Haben manche nur ein kleines bisschen Haue gern?

Eine Sache an „Fifty Shades of Grey“ lässt mich nicht los: Die Ambivalenz, mit der Ana Schmerzen empfängt. Ich bin ja selbst der Meinung, dass dieser Film kein BDSM-Film ist. Aber trotzdem möchte ich die Sache noch mal genauer betrachten. Denn für mich ist es eine grundsätzliche Frage: Wenn man auf Schmerz steht, dann immer und auf jeden oder nur in bestimmtem Maße?

Grey hat von Anfang an Lust darauf, Ana den Po zu versohlen. Sie wiederum lässt das zu und – wer hätte das gedacht – empfindet tatsächlich Spaß dabei, als er mit der Hand ihren Allerwertesten bearbeitet. Anders zumindest kann man ihr Gesicht nicht deuten und ihr Schweigen, als er sie in einer Szene fragt, ob sie noch mehr möchte. Sie möchte – eindeutig.

Später bekommt sie den Flogger zu spüren und wieder die Hand. Wenn er sie schlägt, haben sie hinterher auch Sex miteinander. Und in jeder einzelnen dieser Szenen hat man das Gefühl, sie würde es mögen.

Dann der Break im Finale. Unmittelbar davor hatten sie ausgiebig Spaß(!) im red room. Jetzt will sie – warum eigentlich?, dass er sie die größtmöglichen Qualen erleiden lässt. Sie will wissen, was sie erwarten könnte, wenn sie sich gänzlich auf ihn einlässt. Und er schlägt zu. Mit dem Ledergürtel.

Mal abgesehen davon, dass ein dominanter Mann in einer Situation, in der er sich nicht unter Kontrolle hat (so kommt Grey in diesem Moment rüber), die Finger von seiner Sub lassen sollte – die Schläge mit dem Gürtel tun ihr ziemlich weh. Und diesen Schmerz will sie plötzlich nicht mehr. Warum nicht? Ist ein bisschen Schmerz okay und richtig Schmerz too much?

Über diese Frage bin ich bereits gestolpert, als ich den Film im Original sah. Heute, beim 2. Mal in der deutschen Version, bleibe ich wieder hängen. Für mich ist es eine eindeutige Schwäche des Films, dass nicht klar wird, warum Ana erst Spaß hat an den SM-Spielchen und warum es ihr dann aus unerfindlichen Gründen zu viel wird. Ich ging immer davon aus, dass man entweder eine masochistische Veranlagung hat oder eben nicht. Für mich ist das hier irgendwie nicht Fisch und nicht Fleisch. Sollte ich das jetzt auf die fehlende  Logik im Film schieben? Oder ist meine Sichtweise auf den Masochismus sowieso falsch?

Fragt sich eure Vicky


Kommentare:


Hersius schrieb am 24.02.2015


Hallo Vicky,

"... dass sie ihn zu etwas zwingt, was er vielleicht in diesem Moment nicht tun würde, und ihn dann deshalb verlässt...."

Zwingt Sie ihn in diesem Moment wirklich dazu? zwinkt sie ihn zu einer Art und Weise zu tun, wie er es getan hat? Oder ist er es in ihren Augen falsch angegangen.
Sie erzwinkt eine Entscheidung mit ihrer Bitte, doch erzwinkt sie nicht den Weg und das Wie".

Die Frage des "Zwangs" stellt sich ja in einem D/S Verhältnis und lässt sich auch umdrehen. Die Frage wer hier auf wen einen "Zwang" ausübt (mal mit, mal ohne einem Augenzwinkern)

Die Wahrnehmungen oder der eigene Wunsch über Aktionen und Reaktionen kann unterschiedlicher nicht sein, verleitet die Geschichte dadurch zum Nachdenken...

Grüße....


