Interview mit JoyOfSunfire

igel: Wer bist Du? Magst Du Dich kurz vorstellen?

JoyOfSunfire: Also, ich bin Joy, 36 Jahre alt, geboren im wunderschönen Bremen und lebe inzwischen in Niedersachsen. Ich habe grafische Gestaltung für Print- und Webmedien gelernt, hab den Beruf aber vor ein paar Jahren an den Nagel gehangen und mache inzwischen etwas im Elektronik-Bereich. Ich behaupte mal ein recht kreativer Mensch zu sein und hab immer den Drang etwas zu "Erschaffen". Egal ob beim Basteln, Musik machen oder am Computer. Und ich bin seit 2005 in festen Händen mit meinem geliebten Vanilla und seit 2013 auch verheiratet.

 

igel: Wie würdest Du Dein BDSM beschreiben? Von Anfang an bis heute?

JoyOfSunfire: Das BDSM selbst kann ich gar nicht beschreiben. Eher wie ich es entdeckt habe. Ich war in der Hinsicht vielleicht etwas zu frühreif und hab selbst experimentiert noch bevor ich wusste das es dafür einen Begriff gibt. Damals war Internet etwas das man als Normalmensch nur vom Hören kannte. Aber nach wie vor, also vom Beginn her bis heute bin ich immer wieder bereit neues auszuprobieren. Ich bin da immer neugierig und probiere lieber selbst. Das ist zwar in einer Beziehung mit jemandem der diese Leidenschaft nicht teilt auch nicht sehr einfach. Aber immerhin unterstützt er mich und hilft mir, und lebt es auch mit mir aus, wenn ich ihm genau sage was ich möchte. Andersrum akzeptiert er es aber auch wenn ich Dinge allein ausprobiere.

 

igel: Was heißt frühreif? Wie alt warst Du?

JoyOfSunfire: Ich weiß das gar nicht mehr genau. Unter 14 auf jeden Fall. Beim Cowboy und Indianer spielen stand ich lieber gefesselt am Baum während die anderen rumgerannt sind. Warum mir das besser gefiel wusste ich zu dem Zeitpunkt aber noch nicht. Man könnte aber sagen das Bondage, insbesondere Selfbondage da der Auslöser waren um es intensiver zu entdecken und auch herauszufinden was das genau für Gefühle waren die da plötzlich vorhanden waren.

 

igel: Seit wann reizt Dich BDSM? Gab es einen Auslöser?

JoyOfSunfire: Es gab tatsächlich einen Auslöser der aber erst später kam als ich älter war. Ich habe mich für kopfkrank oder etwas ähnliches gehalten und hab es still und heimlich ausprobiert und mich nie getraut da jemanden mit einzubinden, weil ich mich für die einzige auf dem Planeten gehalten habe die sowas macht... Und irgendwann saß ich mal beim Zahnarzt und hab in einer Zeitschrift geblättert. Ich weiß nicht mehr genau welche. Jedenfalls war dort ein Mann abgebildet vor einem großen Anwesen. Und er hatte 4 Frauen, nur sehr leicht bekleidet und mit Handschellen an der Leine. Das Bild habe ich noch heute im Kopf. Und ich wollte damals wissen wie es sich anfühlt.

 

igel: Wie bist Du mit dem Hadern Deiner Neigung umgegangen? Wie war da Dein Findungsprozess?

JoyOfSunfire: Ich hab es eine ganze Zeit im Stillen und heimlich ausgelebt. Das ich es als Selfbondage betrieben habe hat mich nie gestört. Ich sehe auch heute Selfbondage nicht als Ersatz für Bondage mit jemandem zusammen. Es ist einfach eine andere Spielart die ich auch heute noch gern betreibe. Irgendwann hatte ich dann aber einen Partner der den ersten Schritt in diese Richtung machte und mich fragte. Und das waren wiederum ganz neue Erfahrungen und Gefühle. Ich entdeckte dadurch sehr intensiv meine devote Seite.

 

igel: Was schätzt Du am Selfbondage? Wie bist Du dazu gekommen?

JoyOfSunfire: Dazu gekommen bin ich damals eher aus der Neugierde heraus, und seitdem war ich dann auch immer mehr auf der Suche nach Möglichkeiten "hilflos" zu sein. Schätzen tu ich daran das es schon so eine Art erotische Meditation ist. Man ist allein mit sich selbst und kann den Moment voll und ganz genießen. Das Gefühl des ausgeliefert seins und das Kopfkino laufen dabei natürlich auf Hochtouren. Denn es ist ja nun mal keiner da der mich befreien könnte...

Sicherlich ist das schon eine gefährliche Spielart. Aber andersrum muss man beim BDSM mit Partner genauso seinen Kopf einschalten. Und das ist meiner Meinung nach nicht immer einfach wenn der emotionale Teil die Überhand gewinnt. Aber mit Safe and Sane kann auch Selfbondage eine sichere Sache sein.

 

igel: Betreibst Du Selfbondage heute noch?

JoyOfSunfire: Auch heute mache ich das noch wenn ich da Lust zu habe. Zum Teil sag ich es meinem Mann, wenn ich es vorhabe. Zum Teil finde ich es aber auch spannend es heimlich zu machen.

