Die Stalkerin - Teil 3. (Fortsetzungsgeschichte), 28.09.2008

Es gab nur einen einzigen Avi Pasaro im Telefonbuch und den mit Adresse. Also war ihr Gott auf ihrer Seite und schien zu befürworten, wenn nicht sogar zu wünschen, dass sie ihn wiedersah. Einfach anzurufen erschien ihr zu einfach, dann konnte er ihr zu einfach wiederstehen und ihr einen Korb erteilen. Einfach aufzutauchen fand sie schon besser.

„Sesam öffne dich!“
Der Türöffner summte.
„Mann sollte dem Wahnsinn nie die Tür öffnen!“
Dann trat sie ein, in seine Wohnung und in sein Leben.

„Die Frau Loky, was verschafft mir die Ehre?“
Loky legte ihr die Worte in den Mund.
„Die Fleischeslust, sonst nichts.“
„So so, eine Frau, die einfach sagt, was sie will. Das ist ja zur Abwechslung mal was neues.“
Mehr schien er nicht dazu sagen zu wollen. Doch sie irrte sich.
„Sie haben wohl vergessen, was der Avi ihnen unmissverständlich deutlich machen wollte.“
Sie grinsten sich stumm an.
„Wer in der dritten Person von sich redet, scheint mir in Punkto Wahnsinn ebenbürtig zu sein.“
Er konnte gar nicht begreifen, wovon sie sprach, aber er überging dieses Faktum einfach.

„Avi Pasaro ist vergeben. Besetzt wie liiert und ob Frau Loky das glaubt oder nicht, eigentlich ist der Pasaro eine ganz treue Seele. Auch wenn letztens der Teufel der Fleischeslust mit ihm durchgegangen ist. Aber einmal ist keinmal, nicht wahr?“
„Und zweimal wäre einmal zu viel?“
„Sie haben es erfasst. Kluges Mädchen!“
Gabi wurde wütend. Was hatte diese Andere, was sie nicht hatte. Eindeutig hatte sie Avi, aber damit war Gabis Loky nun mal nicht einverstanden.
„Wissen Sie, der Teufel wird seine Fleischration wieder einfordern und ich werde da sein.“
Dann drehte sie sich um und ging.

Die Abfuhr ärgerte sie maßlos und sie überlegte fieberhaft, wie sie ihn umstimmen konnte und Loky, ebenfalls an einer weiteren Inspiration durch Avi interessiert, lieferte ihr die passende Idee. Sie fertigte von ihrem ersten, steinernen Avi eine tönerne Miniaturausgabe an, die schickte sie ihm bruchsicher verpackt per Post. Doch sie erhielt keine Reaktion.
„Wir werden sehen.“
Sie fertigte eine zweite Miniatur ihrer selbst und schickte auch die los.
Er rührte sich nicht.
„Und es folgt der dritte Streich!“
Die dritte Miniatur ging auf Reisen. Avi regte sich nicht und das steigerte Gabis und Lokys Wut ins Unermessliche.

„Idiota! Stronzo! Kunstbanause! Ignorant!“
Wie im Fieberwahn überlegte sie, welche Möglichkeiten sie noch hatte.
„Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“
Sie sichtete ihren Kleiderschrank und plünderte ihre Schublade mit den Dessous, auf der Suche nach einem unwiderstehlichen Outfit. Sie wählte die Korsage, die ihre Titten anhob und formte, aber den Blick auf ihre Nippel freigab. Außerdem wählte sie halterlose Strümpfe, einen Strapsgürtel und verzichtete auf ein Höschen. Dazu trug sie High Heels. Alles natürlich in schwarz, mit einem Hauch roter Spitze.
„Mit den Waffen einer Frau.“
So kommentierte sie ihr eigenes Spiegelbild, bevor sie ihren schwarzen Trenchcoat sorgfältig gürtete und zu ihm fuhr.

„Frau Loky, Klappe die Dritte. Was kann ich für Sie tun, gnädige Frau?“
Gabi ärgerte sich über seine Wortwahl, aber sie ließ sich nichts anmerken. Wortlos öffnete sie ihren Mantel und ließ ihn von ihren Schultern gleiten, einfach auf den Boden fallen.
„Einmal befriedigen, bitte.“
Zumindest würdigte er ihren gewagten Auftritt, seine Augen leckten sie gierig ab, auch wenn er keine Anstalten machte, sich zu bewegen.
„Avi Pasaro lässt sich weder nötigen, noch verführen, noch missbrauchen. Treue ist da oder nicht da.“
Sie lächelte schief, zog geringschätzig einen Mundwinkel und eine Augenbraue hoch.
„So wie der Teufel da ist. Avi Pasaros Teufel.“

Sie ging auf ihn zu und setzte sich mit gespreizten Beinen auf seinen Schoss. Gabi setzte alles auf eine Karte, zockte und gewann. Sein Spieleinsatz, seine Treue-Karte punktete nicht. Er hatte das Spiel verloren. Spiel, Satz und Sieg gehörten ihr.
Sie hatte so hoch gepokert, solch einen Einsatz gezeigt, dass der Jackpott ihr gehörte. Dieser Jackpott hieß Avi Pasaros vom Teufel besessener Schwanz, welcher der Fleischeslust ganze fünf mal frönte. Das war vier mal mehr Befriedigung, als Gabi bestellt hatte und Loky saugte auf und speicherte und genoss und frönte der Lust.
Da sie zwar gern durch fremde Betten tobte, aber nicht so gerne darin schlief, räumte sie nach dem fünften Mal freiwillig das Siegertreppchen. Wie einen Pokal warf sie ihm zum Abschied noch einen Schlusssatz hin. „Bis zum nächsten Mal.“