Antwort auf diesen Kommentar

Ich finde nicht, dass sie eine Entscheidung erzwingt. Wenn sie will, dass er ihr die größtmöglichen Qualen zufügt, die sie aushalten könnten müsste, dann sind es Qualen. Sie erzwingt also, dass er ihr Schmerz zufügt. Spricht von Qualen, also quälendem Schmerz. Für ihn der Ledergürtel (obwohl das ein wenig merkwürdig anmutet angesichts seines perfekt ausgestatteten Spielzimmers). Vielleicht ist es nicht mal das Schlimmste, was er ihr antun könnte.

Es ist tatsächlich interessant, hier die unterschiedlichen Wahrnehmungen zu vergleichen. Denn schon Qual und Qual ist relativ. Allerdings sträubt sich alles in mir, ausgerechnet in diese Geschichte einen tieferen Sinn hineindeuten zu wollen. Für mich steckt der tiefere Sinn hinter dem ganzen Thema. Die Geschichte selbst ist absolut flach, wenn sie auch den einen oder anderen Ansatz für Diskussionen bietet. Ihrer medialen Funktion also im Grunde gerecht wird.

Grüße zurück :-)

Hersius schrieb am 23.02.2015


Hallo Vicky,

das erste was mir in den Sinn kam, als ich die Überschrift las, war die Musikgruppe die sich selbst als "die Besten Band Der Welt" bezeichnet. Und ich muss dabei verlegen Grinsen...

gelesen habe ich den Artikel und auch die Kommentare.
Hm es ist eine grundsätzliche Frage für dich, "Wenn man auf Schmerz steht, dann immer und auf jeden oder nur in bestimmtem Maße?", komme ich in die Versuchung zu schreiben, das du es am besten für dich lösen kannst, wenn du selbst dich auf den Weg machst und Erfahrungen sammelst. Ich denke einiges was hier schon geschrieben wurde wird das bestätigen.

So wie du es hier niederschreibst "Jetzt will sie.......dass er sie die größtmöglichen Qualen erleiden lässt. Sie will wissen, was sie erwarten könnte, wenn sie sich gänzlich auf ihn einlässt." kann ich das schon nachvollziehen. Für sich hat Ana hier versucht eine Grenze zu finden. Für sich, ich kann nur spekulieren und würde man selbst diesen Schluß ziehen nach so einem Erlebnis? Sie konnte sehen wie Grey auf ihr Anliegen reagiert, wie er diesen Moment auslebt und ob es mit ihrer Vorstellung vereinbar ist.

Für mich gibt es einige Gründe es nicht zu lesen oder mir anzusehen und doch gibt es etwas was ich bedauere mir nicht gemerkt zu haben, leider ist der Kontext dazu etwas verschommen und bezieht sich glaube ich auch auf das Ende. Die Autorin sagte etwas in einer dt. Sendung, in einem Interview warum ihrer Meinung nach Grey Ana liebt, dafür das sie sich ihm nach diesen Erlebnissen nicht unterwirft (sie nicht seine Sub oder Sklavin sein möchte?). Die Autorin wollte zum Ausdruck bringen "...weil sie Ihn liebt, erduldet diese Spielweise, er liebt sie weil sie sich selbst als freie Person treu bleibt" so oder so ähnlich sollte die Kernaussage lauten? Das ich mir das nicht merken konnte was sie nun genau sagte und meinte, bereitet mir Kopfzerbrechen.

....ich hab im Netz gesucht doch nicht mehr gefunden.

Bei deinem neuen Roman drücke ich dir die Daumen, in der Leseprobe erkennt man die Gradwanderung ob und wie weit man sich darauf einlassen soll geschäftliches und privates zu verbinden. ;)

Grüße....


Antwort auf diesen Kommentar

Hallo Hersius,

ja, Anlehnung ist nachvollziehbar. Dieser Titel wird ja auch als einer mit SM-Inhalt betrachtet ;-)

Mit den Erfahrungen hast du auch recht - nichts geht über das persönliche Erleben ;-)

Was Ana und ihre Reaktion auf die Schläge betrifft, ist es für mich nach wie vor ambivalent. Ich finde es unfair, dass sie ihn zu etwas zwingt, was er vielleicht in diesem Moment nicht tun würde, und ihn dann deshalb verlässt. Das ist so ähnlich, als würde einer nur darauf warten, dass der andere ihm einen Grund gibt, etwas zu tun, was er nicht mag. Um dann wiederum Konsequenzen ziehen zu können, die sonst nicht erklärbar gewesen wären. Auweia, noch komplizierter gings gerade nicht zu erklären ;-)

Leider kenne ich den Interviewauszug, nach dem du suchtest, auch nicht. Hätte gern geholfen und kommentiert.

