Anonym (31)

Stell dich bitte kurz vor:

Ich bin eine 31 jährige Frau und lebe derzeit in einer Fernbeziehung.


Seit wann reizt dich BDSM, gab es einen Auslöser?

Reiz 1
Das Thema kam schon in meiner Kindheit auf. Einen Auslöser gab es nicht, jedenfalls keinen, den ich wüsste. Damals habe ich mir vor dem Einschlafen immer Geschichten ausgedacht. Ich war die Heldin in irgendeinem Abenteuer und ich habe immer anderen, meistens Tieren geholfen, die gequält wurden.
Irgendwann wurde ich von „Bösen Männern“ gefangen genommen. Nach und nach änderten sich die Geschichten. Sie wurden brutaler, ich wurde gequält, missbraucht, eingesperrt. Doch egal, was mit mir gemacht wurde, ich war stark und ergab mich nie.
Diese Szene nahm immer mehr Gestalt an und ich malte mir immer neue „Quälgeschichten“ in immer lebhafteren Bildern aus. Alles andere wurde nebensächlich. Manchmal bekam ich Angst, unnormal zu sein, wegen dieser unbändigen Lust, die ich beim Durchleben dieser Geschichten empfand. Dann versuchte ich wieder zu den alten Geschichten zu wechseln, doch diese machten keinen Spaß mehr. Irgendwann ergab ich mich immer wieder meinen Fantasien und schob den Gedanken unnormal zu sein beiseite.

Reiz 2
In der Grundschule spielten wir in der Pause immer „Jungs gegen Mädchen“. Bei diesem Spiel musste die eine Gruppe die andere fangen und in ein „Gefängnis“ schleppen.
Ich liebte dieses Spiel unendlich. Aber nur, wenn die Jungs die Mädchen fangen mussten. Ich liebte es, wenn 10 Jungs versuchten, mich in das Gefängnis zu zerren und wenn ich es schaffte, wieder auszubrechen. Es war mehr als ein Spiel für mich.
Die intensiven Gefühle, die ich dabei erlebte und Jahre später noch hatte, wenn ich an dieses Spiel dachte, waren mehr als normale Kindergefühle in Bezug auf „Fangen“ spielen.

Reiz 3
Später in der Pubertät entwickelte ich eine tiefe Abneigung gegen Sex. Ich empfand den Gedanken an Blümchensex als absolut abstoßend. Manchmal wünschte ich insgeheim, mich würde ein Mann einfach schnappen, aufs Bett werfen und sich nehmen, was er will. Das wurde mir aber erst später richtig klar.
Zuerst war da nur der absolute Widerwille gegen sexuelle Nähe. Meine Fantasien hatte ich immer noch und mit den Jahren begann ich ihnen immer mehr Bedeutung zu geben. Ich wusste, da war ein unstillbares Verlangen nach etwas, was in meinen Augen „pervers“ und unnormal war.
Und ich dachte, so etwas kann ich niemals ausleben... denn wie könnte ich einem Menschen derart großes Vertrauen entgegenbringen, dass ich mich von ihm fesseln und „quälen“ lasse. Ich hatte generell sehr wenig Vertrauen in Menschen.
Meine erste richtige Beziehung hatte ich sehr spät. Mit 27 Jahren. Wir hatten in dieser Zeit sehr wenig Sex und ich war froh darüber, denn ER wusste nichts von meinen Fantasien und ich dachte, auch er würde nie was damit anfangen können. Es stimmte gar nichts bei uns. 3 Jahre waren wir zusammen, in denen meine Gedanken in Richtung SM immer stärker wurden. Ich las im Internet über SM, schrieb jemanden an, der eine Infoseite zu dem Thema hat und sah mir heimlich SM Filme an. Als die Beziehung aus war, hatte ich mich entschlossen.
Ich wollte raus aus dem Tagträumen, ich wollte es endlich erleben. Daher nahm ich allen Mut zusammen und suchte in einer Kontaktbörse direkt nach Männern mit SM Interesse. Dort traf ich meinen neuen Freund und wir begannen gemeinsam, das große Gebiet SM zu erforschen.


Was genau reizt dich an dem sehr weiten Feld BDSM?

