Switcher
Switcher - nun, wie der Name schon vermuten lässt, sind dies Personen, welche die Rolle tauschen/wechseln können. Mal sind sie dominant, mal sind sie devot, dies hängt ganz von konkreten Situationen ab. Die Szene steht diesen Personen oft recht kritisch gegenüber, denn als Dom kann man doch nicht am Tag vorher gekniet oder als Sub am Tag vorher die Peitsche geschwungen haben.
Wie so oft gibt es nur schwarz oder weiß und dazu gehört eben eine klare Rollenverteilung. Graustufen, nein, das soll es bitte nicht geben. Ich denke, einige dieser Kritiker sind einfach nur verunsichert, wie sie nun mit der Person umgehen sollen oder sehen ihr Rollenverständnis dadurch als gefährdet an und manch einer mag auch nur neidisch sein.
Ein Switcher ist eben nicht festgelegt, er/sie mag zum Beispiel gegenüber dem anderen Geschlecht devot, gegenüber dem eigenen aber dominant sein. Es kann von einzelnen Personen oder auch Situationen abhängen, in welcher Rolle er/sie sich gerade wohl fühlt und es muss ganz sicher keine 50/50 Prozentverteilung sein. In meinen Augen ist eh niemand 100% dominant oder devot.
Es ist immer nur die Frage: Reicht der kleine Anteil aus, um ihn im Kontext BDSM auszuleben und traue ich es mich, dieser schwächeren Seite nachzugeben? Ich selber bin dominant, aber ich glaube, dass die devote Rolle, in der man sich fallenlassen kann, die intensiveren Gefühle freisetzt und ein schöneres Erlebnis mit sich bringt.
Jedoch ist bei mir die devote Seite nicht stark genug ausgeprägt, um sie im Kontext BDSM ausleben zu können. Zum einen schade, zum anderen würde es, glaube ich, das alles noch viel komplizierter für mich werden lassen.
In meinen Augen haben es Switcher nicht gerade leicht und das hat nichts mit ihrem Ansehen in der Szene zu tun. Jeder BDSMler braucht zwei Gegenparte, um glücklich zu werden: den einen für den Alltag und den anderen für den Bereich BDSM.
Ein Switcher müsste nach diesem Gedankenmodell eine Person finden, die im Alltag und auch im Spiel zu ihm passt. Er braucht somit jemanden, der den passenden Gegenpart übernehmen kann. Ist er 70% dominant und 30% devot wäre es ideal, wenn der Partner 30% dominant und 70% devot wäre und dann auch noch auf die ähnlichen Reize reagiert. Andernfalls müssen schon zwingend dritte Personen eingebunden oder zumindest einer von beiden eine seiner Seiten etwas oder ganz unterdrücken.
Für mich persönlich ist es schwer vorstellbar wie die Person, die gestern noch ausgepeitscht wurde und knieend am nächsten Abend plötzlich gegenüber der gleichen Person die dominante Rolle einnehmen kann. Dies mag an meinem Selbstverständnis als Dom liegen, denn es gibt einige Paare, die diesen Spagat gut und mit Freuden hinbekommen.
Es gibt aber auch Switcher, die leben nur eine Seite mit ihrem Partner aus und anstatt die andere Seite zu unterdrücken, führen sie eine Spielbeziehung mit einer Person, welche die entgegengesetzte Neigung von ihrem Partner hat. Dieses Ausleben kann allein oder mit dem Partner zusammen geschehen.
Meine letzten beiden Liebesbeziehungen waren beides Switcherinnen und zudem bisexuell. Somit hatten wir es „relativ“ leicht: Wir spielten zu dritt mit einer uns beiden gegenüber devoten Frau.
Einen Vorteil haben die Switcher auf jeden Fall: Sie können sich, da sie beide Seiten kennen, viel besser in ihren Partner hineinversetzen und ihm so größere Freude bereiten, aber ihn auch leichter manipulieren. Ich persönlich glaube nicht, dass ein Dom nur dann ein wirklicher Dom ist, wenn er immer nur den starken Mann gibt.
Jedoch kann auch ich mir nicht vorstellen, dass ein Dom/Sub Verhältnis, in dem geswitcht wird, so intensiv sein kann, wie eines in der die Rollen konstant verteilt sind und diese auch gelebt werden. Eine konstante Rollenverteilung lässt die Rollen intensiver werden, zusammen kann weiter gegangen und die jeweilige Position ausgeprägter erlebt werden.
Neben allen Überlegungen, warum das so ist, steht eines wohl fest: Wenn jemand seine Energie in einer Partnerschaft auf zwei Rollen verteilt, hat er/sie weniger Energie für die eine Rolle übrig, als jemand, der all seine Energie nur in diese eine Rolle steckt. Ist BDSM nur ab und an ein nettes Spiel, hat ein Switcher im Kontext BDSM keinen wirklichen Verlust, für Spielchen wird die Energie wohl immer ausreichen.
Auch Switcher, die in der Beziehung die Rollen tauschen, werden meiner Meinung nach gar nicht so schlecht dafür entschädigt, dass eine der Rollen nicht so intensiv erlebt werden kann. Sie haben zusammen einfach noch viel mehr mögliche Spielarten und es kann immer Überraschungen und interessante Machtkämpfe geben. Sprich monoton ist das Leben eines Switchers sicher nicht, gesetzt den Fall er hat den oder auch die passenden Partner.
Angelehnt an Woody Allen: „Switcher zu sein (im Orginalzitat steht hier Bisexualität) verdoppelt deine Chancen auf ein Samstagabend-Rendezvous!“ Wo er Recht hat, hat er Recht, denn die Auswahl für einen Switcher ist, wenn es nur ums Spielen geht, doppelt so hoch, da er/sie sich aus beiden Lagern „bedienen“ kann.
Wer einige Einsichten über Switcher gewinnen will mag auch eines der Interviews lesen.
In Gedenken an eine sehr guten Bekannte und Switcherin, die leider viel zu früh verstorben ist: „Hallo, ich bin Sabine oder auch luna genannt, entstamme dem guten 72er Jahrgang und lebe seit vielen Jahren in Bielefeld. Im BDSM-Freundeskreis gehöre ich zu den ganz schlimmen unter den Perversen, ich bin Switcher.
Kurz zur Erklärung: Switcher wissen nie so genau, was sie eigentlich wollen, mal dom, mal sub, mal sado, mal maso, wer soll da noch durchblicken. Also einfach Augenbinde auf und durch.“