Luftballonfetischismus

Looner

So… jetzt rede ich mal Tacheles, was das Blasen angeht …vielleicht nicht in dem Sinne, in dem es die meisten hier gewohnt sein dürften… soviel sei gesagt… aber auch sinnliche Stunden mit einer Luftballonfetischistin beinhalten wahre Explosionen ;)


Allgemeine Infos zum Luftballonfetischismus

Der Luftballonfetisch ist ein Objektfetisch, er bezieht sich auf die visuellen Reize (Gestalt, Material, Durchsichtigkeit, Verformung des Ballons während dem Aufblasen), akustische Reize (Geräusche, die während des Aufpustens entstehen, Quietschen und der Knall beim Platzen) und die anderen Eigenschaften (z.B. Haptik) von Luftballons und den mit ihnen in Zusammenhang stehenden Handlungen, die jedoch nicht zwingend sexueller Natur sein müssen.

Grundsätzlich wird zwischen poppern [ engl.:to pop=platzen] (solche Menschen, denen es Spaß bereitet, Ballons platzen zu lassen und die es absichtlich provozieren), non-poppern (diejenigen, die es gar nicht leiden können wenn ein Ballon zerplatzt) und semi-poppern (eine Zwischenart aus non-poppern und poppern; semi-popper erzwingen den Knall nicht, dennoch blasen manche gerne Ballons bis zum Limit auf, falls dabei einer ausversehen platzt, stört sie das wenig; einige sind auch reine Zuschauer, selbst „knallen“ sie nicht, aber wenn andere Ballons zum Bersten bringen, bereitet ihnen das viel Spaß) unterschieden.

Herkunft
Im allgemeinen bezeichnet man eine(n) Luftballonfetischisten/-fetischistin als looner oder loonerin (aus dem Englischen von „looney“=verrückt und einer verkürzten Form von „balloon“=Luftballon).

Der psychologische Ursprung des „loonerism“ ist eher unklar, häufig führen jedoch die looner als Grund eine frühere und mittlerweile erfolgreich therapierte Ligyrophobie=Knallangst - nicht zu verwechseln mit Platzangst ;) - an.
Viele (vor allem popper) beschreiben es als eine Art Metamorphose der extremen Angst (manch ein Ligyrophobiker nimmt schon beim bloßen Anblick von Ballons Reißaus) in eine starke Lust und Faszination gegenüber Luftballons.

Andere hingegen (non-popper) haben - nach eigener Aussage - schon immer eine besondere Beziehung zu Luftballons gehabt, ihnen war es auch schon im Kindesalter wichtig, die Ballons vor Schaden zu bewahren und sie spielten und kuschelten gerne mit ihnen – dieses Verhalten wurde in der Pubertät oftmals intensiviert und erste Masturbationsversuche fanden unter zu Hilfenahme von Ballons statt.

Ein weiterer, (meiner Meinung nach) eher partieller Grund für das Existieren des Luftballonfetisches könnte der Latexfetisch sein; manche Latexfetischisten bevorzugen den Kontakt mit Latex-Luftballons anstatt Latexkleidung o. ä. zu tragen.
Es ist jedoch - nach gängiger Meinung der looner - falsch zu behaupten, „loonerism“ sei eine bloße Unterart des Latexfetischismus, denn viele der loonerInnen können rein gar nichts mit den Spielarten des Latexfetisch anfangen und mögen ausschließlich die besondere Gestalt der Luftballons (diese sind nämlich auch nicht immer aus Latex, es gibt auch Folienballons, etc.).

 


Das Objekt der Begierde
So wie der Zerstörungsweise der Ballons sind auch der Art und Form der Luftballons keine Grenzen gesetzt. Von kleinen Ballons (wie Wasserbomben) bis hin zu Riesenballons (in manche passen sogar 3 oder 4 Menschen hinein), speziellen Formen wie Herzen, Figuren, Doughnuts (runde Ballons mit einem Loch in der Mitte) bis hin zu bedruckten, regenbogenfarbenen, Metallic-Optik, oder marmorierten Luftballons hat der Markt fast alles zu bieten.

