Interview mit Queenofpassion, geführt von Talon

Talon: Vielen Dank, dass wir Dich für unsere Seite ein bisschen ausfragen dürfen. Wer bist Du? Stell dich unseren Lesern bitte vor.

Queenofpassion: Guten Tag, mein Name ist Queenofpassion und Leidenschaft ist meine Leidenschaft! Und zwar auch die, die Leiden schafft.

Ich bin sinnlich, zeitweise temperamentvoll, emotional, Harmonie liebend, offen und vor allem immer ehrlich.
Geboren 1979 in Stuttgart und dann mit diversen Umwegen über Heidelberg, Sri Lanka, Irland und UK wieder im Schwabenland gelandet. Ich liebe das Reisen, auch wenn es mit Kindern nun nicht mehr ganz so einfach umzusetzen ist. Meine Zeit verbringe ich gerne in der Natur… Wasser, Bäume und Sonnenuntergänge faszinieren mich immer wieder.

Talon: Wie sieht dein Alltagsleben aus? Also abseits von BDSM?

Queenofpassion: Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder unter 10, die mich eigentlich ausreichend auf Trab halten, mit meinem Mann führe ich eine für beide Seiten offene Beziehung. Vor den Kids habe ich in der Werbung gearbeitet, aktuell arbeite ich Teilzeit in einem Konzern.

Talon: Wie bist du mit deinem Mann zusammengekommen? Wie habt ihr eure Ehe geöffnet? Oder habt ihr eure Beziehung schon immer offen geführt?

Queenofpassion: Meinen Mann habe ich ganz klassisch (lach) im Internet getroffen. Wir haben zwei Stunden getextet und uns dann direkt verabredet… ich betone gerne, dass wir uns damit zwar im Internet getroffen, aber doch persönlich kennengelernt haben.

Nein, die ersten Jahre haben wir eine monogame Ehe geführt, geöffnet haben wir die Beziehung erst vor rund 2 Jahren. Beide hatten schon länger das Interesse, gedauert hat es dann noch eine Weile. Zuerst hat mein Mann sich mit einem Paar getroffen und eine ganze Weile später hat sich für mich – eher per Zufall – eine wundervolle Begegnung ergeben. Wir haben das beide sehr genossen und von Anfang an über alles gesprochen, viel gesprochen. Das ist auch heute noch unser Geheimrezept: wir reden oft und viel und eigentlich über alles. Klar würde ich meinem Mann niemals intime Details von einer Session oder ähnlichem erzählen... aber wir sprechen viel und oft darüber, wie es uns in den verschiedenen Situationen geht. Wie wir uns fühlen, wie wir uns mit anderen fühlen. Uns verbindet großes, tiefes Vertrauen. Und eine Basis dafür ist unser offener Umgang und dass es keine Geheimnisse gibt.

Talon: Seit wann reizt dich BDSM?

Queenofpassion: Also um ehrlich zu sein…. Da war schon lange dieses… „Gefühl“. Weniger als ein Kitzeln, aber mehr als ein Nichts. Wann genau das angefangen hat, kann ich gar nicht genau beschreiben – irgendwann innerhalb der letzten 10 Jahre. Plötzlich war es da… und es war überraschend anders als meine „klassische“ Vorstellung zum Thema.

Und je intensiver ich mich damit befasst habe, desto mehr stellte ich fest, dass „Elemente“ aus dem BDSM schon lange Einzug im Schlafzimmer gehalten hatten – ohne dass ich es dem zugeordnet hätte.

Talon: Gab es einen markanten Auslöser, an den du dich erinnern kannst?

Queenofpassion: Ja, den gibt es tatsächlich.

