Interview mit Mermaid geführt von Talon

Talon: Stell dich der Leserschaft bitte kurz vor.

Mermaid : Jetzt bin ich eine 52 jährige Mama zweier Kinder. Lebe in der Vorstadt in einer Doppelhaushälfte. Mit meiner jüngsten Tochter und zwei jugendlichen Pflegekindern. Mein Sohn studiert schon woanders.

Was ich anfangs gerne sagen möchte: dass ich dieses Interview gebe, weil ich endlich das groteske Image wenigstens etwas zurechtrücken möchte, dass Femdoms haben.

Talon: Wie sieht dein Alltagsleben aus? In groben Zügen, ohne BDSM Bezug.

Mermaid : Ich betüttele gerne kleine süße Tiere und auch Kinder. Bin geschieden und habe einen Lebenspartner. Auch gehe ich einem bürgerlichen Beruf nach und nach allen Abzügen und der Haushypothek bleibt mir noch so eine Art Taschengeld übrig. Dennoch bin ich recht froh und fühle mich privilegiert, denn ich kann Kinder, Tiere und einen Garten haben.

Talon: Seit wann reizt dich BDSM?

Mermaid: Ich glaube, es fing in London an. Mein Vater hatte ein Arbeitsplatzangebot in England bekommen, meine Mutter war begeistert als sie sich den Lohn von Pfund in DM umgerechnet hatte und stimmte zu, für einige Jahre nach England zu ziehen. Kurz vor der Abreise bemerkte sie, dass sie ja kein Englisch konnte und wollte nicht weg. Mein Vater, der da schon den Vertrag unterschrieben hatte, bestand darauf loszufahren. Am Freitag vor der Abreise (Samstag) ließ sich meine Mutter mit etwas Gynäkologischem ins Krankenhaus einweisen. Und so kam es, dass mein Vater mit mir alleine nach London fuhr um seinen Arbeitsplatz anzutreten.

Statt in das vom Institut besorgte Apartment zogen wir erstmal zu einem englischen Kollegen ins Haus in die 2 Kinderzimmer, denn seine “Boys” waren beide im Internat. Die Frau des Arbeitskollegen sorgte für uns zwei mit, und ich kam in einen privaten englischen Kindergarten, von wie Mrs. K. betonte! tadellosem Ruf über Londoner Grenzen Hinaus. Abgesehen davon, dass ich niemanden kannte und die Sprache nicht verstand, war das etwas, das mich fürchterlich erschreckte.

Gerade an einem meiner ersten Tage wurde ein kleiner Junge, welcher „unartig” war mit dem Gesicht zur Wand hingestellt, musste die Hose runterziehen und bekam einige Schläge mit dem Stock auf den Hintern. Ich bekam Angst. Ich verstand die Sprache ja kaum. Was, wenn ich nicht richtig verstehe, was ich machen soll und dann auch geschlagen werde? Ich versuchte sehr aufzupassen, aber die Angst blieb. So etwas kannte ich aus Deutschland nicht.

Den Kindergärtnerinnen muss meine Ängstlichkeit aufgefallen sein, denn sie bestellten meinen Vater nach der Arbeit zu sich, mit mir zusammen ein. Die Leiterin ließ sich von meinem Vater übersetzten, wovor ich Angst hätte. Da erklärte ich halt, dass ich Angst hätte, etwas nicht richtig zu machen, weil ich die Anweisungen nicht verstehe und dann auch geschlagen werde. Das übersetzte mein Vater.

„Oh dear, the Kindergardener laughed, „ The cane is not for you, it‘s for naughty boys only.“ Ach so? dachte ich, nur Jungs???! Na dann…aber etwas misstrauisch blieb ich schon. Ich versuchte schnell alles zu verstehen und war sehr, sehr brav (sicher ist sicher). Tatsächlich wurden fast nur Jungs gehauen. Mädchen eher nicht. Ein sehr zappeliges lebhaftes Mädchen, heute würde man sicher ADHS sagen, wurde mal in einem Nebenraum bestraft, ohne Kindergarten Öffentlichkeit, aber sonst traf es tatsächlich nur Jungs.

Langsam fühlte ich mich sicherer, verstand das meiste und hatte erste Freundinnen. Und was war das für eine wilde Freude zuzusehen, wie so ein Sechsjähriger bald in die Schule gehender Kindergarten Schreck, der mich gerade vorher geärgert und erschrocken hatte nun zitternd mit entblößtem Po vor der Kindergärtnerin stand und diese mit dem Stock dreimal auf den Po haute und der vorher Obercoole nun weinte oder zumindest mit den Tränen kämpfte. Das hat mir gefallen! Ich fühlte mich gut behütet und vor Bullies (Mobbern in Neudeutsch) beschützt.