Ich danke dir für dein Feedback und für die guten Wünsche meinen Roman betreffend - lieb von dir :-)

Herzliche Grüße, Vicky

Trasognata schrieb am 21.02.2015


Ich finde, du verplemperst eindeutig zu viel Zeit damit, dieses Buch/diesen Film zu analysieren :) Warum soll man überhaupt eine stringente Handlung und nachvollziehbare Motive von SoG erwarten? In Twilight hinterfragt man ja auch nicht, warum die Vampire glitzern. Und nichts als Twilight, garniert mit ein bisschen Preuso-SM und Küchenpsychologie, ist SoG letztlich (sorry an alle Fans). Und ja, ich habe das Buch geschenkt bekommen und ausgelesen (den Film gebe ich mir allerdings nicht).

Natürlich gibt es unterschiedliche Arten von Schmerz und auch unterschiedliche Grenzen bei der Belastbarkeit, das ist klar. Auch auf den Partner und die jeweilige Tagesform kommt es an. Nur weil ich gerne mit der Hand/Gerte/Gürtel bearbeitet werde, heißt es jedoch nicht, dass ich eine Bullwhip oder andere, noch gemeinere Sachen ertrage. Nur weil ich gerne einen roten, prickelnden Hintern habe, muss ich niemandem erlauben, mir auf die Brüste zu schlagen. Ich würde soweit gehen zu behaupten, dass ich (wie viele andere) gar keine richtige Masochistin bin, sondern dass sämtliche Schmerzen für mich als Ausfluss der Unterwerfung in den D/s Kontext gehören und nur in diesem Kontext auch willkommen sind. Das ist ein Riesenunterschied zu Menschen, die tatsächlich masochistisch sind (es gibt auch masochistische Doms btw), ist aber irgendwie vielen nicht klar. Beispiel: Eine Freundin, die von meinen Neigungen weiß, wundert sich, dass ich mich über schlimme Schmerzen beim Waxing beschwere: "Wie? Ich dachte, du STEHST auf Schmerzen?" Das heißt aber auch, überschreitet der Partner die individuell für ihn geltenden D/s Grenzen, empfinde ich die Schmerzen als unfair, will sie nicht mehr haben und wehre mich wenn ich kann. Warum Ana dann gleich Schluss macht statt vernünftig darüber zu reden --> s. Absatz 1.

Schönes Wochenende, T.





Antwort auf diesen Kommentar

Hallo Trasognata,

so kann man das natürlich sehen. Aber meine Intention hat mit meinem neuen Roman zu tun und, wie schon an anderer Stelle gesagt, SoG gibt ne Menge Impulse für Diskussionen über interessante Themen.

Twilight kenne ich nicht. Insofern kann ich nicht nachvollziehen, inwieweit SoG Fanfiction ist. Überhaupt hab ich mich mit Fanfiction bislang nicht beschäftigt.

Aber wie auch immer - bei SoG wäre es wünschenswert gewesen, wenn der Film die Schwächen des Buches hätte ausbalancieren können. Da E. L. James nun selbst für das Drehbuch der nächsten Teil sorgen will, ist die Hoffnung darauf wohl für immer und ewig begraben. Wer weiß, ob sich in zwei Jahren überhaupt noch jemand für das Thema erwärmen kann ;-)

Dir auch ein schönes WE und liebe Grüße, Vicky

Persephone schrieb am 21.02.2015


Hallo Vicky!

Den Film kenne ich selbst nicht. Ich bin Single und möchte ihn nicht gerne allein sehen.

