Die Stalkerin - Teil 1. (Fortsetzungsgeschichte), 24.09.2008

„Gabi Loky – wo ist dein berühmtberüchtigter Gott des Wahnsinns, der dich sonst so wahnsinnig geile Skulpturen erschaffen lässt?“

Ihr Manager Hans war verzweifelt. Er war genauso verzweifelt wie sie, denn ihre Skulpturen waren schlecht und schlechte Skulpturen verkauften sich schlecht. Wenn er schlecht verkaufte, verdiente sie nicht genug und dann verdiente ihr Manager ebenfalls nicht genug und dann ging es ihnen beiden schlecht.

Es war ein Teufelskreis. Und Loky, der Gott des Wahnsinns, der nicht ohne Sinn sein Unwesen in ihrem Nachnamen trieb und deshalb gerne in ihr tobte und sie normalerweise immer inspirierte, der schlief einfach den Schlaf des Ungerechten.
„Loky liegt gelangweilt in der Ecke und pennt!“
„Aber das darf er nicht! Weck ihn gefälligst auf, er ist schließlich deine Inspiration!

Gabi seufzte, das sah sie ja genauso, aber er schlief trotzdem.
„Der Inspirator scheint selbst die Inspiration nötig zu haben.“ Ihr Manager fasste sie bei den Schultern und schüttelte sie.
„Dann verschaff sie ihm verdammt noch mal! Das ist deine heilige Pflicht!“ Sie lächelte ihn müde an.
„Nur zu gerne. Sag mir wie und ich mache es sofort.“

Hans war verzweifelt. Gabi war sonst sein bestes Pferd im Stall, ihre Skulpturen ließen sich immer gut verkaufen und sie konnten beide ganz passabel davon leben. Er hielt ihr das Management vom Hals, damit sie ihre irre Künstlerseele ausleben konnte, während er ganz und gar in seinem Management aufging, weil er zutiefst von ihr und der Aussagekraft ihrer Kunst überzeugt war.
Außerdem war ihnen beiden viel an der Förderung anderer Künstler gelegen und so finanzierten sie gemeinsam junge, aber noch unbekannte, aber nichts desto trotz aufsteigende Sternchen am Künstlerhimmel. Da der Umsatz rückläufig war, lag die Förderung brach und das brach beiden fast ihr kunstliebendes Herz.

„Weißt du eigentlich, wann das alles angefangen hat? Deine kreative Talfahrt?“
Gabi schüttelte den Kopf, sie wusste nicht, wann das angefangen hatte, sie wusste nur, dass es schon zu lange dauerte.
„Seit deiner Trennung von Victor. Victor Primo war einfach prima für dich. Du hast gesagt, er vögelt dich wie ein junger Gott! Und weißt du was, wenn es das ist, was du brauchst, dann solltest du dir mal wieder einen ordentlichen Mann suchen. Einen, der es dir so richtig besorgt und deinen Loky wach vögelt, damit die Inspiration endlich wieder fließt!“
Gabi lächelte immer noch müde. Ihr primo Victor war zu Anfang tatsächlich ein kreativ vögelnder Gott. Aber nach ungefähr einem Jahr war sein Repertoire erschöpft und begann, sie zu langweilen. Also hatte sich ihr Loky schon da hingelegt und war eingeschlafen, da hatte es eigentlich schon angefangen. Langeweile war tödlich für ihre Inspiration und deshalb hatte sie Victor Primo auf Nimmerwiedersehen verabschiedet.

„Weißt du, es laufen nicht besonders viele Primos frei herum. Die wirklichen Weltmeister im Ficken und Vögeln sind vergeben, das weißt du doch selbst am besten. Wenn du nicht so durch und durch schwul wärst, würde ich sagen, lass es uns miteinander treiben, aber selbst von dir krieg ich ja `nen Korb.“
Jetzt lächelte Hans genauso müde. Er hatte sich aus ähnlichen Gründen von seinem Ex getrennt und lief seitdem genauso unbefriedigt durchs Leben, wie sie.
„Weißt du, wenn wir beide schon eine zölibatäre Phase überstehen müssen, dann sollten wir uns wenigstens den übrigen schönen Dingen des Lebens widmen und mal wieder tanzen gehen. Tanzen, saufen und die Lunge teeren, was hältst du davon - abgemacht?“
„Abgemacht!“