Falls es jemand wissen möchte, am nächsten 1. erschien auch meine Mutter in London. Mein Vater hatte recht gehabt, sie war nicht krank, sie hatte bloß „Englisch“. Sie fuhr dann aber wieder heim, da das Apartment schon an andere Mieter vergeben worden war. Ich blieb in London bei meinem Vater, denn in Deutschland hatte ich keinen Kindergartenplatz mehr. Es war völlig O.K. für mich, Mrs. K. sah nach mir, wenn mein Vater weg war und brachte und holte mich vom/zum Kindergarten. Wir bekamen Essen bei K.‘s und auch unsere Wäsche machte Mrs. K. mit.

Später warf mir meine Mutter vor, dass ich hätte Weinen müssen und mich hätte an sie klammern sollen, aber das habe ich ja nicht gewusst. Das war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit körperlicher Züchtigung in Berührung kam, wenn es mich auch nicht selbst betraf.

Talon: Gab es einen markanten Auslöser an den du dich erinnern kannst?

Mermaid: Ja zwei Auslöser,

1. Ich blieb also bei K.‘s und besuchte den Kindergarten. Mein Zimmer bei K.’s lag zwischen dem Elternschlafzimmer wo K.‘s schliefen und dem Boy‘s Room in dem mein Vater schlief. Das Haus lag an einer breiten Autostraße und auf der anderen Seite fing gleich der Greenwich Park an mit sehr großen, alten Bäumen. Eines Nachts wachte ich von dem Krachen eines Gewitters auf. Sturm peitsche dicke Regentropfen gegen mein Fenster und Blitze erhellten kurz den Park, ich konnte sehen, wie sich die großen Bäume bogen.

Ich lief zum Fenster um zu sehen, ob eine Gefahr droht. Gerade war ich zum Schluss gekommen, dass die großen Bäume wohl auf die breite Straße fallen können, aber nicht zu K.‘s Haus reichen würden und wollte wieder ins Bett steigen und weiterschlafen, da hörte ich K.‘s Radio spielen. Ich setzte mich im Bett auf, guckte den Gewitterblitzen zu und hörte der Musik zu. Gerade wollte ich wieder einschlafen da hörte ich klatschende Geräusche zwischen der Musik.

Ich kannte das Geräusch aus dem Kindergarten, wenn der Stock nacktes Fleisch trifft, dieses “ganz besondere” Klatschen. Dann kam noch das Stöhnen eines Mannes dazu. Stocksteif saß ich aufrecht im Bett, hörte zu und wusste nicht, was ich tun sollte. Ein Mann wurde geschlagen. Ich muss wohl schließlich doch eingeschlafen sein, denn am nächsten Morgen wurde ich von der hellen Sonne wach, die in mein Zimmer schien. Kein Erwachsener hatte mich geweckt und in den Kindergarten gebracht. Der Sturm war vorbei, nun waren nur noch Pfützen auf den Parkwegen zu sehen und kleinere Äste lagen am Boden herum. Ich lief ins Zimmer meines Vaters, aber er war weg. Die Pantoffeln standen neben seinem Bett, die guten Schuhe fehlten. Er war wohl arbeiten gegangen. Deshalb lief ich in K.‘s Schlafzimmer um zu sehen, ob sie noch da waren. Mrs. K. war schon fertig angezogen und machte gerade die Betten.

„ Oh good morning cutie,“ she said, with that dear and cordial smile, I love so much of her.

She always called me: dear, cutie, darling, sweety and such words…

Da sah ich eine Reitgerte quer über den Frisiertisch liegen und mir fielen wieder die Geräusche in der Nacht ein. Ich hatte Angst zu fragen, aber noch mehr Sorgen machte ich mir um Mr. K., der nicht im Schlafzimmer war und so fragte ich vorsichtig: „Are you angry with Mr. K.?“

Sie sah mir scharf ins Gesicht und fragte: Did you hear something yesterday night?

I said: „Yes, I heard someone being spanked and a man moan and sigh. Did Mr. K. misbehave?“

Nun lächelte sie wieder lieb und herzlich. „Oh No, it was nothing serious, we… were just playing .“ she answered. „ Were you worried about him?“ sagte sie und strahlte mich an. Es schien ihr zu gefallen, dass ich mir Sorgen um ihren Mann machte. „It was just a game, I am not mad with him at all, we were just playing.“ Ah so? Diese großen, erwachsenen Leute spielten heimlich Kindergarten des Nachts, wenn es keiner sah? Da dachte ich, kein Wunder, dass sie es heimlich tun, es muss ja peinlich sein, so groß zu sein und noch „Kindergarten” zu spielen.

