Warum ich Schmerzen empfange

Lustschmerz, Schmerzen in Lust umwandeln, was bedeutet das überhaupt – und wieso umwandeln? Was macht der Schmerz mit mir? Wie verarbeite ich Schmerzen, warum möchte ich Schmerzen erleiden? Das waren Fragen, die mir anfangs durch den Kopf gingen.

Die einfache Antwort „Schmerzen bereiten Lust“, beantwortet die Frage nicht ausreichend. Es war für mich eine lange Reise zu fühlen, zu erfahren und zu reflektieren, welche Auswirkungen Schmerzen auf mich haben – und vor allem zu begreifen, Schmerz ist nicht gleich Schmerz.
Die Intensität, Körperstelle und das Schlagwerkzeug sowie die eigene körperliche und psychische Verfassung sind ausschlaggebende Faktoren, von denen mein Schmerzempfinden abhängig ist. Eine ganz wesentliche Komponente ist allerdings mein Partner. Was er dabei empfindet, wirkt intensiv auf mich ein.

Ich empfange Schmerz in fünf verschiedenen Kontexten
1. Session/Lust
2. Strafe
3. Hingabe
4. Körperliche Anstrengung
5. Spuren

Session/Lust
Also, warum und vor allem wann bereiten Schmerzen Lust?
Wenn ich bereits erregt bin, fördert der Schmerz meine Lust, mein Kopf ist bereit und nur noch auf das Geschehen fokussiert. Ich spüre Brennen, Beißen und Hitze in meinem Körper. Es ist ein wahnsinniges Gefühl, den Körper so intensiv spüren zu können. Schmerzen intensivieren den Tastsinn meiner Haut, besonders an erogenen Zonen meines Körpers. Diese Stellen werden derart sensibel, dass bereits leichte Berührungen einen Schauer durch meinen Körper jagen.

Was lösen die Schmerzen in meinem Kopf aus?
Der Kontrast zwischen Schmerzen und Zärtlichkeit ist unvergleichlich für mich. Durch die Schmerzen spüre ich Zärtlichkeiten viel intensiver und ich weiß sie viel dankbarer und freudiger anzunehmen. Sie wirken tröstend und geben Schutz und Geborgenheit.
Wenn ich meinen Herrn dabei erlebe, triggert es mich enorm. Seine Entschlossenheit, seine „Ungnade“, seine Fähigkeit, mir Schmerzen zuzufügen, lassen ihn so animalisch und dennoch kontrolliert wirken.
Dabei zu spüren, wie er jeden Schlag genießt, wie es ihn selbst erregt, weil es mich auch erregt, potenziert die gemeinsame Lust.
Auch im SM Bereich empfinde ich mich durch sein Handeln als Unterlegene, Untergeordnete. Ich spüre in Sessions ganz klar, wo mein Platz ist.
Ich habe das Gefühl, mein Herr prägt sich mit jedem Schlag tief in meinem Körper ein. Ich fühle mich markiert und geprägt. Es gibt mir das Gefühl, die Seinige zu sein, in diesen Momenten nur ihm zu gehören, ganz und gar. So wie er meine Haut markiert und prägt, so prägt er mich mit Schmerzen in meinem Kopf, jeder Schmerz verdeutlicht mir so sehr, wer wir sind. Er ist mein Herr und ich seine Sub. Er ist der einzige, der mich Schlagen und Quälen darf, er ist der einzige, dem ich dieses grenzenlose Vertrauen entgegenbringe. Es macht mich immer wieder aufs Neue glücklich, fähig zu sein, so etwas zwischen uns beiden zuzulassen.