Manche looner legen sich ganze Sammlungen der begehrten Stücke an. Nicht immer müssen hierzu Ballons käuflich erworben werden, auch eine freundliche Nachfrage bei Geschäften (die schönsten Werbeballons gibt es unteranderem bei Eröffnungen von Kaufhäusern) genügt meistens, um ein paar Werbeballons zu bekommen.
Hilfreich sind auch noch Luftpumpen (Hand- oder elektrische Pumpen), denn sie bewahren einen vor Erschöpfung und Ohnmachtsanfällen (jeder der schon einmal für einen Kindergeburtstag (mit)dekoriert hat, weiß wovon ich spreche…), außerdem schützen sie einen vor Verletzungen (das zurückschnellende Gummi eines geplatzten Ballons kann die Augen verletzen…außerdem tut es höllisch weh, wenn man die Schnipsel eines großen Ballons mit voller Wucht ins Gesicht kriegt).

Spielarten
Der Luftballonfetisch selbst kann verschiedene Formen und Ausprägungen annehmen, häufig steht (bei poppern) nicht nur das Zerplatzen lassen von Ballons im Vordergrund, auch Saftkartons, Mülltüten, Plastikeinkaufstaschen und aufblasbare Schwimmhilfen (=Pooltoys, für manche auch ein separater Fetisch) werden zerstört.

Die Art dieses Zerstörens lässt sich wiederum differenzieren in sogenanntes s2p (=sit to pop, zu deutsch: Platzenlassen durch bloßes Daraufsetzen), r2p (=ride to pop, zu deutsch: Reiten bis zum Zerplatzen; wie s2p nur mit mehr Körpereinsatz), b2p (=blow to pop, zu deutsch: bis zum Zerbersten aufblasen; eine Disziplin die sehr viel Mut erfordert und auch eine ziemliche Strafe sein kann… beispielsweise für einen non-popper>>>BDSM), c2p (cig to pop=mit der Zigarette-vorsicht gesundheitsschädigend!- zum Platzen bringen), p2p (pin to pop= mit einer Nadel oder einem spitzen Gegenstand zerstechen), außerdem sind auch nail to pop (=mit den Fingernägeln zerreißen), oder stomp to pop (=mit den nackten Füßen/Schuhen mit Absatz zertreten) beliebte Spielarten.

Es gibt natürlich noch weitere Möglichkeiten Luftballons zum Platzen zu bringen, aber dies scheinen die beliebtesten und gängigsten Methoden unter poppern zu sein. Auch gewisse andere Handlungen können mit Ballons durchgeführt werden (von der Benutzung her durchaus wie mit jedem 08/15 Sextoy auch…ich verweise an dieser Stelle nur auf Modellierballons). Non-popper beschränken sich auf das Kuscheln mit Luftballons, manchen genügt auch schon der bloße Anblick.

 


Der Fetisch im Internet
Ich selbst bin Loonerin und somit angeblich eine der wenigen Frauen mit dieser Neigung. Ob das Verteilungsverhältnis Mann-Frau wirklich so einseitig ist - wie oft in der Loonerszene behauptet (Männerüberschuss) und bedauert - kann ich an dieser Stelle nicht direkt bestätigen.
In diesem Zusammenhang ist jedoch die geschlechterspezifische Besucherfrequentierung einiger Luftballonfetisch-Foren anzuführen – hier sind die männlichen Nutzer eindeutig in der Überzahl (meist sogar über 80%).
Auf diversen Videoplattformen grassieren hingegen eine ganze Menge einschlägiger Videos von Frauen, welche an oder mit Luftballons Fetischhandlungen ausführen (z.B. Aufblasen bis zum Zerplatzen, oder das Zerstören der Ballons mit den Absätzen von High Heels). Grund hierfür ist die kommerzielle Orientierung des Pornographie-Sektors, geprägt durch die große Gemeinde männlicher (und heterosexueller) Looner (vor allem semi-popper, die gerne aus „sicherer Distanz“ vor dem Bildschirm das Zerplatzen der Ballons miterleben wollen).
Man sieht den Models/„Schauspielerinnen“ solcher Clips oft deutlich ihren Unmut oder die aufgesetzt-künstlich wirkende Begeisterung an und kann somit davon ausgehen, dass es sich dabei nicht um „echte“ loonerinnen handelt.