Ohne Hast, Verlegenheit oder ein Schuldgefühl zu zeigen, hängte Mrs. K. die Peitsche in den Schrank zurück und ging mit mir in die Küche, damit ich mein Frühstück bekam.

2. Zur Einschulung gingen wir nach Deutschland zurück und ich hatte die Erlebnisse mit K.‘s in der Nacht schon vergessen, obwohl wir hin und wieder nach London fuhren und dann eine Woche wieder bei K‘s wohnten. Mit 12 Jahren, als ich so in die Pubertät kam, strich ich über meine Reitgerte (ich nahm Reitstunden) und fühlte in mir die erste sexuelle Erregung. Ich ging in die Sattelkammer und streichelte über das Leder des Zaumzeugs, die Führungsleinen und Karabinerhaken. Ich überlegte, wie es wäre, wenn jemand gefesselt wäre und ich ihn streicheln würde.

Wir spielten öfters Indianer im Wald. Natürlich wurde auch wer gefangen, gefesselt und „gemartert“, gemartert, das war bei uns ein wenig gekitzelt, gekniffen und leicht mit einem Stock auf den Popo getätschelt. Sagte der Gefangene: „ich will nicht mehr mitspielen!“, wurde er selbstverständlich sofort freigelassen.

Talon: Wie waren deine ersten Schritte ins BDSM?

Mermaid: Mit 13 bin ich vom Indianerspiel irgendwie vom Martern ins BDSM mit Petting geglitten. Damals war ich noch Switcher… ich wurde 16, verliebte mich zum ersten Mal richtig und war damit so beschäftigt, dass ich nur noch Vanilla Sex hatte. Mit 17 1/2 hatte ich dann zum ersten Mal vaginalen Geschlechtsverkehr. Es fühlte sich gleich schön an, aber ich musste erst einmal üben, bis dass ich so auch zum Orgasmus kam. Eine Liebesbeziehung aufzubauen und haben zu lernen hat mich neben der Schule und Job so in Anspruch genommen, dass ich erst mit 19 Jahren wieder zum BDSM zurückkehrte und diesmal auch genau wusste, was ich tat.

Ich war weg von meinen Eltern in einer anderen Stadt mit neuem Freund. Wir probierten viele Vanilla Sachen und dann sagte ich ihm mit süß-unschuldigen Augenaufschlag, dass ich gelesen hätte, dass sexuelle Lust sich durch Schmerz auf Erregung noch steigert. Er war einverstanden mir zu helfen “Lustschmerz” auszuprobieren. Er durfte mir mit meiner Reitgerte ein paar Patscher auf den Po geben und mich auch stimulieren. Er sagte: „Es sieht aus, als ob du es genießt.” Ja, sagte ich, willst du auch mal? Er stimmte zu, wurde gefesselt und halt nach „Domina Art” behauen. Es gefiel ihm immer noch und ab da haben wir es ab und zu gemacht und ich merkte, dass mir der dominante Part besser gefiel.

Mein Freund studierte an einer anderen Uni und während des Semesters war ich alleine. Eine Kommilitonin nahm mich mit ins Kino, wo die Rocky Horror Picture Show lief. Wir hatten uns verkleidet. Ich ging als „Jannet” mit weißem Kostüm und schwarzer Unterwäsche. Nach dem Kino gab der Freund meiner Freundin noch eine Party zu diesem Themen Motto. Er wollte mich erst gar nicht mit zu seiner Party nehmen und befürchtete, es wäre nichts für mich. Doch meine Freundin bestand darauf und kämpfte dafür, dass ich mit durfte. Bei M. zuhause wurde viel getrunken und alle legten ihre Kostüme ab und tanzten wie im Kinofilm in Unterwäsche weiter. Ich habe erstaunt geguckt wie wunderschön Männerbeine in Halterlosen oder Nylonstrümpfen mit Strapsen aussehen können. Ich fühlte mich wohl und habe mit den Jungs in Damenunterwäsche getanzt. Nicht alle Jungs dort interessierten sich für Mädchen. Es gab dort auch viele Queere, transsexuelle und homosexuelle und bisexuelle Menschen. Als am späteren Abend der Alkoholpegel stieg, riß ein Mann einem Anderen das Damen Höschen runter und verhaute ihm kräftig den blanken Po mit einem Gürtel. Peinlicherweise starrte ich mit hungrigen Augen hin. Mir war schon klar, dass die zwei Kerle nicht für mich waren, aber ich konnte meinen Blick nicht abwenden. Zuerst bemerkte es der Verhauene und guckte peinlich berührt zurück. Dann merkte es auch sein Top. Der unterbrach das Spanking, ging auf mich zu, guckte mir in die Augen und legte seine Hände auf meine Schulter und sagte: „Ich bringe dich dahin, wo du hingehörst.”