Strafe
Oh ja, Schmerzen können für mich auch durchaus strafend sein. Für mich kommt es enorm auf den Kontext an, wie ich Schmerzen empfange und verarbeite.
Natürlich werde ich bei Strafen nicht mit meinen favorisierten Instrumenten behandelt, sondern eben mit jenen, die ich als unangenehm empfinde.
Wenn ich weiß, ich erhalte Schmerzen als Strafe, trifft mich jeder Schlag schmerzhaft und ohne Lust, alleine weil ich weiß, er straft mich. In diesem Falle empfinde ich Schläge als demütigend und sie schmerzen mich körperlich viel stärker, als in anderen Kontexten.

Hingabe
Auch wenn es nicht allzu oft vorkommt, gibt es doch kurze Sequenzen, in denen ich Schmerzen empfange, weil er Lust darauf hat. Es muss dann nicht zu sexuellen Handlungen kommen.
Warum mache ich das mit? Warum lasse ich mich einfach nur so schlagen, ohne strafenden oder sexuellen Kontext?
Weil er es so will, sicher das ist klar – und trotzdem lösen auch diese Sequenzen etwas in mir aus. Ich genieße es, für ihn „herzuhalten“, ich genieße es, ihm damit etwas geben zu dürfen, ohne dass es dabei um mich geht. Ich liebe es, dadurch seine Präsenz zu spüren, sie auch körperlich zu spüren und zu erleben. Es ist eins der vielen Mittel, mich daran zu erinnern, wo mein Platz ist.
Hierbei geht es aber nicht um eine Demonstration seiner Macht oder Autorität.
Seine Autorität und die Gründe dafür, warum ich ihm die Macht übergebe, hat er sich auf ganz andere Weise verdient. Würde ich seine Macht nicht anerkennen, mich ihm nicht freiwillig ausliefern, könnte ich mich gar nicht erst von ihm schlagen oder quälen lassen.
Hier geht es mir vielmehr um meine Hingabe, die ich in solchen Situationen wunderbar unter Beweis stellen kann.

Körperlich Anstrengung
Ich spüre meinen Körper viel intensiver durch Schmerzen. Manchmal werden sie zu einer Tortur und ich möchte dennoch mehr davon. Ihm möchte ich beweisen, wie viel ich bereit bin, für ihn auszuhalten. Doch auch für mich bleibt ein Effekt nicht aus.
Schmerzen können zur Erschöpfung führen. Der Körper läuft auf Hochtouren, er ist damit beschäftigt, die Schmerzsignale zu verarbeiten.
Manchmal fühle ich mich nach einer Session, als wäre ich einen Marathon gelaufen, als hätte ich mich körperlich total verausgabt. Das wiederum befriedigt mich zutiefst. Ich habe körperlich etwas geleistet durch das Empfangen von Schmerzen und ich fühle mich erschöpft und zufrieden. Die Erschöpfung bringt mir Ruhe und Frieden.

Spuren
Ich mag Spuren. Dabei geht es mir nicht um die Spur als solches, nach dem Motto, je größer und blauer, desto besser war es. Ich bin auch nicht stolz auf meine Spuren.
Nein ich spüre vor allem gerne Nachwehen, weil sie mich daran erinnern, dass die Erlebnisse real waren. Es ist ein Stück aus der Welt oder von der Insel um meine Beziehung zu meinem Herrn, welches ich mit in die Außenwelt nehme. Spüre ich meine Spuren, spüre ich ihn, mich und uns und weiß, dass wir existieren.

Die oben aufgezählten Punkte sind nur Beispiele aus dem SM Bereich. Dies sind nicht die einzigen Punkte, die mich spüren lassen, wer wir sind und wo mein Platz ist. SM unterstreicht schlicht unser Machtgefälle so wunderschön.

beloved

 

Warum emfpangt ihr Schmerzen?

Liebe Leser,

wir diskutierten in kleinem Kreis über das Thema Schmerzen empfangen und stellten dabei fest, dass die Motive sehr unterschiedlich und teilweise vielfältiger sind, als wir zuvor annahmen. Und auch bei diesem Thema bestätigte sich mal wieder: so vielfältig die Menschen in ihren Vorlieben und Abneigungen sind, so vielfältig fallen auch die Antworten auf diese Frage aus. Nun ist unsere Neugierde entfacht und wir möchten Euch bitten, uns zu schreiben, warum ihr Schmerzen empfangt.