Mein Mann und ich sind seit vielen Jahren im Joyclub aktiv – als Paar und auch alleine. Es kam nicht all zu oft vor, aber wenn ich mal Muße hatte mich durch die Profile in der Umgebung zu lesen, ist mir aufgefallen, dass vieles einfach Einheitsbrei ist und mich wenig interessiert hat – bis ich dann und wann auf das Profil eines devoten Mannes stieß. Die haben mich immer gefesselt. Und eines Tages gab es ein Profil… das hat mich gar nicht mehr losgelassen. Ich hab es immer wieder gelesen, über Tage und Wochen. Der Mensch ist mir unter die Haut gegangen, ohne dass wir je ein Wort miteinander gewechselt haben.
Ich fing an mich zu fragen, was das bedeutet. Was das für mich bedeutet. Ich ließ den Gedanken zu, dass ICH vielleicht die (Achtung, Klischee) „starke Frau“ sein könnte, die er sucht. Frei nach dem Motto… was wäre wenn?
Ich fing an mich zu belesen, und so bin ich auch hier gelandet. Und ich muss gestehen, das Forum und mein erster Stammtisch haben mir einen großen Push gegeben. Dort wurde ich so angenommen, wie ich bin. Es wurde einfach… akzeptiert. Keiner fand es komisch – wie ich selbst noch zuvor. Es war für die anderen – und so wurde es auch für mich – zur Selbstverständlichkeit.
Und trotzdem… fühlt es sich an wie eine Reise. Eine wundervolle Reise auf der es beständig Neues zu entdecken gibt. Manchmal lohnt es sich, innezuhalten und zu verweilen, manchmal lieber den Schritt beschleunigen und fix weiter.

Talon: Wie waren Deine ersten Schritte ins BDSM?

Queenofpassion: Da muss ich etwas unterscheiden…

Die allerersten Schritte waren einfach sexueller Natur. Mein Paddle besitze ich schon ziemlich lange und meine Spielzeugkiste wurde immer umfangreicher mit der Zeit. Zu Beginn hatte das noch etwas von experimentieren… aber je mehr auch mein Mann Gefallen daran fand, desto intensiver haben wir das eingebunden. War es damals noch ab und an Teil unseres Liebesspiels, hat es jetzt schon eher den Charakter einer Session. Auch der Umgang untereinander hat sich etwas verändert.

Warum nun aber unterscheiden?
Eigentlich ganz einfach… mit meinem Mann hat das Ganze einen rein sexuellen Aspekt. Im Alltag und innerhalb der Familie begegnen wir uns – von kleinen Seitenhieben abgesehen – auf Augenhöhe, schon allein wegen der Kinder. Was passiert, passiert hinter geschlossener Tür, meist lange nachdem die Sonne untergegangen ist.
Das ist unglaublich toll und ich bin sehr dankbar, dass mein Mann seine eher devote Neigung entdeckt hat. Aber es befriedigt nicht all meine Bedürfnisse.
Und so habe ich die Augen nach einem Sub offengehalten. Und ihn vor einigen Wochen auch gefunden.

Talon: Hat sich „dein“ BDSM im Lauf der Zeit verändert?

Queenofpassion: Ja, das hat es. Ich glaube das haben die Antworten auf die letzten Fragen schon gezeigt.

Irgendwie glaube ich, dass sich jedermanns BDSM im Laufe der Zeit ändert. Man fängt an, man lernt dazu, man lernt neue Leute kennen, ggf. wechselt der/die Partner/in. Ist Stillstand nicht auch in dem Bereich irgendwann langweilig?
Ich denke es wird eine Zeit kommen, da ist man angekommen. Bei sich, in sich… im Thema. Man kennt seine Vorlieben und im Idealfall die seines Partners, man genießt die Zeit. Es geht weniger ums experimentieren und ausprobieren, dafür mehr um das Miteinander, das Ergebnis.
Auf die Zeit freue ich mich… vor allem auf die innere Ruhe die sie meiner Vorstellung nach mit sich bringt. Aber im Moment genieße ich noch jeden einzelnen Schritt... jede neue Erfahrung.

Talon: Welchen Stellenwert hat BDSM für dein Leben und für deine Beziehung?

Queenofpassion: Es ist Teil meines Lebens. Mal mehr und mal weniger präsent, aber immer da.