Er hat Wort gehalten und mich einem kleinen BDSMler Freundeskreis vorgestellt, die zusammen in kleinen privaten Parties in deren Wohnungen spielten. Da bin ich dann mit meinem Freund öfters mal hin und ab da habe ich mich in der Szene bewegt. Allerdings spielten wir in den 80ern eher so, wie auf einer Insel. Austausch mit anderen Leuten war sehr selten. Es gab noch nicht so etwas wie Gentledom und wir hatten auch alle Angst vor Entdeckung.

Talon: Hat sich „dein“ BDSM im Lauf der Zeit verändert? Hast du zwischendurch mal die „Seiten” gewechselt?

Mermaid: Dennoch wechselte ich damals ab und zu auf die Sub Seite, um das Selbstgefühl meines Sklaven zu stärken. Nach dem Motto: „Du bist kein Sub, du bist bloß Switcher.“ *auf die Schulter klopf* damit der Mann sich gut fühlt.

...Bis zum allerletzten Mal, als ich es aufgab…

Wir waren schon jahrelang ein Paar und ich inzwischen Anfang dreißig. Es hatte sich so eingespielt, dass ich immer mehr den dominanten Part einnahm und er den Devoten. Wir wollten in der Küche/Wohnzimmer spielen. Da war im Durchgang so ein schöner Haken an der tagsüber die Kinderschaukel und nachts der Sklave hing. Die Peitsche lag schon auf dem Küchentisch, die Fesseln auch. Er war mürrisch, schlecht gelaunt und unzufrieden. „Ich will nicht immer dein Sklave sein“, sagte er. „Gut, dann schlage ich vor, wir wechseln.“ „Was soll ich tun?“, fragte ich. „Du sollst putzen“, befahl er. Lieb wie ich bin, rannte ich ohne große Lust zu verspüren (Sub sein ist langweilig für mich) die Treppe hoch ins Schlafzimmer. Dort zog ich mich aus, bis auf schwarze Halterlose, Lederpumps und eine durchsichtige Zofenschürze. Dann fing ich an die Treppe runter auf den Knien nass mit einem Aufnehmer abzuwischen. Ich krabbelte rückwärts runter und achtete schön darauf die Beine gespreizt zu halten, damit Mann eine schöne Aussicht genießen konnte. Dann wischte ich den Flur, das Wohnzimmer und es geschah nichts. Es fühlte sich für mich alltäglich und langweilig an, lediglich ein wenig unbequemer als mit Schrubber in Jeans und „Naturkork” Sandalen. Ich guckte mehrmals zur Körpermitte des Mannes, in der Hoffnung, sein Männliches würde größer und ich hätte bald Sex. Das große Männliche blieb aber klein. Das Wohnzimmer war fertig gewischt und die halbe Küche auch schon. Mann tat nichts, das Männliche tat auch nichts. Jetzt wurde ich wütend. Stellte mich auf und schimpfte los: „Du willst dominieren und machst nichts! Schaust einfach zu wie ich den Boden noch mal putze! Das Putzen geht aufrecht mit Jeans und Schrubber einfacher. Ich bin´s jetzt endlich leid!“ Beim letzten Satz nahm ich die Peitsche in die Hand und knallte mit ihr voller Wut auf den Küchentisch. Und Mann bekam eine Erektion...

Ich lachte, zeigte auf die Männlichkeit und sagte:“Dein Schwanz zeigt dir schon, welcher Platz für dich ist! Dreh dich um, lass dich festbinden und Bitte mich um Strafe für deine Unverschämtheit, mich dominieren zu wollen.“ Der Abend endete dann doch noch mit gutem Sex. Aber das war das letzte Mal, dass ich als Sub gespielt habe. Danach nie wieder.

Talon: Welchen Stellenwert hat BDSM für dein Leben und für deine Beziehung? Wie lebst Du BDSM in deiner Beziehung aus?