 


Persönlich
Mich als popperin reizt es besonders Ballons aufzublasen, bis diese platzen, das ist nicht immer einfach und erfordert ein wenig Überwindung (vor allem wenn man - so wie ich - früher an Knallangst litt); immer wieder ist ein blow to pop ein an-die-Grenze-gehen und für mich deshalb auch so reizvoll.
In dem Moment, in welchem ein Luftballon beginnt, beim „Überblasen“ einen Hals zu bilden (der Teil mit dem Mundstück zieht sich in die Länge), weiß man, es ist gleich soweit… jeder Luftstoß könnte der Entscheidende sein… Ein Spiel mit der Angst, das sicherlich auch gut in den Kontext BDSM mit eingebunden werden kann.

Persönlich empfinde ich es nämlich z. B. als sehr angsteinflößend/erregend, wenn ein anderer in meiner Nähe einen b2p ausführt und ich nicht genau weiß, wann der Luftballon platzt und ich nur höre oder sehe, wie er sich verformt. Für mich – und andere looner – ist dies ein lustvoller Moment des Kontrollverlustes ;).

Wie bei vielen anderen loonern hat sich mein Fetisch erst „entwickelt“ und resultiert aus meiner früheren Knallangst. Diese habe ich 14 Jahre lang mit mir als emotionalen Ballast herumgeschleppt und sehr darunter gelitten.
Ob Geburtstage, Silvester, Fasching, oder Chemieunterricht… ich war die, die beim Anblick von Luftballons die Flucht ergriff. Nervenzusammenbrüche und Panikattacken.

Eines Tages (mitten in meiner Pubertät) hatte ich genug davon, immer der „Angsthase“ zu sein und beschloss, das Problem mit Hilfe einer Konfrontationstherapie anzugehen. Es kostete mich ein volles Jahr und viele Tränen, dann hatte ich den Punkt erreicht an dem ich jetzt bin.
Es gab nie eine „Zwischenphase“…nur Hass oder Liebe gegenüber den Ballons, das Gefühl änderte sich schlagartig. Zuerst konnte ich mein Empfinden nicht einordnen, ich dachte ich wäre verrückt/pervers…bis ich beim surfen im Internet auf mehrere Seiten traf, die sich mit dem Thema auseinandersetzten. Die Besucherzahlen (und Mitgliederzahlen, denn meistens waren es Foren) gaben mir Mut. Ich war nicht die Einzige!
Ein Moment der absolut befreiend für mich war und ab dem es mir gelang mir selbst und Anderen einzugestehen, dass ich Luftballonfetischistin bin.

 


Meinung von Nicht-Luftballonfetischisten:
Die Reaktionen der Umwelt auf den looner-Fetisch sind unterschiedlich und zu meinem persönlichen Leidwesen nicht immer positiv. Von Antworten wie „Wenns nur das ist… ich dachte du stehst auf Kotzspielchen oder so… *lol*“, „Solange du es nicht in meiner Nähe machst, ich hab wirklich ziemliche Panik vor dem Knall“ bis hin zu „Du bist pervers…auf Kinderspielzeug stehen…das ist krank“ hört man so einiges.
Vor allem letztere Assoziationskette scheint verbreitet, ist aber vollkommen unwahr und vorurteilsschwanger: Luftballons=Kinderspielzeug=Luftballonfetischisten sind Pädophile.

Mir ist klar, dass es schwierig sein kann, die Gefühle Anderer zu verstehen - dies gilt vor allem im Bereich der Sexualität. Es ist mir wichtig niemanden zu „überfordern“ und in diesem Kontext besonders meinen Partner nicht.
Lange habe ich es zurückgehalten und ihm nichts von meiner Neigung gesagt, bis ich es Mitte diesen Jahres nicht mehr aushielt und beichtete. Was folgte, waren Tage des Schweigens und der Zurückweisung. Verletzend… aber auch verständlich, wie ich im Nachhinein zugeben muss; wenn der eigene Partner jahrelang schweigt und dann mit so etwas rausrückt, kann es durchaus verstörend sein.
Ein klärendes Gespräch – einige Wochen später – brachte Licht ins Dunkel… er fühlte sich betrogen und zweifelte an der Qualität unseres Liebeslebens, wunderte sich, ob ich in den vier Jahren, die wir mittlerweile zusammen sind, überhaupt je Spaß daran hatte.
Nachdem ich ihm klargemacht hatte, dass ich auch ohne Ballons Lust empfinde und auch erst während unserer Beziehung meinen Fetisch wirklich entdeckt habe, gab er Ruhe.