Ich glaube, mein Reiz beim BDSM ist etwas anders als bei den meisten Subbies. Obwohl ich in diesem Bezug keinerlei Interesse am Dominieren habe, brauche ich den Kampf des Unterworfen Werdens. Ich bin nicht devot veranlagt, würde mich aber auch nicht als generell masochistisch bezeichnen.
Beides jedoch kann sich im Spiel extrem entwickeln, wenn mein Gegenüber die richtigen Knöpfe bei mir drückt. Ich muss unterworfen werden um genießen zu können. Das geschieht selten nur durch verbale Dominanz. Ich teste den dominanten Part in jeder Minute und wenn er es schafft mich wirklich zu beherrschen, fühle ich mich wohl.
Sobald die Fronten geklärt sind, bin ich sogar zu einer Devotheit in der Lage, die ich niemals von mir erwartet hätte. Dann bringt mir Devotsein auch eine riesige Erfüllung. Aber eben nur dann. Auch masochistisch bin ich nur kontextabhängig. Reiner Flagelantismus macht mir keinen Spaß, wenn Schmerzen jedoch als Strafe angewendet werden oder weil mein Dom gerade einfach Spaß daran hat mich leiden zu sehen oder wenn ich in meinem sogenannten „Quälmodus“ bin, dann genieße ich Schmerzen und Qual sehr.
Als „Quälmodus“ bezeichne ich es, wenn ich beweisen will, wie stark ich sein kann. Wenn ich, wie in meinen Kinderfantasiegeschichten die Starke bin, die ungerechter Weise gequält wird, sich aber keine Blöße geben will. In dieser Verfassung kam es schon hin und wieder vor, dass ich bis zur Schmerzunempfindlichkeit gekommen bin und schon Angst vor mir selbst hatte. In dieser Lage könnte der Dom peitschen, bis das Blut nur so spritzt und ich würde es nicht mehr merken. Bisher hatte ich zum Glück nur Dom’s, die das erkannten und selbst die Bremse gezogen haben.
Eine große Neigung von mir ist auch die Atemreduktion durch Luft abdrücken. Dieser Schwebezustand der entsteht, kurz bevor man beinahe ohnmächtig wird.
Mit dieser Technik bin ich eigentlich in jeder Situation sofort erregt.
Außerdem genieße ich es, so lange gequält zu werden, bis ich in Tränen ausbreche. Wenn dann weiter gemacht wird, erlebe ich eine Art Orgasmus, der zwar mit dem normalen Orgasmus nicht direkt vergleichbar ist, aber ihn in diesem Moment voll und ganz ersetzt.

Ein weiterer SM Fetisch von mir ist, es in Clubs zu spielen. Ich genieße es sehr, wenn Leute zusehen und wenn sie wegen des Würgens oder wegen evtl. Tränen geschockt sind.
Diese Reaktionen der Zuschauer haben mich anfangs sehr verwirrt, da ich dachte in SM Clubs ist man an solche Spiele und Reaktionen gewöhnt. Doch inzwischen weiß ich es besser. Dennoch, es macht mir riesigen Spaß, wenn die Leute geschockt sind oder am liebsten eingreifen würden.
Ihr Aufatmen, wenn ich tränenüberströmt meinem Dom glücklich in die Augen schaue und sie merken, wie sehr ich es genossen habe, gefällt mir ebenfalls.

Und zu guter Letzt: Für mich gehören Sex und SM zusammen. Es geht zwar auch getrennt, aber den ultimativen Kick erlebe ich, wenn beides zusammen fällt.
Am liebsten habe ich es, wenn mehrere Männer mich bezwingen, festhalten und einfach nehmen. Zu meinem Leidwesen teilen diese Fantasien sehr wenig SM’ler und so kam es bisher nur einmal zu einer annähernd vergleichbaren Situation. Auch das Thema „Rapeplay“ interessiert mich in diesem Zusammenhang sehr. Bisher jedoch kam es noch nicht zu einer Umsetzung.


Falls du BDSM inzwischen auslebst: Hat sich „dein“ BDSM im Lauf der Zeit verändert?