Mermaid: Ich brauche unbedingt einen Mann, der im Bett devot ist, um glücklich zu sein. Bitte nicht denken, dass so ein Kerl bei mir ständig geschlagen wird, nein! Ich hatte noch nie ein 24/7 Verhältnis und spiele auch nur so einmal im Monat bis jeden zweiten Monat. Ein Spiel braucht Zeit, in der man ungestört ist und auch Planung und Vorbereitung. Auch müssen Schwielen, Hautrötungen und Kratzer, blaue Flecken & Co. abheilen und der Körper des Subs sich erholen. Zwischen den Spielen leben wir so, wie ein ganz normales spießbürgerliches Paar halt. Da geschieht es dann auch schon mal, dass der Mann sich durchsetzt. Auch wenn ich das nicht so mag. Ich habe immer viel mehr Vanilla Sex, als BDSM. Jedoch ist BDSM intensiver und sexuell erregender für mich. Deshalb möchte ich es nicht missen. So, wie die Würze an der Suppe halt. Man wird von ungewürzter Suppe auch satt, aber um wie viel köstlicher schmeckt die Suppe gut gewürzt? Köstlich ist halt ganz viel Suppe mit einem kleinen bisschen Würze. Die Würze beim Sex ist halt für mich das BDSM. Da wir auf Augenhöhe zusammenleben frage ich ganz lieb und artig: „Hast du Lust heute mit mir zu spielen ?“ Fällt die Antwort positiv aus, mache ich mich schön. Ziehe Fetischklamotten oder Reizwäsche an. High Heels, Halterlose, so Zeug hat. Gehe dann meinen Liebsten aus dem Wohnzimmer holen... nun ist er schon brav und gut an mich gewöhnt. Ich brauch dann gar nichts mehr zu sagen. Er zieht sich schon ohne Kommando nackt aus, holt das Halsband und kniet sich vor mich hin. Ich drücke ihn am Hals leicht nach unten und dann darf er meine Schuhe küssen (ich bin ein konservatives Mädchen und old school).

Hat er meine Schuhe mit überzeugender Hingabe und Liebe!!!!! geküsst und mit den Händen gestreichelt, lege ich ihm das Halsband an. Ziehe ihn vorsichtig hoch, bis dass er gerade steht. Er muss dann die Hände hinter dem Rücken verschränken und die Beine leicht spreizen. Ich gehe um ihn herum, gucke und fühle nach, ob er sich gut vorbereitet hat…

Talon: Spielt FLR in Zukunft eine Rolle für dich?

Mermaid: Absolute Kontrolle schaffe ich nicht. Wie eingangs geschildert, habe ich einen bürgerlichen Beruf und viele Kinder (selbst geborene und ausgeliehene), eine pflegebedürftige Mutter, kuschelige Haustiere und ein Haus. Wo bitte soll ich meinen Sklaven da absolut kontrollieren? Mein Leben lässt mir einfach keine Zeit für FLR. Er muss schon freiwillig mitmachen und das soll er auch. Einen Menschen zu zwingen, der eigentlich gar nicht will, stelle ich mir gruselig vor. Das will ich nicht. Ich finde es erregend, wenn sich ein starker kluger und lebenstüchtiger Mann vor mir niederkniet, meine Schuhe küsst und sich aus freien Stücken entscheidet mein Sub zu sein. Im täglichen Zusammenleben entscheidet der, der in dem jeweiligen Gebiet die größeren Kompetenzen hat. Mein Sklave kommt aus einer Handwerkerfamilie, ist pensioniert, stark und rüstig und kann da ganz viele Sachen. Ich habe eine Doppelhaushälfte von 1928 und alles geht jetzt einmal kaputt. Ich wäre ja eine schöne DummDommse wenn ich jetzt darauf bestünde, das Kommando zu führen und ohne jedes handwerkliche Wissen Entscheidungen zu treffen. Stattdessen sag ich ihm, wie ich möchte, dass es nachher aussieht und mein Sklave zeigt mir den Weg, leitet die Renovierung, sagt mir, ob meine Idee realistisch ist und ob ich mir das, was ich will auch leisten kann. Oder ob etwas anderes günstiger ist. Wenn er im Haus etwas für mich macht, hört diese Femdom „brav” auf das Kommando ihres Sklaven, saust herum und reicht Werkzeug an, wie ihr befohlen. Und ich bin stolz, dass so ein kluger und lebenstüchtiger Sklave sich mir unterworfen hat. Als verantwortungsvolle Femdom, koche ich ihm gutes und gesundes Essen. Und nachts, ja nachts geht es dann bei uns manchmal anders als bei den meisten Leuten zu … sagt Sie und grinst …

Talon: Gab es eine ganz besonders intensive, lustige, oder auch nur ungewöhnliche Situation in deinem Leben, die einen BDSM-Kontext hatte?