Ähnlich schwierig war es das Ganze meiner besten Freundin und Vertrauten zu erzählen, doch irgendwie hatte ich mich im Verlauf eines Gesprächs mit ihr verplappert und mein Herz war meinem Verstand - wie so oft - meilenweit voraus. Also rückte ich mit der Wahrheit raus. Sie nahm es erstaunlich gut auf und bohrte sogar noch ein bisschen nach.

Für mich ist ohnehin Interesse die schönste Reaktion auf ein Outing.

Vielleicht erlangt der Fetisch in den kommenden Jahren auch einen gewissen Bekanntheitsgrad und man muss als looner in Zukunft nicht mehr stundenlang erklären, Rechenschaft ablegen und sich gegen Pädophilie-Anschuldigungen verteidigen. Ich würde es mir jedenfalls wünschen… deshalb dieser kleine aufklärende Beitrag meinerseits.

 


Verfasserin Lilu

 


Kommentare:


Lilu schrieb am 13.03.2013


Vielen Dank!

Danke für die positive Resonanz!

LG
Lilu

P.S.: @cookie: Üben, üben, üben. Und vorallem: klein anfangen ;)


Antwort auf diesen Kommentar

Chris schrieb am 09.02.2013


RE: Luftballonfetischismus

Hallo Lilu,
vielen, vielen Dank für deinen perfekten Artikel zu diesem Thema. Mich als gleichgesinnten Menschen hat jedes deiner Worte genau so angesprochen, wie du deine Erfahrungen erlebt hast. Es ist wirklich unglaublich, wie ähnlich die Erfahrungen sind, die ich gemacht habe und du hast es perfekt in Worte fassen können, wofür ich dir ausgesprochen dankbar bin.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Spaß beim Ausleben deiner Leidenschaft und würde mich auch sehr darüber freuen, weitere Berichte oder ergänzende Beiträge zu diesem Thema von Dir zu lesen.
LG an dich und alle anderen Leser(-innen).
Chris


Antwort auf diesen Kommentar

cookie schrieb am 27.10.2012


Help

Kannst du mir an die Mailadresse ein paar Tipps schicken wie ich den Schritt von Seminpopper zu meinem ersten b2p schaffe?


Antwort auf diesen Kommentar

Poppa schrieb am 19.09.2012


Re: Luftballonfetischismus

Ein sehr interessanter Beitrag,Lilu. Erstaunlich, wieviele Parallelen man zu seiner eigenen Vergangenheit findet, wenn man deine Worte liest.
Und schön . dass du mit deinem Post bestätigst , dass es auch weibliche Wesen auf diesem Planeten gibt, die Spaß dran haben gelegentlich mal die (Luftballon)-Fetzen fliegen zu lassen.Wie du schon schriebst, scheint diese spezielle Vorliebe wohl eher den Männern vorbehalten zu sein.
Auch bei mir ( männlich ) ist die frühere panische Knallangst ins Gegenteil umgeschlagen. Ich bin heute nicht mehr abgeneigt , einen Luftballon spontan aufzupusten, mit der festen Absicht, das Ding platzen zu lassen, je größer und praller, desto besser. Es geht mir fast so, dass ich heute jeden nur schlapp aufgeblasenen oder luftleer entsorgten Ballon als pure Verschwendung ansehe.
Als heterosexuell ausgerichteter Mann erfreut es mich natürlich, wenn ich einer attraktiven Dame beim (Ballon-)poppen zusehen kann. Ob sie das jetzt per B2p erledigt oder lieber in Stilettos Kleinholz aus einer Ballontraube macht - beides hat seinen gewissen Reiz.
Man kann sich wirklich glücklich schätzen einen Partner gefunden zu haben, der für diese Neigung zumindest Verständnis aufbringt, den Sechser im Lotto landet natürlich der, der den Partner begeistern kann, munter mitzumischen.
Hat mich sehr gefreut, mal etwas aus femininer Sicht zu erfahren. Ich stelle fest dass Frau gar nicht viel anders tickt als Mann. LG, Poppa


Antwort auf diesen Kommentar

Hallo Poppa,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Beste Grüße
Gentledom

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