Die Stalkerin - Teil 2. (Fortsetzungsgeschichte), 25.09.2008

In ihrer Werkstatthalle lief entweder immer die Flimmerkiste oder das Radio im Hintergrund. Heute entschied sie sich für den Fernseher und schaltete auf einen Kanal, der einen Bericht über den Voodoo-Kult brachte.

In Gabis Skulpturen spielten Körper immer eine große Rolle, eine andere große Rolle spielten die verschiedensten Religionen der Welt. Voodoo galt ebenfalls als Religion, zwar als schwarze, als schwarzer Kult, waren ja auch hauptsächlich die Schwarzen, die daran glaubten, aber es war auch ein Glaube und Glaube ließ Religionen entstehen.

Der Bericht fesselte sie so sehr, dass Gabi kaum Hand an den Stein legte, geschweige denn anfing, eine Skulptur aus dem formlosen, grauen Etwas zu hauen. Es war ihre tiefste Überzeugung, das jeder Stein bereits eine Figur enthielt, die sie daraus befreien musste. Mit Hammer und Meißel befreite sie diese aus ihrem steinernen Gefängnis. Wobei sie auch Skulpturen aus Ton formte und aus Holz schnitzte.

Alles hatte seinen Reiz, der Ton ließ sich formen, wie sie es wollte, während Holz, noch mehr als Stein, weil es ein gewachsenes Material war, schon eine Skulptur enthielt und diese nur entschält werden konnte, wenn man dem Wuchs des Holzes und der geheimen, darin verborgenen Figur folgte.
Holz konnte sie ihren Willen nicht aufzwängen wie Ton, Holz machte, was es wollte. Wenn sie versuchte, es zu nötigen, gelang es nicht. Genauso, wie ein Stein einfach zersprang, wenn sie ihn nicht behutsam genug mit Hammer und Meißel bearbeitete.

Avi war sowohl hart wie Stein, formbar wie Ton und ein Naturgewächs, wie Holz es war. Aber sobald der Bericht enden würde, würde sie ihn aus dem Stein hauen. Erst musste sie diesen Voodoo-Report zuende sehen. Es wurden gerade einige verschiedenen Zaubereien und Riten erklärt. Die mit Nadeln gespickte Voodoo-Puppe kannte eigentlich jeder, doch die Figuren, die dort gezeigt wurden, um Fruchtbarkeit, Liebe, Potenz und noch vieles mehr herbei zu beschwören, die inspirierten Gabis Loky ungemein.

Als die Reportage endete, stand felsenfest, dass ihr Avi Pasaro einen riesigen Penis erhalten würde. Einen Schwanz wie eine überdimensionale Keule. Sozusagen einen Totschläger. Ihr Gott, ihr Loky lachte wie ein armer Irrer, eben wie wahnsinnig und dann legte Gabi los.

Sie arbeitete bis spät in die Nacht hinein, bis diese verflixte Skulptur aus dem Stein befreit war. Dieser Stein hatte es so gewollt, brach nicht und splitterte oder zerfiel auch nicht.
Im Morgengrauen starrte sie in das Auge einer überdimensionalen Eichel, an deren Wurzel zwei pralle Eier hingen, die den erigierten Penis mit ihrem Gewicht nicht nach unten ziehen konnten, denn der stand wie eine EINS!
„Wollen wir doch mal sehen, ob mein ganz persönlicher Voodoo-Zauber nicht wirkt. Bin ja nicht umsonst ein bereitwilliges Opfer des Wahnsinns!“
Spontan änderte sie ihre Signatur. Anstelle ihres üblichen G. L. meißelte sie Loky-Voodoo in den Fuß der Skulptur, denn Loky war wieder hellwach und inspirierte sie. Dafür hatte sie mit ihrer durchvögelten Nacht gesorgt.
Davon mal ganz ab, war sie definitiv nicht bereit, Avi Pasaro seiner Tussi zu überlassen. Schließlich brauchte sie selbst ihn viel dringender, als die Andere. Ohne Avi, kein Loky – ohne Loky, kein Avi.
„Und mit Voodoo und Loky gemeinsam, klappt das bestimmt noch viel besser.“

Als Hans am nächsten Tag ihren aus Stein gehauenen Avi sah und sich die dazugehörige Nacht schildern ließ, war er restlos begeistert. Der Anblick der Skulptur hatte ihn sowieso schon begeistert, seine Augen glitten den monströsen Penis ehrfürchtig hinauf und hinab.
„Gigantös!“
Dann grinsten sie sich an.
„Ist er wirklich SO groß?“
Gabi schüttelte verneinend, aber wie irre strahlend, den Kopf.
„Nicht ganz so groß.“
Hans hielt sich demonstrativ übertrieben die Hand schützend vor seinen Hintern.
„Aua!“
Dann machte er Anstalten, die Skulptur einpacken zu wollen.
„Finger weg!“
Erstaunt hielt er mitten in seiner Bewegung inne.
„Wie bitte?“
„DAS ist meine! Ich mache dir eine Kopie, natürlich auch ein Unikat, dass du dann haben darfst. Aber DIESE gehört mir!“
Hans war verwirrt.
„Muss ich nicht verstehen, oder? Erklär mir einer diese Irren, die sich Künstler schimpfen.“