Mermaid: Ja reichlich Situationen! Einen lustigen Streich, über den ich auch hätte lachen können, hat mir deshalb noch kein Male Sub gespielt. Hätte ja auch keinen Sinn, da Femdoms bekanntlich nur lachen, wenn die Male Subs vor Schmerzen schreien. Allerdings musste ich schon lästige Lausbubenstreiche von Male Subs ertragen, die auf einen Nachschlag englischer Erziehung hofften. Unverhofft kann es aber verdammt lustig werden: Male Sub war nackig ausgezogen, Halsband mit Leine, ich hielt die Leine in der Hand. Zwischen uns ein Doppelbett. Ich ziehe vorsichtig an der Leine (Halswirbelknochen!!!) und Sub kommt auf allen Vieren über das Bett auf mich zu gekrabbelt. Dabei guckt er zu mir auf, mit großen braunen Augen wie ein Beagle (echter Hund). Sieht mir in die Augen. Ich bekomme den unwiderstehlichen Drang ihn zu knuddeln und zu streicheln wie einen Hund. Erst musste er lachen dann ich, wir mussten die Session abbrechen. Keine Chance. Es ging nicht mehr, ich konnte ihn nicht mehr schlagen. Nix mehr ging! Wir hatten an dem Abend doch noch Sex, aber nur Vanilla. Die Session abgebrochen, mit seinem treuen Hundeblick hat er mich völlig lahmgelegt.

UN-lustiges: Male Sub bringt seiner Femdom eine schöne große Winkelspinne zur Englischen Erziehung mit. Nun hat diese Femdom hier überhaupt keine Angst vor Spinnen. NEIN! Mit einem Aufschrei fing ich die Spinne mit der Hand und trug sie eigenhändig zur Gartenhecke. Die Extraschläge hat Sub dennoch erhalten! Ich, Femdom, bin im Tierschutz und dieser Nichtsnutz hat die arme Spinne unnötig gestresst! Die Folge: Schläge härter als erhofft.

Böses: Ich war 23, Single, wir hatten uns auf einer privaten BDSM Party getroffen, fanden uns sympathisch, hatten gleich einen Draht zueinander und ich hatte auch Schmetterlinge im Bauch. Er machte den Eindruck, als fände er mich auch sehr sympathisch. Erst unterhielten wir uns, dann spielten wir zusammen. Es war sehr schön und das Spiel lief auch recht flüssig, was selten ist bei unbekanntem Partner. Im Morgengrauen nach der Partie ging ich ins Schlafzimmer der Gastgeber, um mich wieder umzuziehen. Also die Szene: Klamotten aus und helle Jeans, weiße Turnschuhe und rosa weiß geringeltes T Shirt an. Hochgesteckte Haare runter. Er kam mir ins Schlafzimmer nach und fragte mich: Wo kann ich dich wiederfinden? Ich war gerade dabei, ihm meine Telefonnummer zu geben, da setze er nach: „In welchem Studio arbeitest du?“ Ich entsetzt! „in keinem, ich studiere!“ Er: „Ich meine, wo du dir etwas dazu verdienst?” Ich: „An der Philosophischen Fakultät als Tutor“ (Nachhilfe für Studenten der unteren Semester) Er: „Du arbeitest nicht in einem Bordell?” Ich entsetzt: „Nein!” Er: „Was machst du denn dann hier?” Ich: „Das Gleiche wie du, ich lebe meine Neigung hier aus.” Er entsetzt: „Du bist hier, weil es dir Spaß macht?” Ich : „Ja…” und griff meine Tasche, mit Tränen in den Augen bin ich aus der Wohnung rausgerannt. Die Gastgeber hatten bemerkt, dass was nicht stimme und mich angerufen. Ich wollte nicht darüber reden und den Kerl auch nicht wiedersehen. Er wurde dann auch nicht mehr eingeladen. Alle haben gerätselt, was er mir Perverses im Schlafzimmer antun wollte, das mich so aus der Fassung gebracht hat. Er hat dann noch versucht mich an der Uni zu treffen und zu reden, aber es ist dann nichts mehr aus uns geworden. Da der junge Mann mich als Femdom kennengelernt hatte, konnte er sich nicht mehr eine Liebesbeziehung als Freund/ Freundin vorstellen. Ich bin überhaupt nicht kaltherzig, habe Gefühle und bin gerne in einer monogamen Zweierbeziehung.

Talon: Das muss sehr hart gewesen sein... wie hast du es überwunden? Hat dir deine BDSM Clique helfen können?

Mermaid: Ich habe etwas gemacht, was ein konservatives Mädchen eigentlich nicht tut. Ich habe Subs gecastet. Das heißt ich habe nette, sympathische junge Männer, die mir Schmetterlinge im Bauch machten durchprobiert, bis dass ich einen Devoten hatte. Nein, die BDSMLer konnten mir nicht helfen. Ich wollte einen Freund. Später einen Ehemann und Vater für zukünftige gemeinsame Kinder finden. Hat mich ein Mann innerhalb der Szene kennengelernt, hatte er gleich die seltsamsten Vorurteile über mich im Kopf.