Ja, es hat sich sehr verändert. Zu Anfang habe ich alles aufgesogen und genossen, was in Richtung SM ging. Inzwischen jedoch beginne ich meine Neigung sehr zu erforschen und ich versuche mehr und mehr den ultimativen Kick zu finden.
Früher war alles ein Kick, doch zu meinem Leidwesen hat sich das sehr schnell verändert. Ich wünschte die Gefühle, die ich zu beginn meiner SM Erfahrungen gemacht habe, würden immer weiter so sein wie damals. Doch heute muss ich wirklich suchen um annähernd ähnliche Gefühle zu erleben. Es ist wie eine Art „Gewohnheitseffekt“, der mir sehr zu schaffen macht. Und meine Ansprüche an die Art des Dominierens sind sehr gestiegen. Da ich eben weder naturdevot noch naturmasochistisch bin, ist es für mein Gegenüber schwer genau die Hebel in Bewegung zu setzen, die meine Erregung erwecken.
Andere Subbies werden streng angesehen oder einfach kurz gepeitscht und sind selig. Bei mir ist es leider komplizierter. Ich wünschte wirklich es wäre anders, da es dann viel einfacher für beide wäre zu genießen.


Welchen Stellenwert hat BDSM für dein Leben und für deine Beziehung?

Momentan nimmt dieser Part einen sehr großen Stellenwert in meinem Leben ein. Eine Beziehung ohne SM könnte ich mir gar nicht mehr vorstellen. Es gehört fest in mein Leben hinein, auch wenn ich es strikt vom Alltag trenne.


Wie lebst Du BDSM in deiner Beziehung aus, beziehungsweise wie würdest du es ausleben wollen?

Mein Freund und ich haben gemeinsam SM begonnen zu leben. Im Alltag sind wir absolut gleichberechtigt und können uns beide keine 24/7 Partnerschaft vorstellen. Wir gehen sehr gerne auf SM Partys und spielen dort allein und auch mit anderen. Bis auf manche Schwierigkeiten, die wir versuchen zu eliminieren, macht uns beiden das Spiel auf unsere eigene weise sehr viel Spaß und wir entdecken ständig neue Facetten und entwickeln uns weiter.
Das Einzige, das ich mir für die Zukunft wünschen würde, ist das mein Freund im Spiel wirklich absolut konsequent ist und ich mich absolut fallen lassen kann und weiß, er führt ich, hart aber fair und mit Bedacht.


Gab es eine ganz besonders intensive, lustige, oder auch nur ungewöhnliche Situation in deinem Leben, die einen BDSM-Kontext hatte?

Die lustigste Situation, die ich erlebt habe, war die, als mich ein männlicher Sub so lange genervt hat, bis ich meinen Dom bat, mir die Handschellen abzunehmen und dieser es tatsächlich machte.
Wir waren in einem SM Club und ich habe mich auf den Sub gestürzt. Wir haben gerangelt und ich hatte ich schon fast unter Kontrolle. Da wurden wir böse von dem Veranstalter angerüffelt, der direkt neben uns gesessen hatte. So was ginge hier im Club nicht, das sieht ja ernst aus. Obwohl wir beide während des Gerangels gelacht haben, hatte dieser Mensch Angst, ich könnte den anderen ernsthaft gefährden?
Jaja, wenn Subbie bis aufs Blut gepeitscht wird, dreht man sich aller höchstens um und geht weg. Aber wehe Subbie haut zurück, dann wird sie fast rausgeschmissen. Wir haben uns dann entschuldigt und den werten Herrn aufgeklärt, das es eben Spaß war.
Dieser war dann auch bald beruhigt und wir haben noch ein nettes Gespräch mit ihm gehabt.


Hast du mit deiner Neigung gehadert? Wenn ja, warum und wie bist du damit umgegangen?

Ja, sehr sogar. Näheres habe ich schon in der ersten Antwort beschrieben. Bei: „Seit wann reizt dich BDSM, gab es einen Auslöser?“


Welche Erfahrungen hast du mit der Partnersuche gemacht?

Dass Dom es schwerer hat, den Einstieg ins SM Spiel zu bekommen, da er nun mal der „Aktive“ ist und die Fäden voll in der Hand halten muss.


Was ist dir an deinem Partner am wichtigsten?

Dass wir viele Gemeinsamkeiten haben, besonders auch im Privatleben, dass er wirklich dominant ist und es nicht nur spielt. Das er keine 24/7 Subbie will, sondern eine Frau die im alltäglichen Leben selbst für sich sorgen und bestimmen kann, die Kontra gibt und eine eigene Meinung vertritt.
Und dass er eben genau so eine Hardcorezicke wie mich zu erziehen weiß und ihm genau das Spaß macht.