So viele Gedanken gingen mir durch den Kopf, so viele neue Eindrücke musste ich verarbeiten. Doch die letzten Tage waren alles andere als ruhig, ich kam kaum zum Denken. Umso wichtiger waren die Gespräche, die ich mit meinem Freund in Italien führte.
Stundenlang saßen wir bei Kaffee oder Pizza zusammen und erzählten von uns, von unserer Vergangenheit, von unseren Erfahrungen, Sehnsüchten und Wünschen. Immer wieder hatte ich diese Aha-Erlebnisse, wenn er Dinge aussprach, die ich dachte. Wie sehr wir uns doch ähnelten, wie sehr wir uns ergänzten.
Das Thema BDSM nahm einen großen Teil der Unterhaltungen ein. Sicherlich hatte ich ihm gegenüber einen großen Vorteil: Ich hatte mich bereits durch die komplette Gentledom-Seite gearbeitet und wusste zumindest theoretisch über vieles Bescheid. Einige Fragen konnte ich ihm beantworten, doch warfen meine Antworten auch wieder neue Fragen auf.
Ihn beschäftigte vor allem die Sicherheit, die Verantwortung, die er mir gegenüber hatte. Ich spürte Unsicherheit auf seiner Seite und konnte das aber auch gut verstehen. Natürlich fand ich es gut, dass er sich nicht wie ein Elefant im Porzellanladen benahm, sondern behutsam vorging, immer mich und meine Verfassung im Blick. Ich versuchte aber auch, ihm ein bisschen von Sorgen zu nehmen.
Ich hatte ihn bisher als sehr einfühlsam, intuitiv und vorsichtig erlebt. Mittlerweile konnte ich mich bei ihm fallen lassen und mein Denken ausschalten. Sicherlich würde er das eine oder andere Mal zu weit gehen, aber ich konnte ihn jederzeit mit dem Ampelsystem oder gar der „Steuererklärung“ (unser Safewort) bremsen. Das war mir Sicherheit genug.
Doch er machte sich Sorgen, dass er nicht merken würde, wenn es mir schlecht geht oder ich gar einen Absturz erlebe. Allein seine Gedankengänge zeigten mir dann aber wieder mehr als einmal, dass er sich seiner Verantwortung sehr wohl bewusst war. Deshalb glaube ich nicht, dass er VIEL zu weit gehen würde. Ich habe sehr großes Vertrauen zu ihm und durch die vielen Gespräche nach einem Erlebnis möchte ich ihm das Gefühl geben, dass er auf dem richtigen Weg ist.
Nach einem Spiel muss auch ich erst meine Gedanken ordnen, aber ich bin mittlerweile auch soweit, dass ich ganz ehrlich sagen kann, was gut war und was nicht widerholungsfähig ist. Manchmal kann ich jedoch kaum glauben, dass er so gar keine Erfahrung in Richtung Dom/Top hat. Das bisher Erlebte zeugt jedenfalls von sehr viel Fantasie und Einfühlungsvermögen.
Womit wir wieder bei dem Punkt sind: Er weiß in bestimmten Situationen genau, was er tun muss, um bei mir den Zustand totaler Erregung hervor zu rufen. Ein Naturtalent? Oder liegt ihm der Dom im Blut? Muss man dazu geboren sein oder muss einfach die Chemie stimmen, gepaart mit dem Gefühl der Liebe?
Mit stellt sich schon die Frage, wie es mit einem „erfahrenen“ Dom wäre. Also habe ich mal wieder nachgelesen und fand folgende Aussage:
„Es gibt Anfänger, die voller Fantasie, Begeisterung und Lust sind und es gibt erfahrene Hasen, die alle Tricks, Kniffe und Techniken beherrschen, aber die Leidenschaft am BDSM verloren haben.
Welcher wird nun der bessere (Spiel-)Partner sein? Egal, ob erfahren oder unerfahren, jener welche die Rolle mit seinem Wesen ausfüllt, die Verantwortung tragen will, sich sachkundig macht oder gemacht hat und Fiktion von Realität unterscheiden kann, ist in jedem Fall kein schlechter (Spiel-)Partner.“
Und das trifft es in meinem Fall genau. Ich begebe mich gerne in seine Hände und weiß, dass er mich nicht enttäuschen wird. Das Bedürfnis nach einem Spielpartner, der das „ganze Programm“ drauf hat, reizt mich so gar nicht. Viel spannender finde ich es, zusammen als Anfänger auszuloten, was uns gut tut und von was wir lieber die Finger lassen.
Reden, reden, reden – das wichtigste Element, um seinen Sehnsüchten auf die Spur zu kommen und Erlebnisse zu analysieren. Und ich glaube, wie werden noch sehr viel reden, darüber aber das Spiel nicht vergessen.
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