Sie sahen mich als alles Mögliche an! (siehe oben) aber nicht als Lebenspartnerin oder zukünftige Mutter gemeinsamer Kinder. Also habe ich nette Jungs, die ich im Alltagsleben kennenlernte, auf Geburtstagsfeiern, große Brüder von Freundinnen, Freunde von anderen Jungs etc., wenn sie mir Schmetterlinge im Bauch machten, ins Bett genommen. Nach einigen Vanilla Nächten, wenn sie vertrauter mit mir waren, habe ich ganz beiläufig gesagt, dass ich gelesen hätte, dass ein kleiner Schmerz auf eine vorhandene sexuelle Erregung gegeben, die schon vorhandene sexuelle Erregung noch verstärken würde. Dann bat ich sie, mir zu helfen das auszuprobieren. Sprachen sie darauf an, hatte ich meinen neuen festen Freund …

Talon: Welche Erfahrungen hast du bei der Partnersuche gemacht?

Mermaid: In meiner Jugend war es unmöglich, einen Anderen einfach so auf BDSM hin anzusprechen. Die schwarze Art der Liebe und Lust galt als pervers und krank. Hätte ich offen zugegeben, dass ich in Freundeskreisen als Femdom unterwegs war, hätte ich keine bürgerliche Ehe mehr eingehen können. Und das, obwohl ich niemals Geld oder Gefallen angenommen habe und keine Kontakte zum Rotlicht hatte. Meine Eltern hätten mich zum Nervenarzt geschleppt, wenn sie gewusst hätten, was ich ab und zu machte. Heute denke ich, dass es mit BDSM so ähnlich ist, wie mit Selbstbefriedigung um 1900. Fast alle machen es heimlich, aber niemand gibt zu, es zu tun. Es können ja nicht immer dieselben drei Perversen sein, die das große A im Internet und all die Sex Shops leer kaufen. Da müssen sich ja Massen von Menschen mit BDSM Zeugs eindecken.

Talon: Was ist dir an deinem Partner am wichtigsten?

Mermaid: Erst einmal ist mir wichtig, dass mein Partner diese Spiele auch ersehnt. Er soll treu, lieb und zuverlässig sein, fürsorglich und Humor kann auch gerne dabei sein und schön devot bitte ;-)

Ich will ihn auch achten und lieben und werde ihn wegen seiner Devotion weder verachten noch Ausnutzen, was leider oft passiert, sondern wertschätzen. Lebenstüchtigkeit und Wendigkeit werden gern gesehen.

Talon: Wie sieht beispielhaft ein Spiel mit dir aus?

Mermaid: Dann mag ich am liebsten eine Mischung aus Demütigung und Lustschmerz. Das hab ich schon, wenn der Mann auf mein Kommando die Hose runterzieht, sein Hinterteil entblößt und mich um Züchtigung bitten muss. Da hast du DS und SM schön verschmolzen. Real geschieht sehr wenig, Mann entblößt Hinterteil und wird nur leicht verhauen. Im Kopf entsteht aber durch das Zusammenwirken von DS (bitten um Züchtigung) und die Schläge auf den Po sehr viel Gefühl mit Emotion verbunden. So können an sich kleine, einfache Spielweisen in Kombination DS/SM eine wirklich große Wirkung entfalten. Ich mag Geschlechtsverkehr mit meinem Liebsten, kann aber gar nicht leiden, wenn er vor mir kommt. Dann hat er kein Interesse mehr am Sex und will schlafen und ich stehe angeheizt und frustriert da. Also hab ich ihm die Regel gemacht, dass er mich befriedigen soll, auf mein Kommando, aber erst kommen darf, wenn ich es ihm erlaube. Sonst gibt es fünf Hiebe nach seinem Orgasmus und das ist dann ohne Lustschmerz. Da er gerne benutzt wird, mache ich etwas, von dem ich weiß, dass es den Mann sexuell erregt. Dann ein bisschen seinen Po gehauen und ihm schließlich befohlen sich auf den Rücken zu legen. Ich habe mich auf ihn drauf gesetzt den Penis in meiner Scheide. Bin rauf und runter, bis dass ich leicht kam. Nun war Mann schon sehr angespannt, aber er hielt durch. Dann habe ich mich leicht zurückgelehnt, immer noch mit dem Penis in der Scheide und selbst den Kitzler stimuliert, bis dass ich wieder, diesmal heftiger zum Orgasmus kam. Mann war schon ganz angespannt, schaut mit tellergroßen Augen fasziniert zu, was ich da mit mir mache. Hält aber weiter durch. Ich rutsche auf ihm vor und zurück und reibe dabei den Kitzler an seinem Schambein, jetzt leicht nach vorn gelehnt, verschaffe ich mir wieder einen Orgasmus, nun mit Stimulation am Kitzler (am Schambein von Sub) und vaginal durch den immer noch steifen Penis von Sub in der Vagina. Der atmet kaum vor Anspannung, hält aber immer noch durch. Jetzt ist es für mich genug, die Scheide wird langsam wieder trocken. Ich steh auf, setz mich auf den Hocker im Schlafzimmer und sage: „Komm, ich will deinen Samen trinken.“ Der zögert, kommt aber doch und legt seinen Penis brav in meinen Mund. Zur Belohnung fürs Durchhalten, hat er dann einen Blowjob bekommen (devot verpackt). Das Spiel und die Regel finden wir beide erregend. Und ich hab die Möglichkeit, dass er den Geschlechtsverkehr genau so macht, wie ich es mag.

