Wie wichtig ist eigentlich die Erfahrung?

Stellenwert der Erfahrungen

Nun, ob eine Sub erfahren oder unerfahren ist, ist für die meisten Doms nicht wirklich relevant. Warum auch? Sub sollte die passenden Eigenschaften mitbringen, alles andere liegt dann eh in den Händen des Doms. Abgesehen von kurzen Affären, denn hier kann mit einer erfahrenen Person direkt intensiver gespielt werden, geht es mir da ähnlich.
Sub hat die empfangende Rolle inne, also ist es auf Dauer nicht so entscheidend wie viel Erfahrung vorhanden ist. Fängt das erste Spiel an, wird Dom sie sich packen bzw. an die Hand nehmen und in die Richtung lenken, in der er sie haben will. Sub muss sich also nur führen lassen, dazu bedarf es keiner wirklichen Erfahrung.

Nun, als Dom sieht das schon ganz anders aus. In diesem Spiel hat er die Führungsposition inne und einer solchen Position muss man auch gewachsen sein und sich dieser gewachsen fühlen. Ohne Erfahrung ist das natürlich nicht so leicht. Im Berufsleben startet man meist als Assistent, bevor man nach gewissen Zwischenschritten hoffentlich selber dann irgendwann Geschäftsführer wird. Unter Doms ist diese Art der Ausbildung aber nicht üblich.


Interessanter Standpunkt einer Bekannten

Eine Bekannte erklärte mir ihren Standpunkt recht deutlich und brachte ein Beispiel mit einem Fahranfänger. Stell Dir vor, du bist siebzehn und willst lernen, wie man ein Auto fährt, wen würdest Du als Lehrer wählen: ebenfalls einen Anfänger oder jemanden, der gerade erst seit einem Jahr seinen eigenen Führerschein hat oder Deine Eltern oder einen Fahrlehrer?

Jemand wie Du, nun wie soll das gehen, ihr wisst ja beide nicht was zu tun ist. Ein Anfänger, der selber noch unsicher ist und keine wirkliche Praxis hat? Nicht wirklich. Die Eltern, die immerhin seit vielen Jahren fahren, aber wohl noch nie jemanden das Fahren beigebracht haben oder jemanden, der Erfahrung hat und es schon einigen Leuten beigebracht hat, sprich einen Fahrlehrer?

Ich antwortete: Entweder die Eltern, weil ich sie schon lange kenne, sie die nötige Erfahrung haben und ich ihnen vertraue oder aber der Fahrlehrer, bei dem ich sicher gut aufgehoben bin.

Es ging weiter. Sie meinte, der Vergleich wäre sogar noch nett für den Dom, denn bei einer Fahrschule wird Anfängern schon mal ins Lenkrad gegriffen oder auch durch den Fahrlehrer selbstständig gebremst. In einem Spiel ist aber nur der Dom der bestimmende Part, der nicht das Lenkrad, aber die Zügel in den Händen hält.

Wird es dem Fahrschüler zu dumm, kann er anhalten und aussteigen, ein fixierter Sub kann dies nicht immer machen. Auch will eine schon erfahrene Sub dem Dom keine Anweisungen geben, im Gegensatz zu einem Fahrlehrer, der den Schüler ja ständig anweist. Sub möchte sich treiben lassen und eben nicht auf Straße, Ampeln, Tempolimit, Verkehr etc. achten.
Vielmehr will sie sich darauf verlassen, dass der Weg, wohin es auch immer gehen mag, sicher ist und Dom dort richtig abbiegt, wo es passend ist und dort abbremst, wo es zu gefährlich wird. Fehlt die nötige Fahrpraxis, wird kaum das gewünschte Ziel erreicht werden, weil Dom zu schnell war oder den Wagen abgewürgt hat.

