Sicherheitskonzepte

SSC als BDSM Konzept

Beim BDSM gibt es verschiedene Sicherheitsmodelle, die als ethische und praktische Leitlinien dienen. Das bekannteste dabei dürfte SSC (Safe, Sane, Consensual) sein. SSC ist ein Akronym und steht für:

S*afe – Sicher

S*ane – Gesund / bei klarem Verstand

C*onsensual – Einvernehmlich

Safe
Sicherheit ist das zentrale Versprechen von SSC und zugleich sein angreifbarster Punkt. Denn bei näherer Betrachtung stellt sich eine berechtigte Frage, gibt es überhaupt sicheren BDSM?

Nein!

Selbst mit aller Voraussicht, Erfahrung, Einfühlungsvermögen, technischer Kompetenz und körperlicher Fitness bleibt ein Restrisiko. Weder psychische noch physische Prozesse lassen sich vollständig kontrollieren. Menschen sind komplex, und selbst scheinbar einfache Handlungen können unerwartete Reaktionen hervorrufen.

Der Begriff Safe wirkt daher irreführend und vielleicht sogar gefährlich, weil er eine trügerische Sicherheit suggerieren kann. Viel treffender wäre der Begriff aus dem Bereich des Sexualschutzes: Safer Sex. Auch ein Kondom verhindert nicht jede Form der Ansteckung, aber es reduziert die Risiken deutlich und verhinderte recht zuverlässig die größten Gefahren.

Als Gentledom nutze ich folgende eingeschränkte Definition:
Würde ein Fachmann auf dem jeweiligen Gebiet (z.?B. Arzt, Psychologe) meine Art, BDSM zu praktizieren, als verantwortungsbewusst und im Vergleich zu „normalem“ Sex ohne signifikant erhöhtes Risiko für die körperliche oder psychische Gesundheit betrachten?
Falls das der Fall ist, wäre es sicherer BDSM.

Safe im Sinne von Nullrisiko gibt es daher nicht, aber es gibt saferes Verhalten.

Sane
Sane bedeutet nicht klinisch „gesund“, sondern, dass Handlungen im BDSM aus einem Zustand geistiger Klarheit und Urteilsfähigkeit heraus erfolgen müssen. Es geht darum, bewusste Entscheidungen zu treffen, nicht impulsive, nicht berauschte, nicht fremdgesteuerte. Daher kein BDSM unter Einfluss von Alkohol oder Drogen. Keine Sessions in emotionaler Ausnahmelage und Selbstreflexion über die eigene Motivation und Grenzen.

Sane bedeutet damit auch, die Fähigkeit zu besitzen, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden, besonders bei intensiven Rollenspielen oder Machtverhältnissen. BDSM darf emotional tief gehen, aber nur, wenn dabei niemand den Bezug zu sich selbst verliert.

Consensual
Konsens ist das unumstößliche Fundament jeder BDSM Interaktion. Alles, was geschieht, muss von allen Beteiligten freiwillig, informiert und klar bejaht worden sein. Dabei geht es nicht nur um ein „Ja“ zur Session, sondern um ein detailliertes, explizites Einverständnis zu konkreten Praktiken, Dynamiken und Rollenverteilungen. Konsens ist kein Pauschalvertrag, sondern ein fein abgestimmter Dialog, der auch jederzeit widerrufen werden kann.

Praxis
Eine SSC-orientierte Session beginnt mit gründlicher Kommunikation. Vor dem ersten Fesseln, Schlagen oder Befehlen stehen folgende Fragen im Raum:

- Welche Praktiken sind gewünscht, welche tabu? Noch besser ist es an dieser Stelle mit einer Positiv-Liste zu arbeiten, was erlaubt ist (als Strafe als Belohnung oder für Sub als eher neutrale Handlung)
- Gibt es gesundheitliche oder psychische Einschränkungen?
- Welches Abbruchssignal gibt es und sollen Slowwords oder die Ampel Anwendung finden.

Entscheidend ist nicht nur, dass die Informationen ausgesprochen werden, sondern auch, dass sie verstanden und umgesetzt werden, auf beiden Seiten.

Abbruchsignal
Das typische Abbruchssignal ist das Safeword, gemeint ist damit ein klar erkennbares verbales Signal, das das sofortige Beenden der Handlung oder auch Session bewirkt. Es ist die Sicherheitsleine, die jederzeit gezogen werden kann. Ohne ein Abbruchsoption ist legaler kaum möglich BDSM und schon gar keine SSC Handlung denkbar.

Reflexion und Nachsorge
SSC endet nicht mit dem letzten Schlag oder dem Öffnen der Fesseln. Aftercare ist ein zentrales Element, um emotionale und körperliche Prozesse aufzufangen. Die meisten aber nicht alle BDSMler benötigen oder wünschen sich diese Art des Übergangs zurück zum Alltag.

Schlussgedanken
SSC ist ein wegweisendes Konzept in der BDSM Welt, doch es steht und fällt mit seiner Auslegung.

Kritik an „Safe“ ist berechtigt, denn absolute Sicherheit gibt es nicht. „Safer“ wäre vielleicht treffender, realistischer, ehrlicher. Aber SSC bleibt ein wichtiges Modell, weil es bewusst macht, dass BDSM kein Freifahrtschein ist, sondern ein Feld, das Verantwortung, Kommunikation und Reflexion verlangt. Manche bezeichnen sich daher auch als SSC-orientiert, was zeigt, dass die Personen die Stärken und Schwächen des Systems wahrscheinlich erkannt haben.

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