An sich denke ich, die Toleranz in solchem Rahmen zugefügten Schmerz auszuhalten, ist individuell verschieden. Das hat für mich nchts mit richtig oder falsch zu tun. Es ist ja auch keine Doku über BDSM, sondern ein Spielfilm über die Beziehung zweier Menschen.

Das geschilderte Beziehungsverhalten ist mir unverständlich, ich würde da sofort was sagen, aber ich stehe ohnehin nicht auf Schmerzen, sondern nur Dominanz bei Männern.


Antwort auf diesen Kommentar

Hallo Persephone,

danke für deinen Kommentar!

Du hast recht - im Kontext Schmerz ist richtig oder falsch eine unangebrachte Formulierung. Es kommt immer darauf an, was man in einer bestimmten Situation und mit einer bestimmten Kondition aushalten kann.

Schade, dass du den Film noch nicht gesehen hast. Ich bin beim zweiten Mal - in die deutsche Version - übrigens auch allein gegangen. Aber es ist natürlich schöner, wenn man sich hinterher mit jemandem austauschen kann. Im Idealfall mit dem eigenen Partner. Vielleicht klappts ja noch - dann sieh dir am besten die englische Originalversion an. Hat mehr Charme.

Liebe Grüße und hab ein schönes Wochenende! Vicky

Corina schrieb am 20.02.2015


Hallo liebe Vicky,

ich kann dir nicht sagen, ob ich ein kleines bisschen Haue gern habe, da ich ja im herkömmlichen Sinne noch keine Erfahrung mit Schlägen gemacht habe, ausser vielleicht als Kind auf dem Allerwertesten, wo ich mich aber nicht mehr daran erinnern kann, was dieser Schmerz in mir auslöste und kleine Kabeleien mit meinem großen Bruder werden wohl auch nicht dazu zählen. Was den Film betrifft, kann ich auch keine Vergleiche aufstellen, da ich ihn mir immer noch nicht angesehen habe. ;)) OH je, also hast du wieder einmal ein Thema erwischt, wo ich eigentlich nicht viel beisteuern kann.

Allerdings habe ich schon so Einiges von anderen vernommen und mitbekommen, dass durchaus verschiedene "Folterinstrumente" abgelehnt werden, weil sie für sie zu hart sind. Meiner Meinung nach ist Masochismus auch nicht nur auf einem Level zu sehen, es gibt auch hier individuelle Abstufungen. Der Eine verträgt mehr Schmerz als der andere. Verbessere mich ruhig, wenn ich mich irre, aber ich denke Umgebung, natürlich auch wie miteinander umgegangen wird, spielen dabei keine unerhebliche Rolle, inwieweit man ein "kleines bisschen mehr Haue" gern hat. Nur mein Empfinden, erstmal. Jedenfalls, freue ich mich auf weitere Kommentare von "alten Hasen", die bei deinem Thema bestimmt viel mehr mitreden können und einem noch mehr Einblicke verschaffen. :))

Liebe Grüße
Corina .


Antwort auf diesen Kommentar

Liebe Corina,

schön, wieder von dir zu hören :-)

Ich glaube auch - und ein paar Gespräche mit SMlern legen das ebenso nahe, dass es auf die Umstände ankommt, ob man mehr oder weniger Schmerz verträgt.

Was mich an der beschriebenen Szene in "Fifty Shades of Grey" gestört hat, war die Tatsache, dass sie bei mehr bzw. echtem Schmerz nicht etwa sagt: Stopp, das ist too much. Sondern sie lässt es über sich ergehen, um ihm danach klar zu machen, dass sie ihn dafür verabscheut, dass er das mit ihr getan hat. Das ist in meinem Augen ein merkwürdiges Verhalten. Eigentlich auch unfair. Denn auch als Sub, die sie ja nicht sein will, hat sie eine Verantwortung.

Trotzdem, irgendwie bewundernswert, dass du dem Hype um den Film bisher widerstanden hast ;-) Solltest du irgendwann gehen - die Originalversion ist die bessere.

Liebe Grüße und hab ein schönes Wochenende! Vicky

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