Talon: Jetzt ist mir Grad ein kleiner Kobold auf die Schulter gesprungen: Ob sich dein (wirklich) sehr geschätzter Sub auf ein „Verhör“ (Interview) einlassen würde? Wenn du ihn ganz freundlich fragst... wäre ja quasi anonym?

Mermaid: Die Chancen stehen eher schlecht. Weißt du, er ist gar kein BDSMLer, er lässt sich gerne fesseln, demütigen, liebt Wachs auf der Männlichkeit… aber ... ist kein BDSM ler, hat nichts mit uns zu tun und will in keinen BDSM Verein (so nennt er Gentledom) eintreten. Deshalb ist er auch nicht im Forum. Haben wir da ein kleines Selbst und Akzeptanzproblem? Manchmal denk ich: Femdoms sind seltener als Einhörner zu treffen und Male Subs, die du nachts häufig findest, lösen sich im Morgennebel auf… am Morgen danach, wenn ihre Sehnsüchte befriedigt sind, verwandeln sie sich in naturdominante Alphamänner.

Talon: Hast du mit deiner Neigung gehadert? Hattest Du Schamgefühle? Wenn ja, warum und wie bist du damit umgegangen?

Mermaid: Nein, ich habe nie und zu keiner Zeit mit meiner Neigung gehadert. Für mich fühlt sich das natürlich an und lieb. Schau mal, wenn ich meinem Partner Lustschmerz gebe und er stöhnt und windet sich, so dass er selbst nicht mehr weiß, ob er jetzt gerade vor Lust oder Schmerz stöhnt... wenn ich mit Schmerzen seine sexuelle Erregung verstärke dann tue ich ihm etwas Gutes an. Wenn mir ein 64 jähriger Mann nach dem Spiel und Orgasmus sagt, das wäre der „geilste„ Sex gewesen, den er je im Leben hatte…wieso sollte ich jetzt Schuldgefühle haben? Ich hatte lediglich viele, viele Jahre lang sehr große Angst vor Entdeckung und Zwangsouting (jetzt nicht mehr, die Angst ist weg).

Talon: Was ist Dir als Femdom wichtig zu erzählen, wenn Femdom Anfängerinnen dich fragen?

Mermaid: Lasst euch nicht einschüchtern von „alten Hasen”, die euch weismachen wollen, euer BDSM wäre nicht richtig, nicht echt und nicht authentisch, zu lasch und eigentlich noch Vanilla... außerdem ist jemand, der noch nicht hundert Jahre in der Szene bekannt ist, kein echter BDSMler… das ist alles Quatsch! Zieht euer Ding selbstbewusst durch und lasst euch nicht kleinmachen. Lasst euch von den Laberheinis nicht kleinreden. Entwickelt euren eigenen Stil. Jede Femdom spielt etwas anders. Jede hat ihren Stil, entsprechend ihrer Persönlichkeit und ihrer sexuellen Vorlieben. Lasst euch keine Vorschriften machen und nicht einengen (Safe, Sane and Consensual mal ausgenommen) Seid laut und meldet euch.

Talon: Ein paar Zeilen zu deiner Lieblingslocation?

Mermaid: Ich war noch nie in einer Location, habe immer nur privat gespielt, würde aber gerne mal welche anschauen.

Talon: Wo siehst du Dich in 10 Jahren?

Mermaid: Warte mal... in 10 Jahren bin ich 62. Also noch nicht alt und gebrechlich. Da ich bis jetzt zwar älter, aber nicht braver geworden bin, werde ich wohl, wenn ich nicht gerade mit den Enkeln im Zoo bin, weiter den Sub meines Herzens vermöbeln.

Talon: Vielen Dank für deine Zeit und die Offenheit beim Beantworten meiner Fragen, es war mir ein besonderes Vergnügen.