 

igel: Wie kam Dein Ponyplay dazu? Wie hast Du das für Dich entdeckt?

JoyOfSunfire: Der Weg zum Ponyplay führte bei mir über Dogplay und Catplay, was ich beides heute auch noch ab und an mache. Dogplay habe ich damals aber eher im Kontext von Dominanz und Unterwerfung betrieben, Wohingegen ich dieses Machtgefälle, und auch andere Teile von BDSM beim Ponyplay so wie ich es heute lebe, nicht sehe.

 

igel: Wie bist Du denn auf Dogplay und Catplay gekommen?

JoyOfSunfire: Dogplay habe ich damals als eine Art Höhepunkt der Erniedrigung gesehen. Das laufen auf allen Vieren, die Leine und das Essen vom Boden. Das sind Dinge die ich mit Unterwerfung verbinde und mich im Bereich Demütigung gekickt haben. Das musste ich also ausprobieren Catplay sehe ich schon wieder etwas anders. Zwar steht auch da Dominanz auf dem Plan, allerdings reizt mich da eher dieser "Kampf" wer denn nun wen befehligt. Und laut meinem Mann hab ich auch viel einer Katze in mir.

 

igel: Warum hast Du Dich dann für ein Pony entschieden?

JoyOfSunfire: Ich bin der festen Überzeugung das in jedem bereits das steckt was aus ihm wird, es muss nur entdeckt werden. Ich habe viel ausprobiert und an Pferden hat mich vieles gereizt. Daher ist Joy denke ich auch das ziemlich genaue Gegenteil von mir. Wir sprechen da meiner Meinung nach schon von unterschiedlichen Persönlichkeiten. Sie ist sehr vieles was ich nicht bin und kann auch viele Dinge die ich nicht kann. Meine Pet-Persönlichkeit gibt mir von daher auch Kraft und hilft mir im Leben.

 

igel: Differenzierst Du BDSM und PonyPlay?

JoyOfSunfire: Ja absolut. Ich hab mal den Satz gelesen "Grundsätzlich ist Ponyplay ein Teil von BDSM." Das ist eine Aussage die ich so nicht unterschreiben würde. Denn letztlich ist es das was man daraus macht. Als Pferd habe ich ein eher freundschaftliches Verhältnis zu meinem Trainer oder Owner, oder auch zu anderen Menschen. Ich unterwerfe mich nicht, sondern wir erarbeiten gemeinsam ein Ziel und fordern uns gegenseitig heraus mit Aufgaben und erzielen gemeinsam Erfolge

 

igel: Welchen Stellenwert hat BDSM/Ponyplay für Deine Beziehung und Dein Leben?

JoyOfSunfire: Man sollte glauben das die Frage recht schwierig zu beantworten ist, aber ich denke das Ponyplay den zweiten Platz in meinem Leben einnimmt und BDSM den dritten. Der erste Platz ist für meinen Mann reserviert. Wir waren schon einmal an dem frustrierenden Punkt an dem ich ihm vorgeschlagen habe BDSM und Ponyplay aufzugeben. Auch wenn es mich innerlich zerstört hätte, hätte ich es für ihn gemacht.

 

igel: Also kannst Du Dir vorstellen ohne BDSM und Ponyplay zu leben?

JoyOfSunfire: Nein, keine Chance. Ohne würde ich zwar noch existieren aber nicht mehr Leben. Und er wollte auch nie, dass ich mich selbst so aufgebe. Dennoch hätte ich es getan, nur um ihm zu gefallen. Eine Beziehung mit einem Vanilla hat etwas von einem Tanz auf dem Vulkan. Auch wenn er nicht ausbricht bekommt man auf jeden Fall sehr heiße Füße

 

igel: Hat sich „Dein“ BDSM im Laufe der Zeit verändert?

JoyOfSunfire: Ja, schon. Es sieht vielleicht aus als wäre es extremer geworden. Aber eigentlich ist es eher so, dass ich, oder besser wir, weiterforschen und entdecken. Auch das Equipment wird mehr, besser und umfangreicher. Es ist glaube ich schon so das man irgendwie unbewusst einen größeren Kick sucht. Und sowohl BDSM als auch Ponyplay werden sich auch in Zukunft weiterentwickeln. Ich denke genau das ist ein sehr großer und wichtiger Teil des Ganzen.

 

igel: Gab es ein besonderes positives Erlebnis?

JoyOfSunfire: Ich habe im Leben glaube ich oft Bestätigung gesucht für das was ich tue. Als diese Bestätigung mit dem veröffentlichen der ersten Ponyplay-Bilder kam, und ich merkte, dass es Menschen gibt denen das gefällt was ich tue war das schon ein ganz besonderes Ereignis. Zuvor habe ich immer geglaubt es niemandem Recht machen zu können und vielleicht kann ich es auch bis heute nicht. Aber immerhin kann Joy es und hat mit dieser Einstellung viele nette Menschen kennengelernt und vielleicht auch den einen oder anderen glücklich gemacht.

 

igel: Was ist Ponyplay für Dich?

JoyOfSunfire: Das was in mir ist raus zu lassen.

 

igel: Was ist BDSM für Dich?

JoyOfSunfire: Der größte Vertrauensbeweis den ich erbringen kann.igel: Vielen Dank!