Da ich mit meinem Mann und den Kindern lebe, bestimmt ein „ganz normaler“ Alltag unsere Tage.
Dennoch ist die Verbundenheit mit meinem Sub etwas, das mich immer begleitet – und ihn auch.

Talon: Spielt FLR in Zukunft eine Rolle für dich?

Queenofpassion: Nein, im Moment nicht. Wobei das den Umständen geschuldet ist und nicht der Neugierde.

Mit meinem Mann ist es nicht vorstellbar, das wollen wir beide nicht und so tief ist sein Wunsch nach Führung auch nicht. Mit meinem Sub ist es schlicht schwierig, da wir ja beide verheiratet sind und nicht die Art von „Relationship“ führen, die es meines Erachtens dafür braucht.
BDSM soll sich gut anfühlen, soll aus dem Bauch kommen, nicht aus dem Kopf. Sonst wirkt es schnell erzwungen… und das macht beiden Seiten keine Freude mehr.

Talon: Gab es eine ganz besonders intensive, lustige, oder auch nur ungewöhnliche Situation in deinem Leben, die einen BDSM-Kontext hatte?

Queenofpassion: Lustig oder ungewöhnlich… da muss ich passen. Aber intensiv… nun, wir sind in einem BDSM Forum. Ich bin sicher, jeder hier kennt den Zauber des ersten Mals. Die erste Begegnung, die erste Session, das erste Mal das Halsband anlegen, das erste „Herrin“ aus seinem Mund… all diese inzwischen normalen Dinge. Ich weiß noch, wie sehr mich das zu Beginn geflasht hat. Ich denke immer noch gerne daran – das waren ganz besondere Momente.

Talon: Welche Erfahrungen hast du bei der Partnersuche gemacht?

Queenofpassion: Ich habe mich online umgesehen. Wer sich in der Online Dating Welt, egal ob im BDSM Kontext oder nicht, bewegt, kennt die Muster. Irgendwie ist es immer wieder dasselbe… Tastenerotiker, Neugierige, Psychos (Verzeihung, aber manche Menschen haben wirklich seltsame Vorstellungen!). Ich hatte bzw. habe sehr konkrete Vorstellungen bzw. Anforderungen an einen Sub. Ich bin wählerisch. Und ich folge meinem Gefühl.

Zustande kamen 1-2 interessantere Kontakte… den ganzen Rest kann man – gelinge gesagt – in der Pfeife rauchen.
Warum hat es dann doch noch geklappt? Ich habe den Rat einer Freundin aus dem Forum befolgt und ein einziges Mal jemanden selbst angeschrieben. Was soll ich sagen? – das sollte so sein.

Talon: Was ist dir an deinem Partner am wichtigsten?

Queenofpassion: Zuverlässigkeit. Nähe. Vertrauen.

Das sind für mich die Grundpfeiler, um die Intensität und Leidenschaft aufzubauen, die mir wichtig ist. Das muss er zulassen können. Ich möchte, dass er sich fallen lassen kann. Dass er er selbst sein und (auf)leben kann - so wie ich auch.

Talon: Wie sieht beispielhaft ein Spiel mit dir aus?

Queenofpassion: Ich gestehe, ich wollte diese Fragen auslassen. Weil es mir einfach nicht gelang in Worte zu fassen, was mir bei einem Zusammentreffen wichtig ist. Was mich antreibt, was das „Spiel“ ausmacht.

