch zusagt oder nicht, ist eher Nebensache. Wie wir wohl alle wissen, besteht nur ein geringer Prozentsatz der Bevölkerung aus hochintelligenten Supermodels. Aber Spaß beiseite: Die Leute kommen zu mir oder eben zu Dominas, weil auch sie Bedürfnisse haben. Ist das Erscheinungsbild nicht das allerschönste, dann erschwert das die Suche in freier Wildbahn für sie. Der Vergleich hinkt jetzt ein wenig, aber ein gewisser Teil der Vanillas geht ja auch zu Prostituierten, um die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Abgesehen davon wollte bis jetzt niemand wirklich Sex. Und sollte das verlangt werden, kann ich ein aussagekräftiges Bild anfordern, und dann würde ich das spontan entscheiden.

Spätzle: Diese schwierige Frage hast Du jetzt aber elegant und diplomatisch beantwortet – vielen Dank. Zusammenfassend kann man also sagen, dass Du in nebenberuflicher Hinsicht Bedürfniserfüller für einzelne Personen bzw. Paare bist, aber auch Mentor/Lehrer für Personen, die noch etwas im Bereich BDSM lernen wollen. Wie sieht es denn bei Dir privat aus? Lebst Du in einer festen Beziehung? Wenn ja, wie wichtig ist für Euch der Bereich BDSM?

Master Bruce: Ou, jetzt geht’s ans Eingemachte … Ich bin Single. In den letzten Jahren hat es mit Beziehungen nicht wirklich funktioniert. Ich bin also dazu übergegangen, dass ich mir Affären gesucht habe. Das kam meiner polyamourösen Ader natürlich zugute. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht den Frauen gegenüber. Ehrlichkeit ist in einer Beziehung wichtig, egal ob im zwischenmenschlichen Miteinander oder was die sexuellen Wünsche betrifft. Ob es jetzt daran gelegen haben mag, dass dieses Maß an Ehrlichkeit und meine Wünsche die Beziehungen torpediert haben, sei dahin gestellt.

Aber BDSM ist mir wichtig. Meinem Empfinden nach sind die Bindungen auf dieser Grundlage intensiver. Ein stärkeres Vertrauen ineinander und eine Offenheit, wie ich sie in Vanillabeziehungen nicht erlebt habe. Außerdem sind sie um Längen befriedigender. Auch wenn es sich bei mir „nur“ um Affären handelt.

Spätzle: Du magst Affären – mit mehreren Frauen – polyamouröse Ader … hm. Meinst Du, eine Frau würde Dir überhaupt ausreichen? Wenn Du eine interessante Frau kennenlernen bzw. suchen würdest, wie wichtig wäre es für Dich, dass sie Deine Leidenschaft für BDSM teilt? Und würdest Du für die Richtige auch Deine Nebentätigkeit aufgeben, wenn sie es sich wünschen würde?

Master Bruce: Ob mir eine Frau ausreichen würde? Auf Dauer? Schwierige Frage. Ich denke eher, dass eine gewisse Abwechslung sein sollte. Nicht nur für mich als Mann sondern auch für die Frau an meiner Seite. Das Konzept der monogamen Beziehung finde ich ehrlich gesagt als nicht artgerecht für die Menschheit. Es widerspricht unserer Natur. Und ich finde es nicht richtig, Triebe zu unterdrücken. Das Gleiche gilt für Gefühle. Es ist nicht gesund.

Eine längerfristige Bindung ohne BDSM wäre für mich nicht vorstellbar. Es ist Bestandteil meiner Sexualität, die ich auch ausleben will. Und eine Beziehung ohne Sex? Wer will das schon? Was den Nebenjob angeht: Den würde ich aufgeben. Es macht mir Spaß und bringt einen netten Nebenverdienst. Aber wenn sich dann doch eine Frau findet, mit der ich meine Leidenschaft und mein Gefühlsleben teilen kann, dann würde ich auf das Geld verzichten und meine Zeit lieber ihr widmen.

Spätzle: Was treibst Du sonst so, wenn Du Dich nicht gerade mit BDSM beschäftigst? Magst Du ein bisschen über Dich erzählen?

Master Bruce: Ich bin ein Freak. Ich liebe Hardcore. Madball, Agnostic Front, Hatebreed, Borm From Pain, usw. Dementsprechend bin ich gern auf Konzerten. Nicht nur als Gast, sondern auch als Security. Aber das ist eher selten. Seit ich das nicht mehr hauptberuflich mache, tue ich hin und wieder einem Freund den Gefallen und arbeite für ihn. Ich koche sehr gern, und bis jetzt war das Feedback der Bekochten positiv. Sportlich bin ich zur Zeit leider nicht aktiv. Aber ich würde gern wieder mit Jiu-Jitsu anfangen. Ich würde gern mal Fallschirmspringen, den Kick der Höhe genießen, den Ruck, wenn sich der Schirm öffnet spüren.

