Realität und Satire

Vor einigen Monaten entwickelte ich den Onlinedomleitfaden und musste vor wenigen Tagen feststellen, es hat ihn wohl jemand gelesen und nicht verstanden, dass es sich dabei um Satire handelt. Aber dazu muss ich etwas weiter ausholen:

Im November 2011 meldete sich eine Ex-Sklavin (Sklavin, weil es eine sehr weitgehende Unterwerfung bei uns war) bei mir und wir schrieben uns, mehr oder weniger regelmäßig, die ein oder andere SMS. Obwohl sie zu jenem Zeitpunkt liiert war und mit ihrem neuen Freund seit einigen Monaten zusammen wohnte, blieb die ein oder andere Anspielung von beiden Seiten nicht aus, aber eigentlich war alles sehr harmlos, kurz ein Miniflirt ohne ernsthaften Hintergrund.
Ihr mehr oder weniger dominanter Freund ist ein Neuling in dem Bereich BDSM und ich habe ein wenig die Befürchtung, er hat meinen Onlinedomleitfaden etwas zu genau studiert… Auf eine SMS, die ich an sie schickte, erhielt ich also von ihm über ihr Handy folgende Nachricht: „Unterlasse solche sms an meinen besitz, xyz ist meine sklavin und ich dulde das nicht. Gez. Ihr Herr!“ Ich war etwas baff, als ich die SMS las und kurze Zeit später war ich recht amüsiert. Ab und an ist es gut, nicht nur den Posteingang, sondern auch den Ausgang zu kennen, aber nun gut, ich schob es auf seine Unerfahrenheit (Jahrgang 1990) und eben die große Angst, die erfahrenere und ältere Partnerin zu verlieren. Also eine durchaus menschliche, wenn auch nicht gerade durchdachte Handlung. Wenn ich mich als Herr bezeichne, sollte ich es auch sein, sonst wirkt es etwas lächerlich und das was ich unter Herr und Besitz verstehe, scheint eine etwas andere Welt zu sein als jene, in der er sich bewegt… aber gut, jeder darf sein Kind so nennen, wir er oder sie es will. Dennoch solche Worte werden zu Hauf benutzt, aber sie haben nur selten wirkliche Substanz und fehlt es an jener, kann ich sie einfach nicht ernst nehmen oder bin gar beeindruckt von einem Titel, den man sich selbst verliehen hat. Abgesehen davon, dass man nicht in das Handy der Partnerin schaut, wäre es, wenn dann, sinnvoll gewesen, der Partnerin zu sagen, man wünscht sich einen solchen Kontakt nicht und sie dann den Kontakt abbrechen zu lassen. Ein Wort aus ihrem Munde und ihre Nummer wäre gelöscht gewesen. Gegenüber einer unbekannten Person (ich kenne ihn nicht und er mich auch nicht) ist für mich eine solche SMS letztlich nur Ausdruck einer Hoffnung auf spürbare Souveränität, die sich aber bereits durch ihren innewohnenden Inhalt selbst zerstört. Natürlich schrieb sie mir auch eine SMS, nachdem sie etwas von seiner Aktion mitbekommen hat, was sie dazu schrieb, will ich an dieser Stelle nicht veröffentlichen, da er wohl meine Seite kennt und bei seiner Eifersucht sicher auch hier mitlesen wird. Einige Tage später wurde unsere Kommunikation erneut unterbrochen, diesmal war seine SMS kurz und prägnant: „Hör auf zu schreiben!“ Ein Anliegen, welches mir natürlich einleuchtete, dass ich aber abermals kaum ernst nehmen konnte, zumindest solange das sein und eben nicht ihr Wunsch war und er zudem die (Super-)Domkarte spielte. Der krönende Abschluss kam dann vor einigen Tagen als Antwort auf eine SMS, die er wohl abends bei seiner Suche im Posteingang gefunden hatte: „Schreibst du meinem besitz weit klatscht es! ich hab mich in der letzten sms doch klar ausgedrück du abgefuckter kleine spinner! Ich denke die SMS versteht selbst ein geistig sehr zurück gebliebener! also denke ich diese sms wirst auch du so gerade verstehen, sonst frag deine herrin die hat eh mehr rückrad und verstand als du!“ Hatte ich vorher versuchtm ein recht vorurteilsfreies Bild von ihm zu bewahren, so war mir das mit dieser SMS nicht mehr möglich. Das erste, was mir einfiel: Mist, der hat meinen satirischen Onlinedomleitfaden gelesen und die Punkte des gesamten Inhaltes des Onlinedomleitfadens übernommen:


Aus Onlinedomleitfaden 1.0 „Pimp dein Ego um 300% und danach pimpst du noch einmal alles an dir um 100%“ > Xyz sein Besitz, hmmm dann würde sie sich wohl ein wenig anders verhalten und er Herr, naja, dann würde er sich anders verhalten ;-), die nächste Frage ist natürlich, ob der junge Mann mir in einer körperlichen Auseinandersetzung wirklich überlegen wäre, aber was soll`s, Hunde die bellen beißen ja bekanntlich nicht und wenn doch, wird’s eben teuer für ihn. Wobei ein Blick auf die finanziellen Folgen einer Schlägerei ihn sicher abkühlen würde, mein Stundensatz ist nicht so niedrig und falle ich wegen eines Angriffs aus, gibt es da gewisse rechtliche Ansprüche, auch abseits des Strafrechts. Ergo, viel heiße Luft, wenig Substanz. „Daher brauchst du einen Titel, der sich nach etwas anhört“ > Ich finde ja, er war ein wenig bescheiden, nur ein Herr mit seinem Besitz, das hätte man durchaus ausbauen können. Sklavenhalter der leibeigenen und rechtlosen xyz hätte mich, verdammt noch mal, mehr beeindruckt! „Also alles, was du verlangst ist üblich und damit erübrigt sich auch jede Diskussion um Sinn und Zweck deiner Handlungen.“ > Diese neumodische Behauptung, Privatsphäre sei unverletzlich, ist doch totaler Humbug, laut der Dom Onlineumfrage 2011, an der 888 Onlinedoms teilgenommen haben, sprechen sich 99,8 Prozent dafür aus, dass man das Handy der Partnerin zu jeder Zeit inspizieren und sich in die Kommunikation einmischen darf. „Beleidige alle und jeden, bei denen du deinen Willen nicht durchsetzen kannst. Deine Verachtung wird jedem eine Lehre sein, der sich mit dir anlegen will! Die ganzen anderen, ganz besonders diese "Erfahrenen", haben eh keine Ahnung, wie das geht und sind total verweichlicht!“ > Cool, ich habe also eine Herrin, bin geistig zurückgeblieben und ein abgefuckter kleine (sic) Spinner von jemandem, der die deutsche Sprache nicht beherrscht und für den Dominanz ein Ausdruck von verbalen Entgleisungen und Vertrauensverstößen ist, große Worte ;-). Das ist schon fast süß und ich denke, mit der Unterstellung auf meine Herrin wollte er mir sehr subtil mitteilen, dass er mich als Dom natürlich nicht ernst nehmen kann. Also dafür gibt es ein Fleißsternchen bei der Umsetzung des Leitfadens ;-) „Ausrufezeichen unterstreichen deine Dominanz, also gehe nicht zu sparsam damit um!!!“ > Das hat er gut raus, bei zwei Sätzen in der ersten SMS nutzt er ein Satzzeichen, dann steigert er die Häufigkeit und kommt zu einem Ausrufezeichen in einem Satz, was nur noch durch vier Ausrufezeichen in vier Sätzen zu toppen ist. Die logische Konsequenz bei der nächsten SMS wäre, mehrere Ausrufezeichen pro Satz zu nutzen.