Als ich die Antwort dann formuliert hatte, habe ich sie einer Freundin gezeigt. Einer wundervollen, ergebenen Sklavin eines ganz besonderen Herrn. Sie kennt mich gut und hat mein Dilemma sofort erkannt. Sie bat mich darum, mich beschreiben zu dürfen und ich muss gestehen… sie hat geschafft, was mir nicht gelang, und die Worte gefunden, die mich ausmachen:
„Eine Zusammenkunft mit ihr ist wie eine leise Musik, die immer lauter wird. Die empathischen Fähigkeiten verhelfen ihr dazu unausgesprochene Wünsche zu fühlen. Ihre Ausstrahlung wirkt wie Magie, ohne zu bedrängen, trotzdem bestimmt zu fordern. In ihr schwingt trotz allem ein starker Sinn von Rücksichtnahme und liebevoller Zuwendung. Die Worte haben Gewicht, der Kontext ist ernst gemeint und hat trotzdem die nötige Leichtigkeit sich fallen zu lassen.“
Hat sie das nicht wundervoll beschrieben? Ich danke dir, meine Liebe.
Ganz allgemein muss ich sagen, ich persönlich mag die Bezeichnung „Spiel“ nicht. Sie nimmt der Sache irgendwie die Ernsthaftigkeit. Sie setzt das was es ist irgendwie herab. Denn es ist sehr viel mehr als ein Spiel… es ist – zeitweise oder dauerhaft – Ernst. So richtig ernst. Und so sollte es auch betrachtet und beschrieben werden. Ein Spiel hat immer einen fest definierten Anfang und ein fixes Ende… meist gewinnt nur einer. Nein, ich mag das Wort nicht.

Talon: Hast du mit deiner Neigung gehadert? Hattest du Schamgefühle? Wenn ja, warum und wie bist du damit umgegangen?

Queenofpassion: BDSM hat mich schon lange fasziniert und ich kam mir vor, wie ein Kind vor dem Schaufenster eines Spielwarenladen - kurz vor Weihnachten. Aber ich hatte immer das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Der Mann ist dominant, die Frau kniet ihm zu Füßen - so geht BDSM. Zumindest in vielen Köpfen - dachte ich.

Es hat mich aber nie danach verlangt, vor jemandem zu knien oder gar aufzuschauen. Undenkbar. Vielmehr genoss ich zunehmend den Gedanken, dass ein Mann vor mir kniet... und zu mir aufschaut. Das ging schon sehr lange Zeit so. Immer wieder gab es Trigger, Momente, in denen mich irgendwas gereizt hat... aber ich hab´s versucht zu ignorieren.
Wie es dann dazu kam, habe ich oben bereits beschrieben. Geschämt habe ich mich eigentlich nie, im Gegenteil… jetzt wo ich offen dazu stehe, bin ich sehr stolz darauf. Es ist erstaunlich, wie viele anerzogene Rollenbilder man überwinden muss, um zu sich selbst zu finden.

Talon: Was ist dir als Femdom wichtig zu erzählen, wenn Femdom Anfängerinnen dich fragen?

Queenofpassion: Das kommt natürlich ganz darauf, was sie mich fragen. Und wie ihre Femdom – Malesub Beziehung gestrickt ist.

Ein paar allgemeine Dinge sind vielleicht… vergiss dich selbst über deine Rolle nicht. Es ist alles neu und toll und spannend, aufregend. Man hat auf einmal eine gewisse „Macht“ und nicht selten reizt es, diese auszukosten. Aber das ist nicht alles, worum es geht. Versetzt euch in die Rolle des Sub. Bei euren Wünschen überlegt, was für ihn wirklich machbar ist und führt ihn langsam dahin – sonst verliert man sich in Machtspielchen, die für beide Seiten wenig befriedigend sind.
Und… lasst euch Zeit. Bei der Wahl eurer Sklaven. Beim Kennenlernen. Beim Erstellen der Regeln. Ihr habt den Rest eures Lebens, um an eurer (wie auch immer gearteten Beziehung) zu feilen. Genießt die ersten Schritte… in aller Ruhe.

Talon: Ein paar Zeilen zu deiner Lieblings Location?

Queenofpassion: Ich gestehe, die gibt es (noch?) nicht. Aber generell könnte ich sagen… lieber privat als öffentlich. Lieber vertraut als anonym.

Talon: Wo siehst du dich in 10 Jahren?

Queenofpassion: Auf dem eisernen Thron, wo sonst? ;-)

Talon: Vielen Dank für deine Zeit und die Offenheit beim Beantworten meiner Fragen.