Nun, Fahrschulen gibt es viele, aber bei wem soll Dom lernen? Lustigerweise gibt es dafür sogar einen passenden Ausdruck: bei einer Fahrschulsub (der Begriff wird in der „Szene“ wirklich verwendet). Diese hat kein Problem damit, mit einem unerfahrenen Dom zu spielen.

Das Problem ist, die wenigsten wollen dies machen, denn als Sub genießt man das Fallenlassen und fremdbestimmt werden. Lernt man jemanden an, geschieht das hingegen meist durch Hinweise, die eine gewisse Art der Kontrolle darstellen. Der unerfahrene Dom steckt also in einem Dilemma und einen Ausweg kann ich an dieser Stelle leider nicht bieten.


Andere Eigenschaften

Ich persönlich denke nicht, dass jeder erfahrene Autofahrer sich in ein Schulfahrzeug setzen kann und jedem beibringen kann, wie man denn den Führerschein erhält. Er muss noch andere Eigenschaften mitbringen, nämlich in jenem Fall die Fähigkeit, Wissen zu vermitteln.

Als Dom sind in meinen Augen die Eigenschaften Einfühlungsvermögen, Verantwortungsbewusstsein und Authentizität noch wichtiger als die Erfahrung (vgl. auch interne Umfrage). Jedoch kann man diese nur schwerlich abfragen. So gut wie alles im Bereich BDSM lässt sich durch logisches Denken herleiten, dies geht auch ohne große Erfahrung, wenn ein gesunder Menschenverstand vorhanden ist.

Ein erfahrener Dom, bei dem das Verantwortungsbewusstsein fehlt, der kann durch seine riskanten Fahrmanöver Sub arg vor die Wand fahren, wahrscheinlich mehr noch als ein Unerfahrener, der gar nicht erst so rasen würde. Ohne richtiges Einfühlungsvermögen wird er nicht merken, wann das Limit erreicht ist und fehlt es an der Authentizität, macht das ganze eh keinen Sinn.
Das Fehlen der praktischen Erfahrung kann bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen werden, alles darüber hinaus muss dann langsam Schritt für Schritt erkundet werden. Auch dieses mag seinen Reiz haben, eben gemeinsam eine neue Welt zu entdecken.


Ausstattung

Da mir das Beispiel mit der Fahrschule gefällt, nehme ich es gerne auf, denn wie bei einer Fahrschule (=Auto) wird auch von einem Dom erwartet, das passende Equipment (= Fesseln, Peitschen, Spreizstangen etc.) zu stellen, je besser das jeweilige Equipment ist, umso eher wird es den Fahrschüler begeistern.

Manch ein Dom stellt sich daher über seine Spielzeugsammlung dar und verschickt zig Fotos von seinem Spielzimmer und allen seinen Spielsachen, aber nur eines oder am besten gar keins von sich. Wer als reines Spielzeug behandelt werden will und nicht als Mensch, dürfte bei solchen Personen gut aufgehoben sein. Aber Vorsicht: Eine perfekte Ausstattung bedeutet nicht auch, dass er weiß, was er da tut.


An die Subs

Erfahrung kann alles und nichts bedeuten, auch wer seit dreißig Jahren aktiver BDSMler ist, muss sein Handwerk nicht beherrschen. Nur, weil man etwas schon sehr lange macht, muss man es noch nicht richtig machen. Ich kann Subs, die einen erfahrenen Dom haben wollen, gut verstehen. Natürlich fühlt man sich hier sicherer und er wird einem mehr zeigen können, es sollte aber auf keinen Fall das einzige Kriterium sein, welches entscheidet.