Am Abend warf Hans sich in sein schrillstes Sakko, würgte sich mit seiner geblümtesten Krawatte und sprühte sich mit seinem allerfeinsten Nuttendiesel ein.
„Dann kannst du dir auch gleich ein Schild um den Hals hängen. FICKEN?“ Er musterte sie abschätzend von oben bis unten.
„Und du kannst auch gleich `ne Nonnenkutte tragen, wenn du dir von vornherein alle Chancen auf ein nettes Nümmerchen kaputt machen willst. Die Zeiten, in denen das kleine Schwarze als Aufreißer funktionierte, die sind ja wohl vorbei!“

Sie lachten beide über ihre derbe, aber ehrliche Kritik und hakten sich beieinander ein, um zum Thai zu laufen. Unterwegs kamen sie an einer Baustelle vorbei, an der noch gearbeitet wurde. Gabi und Hans warfen sich vielsagende Blicke zu.
Da schleppte ein Traum von einem schwarzen Mannsbild Steine hin und her. Er trug eine abgeschnittene Jeans und einen Schutzhelm, sonst nichts, ach doch, Schuhe, aber die waren nicht der Grund für ihre Blicke.

Gabi seufzte sehnsüchtig.
„Hach, diese ursprüngliche Männlichkeit ist immer wieder anturnend, findest du nicht?“
„Bauarbeiterschweiß ist geil. Malocher sind auch geil und weil sie so viel malochen, haben die so schöne Muskeln und so ein herrliches Six-Pack!“ Gabi lachte sich kugelig.
„Ja, einen echten Waschbrettbauch, nicht so ein Six-Pack, wie du es vom Biertrinken hast.“
„Danke, Domina, gib´s mir, mach mich nieder. Gib mir Tiernamen, ich steh da drauf. Du gibst mir das Gefühl, bis an mein Lebensende einsam bleiben zu müssen, weil ich keinen Körper wie Arnold Schwarzenegger habe.“
„Ach, Hansi Homo, sei nicht so betrübt. Du weißt doch, es gibt auch Männer, die dein weiches Herz mögen. Wirst schon noch den passenden Stecher finden. So, wie ich ja die Hoffnung auch nicht aufgebe.“
„Wie gut, dass wir uns nicht um unsere Männer streiten müssen, denn entweder sind sie schuld oder homo, da können wir sie beide gut finden oder nicht, die Kerle entscheiden immer noch allein, wen sie auswählen, nicht wahr?“

Dann wurden sie entdeckt. Sie waren beide einfach wie Gaffer stehen geblieben und weideten sich genüsslich an der Augenweide von Bauarbeiter. Dem war das nicht entgangen, er warf sich in Pose, zeigte mit dem Finger auf Gabi und stieß einen anerkennenden Pfiff aus.
„Hast wohl Recht, dieser Mann würde zumindest mich wählen. Da hast du mal wieder den kürzeren gezogen!“
Sie winkten dem Bauarbeiter zu und spazierten weiter.

Beim Thai gab es nach dem Essen immer einen Absacker auf Kosten des Hauses und die kleine Thai-Bedienung nannte es GESCHENK. Als zum Nebentisch die ersten Geschenke getragen wurden, bestellten sie schon mal zwei Schnäpschen vorab.
„Geschenke sind schon was feines!“
„Das kann nicht sein, das wir die bezahlen müssen, sonst dürfen die das nicht einfach Geschenk nennen!“
„Hach, ich glaube, das interessiert die nicht. Alle Geschenke müssen von irgendjemandem bezahlt werden. Ich finde, in diesem Fall musst du sie bezahlen und mir schenken.“ Hans grinste nur gönnerhaft.
„Gefickt eingeschädelt, Baby! Ist gebongt! Fühl dich eingeladen!“
Gabi war sowieso pleite, da war das schon ein nettes Entgegenkommen von ihrem Manager, der einfach mehr zur Sparsamkeit neigte als sie. Da sie nun von der Rechnung befreit war, orderte sie ein Geschenk nach dem anderen. Geschenke waren einfach geil, weil sie Freude verbreiteten. In diesem Fall bestand die Freude aus einem angenehmen Schwips.

