Selbstzweifel

Viele Jahre konnte ich die devote Seite an mir selber überhaupt nicht akzeptieren – das war einfach nicht das Bild, dass meine überemanzipierte Mutter mir von Frauen, wie sie sein sollen, vermittelt hat.

Ich hatte stark zu sein, mir nichts gefallen zu lassen und ich hatte früh gelernt, dass Abhängigkeit von anderen Menschen eine Schwäche ist...

Und auch wenn ich sehr viel an mir gearbeitet und in den letzten Jahren viel begriffen habe, so spuken diese Gedanken doch manchmal noch in meinem Kopf herum und machen mir das Leben schwer.

Und so habe ich mich jahrelang immer wieder mit Träumen und Wünschen herum geschlagen, die ich mir selber nicht gestattete; für die ich mich verachtet habe – und mich fragte, was denn mit mir nicht stimmt – warum konnte ich nicht einfach Erfüllung in normalem Sex finden...

Ich schämte mich und sprach mit niemandem darüber, aus Angst als „nicht ganz richtig im Kopf“ abgestempelt zu werden; versuchte das Ganze als Spinnerei abzutun und verdrängte es.

Vor ein paar Jahren hat ein sehr intensives Wochenende (von dem ich mit Sicherheit noch berichten werde) mir im nachhinein noch sehr zugesetzt – heute würde ich sagen, im positiven Sinne.

Das alles beschäftigte mich so sehr, dass ich zwei Tage später meiner besten Freundin alles erzählte, nachdem sie etwas komisch schaute, als ich mich so umständlich auf den Stuhl in ihrer Küche setzte.

Im Grunde hatte ich von ihr keine andere Reaktion erwartet, aber trotzdem war ich sehr erleichtert, als ich merkte, dass keine dummen Sprüche kamen oder etwa ein angewiderter Blick.

Aber mich überkam eine große Erleichterung, als ich merkte, dass ich auch nach meinem Geständnis immer noch ihre Freundin bin, sie mich genauso lieb hat...auch darüber haben wir an diesem Abend viel gesprochen wie auch über meine Gedanken, die so durcheinander waren...

...ich bin nicht normal...

...wenn ich mich doch nach Liebe und Zärtlichkeit sehnte, warum machte mich diese Art von

Sex dann so an...?

...welches Kindheitserlebnis hat dazu geführt, dass ich so bin...?

...liegt es an der vielen Verantwortung, die ich schon sehr früh tragen musste, dass ich es so

genieße, genau diese abzugeben – da hab ich doch mal was gelesen...?

...wenn ich den „Richtigen“ finde, wird das schon wieder aufhören...

...ich bin pervers...

...das ist nur eine Phase...

...halte ich meine Partner für schwach und möchte, dass sie mir so ihre Stärke zeigen...?

...wie weit wird das noch gehen...?

...kann ich jetzt nur noch so Sex haben...?

...was ist, wenn es keine Phase ist – wie sag ich es dem nächsten Mann...?

...damit werde ich nie eine glückliche Beziehung führen können – wie soll ich jemanden

finden, den ich liebe und der diese Vorliebe mit mir teilt...?

Für einige dieser Fragen habe ich bis heute noch keine wirklich zufrieden stellende Antwort für mich gefunden – aber ich habe mich damit entspannt und bin fest davon überzeugt, dass ich mir die ein oder andere Antwort im Laufe der Zeit beantworten werde.

Komischerweise hatte und habe ich gar kein Problem damit, außergewöhnliche sexuelle Vorlieben bei anderen zu akzeptieren und mir keine Gedanken darüber zu machen – aber zu diesem Zeitpunkt fiel mir das bei mir selber doch ziemlich schwer – um nicht zu sagen, dass ich es trotz der positiven Erfahrung eigentlich immer noch so gar nicht akzeptieren konnte.

In den letzten Monaten ist mir etwas sehr wichtiges klar geworden - ich bin gar nicht alleine auf dieser Welt mit meiner Neigung - viele devot veranlagte Frauen scheinen sich die gleichen Gedanken zu machen und Fragen zu stellen wie ich; zumindest zu Beginn.

Und noch etwas war mir bisher nicht wirklich bewusst – auch die dominanten Männer, also die mit Intellekt und Gefühl, schlagen sich wohl zu Beginn mit einigen Selbstzweifeln, Gedanken und Fragen herum – ganz ähnlich den unseren.


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    Luna
    Ich bin Luna, Jahrgang 1975 und nun endlich soweit, die devote Seite in mir zu akzeptieren und mehr und besser kennen zu lernen. Auch wenn alles schon früh begann, war der Weg hier hin doch ziemlich mühsam und steinig für mich. Der große Schritt hierzu
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