Dennoch sollte eines bedacht werden: Da die dominante Seite einiges voraussetzt, kommt es selten vor, dass Personen bereits mit Anfang zwanzig sich ernsthaft auf diesen Bereich einlassen. Das Interesse kommt meist erst mit Ende zwanzig (vgl. z.B. diese Studie dort die letzte Statistik) und Interesse bedeutet eben noch keine Erfahrung.
Laut besagter Studie, die bereits mehrfach wissenschaftlich verwertet wurde, liegt der Anteil der rein devoten Frauen im Verhältnis zu rein dominanten Männern in der Alterklasse bis 25 Jahr bei einem prozentualen Verhältnis von 1:6, bei der Altergruppe 40-50 bei 1:1,5. Da die devote Neigung eh schon häufiger vertreten ist als die dominante, sehen (vgl. auch interne Umfrage 1 und 2) die Verhältnisse bei devoten Männern und dominanten Frauen noch viel schlechter (aus Sicht der MaleSubs zumindest) aus.

Ob die Zahlen der Studie eins zu eins stimmen, ist bei etwa 2000 Teilnehmern nicht immer sicher, aber die Tendenzen decken sich mit den Erfahrungswerten, die ich in den letzten Jahren gesammelt habe. Mit der Erfahrung wird daher auch fast immer ein gewisses Alter einhergehen, weswegen der Großteil der wirklich erfahrenen Doms, egal ob Mann oder Frau, jenseits der Vierzig beheimatet ist.

Ich selber wäre auch nicht ohne einen gewissen äußeren Einfluss auf die Idee gekommen, mit 22 Jahren Dom zu werden und hätte diese Seite wohl erst einige Jahre später für mich entdeckt.


An die (unerfahrenen) Doms

Seid ehrlich, wenn die Erfahrung fehlt, kommuniziert dies auch, denn bei euch liegt die Verantwortung für die Sub. Über das, was euch reizt, solltet ihr euch informieren. Hier helfen am meisten reale Kontakte zu anderen Doms, jeder fängt mal an (beliebter Spruch: Noch kein Dom ist vom Himmel gefallen, aber schon so manche Sub von der Decke).

Beim Spielen selbst versichere dich lieber einmal zu viel, denn einmal zu wenig, dass es der Sub gut geht. Dabei sollte gerade am Anfang genau auf die jeweilige Reaktion von Sub geachtet werden. Kommunikation im Vorfeld (Wünsche/Ängste) und danach (Was hat gefallen, was nicht) können Dir ein gutes Bild vermitteln.

Solltet ihr eh vorhaben mal zu Dritt zu spielen, dann versucht doch dafür eine erfahrene, im Idealfall dominante Person zu gewinnen. Neben dem Spaß könnt ihr euch eventuell sogar noch etwas abschauen, aber Vorsicht, Dreier bergen auch immer gewisse Gefahren. Wenn es möglich ist, bekomme vor allem selber ein Gefühl für die jeweilige Spielart, dafür musst Du nicht switchen.
Ich teste noch heute jedes Schlagwerkzeug, das ich irgendwann verwenden werde, zumindest einmal an meinem linken Bein aus und von Zeit zu Zeit erlebe ich da auch noch eine kleine Überraschung.


Fazit

Wie wichtig die Erfahrung des Doms ist, sollte Sub überlassen werden. Jeder stellt seine eigenen Kriterien auf nach denen der jeweilige Partner ausgewählt wird. Dennoch ein paar ergänzende Gedanken zum Abschluss: Es gibt Anfänger, die voller Fantasie, Begeisterung und Lust sind und es gibt erfahrene Hasen die alle Tricks, Kniffe und Techniken beherrschen aber die Leidenschaft am BDSM verloren haben.

Welcher wird nun der bessere (Spiel-)Partner sein? Egal, ob erfahren oder unerfahren, jener welche die Rolle mit seinem Wesen ausfüllt, die Verantwortung tragen will, sich sachkundig macht oder gemacht hat und Fiktion von Realität unterscheiden kann, ist in jedem Fall kein schlechter (Spiel-)Partner.


Umfrage

Der Großteil der Besucher kommt auf Empfehlung von Freunden hierher. Um die Verteilung neigungs- und geschlechtsspezifisch noch etwas zu durchleuchten, startet eine neue Umfrage zu diesem Thema.

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