Erlebt ihr Lust dabei? Geratet Ihr darüber in einen Rausch? Oder erduldet Ihr ihn für euren Dom und empfangt ihn aus Motiven der Hingabe? Erlebt Ihr Schmerz ausschließlich in Verbindung mit Strafe? Oder alles zusammen…? Was fühlt Ihr dabei? Wie fühlt es sich für Euch an? Was findet Ihr schön? Worauf seid Ihr ganz besonders aus? Was mögt Ihr nicht so gern?

Im Gentledom Forum haben wir hierzu flankierend eine Umfrage erstellt. Im Blog könnt Ihr die Fragestellung ausführlicher anonym beantworten. Schreibt dazu bitte anonym in das Namensfeld des Kommentars. Luna kann auf Wunsch Eure Antworten im Forum anonym posten, falls Ihr zu Beginn Eures Kommentars "zur anonymen Veröffentlichung im Forum" schreibt.

Wir sind sehr gespannt auf Eure Antworten!

Viele Grüße,

das Paten-Team


Kommentare:


Anonym schrieb am 17.01.2015


Liebe beloved,
auch ich kann mich zum Teil mit Deinen Gefühlen und Beschreibungen identifizieren.
Ich bin sozusagen eine Neueinsteigerin, die noch etwas verwirrt in diesem Bereich ist. Lange schlummerte in mir der Wunsch von einem Mann "beherrscht" zu werden. Besonders im sexuellen Kontext spürte ich die Sehnsucht nach Schmerz, mich vollendenst hinzugegeben. Mich 100%ig auf meiner Partner einzulassen. Natürlich lasse ich mich in jedem Lebensbereich 100%ig ein. Doch gerade in der Sexualität fällt es mir oft schwer den Kopf aus zuschalten, mich fallen zulassen. Der Schmerz hilft mir, meinen Kopf leer zu bekommen und alles zu genießen; aus der Erschöpfung Kraft zu schöpfen, Ruhe und Frieden zufinden. Nun, nach einer gescheiterten Ehe, hab ich den Mann gefunden, der meine Bedürfnisse stillen kann. Als wir zusammen gekommen sind, wußte er noch gar nicht, dass es ihn gefallen und befriedigen könnte, eine Frau zu dominieren. Meine Neugierde, die ich ihm mitteilte, führte uns dort hin. Wir stehen erst am Anfang unserer Dom/Sub Beziehung, doch sie wächst und ich möchte diese Erfahrungen niemals missen. Ihn möchte ich niemals missen.
....
Auch ich wünsche Dir/Euch noch weitere schöne schmerzliche Erlebnisse.
Liebe Grüße


Antwort auf diesen Kommentar

Trasognata schrieb am 15.01.2015


Unglaublich, dass dieser Eintrag noch keine Kommentare hat. Liebe beloved, danke für diesen wunderbar intimen Einblick in eure Welt. Normalerweise bin ich kein Freund von Versuchen, Empfindungen zu kategorisieren, aber mit vielem von dem, was du schreibst, kann ich mich identifizieren. Ich wünsche dir/euch viele weitere schmerzhaft-schöne Erlebnisse auf eurem gemeinsamen Weg.


Antwort auf diesen Kommentar

Liebe Trasognata,

vielen Dank für dein Feedback. :)

Ich gebe dir recht, Empfindungen lassen sich nur schwer kategorisieren. Doch dieses Thema beschäftigte mich arg.

Mir war daran gelegen zu ergründen, weshalb Schmerzen empfangen werden und welche Wirkung sie haben.

Spannend finde ich vor allem, dass die Wirkung und das Empfinden kontextbezogen sind.

LG

beloved

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