Vorurteile
Bezüglich BDSM, wobei die Medien immer nur von SM sprechen, gibt es mannigfaltige Vorurteile. Manch einer hält BDSM gar für frauenfeindlich oder pervers. Hierzu will ich mich gesondert etwas ausführlicher äußern.
Warum sollte BDSM frauenfeindlich sein, es gibt Herrinnen und Sklavinnen. Die Position wird seit jeher nicht aufgrund einer Geschlechtszugehörigkeit gewählt, sondern wegen der individuellen Neigung.
Viele Sklavinnen sind im Alltag äußerst durchsetzungsstarke und selbstbewusste Frauen, die sich hinter keinem Mann verstecken müssen (vgl. interne Umfrage). Ist es nicht die reinste Form der Emanzipation auf Rechte, die einem zustehen, freiwillig zu verzichten, egal ob man Sklave oder Sklavin ist? Wenn sich eine Sklavin ihrem Herrn hingibt, tut sie dies im Vertrauen darauf, dass er für sie Sorge tragen wird.
Festzustellen ist daher: Frauenfeindlich ist BDSM wohl kaum, aber wie sieht es mit „pervers“ aus?
Eine gute Bekannte sagt immer zum Thema Perversitäten: „Pervers ist man nur, wenn man niemanden findet, der mitmacht.“ Das hört sich zwar recht lustig an, geht jedoch am Kern des Problems vorbei. Ich selber ziehe meine Grenze da, wo kein freier und klarer Geist mehr handelt.
Machen Personen etwas
1. aus freiem Willen miteinander,
2. sind sie zudem fähig die Tragweite ihrer Handlung zu überblicken und
3. wird dabei nicht gegen elementare Grundsätze des gesellschaftlichen Zusammenlebens verstoßen, wo liegt dann der Schaden?
Die Durchführung mancher Dinge, die zu meinen Tabus gehören, halte ich selber für pervers. Andere sind einfach nur nicht mein Fall, weil ich mich vor ihnen ekele. So halte ich z.B. Sex an Kult- und Gedenkstätten für pervers, weil jeder Mensch Respekt verdient und ihm dieser abgesprochen wird, wenn seine religiösen Überzeugungen oder sein Gedenken hinter irgendwelchen Gelüsten anderer zurücktreten muss.
Kaviar (Das Spiel mit den Fäkalien) fällt bei mir in die Kategorie „pervers“, weil es für mich nicht vorstellbar ist, dass ein gesunder Geist daran Freude haben kann. Jedoch, wenn ich mir selber ein solches Urteil herausnehme, so muss ich es auch akzeptieren, dass Leute das, was ich praktiziere, für krank und damit pervers halten.
Wer sich nicht vorstellen kann, dass sich ein gesunder Geist an BDSM erfreut, der mag schnell dazu tendieren es als pervers anzusehen. Unter anderem aus diesem Grund versuche ich hier einen kleinen Einblick in meine Gedankenwelt zu geben. Nicht alles ist krank, vieles ist einfach nur anders.
Sind wir mal ehrlich, vor 40 Jahren hätte ein Großteil der Gesellschaft das Spielen mit Dildos und Co oder das Fesseln des Partners als pervers erachtet. Auch Homosexualität war lange Zeit in Deutschland strafbar und noch weiter zurück gab es Zeiten, in denen galt Selbstbefriedigung als pervers. Eine moderne und aufgeklärte Gesellschaft führt zu mehr Freiheiten, eben weil man anders sein darf, solange man niemand anderen damit ernsthaft belästigt oder gar schadet.
Einige weitere Vorurteile will ich nur kurz anschneiden. So ist es ein Mythos, dass Personen im BDSM Bereich genau das Gegenteil von dem praktizieren, was sie im echten Leben sind. Hier anzuführen ist vor allem der erfolgreiche Manager, der abends zu einer Domina geht, um endlich Verantwortung abgeben zu können.
Ja, es gibt wohl mehr devote, denn dominante Akademiker, aber daraus gleich einen allgemeingültigen Satz zu generieren ist vollkommen falsch. Auch muss man als BDSMler nicht in Lack, Leder oder Latex herumlaufen. Es mag in der Szene eine Art Dresscode geben und zudem gibt es einige, die einen Fetisch in diese Richtung haben, jedoch wie immer, muss man nicht der Masse hinterherlaufen, auch wenn Frauen das passende Outfit sicher stehen mag.
Ein weiteres Vorurteil ergibt sich daraus, dass im Spiel nur die Ausübung körperlicher und geistiger Gewalt gesehen wird, bei der es keine tiefe emotionale Verbundenheit geben kann. Auch dieses ist falsch, denn auf devoter Seite wird sehr viel Vertrauen benötigt für ein intensives Spiel miteinander und die Kombination von Liebe und BDSM ist etwas sehr wundervolles, da dies alles noch viel intensiver werden lässt.
Toleranz
Die BDSMler und die nicht BDSMler. Nun, verlangt wird von den BDSMlern Akzeptanz und Toleranz für ihre eigene Neigung, aber sind sie selber überhaupt tolerant? Eigentlich kann Toleranz doch nur eingefordert werden, wenn man es selber auch ist.
NichtBDSMler werden als „Vanillas“ und „Stinos“ bezeichnet, vor allem der Begriff Stino nervt mich sehr. Es ist die Abkürzung für Stink normal, also jeder, der nicht BDSM betreibt, ist stink normal?!? Sorry Leute, aber ich kenne genug „Stinos“, die ein weitaus erfüllteres Leben und ja, auch Sexualleben haben, als viele von euch, mit euren Scheuklappen!
Innerhalb der Szene sieht es nicht viel besser aus, aber Vorsicht, der Verfasser neigt etwas zur Polemik in den folgenden Zeilen. Also stellen wir mal eines der beliebten Regelwerke auf:
1. Das eigene BDSM ist immer das Beste und Ultimative. Alle, die weniger machen, sind Weicheier; alle, die mehr machen, haben doch längst schon die Grenze zum Perversen überschritten.
2. Versuche jeden, den du triffst, vom einzig wahren BDSM (natürlich nur dein eigenes) zu überzeugen. Klappt es mit dem Überzeugen nicht, versuch Plan B: Überreden. Geht das auch nicht, bitte Plan C: den anderen runtermachen.
3. BDSM ist wie Olympia: Es geht um höher, schneller, weiter, ach ne, härter, böser, extremer.
4. Stimme dem Verfasser zu; sage, er hat Recht und du siehst es genauso. Endlich hat es mal jemand gesagt, was du natürlich schon lange gedacht hast. Nur, wenn jeder angeblich so denkt, warum sind wir BDSMler dann noch immer so intolerant?
Kurzzusammenfassung:
Also merke, nur als BDSMler kann man wirklich glücklich sein und wirklich glücklich kann man nur sein, wenn man das einzig wahre BDSM betreibt.
Im Ernst: Macht das was euch gut tut, es geht hierbei nicht die Kompensation irgendwelcher Komplexe, sondern um Spaß.