Essay Stein auf Stein: Ein devoter Weg

Sehnsucht war es, was mich trieb. Wie ein Blatt im Wind irrte ich durch die Welt, die so einsam und dunkel war. Einsam, weil ich meine Hingabe, meine Demut niemandem schenken konnte.

 

Gewollt hätten sie viele, doch ich ertrug sie nicht in meiner Nähe. Ich traf auf sie, wo immer ich hin ging. Fast schien es so als sei die Welt voll von ihnen. Ihre gierigen Blicke, ihre plumpe Art, ihr Gerede ohne etwas zu sagen, das alles widerte mich an.

Meine Sehnsucht schrie zwar in stummer Qual, doch nichts hätte mich dazu bewegen können, meine Unschuld zu verschleudern. Und unschuldig, das war ich... Ich bin es wohl immer noch.

Ahnungslos tappte ich in jede Falle, die sich mir bot, schrieb endlose Briefe, Mails, war freundlich, telefonierte. Mit jedem Mal wurde die Enttäuschung größer. Ich verlor meine Hoffnung. Mein Blick wurde leer, das Gesicht starr, meine Gedanken voller Traurigkeit. Noch nie im Leben hatte ich mich so einsam gefühlt, so leer und ich verfluchte den Tag an dem ich erfahren hatte, was ich war, was ich bin.

Devot. Damals hatte mich ein tiefes Glücksgefühl erfasst.

Ich dachte, jetzt sei alles gut, doch es war nicht so. Nichts ist wie es scheint. Meist ist es schlimmer. Nachdem der Schmerz in meiner Seele zu mächtig geworden war, wurde ich wütend, schlug nach allen Seiten, duldete niemanden mehr in meiner Nähe. Ich schwor mir selbst, mich nicht von meiner Sehnsucht besiegen zu lassen, verbannte sie in den hintersten Winkel meines Herzens und baute eine Mauer um mein Herz herum. Jede Frage, die ein dominanter Mann mir stellte war ein neuer Stein für meine Mauer.

Wie groß sind Deine Schamlippen? Stein...
Wie groß sind Deine Nippel? Stein...
Bist Du nass? Stein...
Hast Du etwas in Deinem Arsch? Stein...
Wie oft machst Du es Dir selbst? Stein...

Mit welchem Recht taten sie das?

Sie kannten mich nicht und ich kannte sie nicht, doch da sie direkt nach der Begrüßung jedes Mal solche Fragen stellten, wollte ich sie nicht einmal sehen. Ich wies sie ab, doch sie verstanden es nicht, waren sie doch so dominant. Jede Frau musste sie doch begehren, sehen wie wunderbar sie waren. Selbstverständlich kannten sie sich aus.

Mit allem.

Mit Nadeln, Seilen, Strom, Peitschen, Klammern, Wachs und allem, was das Herz noch begehrte. Begriffen hatten sie jedoch nicht, dass sie mir Angst machten, oder war es ihnen gleichgütig? Ich wusste es nicht. Sie überhörten mein leises: "Ich weiß nicht, ob es mir gefällt, ich kenne es nicht."

Und in allem waren sie Meister. So sagten sie zumindest, doch verstanden sie nicht einmal meinen einfachsten Wunsch. Meinen größten Wunsch. Ich wollte einen Mann finden, der zu seinem Wort stand, was immer auch geschah... geschehen würde. Einen Mann zu finden, der sich der Konsequenzen seines Handelns bewusst war.

Doch mit so einfachen Dingen gaben sie sich nicht ab. Das war in ihren Augen nicht dominant und ich begann mich zu fragen, ob Dominanz gleichbedeutend sei mit Dummheit.

Oder waren sie gar nicht wirklich dominant? Ich wusste es nicht mehr. In meinem Herzen wurde es kalt, denn in den engen Mauern war kein Platz mehr, um mein Herz zu erwärmen. Wann immer ich auf Menschen traf, was nicht oft geschah, schraken sie zurück. Eine junge Frau mit solcher Bitterkeit im Herzen!

Ich hörte auf, mich zu lieben, mich zu mögen, verfluchte den Tag an dem ich erfahren hatte, was ich war, was ich bin: devot. Diese Neigung schien mich zum Freiwild zu machen. Misstrauisch begegnete ich den Blicken anderer Menschen. Dann traf ich eine Entscheidung. Ich wollte aufhören, vorher mit dominanten Männern zu reden, ich wollte sie einfach sehen, ohne dass sie auf der Jagd waren.

Ich nahm den letzten Rest Mut zusammen und fuhr zu einem Stammtisch. Dort begegnete ich keinen dominanten Männern auf der Jagd. Es waren Menschen.

Einfach nur Menschen. Wir lachten und scherzten unbefangen, Tränen rannen über mein Gesicht. Es waren fröhliche Tränen und langsam, ganz langsam, begann es wärmer zu werden. Ein Mann saß mir gegenüber. Er war attraktiv, zurückhaltend, amüsant. Immer, wenn ich ihn ansah, begegneten sich unsere Blicke.

Scheu sah ich zu Boden.

Er lächelte nur. Kein Wort. Wir teilten unser Essen, berührten uns nicht einmal. Als er ging, überkam mich Traurigkeit. Er hatte nichts gesagt. Er wollte mich nicht einmal. Und dennoch oder gerade deshalb wollte ich nicht, dass er ging.

Zum ersten Mal kam mir ein völlig neuer Gedanke in den Sinn. Bitte bleib!

Er ging und zum Abschied schenkte ich ihm etwas. Einen Stein... Und er kam von Herzen. Sollten wir uns wieder begegnen, so hoffe ich, er bringt eine Schubkarre mit. Für all die Steine. In seiner Gegenwart, so hatte ich das Gefühl, da brauchte ich meine Steine nicht.

Ich danke Dir... auch wenn ich nicht einmal Deinen Namen kenne!


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