Bondage – Sex in Fesseln oder Kunst?

Beim Bondage geht es wohl für viele von uns um Immobilisation. Meistens mit dem Ziel der sexuellen Stimulation. Natürlich wusste ich, dass Shibari, das japanische Bondage, anders ist als das europäische. Eher auf ein Kunstwerk gerichtet, als auf bloße Bewegungslosigkeit. Und Sex dabei nicht im Vordergrund steht. Aber muss ich das eine vom anderen wirklich unterscheiden können? Oder ist mir die grundsätzliche Idee von Bondage wichtiger?

Ich für mich wollte endlich herausfinden, worin Lustgewinn und Faszination beim Umgang mit dem Seil bestehen. Auf meine Fragen hätte wohl sowieso jeder von uns eine andere Antwort. Meine ändert sich gerade. Ich bin zwar noch zu keinem generellen Schluss gekommen, aber so viel steht schon mal fest: Bondage ist vor allem ein starkes Gefühl.

Da das Cover für meinen jüngsten Roman in einem Bondagestudio entstanden war, war irgendwie klar, dass ich zum passenden Zeitpunkt selbst ins Studio fahren würde. Ich wollte live erleben, was beim Bondage geschieht. Vermutlich denkt ihr, ein Messebesuch oder ein Workshop hätte es auch getan. Aber nein, auf keinen Fall. Die Erfahrung, die ich machte, war eine ganz besondere. Keine Gruppenveranstaltung, kein unverbindliches Gezurre an fremden Körpern. Ich erlebte Bondage in einer sehr persönlichen, ja geradezu intimen Situation. Der Weg ins Studio hat sich gelohnt.

Ich traf dort Frank, Rigger und Fotograf. Bis zu diesem Moment war Bondage für mich „nur“ etwas Schönes, etwas Erotisches, etwas, das den Körper einer Frau (Männer in Seilen sehe ich eher selten) auf wunderbare Weise in Szene setzen kann. Ich hatte mir Filme darüber angeschaut, Bondage-Shows, Vorführungen, die für Publikum gedacht sind. Ich kannte auch Franks Fotos. Und ich hatte begriffen, dass Bondage und Show zwei verschiedene Paar Schuhe sind. Die Show wollte ich nicht. Mir kam es darauf an, die Kunst zu fesseln pur zu erleben.

Was ich zu sehen bekam, war pur. Ein ganz normales Shooting unter ganz normalen Umständen. Und im Hintergrund lief genau die Musik, die ich erwartet hatte. Ich war fasziniert, wie zügig und unaufgeregt das mit dem Fesseln ging. Innerhalb weniger Minuten war das Model bewegungsunfähig und wirkte dabei keineswegs verkrampft oder sonstwie belastet.

Für den Rigger, der parallel fotografierte, kam jetzt der entscheidende Punkt: das Loslassen-müssen. Denn beim Fotografieren bricht der Körperkontakt zum Model zwangsläufig immer wieder ab. Ich als Bondage-Unerfahrene hatte mir darüber gar keine Gedanken gemacht. Aber Frank verglich es mit einem Masseur, der das Band zu seinem Patienten oder Klienten stets aufrecht hält.

Auch wenn das hier eben besondere Umstände waren, hatte ich während der Session im Studio nie das Gefühl, Frank wäre seinem Model gegenüber – ja, ich weiß, ich sollte Bunny sagen – unachtsam. Ganz im Gegenteil. Es war deutlich zu spüren, dass er mental permanent bei ihr war. Er hatte sie im Blick, er nahm jede Reaktion ihres Körpers wahr, er kontrollierte und er führte, wo sie Führung brauchte. Das und die Sicherheit, mit der er ihren Körper in Seile legte, ließ sie ungewöhnlich schnell in eine Trance gleiten. Ich hätte das nie für möglich gehalten. Aber ihr entspannter Gesichtsausdruck, die Ruhe, in der ihr Körper verharrte, signalisierte eindeutig Wohlgefühl. Für das Model war Bondage offensichtlich eine Form der Entspannung.

Für mich übrigens auch. Als Betrachter der Szenerie mühte ich mich eine ganze Weile um Konzentration. Aber irgendwann schaute ich nur noch zu und genoss den Anblick. Die Fotos, die bei dieser Session entstanden, wirken denn auch beinahe meditativ. Ein kunstvoll geschnürter Körper, wie losgelöst. Hell schwebend im dunklen Raum. Anmutig und schön! (Mehr Details über das Shooting und entsprechende Fotos könnt ihr euch auf meinem Blog anschauen.)

Ich selbst hab es übrigens nicht ausprobiert. Ihr wisst ja, ich bin ein bisschen feige ;-) Und die Sekundenspielerei, als ich die Seile an meinen Handgelenken spürte, zähle ich jetzt mal nicht mit. Meine Neugier auf Bondage jedenfalls ist noch nicht erschöpft.

Aber jetzt interessiert mich zunächst, wie ihr Bondage erlebt, welche Erfahrungen ihr damit macht, ob ihr es mögt. Und ob ihr meine Wahrnehmungen nachvollziehen könnt. Dient euch Bondage zur sexuellen Stimulation? Oder ist es eher Kunst auf eurem Körper (bzw. auf dem eurer(s) Sub)?

Ich freu mich wie immer auf eure Kommentare. Eure Vicky


Kommentare:


Ina schrieb am 19.04.2015


Danke, Vicky, lieb von dir!

Ich war eigentlich "nur" für Fotos gekommen - und hab gänzlich unerwartet obendrein diese Erfahrung machen dürfen.
Frank hat mir die Sache auf wunderbar leichte Art und Weise nahe gebracht. Mein inneres Eselchen hat nicht einmal gezickt.
Jetzt bin ich schon mega-gespannt auf die Fotos *lach*

Lieber Gruß
Ina

Schade, dass du dich nicht getraut hast, es zu probieren!



Antwort auf diesen Kommentar

Dafür bewundere ich dich, Ina! Ich hab es nicht geschafft, über meinen Schatten zu springen. Obwohl ich total neugierig darauf bin. Aber ich brauche wohl einen längeren Anlauf ...

 

Die Fotos sind sicher supertoll! Dafür würde ich fast beide Hände ins Feuer legen. Bin gespannt, ob du noch dazu berichtest ;-)

 

Liebe Grüße, Vicky

Ina schrieb am 19.04.2015


Ich habe letzte Woche meine erste Erfahrung mit Bondage machen dürfen - gleicher Ort, gleicher Rigger.
Ein absolut faszinierendes Gefühl - ich hatte erwartet, mich eingeschränkt zu fühlen, ausgeliefert.... aber nichts von alledem. Auch wenn ich Zeit gebraucht habe, dort hin zu kommen - ich war zum Schluss total entspannt.

Das wird sicher nicht mein letztes Erlebnis mit Bondage gewesen sein.


Antwort auf diesen Kommentar

Danke, Ina, für deinen Kommentar. Ich freue mich besonders darüber, weil es dein erstes Mal war - hier und im Bondage. Und mit Frank hast du dir aus meiner Sicht wirklich einen wunderbaren Menschen für diese Erfahrung ausgesucht. Wenn man erlebt, was er tut, kann man Bondage nur als etwas Faszinierendes wahrnehmen.

Alles Liebe für dich! Vicky

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