Hin und wieder finde ich auch Zeit und Muße, Kurzgeschichten zu schreiben. Ich habe auch schon welche im Netz veröffentlicht. Geht natürlich um BDSM. Für Romane fehlt mir aber die Geduld. Ich bin ein facettenreicher Typ und meist recht spontan, also gibt’s nicht unbedingt ein bestimmtes Hobby, das ich mir auf die Fahne schreiben könnte.

Spätzle: In dieser Ausgabe dreht sich ja alles um Spiel und Session. Was ist es denn eher für Dich? Spiel oder Session?

Master Bruce: Das hängt sehr davon ab, wie man beides definiert. Meiner Meinung nach kann das Spiel im Sinne von DS durchaus in der Öffentlichkeit stattfinden. Die Session eher im Verborgenen, also zu Hause oder eben im Studio. Outdoor geht natürlich auch. Aber dann eben eher im Wald oder in alten Lagerhallen oder Ähnlichem.

Spätzle: Du trennst also quasi nach der Intensität, mit der sich zwei miteinander beschäftigen, bzw. nach "Außenwirkung"?

Master Bruce: Definitiv. Eine Flagsession z. B. in der Öffentlichkeit wäre ja schwer zu machen. Das Spiel geht durchaus, wenn man sich in einem Café oder einer Bar aufhält. Die Spielmöglichkeiten sind ja schier unendlich. Angefangen bei schnurlosen Vibroeiern bis zur Durchführung von bestimmten Tätigkeiten, wie heimlicher Masturbation unterm Tisch, je nach Lokalität.

Spätzle: O. k., lass uns beim Thema Session bleiben, die ja gewiss mehr Vorbereitung braucht als ein Spiel. Wie bereitest Du dich auf eine Session vor? Oder improvisierst Du?

Master Bruce: Einen bestimmten Ablauf wie ein Drehbuch lege ich mir für gewöhnlich nicht zurecht. Ich bereite mich aber auf jeden Fall auf bestimmte Praktiken vor. Wenn mir der Sinn nach Nadeln steht, bedarf es einiger Einkäufe. Desinfektionsmittel und Handschuhe habe ich natürlich immer. Wenn ich mich auf eine Flagsession vorbereite, dann checke ich den Zustand der Schlagwerkzeuge, der Fesseln, Klammern und was ich eben sonst noch so brauche. Einen groben Plan habe ich also schon. Wie ich die Session im Detail gestalte improvisiere ich immer. Es sei denn, ich kenne Sub sehr gut und chatte oder telefoniere öfter mit ihr, und sie hat sich im Vorfeld Strafpunkte angesammelt. Die wird sie dann meistens in Form von Schlägen abbauen müssen.

Im Gewerblichen sieht das anders aus. Hier geht es meist sehr spontan zu. Eine ungefähre Vorstellung von dem, was gewünscht wird, habe ich ja dann meistens schon. Vorbereiten muss ich dann eher weniger, da im Studio ja alles parat liegt.

Spätzle: Also gut, die Vorbereitungen sind abgeschlossen, Subbie ist gekommen, und es soll losgehen. Wie schaffst Du den Übergang vom Alltag zur Session?

Master Bruce: Für gewöhnlich recht abrupt. Ich rede gern vorher über Alltägliches, eventuell auch kleinere Sorgen und Nöte. Sub soll den Kopf etwas frei bekommen, damit sich ein gewisses Grundvertrauen bildet, ohne das sie sich ja nicht fallen lassen kann. Dann kommt irgendwann der Punkt, an dem ich entweder klare Anweisungen gebe oder sie einfach packe, um mit ihr zu tun, wonach mir gerade ist.

Gewerblich wieder mal anders: Ich warte im Zimmer, bis Sub aus der Dusche kommt. Dann geht es auch sofort zur Sache. Ein Gespräch findet ja vor dem Duschen statt.

Spätzle: Mal eine kleine Zwischenfrage, rein interessehalber: Wirkt sich „Shades of Grey“ in irgendeiner Form auf die Anzahl von Anfragen bei Dir aus?

Master Bruce: Überhaupt nicht.

Spätzle: Ups. O. k., hätte ja sein können.

Master Bruce: Die Kontaktanfragen in Foren werden mehr. Das schon. Gewerblich hat sich nichts geändert.

Spätzle: Also doch … ;-)

Master Bruce: Liegt wohl daran, dass ich ein hübsches Kerlchen bin. ;-)

Spätzle: *schmunzel* Aber zurück zum Thema. Wie baust Du einen Spannungsbogen auf?

Master Bruce: Recht simpel. Wenn Sub eher maso ist, dann lasse ich sie erst mal auf der DS-Basis wissen, wer das Sagen hat. Sie weiß ja, dass sie von mir „bearbeitet“ wird, aber den Zeitpunkt, wann es soweit ist, lege schließlich ich fest. Auch wenn ich sie fessle, lasse ich sie gern schmoren. Zeit ist ein wesentlicher Faktor. Und privat lasse ich mir diese auch. Im gewerblichen Rahmen ist mir durch die Kundschaft natürlich ein zeitliches Limit gesetzt, weil’s eben kostet. Da wird die Sache etwas schwieriger.