Ein paar Tage, nachdem Gabi ihm den zweiten Avi in die Galerie geliefert hatte, steckte er den Kopf zu ihrer Werkstatt herein und wedelte mit einem Bündel Geldscheine.
„Baby, es gibt keinen Reis mehr! Jetzt gibt’s Fleisch! Nur Bares ist Wahres! Ich hab sie verkauft, ICH, dein allerliebster Manager!“
Gabi fiel ein Hinkelstein vom Herzen. Loky war zurück und er war der Garant dafür, dass der Rubel rollte.
„Geil! Wie viel?“
„Zähl selbst, meinen Anteil hab ich schon abgezogen.“
Dann zählte Gabi und dankte ihrem Gott Loky für jeden einzelnen Hunderter.
„Zwei Mille? Das ist ja der Wahnsinn! So viel hast du noch nie rausgeschlagen.“
Hans genoss die Streicheleinheit ihres Lobes.
„Musste gar nicht schlagen. Ich habe hoch gepokert und die alte Schachtel hat den Preis einfach akzeptiert. Was sagt man dazu?“
Gabi fächelte sich mit den Scheinchen Luft zu.
„Auf zum Italiener! Das muss gefeiert werden!“

Doch bevor sie aufbrachen, bewunderte er noch ihr neuestes Werk, ebenfalls aus Stein gehauen. Es stellte eine sitzende Frau dar, deren Beine provokativ geöffnet waren. Ihre Brüste waren unscheinbar und flach, wie die gesamte Skulptur, bis auf ein einziges, aber äußerst markantes Detail.
„Du hast ihrer Muschi Zähne verpasst?“
Gabi grinste anzüglich.
„Du musst als Frau schon Zähne haben, um mit so einem Schwanz, wie dem von Avi, fertig zu werden.“
Hans schluckte übertrieben demonstrativ.
„Aua! Langsam aber sicher bin ich echt froh, dass der nicht schwul ist. Aber jetzt weiß ich wenigstens, was gemeint ist, wenn von einer männerfressenden Nymphomanin die Rede ist.“
Das Wort Nymphomanin fing ihr Loky auf, das würde er noch verwenden.

Obwohl ihr Abendessen beim Italiener fast im Wein ertrank und Gabi, großzügig wie sie war, wenn sie zu Geld kam, die Rechnung beglich, hatte sie am nächsten Tag keinen Kater.
Sie schlug früh Morgens die Augen auf und war besessen von einer Idee, die sie sofort umsetzen musste. So besessen sie davon war, so besessen arbeitete sie auch daran. Diesmal musste es Ton sein, denn Gabi war sich sicher, das kein Stein und kein Stück Holz das enthielt, was sie darstellen wollte.

Hans staunte nicht schlecht, als er nach einer Woche das Ergebnis begutachtete und konnte sich augenscheinlich gar nicht daran satt sehen. Auf einer Plattform standen sich ein Mann und eine Frau gegenüber. Sie waren ungefähr gleich groß und so ragte der Penis, der aus dem Mund des Mannes wuchs, richtungsweisend auf den Mund der Frau zu, der gar keiner war. Denn an dessen Stelle klafften die Schamlippen einer Vagina einladend auseinander.
„Ich hab gleich zwei gemacht. Eine für dich und eine für mich.“
Hans nickte nur.
„Die kann ich nicht ins Schaufenster stellen, wenn Kinder ihre biederen Eltern fragen, was das zu bedeuten hat, dann ist der Ärger vorprogrammiert!“
Gabi grinste nur.
„Warte erst mal die nächste ab!“

Dann führte sie ihren Freund und Manager in den Nebenraum, in dem neben ihrem Brennofen zwei weitere Tonfiguren auf Bewunderung warteten.
„Wow, das ist ... das ist ... pervers?“
„Obszön!“
„Frivol?“
„Vulgär!“
Dann waren sie sich einig und sprachen das einzig treffende Wort gleichzeitig aus.
„GEIL!“

Wieder standen sich ein Mann und eine Frau gegenüber. Seinen Brustwarzen entwuchsen zwei Penisse, so wie an der Stelle ihrer Nippel zwei Muschis erregt mit ihren Lippen schmatzten.
„Sag mal, bist du irgendwie über- oder unterversorgt?“
Gabi zuckte nur mit den Achseln.
„Unterversorgt, aber ich hoffe, nicht mehr lange.“

Sie hatte erst ihre Arbeiten beenden müssen, dem Drang des Erschaffens und ihres wahnwitzigen Inspirators, dem irren Loky gehorchen müssen. Doch jetzt, noch heute Abend, würde sie Avi aufsuchen, aufsuchen wie besuchen.
„Ich statte ihm einen Besuch ab und hoffe, dass die Untervorsorgung dann ein Ende hat.“


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    Faye
    Faye ist derzeit zumindest virtuell untergetaucht. Daher wird es erst einmal keine neuen Veröffentlichungen geben. Der alte Blog bleibt aber bestehen und vielleicht greift sie diesen ja auch wieder auf. Ich denke aber sie schaut hier ab und an vorbei!
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