Aus Onlinedomleitfaden 2.0 „…du bist der Beste und entsprechend selbstsicher in deinem Geschreibsel! Auf keinen Fall darfst du in irgendeiner Form Kritik an dir zulassen, hier kannst du wahlweise die Karte überlegener Intellekt/Erfahrung/Dominanz ausspielen.“ > Hier wurden die Karten des überlegenen Intellekts und der Dominanz gespielt, wobei ich mich frage, warum nicht auch noch auf Erfahrung abgestellt wurde, das hätte alles irgendwie noch besser abgerundet ;-) „Eine Sub, die nicht 24/7 unter deiner Kontrolle steht, kann auf dumme Gedanken kommen. Installiere auf ihrem Handy eine Ortungssoftware… Je mehr Kontrolle du hast, umso mehr gehört sie dir, kurz ihre Familie, Freunde, Beruf, Hobbies usw. sind alles deine Feinde, welche aggressiv bekämpft werden müssen!“ > Also den Posteingang beim Handy ungetarnt wie ein eifersüchtiger 16 jähriger zu durchsuchen ist ein Zeichen, dass er es wirklich umsetzt. Wenn man schon so einen Vertrauensbruch als Dom begeht, ähm nein, seine naturgegebenen und von der Partnerin nicht abgesegneten Rechte einsetzt (siehe Dom Onlineumfrage 2011), dann muss man es so machen, dass die Partnerin es auch mitbekommt und die SMS im eigenen Postausgang findet, nur so zeigt man der Partnerin deutlich, dass man eben ein waschechter Superonlinedom ist ;-)


Aus Onlinedomleitfaden 3.0 Sicher hat er auch weitere Ratschläge befolgt, aber die SMS allein liefern leider dahingehend nicht noch weitere Munition. Wobei es eine beachtliche Leistung ist, so viele Praxisbeispiele bei gerade mal 65 Wörtern zu liefern ;-) Da stellt sich mir die Frage: Ist mein satirischer Onlinedomleitfaden eine Gefahr für junge Doms, sollte ich das Wort Satire samt Begriffserklärung deutlicher hervorheben oder wird trotz Pisa und Co mein Werk als Satire verstanden? Oder aber, bin ich der Dumme und ich habe alles falsch verstanden und er bewundert mich und seine SMS waren rein satirischer Natur und/oder bedeutet klatschen vielleicht gar nicht vermöbeln, sondern es ist mehr ein abklatschen gemeint wie beim Sport/Tanz, wenn ich für einen anderen Spieler das Feld betrete bzw dessen Tanzpartnerin übernehme? Naja, in dem Fall würde mir nun einiges klar werden, wir sollen uns abklatschen, damit ich auf's Feld, nein besser, auf seinen „Besitz“ kann. Puh, das ist echt mal ein interessantes und großzügiges Angebot, da habe ich den jungen Mann und seine Souveränität wirklich unterschätzt ;-) also wenn das Angebot steht, müssten wir uns nur mal treffen, wobei ich abklatschen als ein wenig menschenverachtend ansehe, aber OK, jeder hat da andere Erniedrigungsspiele auf die er/sie steht ;-)