„Schwips? Du bist besoffen! Noch nicht stockbesoffen, aber kurz davor!“
„Zumindest nicht weit weg davon. Aber das war doch unser Ziel, oder?“
Das Ziel der Thailänderin war eindeutig, nämlich ihr Restaurant zu schließen und weil Hans und Gabi so überhaupt keine Ambitionen verspürten, schon nach Hause zu laufen und tanzen eine Koordinationsfähigkeit erforderte, die sie nicht mehr aufbringen konnten, schafften sie es nur noch bis zur Kneipe an der Ecke. Hansi quengelte unterwegs.
„Obwohl, ich bin müde!“
„Dann warte wenigstens, bis ich das Angebot abgecheckt habe!“ Er gähnte herzhaft.
„Bin viel zu müde für verführerisches Frischfleisch!“
Dann entdeckte sie ihn. Da saß doch tatsächlich der Bauarbeiter, frisch geduscht, gestriegelt und geschniegelt und trank ein gepflegtes Bier.
„Darfst nach Hause gehen, Hansi. Bin fündig geworden.“ Sie wies unauffällig in die richtige Richtung und Hans verstand. Er drückte ihr einen feuchten Kuss auf die Wange und wankte zur Tür hinaus.

„So sieht man sich wieder!“ Also, wenn das nicht der passende Spruch war, um diesen Traumkörper in ihr Bett zu locken, dann war Gabi auch bereit, noch ein paar andere Register zu ziehen.
Aber das war nicht nötig, wie sich dann herausstellte und sie nahm ihn mit zu sich nach Hause. Sein verheißungsvoller Körper hielt, was er versprach und er vögelte sie fast um den Verstand. Das würde er zukünftig des öfteren tun dürfen, weshalb sie ihm zum Abschied ihre Visitenkarte in die Hand drückte.
Er nahm sie zwar, aber die Worte, die er dazu sprach, gefielen ihr gar nicht. „Deinen Namen zu kennen, wenn ich schon die halbe Nacht mit dir ficke, ist nicht verkehrt. Aber nur um gleich die Fronten zu klären. Das war eine einmalige Ausnahme!“
„Ach ja, darf man fragen wieso und vor allen Dingen, wie du heißt?“
„Gestatten, Avi Pasaro, meine Bräune ist naturgegeben und nicht von der Baustelle. Und dieses Intermezzo bleibt einmalig, weil Avi schon vergeben ist.“

Dann küsste er sie und verschwand. „Avi Pasaro. A V I Paaaaasaaaaaaroooooo. Wir werden sehen, Herr Pasaro, gehe mit ihrer Entscheidung nämlich so ganz und gar nicht konform!“
Dann meldete sich ihr Gott Loky, der wie wild die Keule der Inspiration schwang und sie drängte, diesen phantastischen Bauarbeiter, diesen geilen Malocherkörper zu verewigen. Zu verewigen in Stein und eine Skulptur zu erschaffen.

„Aufi geht’s! Und wenn du nicht willst, dann brauch ich Gewalt! Dann erschaffe ich meinen eigenen Avi Pasaro! Wirst schon sehen, was du davon hast!“


Kommentare:


Noch keine Kommentare.

Einen Kommentar schreiben:

Bitte alle Felder ausfüllen!

Die e-mailadresse wird nicht veröffentlicht!
Dein Kommentar wird erst sichtbar nachdem er von einem Moderator freigeschalten wurde!
    Faye
    Faye ist derzeit zumindest virtuell untergetaucht. Daher wird es erst einmal keine neuen Veröffentlichungen geben. Der alte Blog bleibt aber bestehen und vielleicht greift sie diesen ja auch wieder auf. Ich denke aber sie schaut hier ab und an vorbei!
Die neusten Artikel
     
  •   Die Stalkerin und ich 01.10.2008
    Wir – der Jugendschutzbeauftragte und ich – haben ein kleines ... [mehr]
  •   Die Stalkerin - Teil 3. (Fortsetzungsgeschichte), 28.09.2008
    Es gab nur einen einzigen Avi Pasaro im Telefonbuch und den mit ... [mehr]
  •   Die Stalkerin - Teil 2. (Fortsetzungsgeschichte), 25.09.2008
    In ihrer Werkstatthalle lief entweder immer die Flimmerkiste oder das ... [mehr]
  •   Die Stalkerin - Teil 1. (Fortsetzungsgeschichte), 24.09.2008
    „Gabi Loky – wo ist dein berühmtberüchtigter Gott des Wahnsinns, der ... [mehr]
  •   Loslassen, 17.09.2008
    Ein Freund von mir hat meine Blogs gelesen und daraufhin erhielt ich ... [mehr]
Neue Kommentare