Gabi war völlig berauscht und dieser Rausch drückte sich in unbändiger Schaffenskraft aus. Wie besessen arbeitete sie an ihrer nächsten Skulptur. Mittlerweile bedeutete das jedes Mal die dreifache Arbeit. Schließlich musste sie ihr Original erstellen, ein Duplikat für Hans und eine Miniatur für Avi. Der zeigte nach dem Erhalt des Päckchens mal wieder keinerlei Reaktion. Aber das war Gabi egal, sie hatte ihre ersten drei Miniaturen auf seiner Fensterbank entdeckt. Das sagte ihr alles. Seine Fensterbank war lang und bot noch viel Platz für die vielen, vielen Miniaturen, die sie ihm noch schicken würde.
Hans war mal wieder begeistert.
„Wie kommst du nur auf so etwas? Fünf Schwänze, die aus seinem Bauch wachsen, die auf fünf Muschis zeigen, die auf ihrem Bauch ihren Schlund erwartungsvoll aufreißen. Wie obszön, wie herrlich!“
„Fünf mal sind fünf mal. Nicht mehr und nicht weniger.“
Er seufzte sehnsüchtig.
„Will ich auch. Brauch ich auch. Ganz dringend sogar!“
Gabis Skulpturen sprachen sich rum, wie heiße Ware, Hehlerware. Heiß, wie brenzlig, wie gefährlich, wie leidenschaftlich.
„Der Preis einer heißbegehrten Ware ist nach oben hin offen!“
„Fünf Mille, Baby! Weiter so und wir werden reich!“
Gabi streichelte die Scheinchen liebevoll und ungläubig.
„Sag das Avi. Vielleicht sollte ich ihm ein paar Scheinchen abgeben, damit es ihm mehr Spaß macht.“
Hans mimte den Überraschten.
„Mehr Spaß? Hat er nicht genug Spaß daran?“
Gabi überlegte kurz.
„Nun, sein Schwanz und sein Teufel schon. Aber seine Treue widmet er seiner anderen Tussi. Keine Ahnung, was die hat, was ich nicht habe.“
Er sah sie mitleidig an.
„Irgendeinen Zauber wird die Tussi schon haben.“
DAS war es, was in ihr wie ein Stachel wirkte, dieser Tussi-Stachel musste unbedingt entfernt werden und Zauber bekämpfte man am besten mit Gegenzauber. „Du bist mein Hans im Glück, ich danke dir! Und jetzt verschwinde, ich muss weg.“
Sein neugieriges Nachfragen blieb unbefriedigt und so trollte er sich, schwul schmollend, wie er war, ohne Aufklärung.

Drei Abende musste sie sich auf die Lauer legen, bis sie die Tussi dabei erwischte, wie die IHREN Avi besuchte.
„Tod umfallen sollst du, am besten auf der Stelle, dann wird das Foto wenigstens gut.“
Gabi drückte in einer Tour auf den Auslöser und zoomte das Tussengesicht dabei immer näher.
„Hm, nichts besonderes dran. Einfach nur eine Tussi, wie jede andere.“
Eines der Bilder, welches das Gesicht in Großaufnahme zeigte, heftete sie an ihre Dartscheibe und durchlöcherte es mit ihren eifersüchtigen Wurfpfeilen.
„Jeder Schuss ein Pickel in deinem Gesicht!“

Gabi war nah an einer Verzweiflung, die ihrem üblichen Wahnsinn in nichts nachstand. Obwohl sie seit drei Tagen diese Visage erdolchte, verschaffte ihr das keinerlei Linderung.
„Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen!“
Sie begab sich ins Internet, auf der Suche nach einem virtuellen Voodoo-Shop und wurde fündig.
Drei Tage später traf die kleine, unscheinbare Voodoo-Puppe ein, inklusive geweihter Nadeln. Laut las sie sich selbst den Beipackzettel vor. „Am besten eignet sich ein Foto der betroffenen Person, da ein Foto auch immer die Seele einfängt, die begreifen soll, dass sie dort, wo sie ihr Unwesen treibt, nichts zu suchen hat.“

Tussen-Fotos hatte Gabi wie Sand am Meer und befestigte eines davon mit ihren wahnsinnig bösen Gedanken und den vielen Nadeln an der Puppe. Dann würgte sie das Püppchen zusätzlich mit einer Kordel und hängte es gut sichtbar in ihrer Werkstatt auf.
„Auf das du verreckst und für immer verschwindest!“
Der Gott des Wahnsinns tanzte wie der Teufel in ihr und versprühte seine Inspiration, die sie ihr Schnitzmesser ergreifen ließ.
Dem Stück Holz, das sie gewählt hatte, entschälte sie eine Frau, die der Tussi verdächtig ähnlich sah. Gabi konnte nicht wiederstehen und schlug einen rostigen Nagel nach dem anderen in das Holz.
„Auf das Harz fließe, wie Blut.“


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    Faye
    Faye ist derzeit zumindest virtuell untergetaucht. Daher wird es erst einmal keine neuen Veröffentlichungen geben. Der alte Blog bleibt aber bestehen und vielleicht greift sie diesen ja auch wieder auf. Ich denke aber sie schaut hier ab und an vorbei!
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