Spätzle: Hast Du eigentlich auch schon einmal eine Session mit aufwendigerer Vorbereitung arrangiert? Also jetzt nicht gewerblich, das ist klar. Aber privat?

Master Bruce: Für eine Session habe ich einen gewissen logistischen Aufwand gehabt. Ich habe einen alten Bunker ausfindig gemacht und musste natürlich erst mal Licht ins Dunkel bringen. Also ’ne Menge Kerzen besorgt und die nötige Ausrüstung vor Ort gebracht. Aufräumarbeiten waren auch nötig, weil sich wohl schon vor mir andere dort aufgehalten haben und zerbrochene Flaschen und Ähnliches dort rumlagen. Aber der Aufwand war es wert.

Spätzle: Das ist ja schon fast … romantisch! Was hat Dich dazu gebracht, Dir sowas auszudenken? Findet Dom sowas auch romantisch?

Master Bruce: Ich bin ehrlich gesagt kein Freund von Romantik. Es war eher zweckmäßig. Mich hat einfach die Vorstellung gereizt. Und wer möchte schon die Umsetzung seiner Vorstellung durch die Hinterlassenschaften von anderen trüben lassen?

Spätzle: Also dann eher nicht?

Master Bruce: Sie fand es schon romantisch. Aber ich tue mich ein bisschen schwer damit, weil die Ansichten über Romantik bei Mann und Frau eben sehr auseinander gehen. Was der eine als romantisch empfindet, ist für den anderen Kitsch.

Spätzle: Das stimmt wohl, die Ansichten über Romantik können weit auseinander gehen. Also kehren wir zurück zum eigentlichen Thema, mit dem wir uns beschäftigen sollen. Die Session ist in vollem Gange, da zeichnet sich bei Sub ein Absturz ab – was tun?

Master Bruce: Zuallererst das Tempo reduzieren oder mit der „Bearbeitung“ aufhören. Sollte das nicht reichen, stelle ich gern Körperkontakt her. Klingt jetzt etwas esoterisch, aber es „erdet“ Sub. Es beruhigt sie und nimmt Anspannung von ihr. Sie kann wieder etwas zu sich kommen. Dann rede ich mit ihr, und je nachdem höre ich eben auf oder mache weiter. Wenn ich mir nicht sicher bin, dann fange ich Sub lieber vorzeitig auf.

Spätzle: Das hört sich sehr vernünftig an. Aber was ist, wenn während der Session sonst irgendwas passiert, irgendein Missgeschick? Zum Beispiel, Du willst ihr eine Nadel verpassen und sie zappelt, die Nadel landet nicht dort wo sie hin soll, sondern in Deinem Finger … Darf gelacht werden? Wie rettest Du die Stimmung?

Master Bruce: (Lacht) In dem Fall würde ich erst mal mitlachen. BDSM ist keine Beerdigung der Sexualität. Also keine Trauermienen! Dann würde ich Sub klar machen, dass das ihre Schuld war. Und mir eine dickere Nadel nehmen, um sie ihr an einer unangenehmeren Stelle durch die Haut zu bohren.

Spätzle: Und wenn das Missgeschick allein von Dir zu vertreten wäre?

Master Bruce: Wenn es nicht zum Absturz führt oder gegen Subs Tabus verstößt, dann überspiele ich das gern und mache an anderer Stelle weiter.

Spätzle: Die Session nähert sich ihrem Ende … Tja, das ist dann die nächste Frage – wie endet eigentlich so eine Session?

Master Bruce: Für gewöhnlich löse ich die Fesselung, nehme Sub in den Arm und kuschle mit ihr. Das, was man im Allgemeinen eben Auffangen nennt. Je nachdem, was Sub und ich für eine Bindung haben, haben wir danach noch Sex oder nicht. Dann sprechen wir über die Session. Teilweise kann sich Sub an einige Dinge nicht mehr erinnern. Dann weiß ich, dass es gut war. Oder sie staunt, wie viel Zeit verflogen ist. Kam auch schon vor, dass eine mehrstündige Session ihr vorkam wie eine halbe Stunde.

Spätzle: Was ist der ausschlaggebende Reiz für Dom an einer Session? Kann Dom auch „fliegen“?

Master Bruce: Der Reiz liegt für mich darin, dass ich Sub in einen Zustand versetzen kann, in dem sie völlig willenlos ist. Pure Erregung. Ich persönlich finde, dass Frauen in diesem ekstatischen Zustand eine ganz eigene Schönheit haben, die sie im normalen Leben nicht zeigen können. Außerdem gefällt es mir, den Weg an diesen Punkt bewusst zu erleben und sie steuern zu können. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt dann nur ihr, und ich vergesse für die Zeit der Session mein restliches Leben. Es gibt dann nur uns beide.Das ist auch eine Art von „Fliegen“. Auch wenn ich mich nicht wirklich gehen lassen kann.

Spätzle: Das ist doch ein sehr schöner Abschluss für ein sehr interessantes und informatives Interview von Dir. Vielen Dank dafür, Master Bruce.

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