Da ich versuche bei aller Satire auch etwas Lehrreiches einzubauen, kommen wir nun kurz zur Fehleranalyse: 1. Vertrauensbruch bei der Partnerin, denn ein Recht zum Blick ins Handy oder gar zur Kommunikation über eben jenes mit mir gab es nicht. Für mich wäre allein dies schon ein Grund für Zweifel an der Beziehung. 2. Wenn ich dem Typen schreibe, dann lieber über die eigene Nummer oder man sollte die SMS aus dem Postausgang löschen, andernfalls liest die Partnerin die SMS und macht sich so ihre Gedanken ;-) 3. Eigendemontage durch ein kindisches und alles andere als souveränes Verhalten. Eifersucht ist nichts, wofür man sich schämen muss, jedoch gibt es konstruktive und destruktive Formen und unabhängig für wie dominant einen der Partner vorher gehalten hat, sägt man sich mit solchen Aktionen allerspätestens den eigenen Dom Ast ab. 4. Schriftliche und nachweisliche Ankündigung einer Straftat und eine durchgeführte versuchte (da ich ihn nicht ernst nehmen kann, habe ich keine Angst vor ihm und somit habe ich nicht wegen einer Drohung mein Verhalten geändert) Nötigung, ist nicht sonderlich klug. Mündlich ist es ja schon nicht ungefährlich, aber schriftlich, das sollte man lieber unterlassen und wenn dann muss es subtil sein, dass es eben noch keine Straftat darstellt.
Wenn man wirklich eine körperliche Auseinandersetzung anstrebt, sollte man sich zudem drüber informieren, ob und wenn ja, welchen Kampfsport der andere beherrscht und ob er zu "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich" gehört oder er einem danach noch lange Ärger machen wird. Allgemein dürften Akademiker nicht zur Gruppe "Pack verträgt sich danach" gehören. 5. Ein Sprachstil, welcher noch mehr dazu einlädt, sich zu amüsieren ist zu unterlassen, vor allem, wenn ich weiß, ich kommuniziere mit jemandem, der mit Sprache etwas umgehen kann. 6. Analysiere deine Stärken und seine Schwächen und sei dabei selbstkritisch, kurz stelle nur darauf ab, wo du deinem Gegenüber überlegen bist. Hier findet sich immer etwas, der neue Herr ist 13 Jahre jünger, super dann stellt man auf alten Sack ab oder wenn man sich ganz sicher ist, dass zwischen beiden seit der Beziehung nichts lief, eben darauf, man hat Sex mit ihr und dass der andere nur neidisch ist.
Dom sein und dennoch selbstkritisch reflektieren zu können, das geht trotz vieler anders lautender Beispiele. Unabhängig davon, was das für die ganz normale Liebesbeziehung bedeutet, finde ich derzeit die Auswirkungen für die Beziehung „Herr“ und „Besitz“ interessant. Wie kann ich einem „Herrn“ vertrauen, welcher sich bereits im Alltag über Absprachen hinwegsetzt? Wie ernst kann ich einen Herrn nehmen, der so schnell die Selbstkontrolle verliert und für den ich mich als „sein Besitz“ entschuldigen muss? Was würde er dann erst machen, wenn er wirklich die Kontrolle erhält und nicht nur einen selbstgegebenen Titel? Um der Kritik vorzubeugen, ich habe mir Gedanken gemacht, ob und wie ich den Artikel veröffentliche und was mir im Vertrauen gesagt wurde, würde ich niemals veröffentlichen. Da niemand weiß, um welche Personen es geht, habe ich keine Bedenken und klar, 21 Jahre ist jung und da macht man Fehler, aber genau deswegen steht der Artikel auch online. Hätte ich die Drohung mit den Schlägen ernst genommen und nicht als spätjugendliches Machogehabe abgetan, gäbe es eine Strafanzeige und eben keinen kleinen virtuellen Seitenhieb. Auf jeden Fall hat er seinen Willen durchgesetzt, ich werde ihr sicher keine SMS in nächster Zeit schreiben, die Gefahr ist einfach zu groß, dass sie diese nicht lesen wird, da er vorher am Handy war. Wobei, wenn ich ihm etwas mitteilen will. dann nutze ich ihre Nummer, seine habe ich ja nicht und wenn sie sein Besitz ist, gehört ihm folglich ja eh ihr Handy... also habe ich doch zu keinem Zeitpunkt bisher mit ihr geschrieben ;-) Also meinen Glückwunsch der "Herr", 1:0 für Sie :-D (nein, ich kenne keine andere Möglichkeit mit jemanden zu kommunizieren außer SMS, diese neumodische Erfindung Internet ist eh bald Geschichte). Aber keine Sorge, ich würde nie eine Affäre mit einem "Besitz" anfangen, wenn mir der Besitzer sympathisch ist ;-)


Kommentare:


Svenja schrieb am 28.03.2012


Wie gemein ...

den Jungdom mit dem Heveling zu vergleichen, das hat er doch wirklich nicht verdient ;-) wobei sich beide lächerlich gemacht haben und die Macht dessen wogegen sie ankämpfen stark unterschätzen. Hinterbänkler und SuperDom das ist doch eine nette Mischung! Ups darf ich denn überhaupt als Sub in der Kommunikation mit einem Dom Ausrufezeichen nutzen?


Antwort auf diesen Kommentar

Bevor es zu politisch wird (ich dachte nicht dass der kleine Link groß beachtet wird) gehe ich mal nur auf die wichtige Frage ein: Dürfen Subs in der Kommunikation auch Ausrufezeichen verwenden? Puh so aus dem Stehgreif ist die Antwort nicht leicht immerhin ist es ja eigentlich ein Domprivileg, jedoch um etwas zu betonen wie: "Für meinen Herrn, Gott und Meister gehe ich in den Tod!" Mag es angemessen sein.

Hmmmmmm das sind Fragen... Nein ich denke das darf Sub nicht!!! :-P Subs dürfen wenn dann nur als Zeichen ihrer Unterwürfigkeit ein ¡ verwenden, also ein umgedrehtes Ausrufezeichen (Shift+Alt Gr+!=¡) was nicht zu verwechseln ist mit dem "kleinen i"

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