Gerade das Machtgefälle, eine gewisse Distanz, Unsicherheit, Unberechenbarkeit, dem starken und souveränen Gegenüber freiwillig zu gehorchen und ausgeliefert zu sein, von diesem Zauber lebt BDSM ja irgendwie. Gleichzeitig sind Doms ja auch nur Menschen mit guten und schlechten Tagen, verletzlichen Seiten, erlebten Enttäuschungen, Sorgen oder Ängsten. Wie bleibt der Zauber bestehen während man gleichzeitig ehrlich mit sich und dem anderen, füreinander da und sich nah sein kann?
Zuerst einmal finde ich nicht, dass jedes BDSM von Distanz, Unsicherheit und Unberechenbarkeit lebt, mein BDSM würde ich zum Beispiel nicht dort verorten, da ich eben nicht willkürlich, sondern angemessen strafen will. Für mich steht Stärke nicht im Widerspruch zu Verletzlichkeit, ein Mensch der verletzlich ist und trotz dieser Verletzbarkeit mutig seinen Weg geht und sich davon nicht abbringen lässt, selbst wenn es Rückschläge gibt, ist dieser nicht viel stärker als jemand der eh bereits quasi unverwundbar wäre? Wirkliche Unverwundbarkeit gibt es nur in Märchen und selbst da hat der Achilles seine Ferse, der Siegfried sein Lindenblatt und Superman das Kryptonit. Wenn es also um Zauber geht so geht es um Illusionen und diese kann man durchaus aufbauen, wenn man das denn will. Wird der Dom in den Sessions als Herr angesprochen, so löst er sich für einige von seinem Alltags-Ich, ähnlich wie aus dem unbeholfenem Clark Kent im Einsatz Superman wird. Ebenso kann es auch bei Frau/Mann sein, wenn er/sie sich dann in das Dom-Ich wandelt, eine andere Sprache, andere Rituale, andere Verhaltensgrundsätze, ist das nicht das, was eine Metamorphose ausmacht? Der Zauber entsteht in und zwischen uns, womit wir alle Zauberer sein können, wenn wir es denn wollen. :)
Vom Alltag ins Zauberland zu finden, ist nicht immer einfach, aber irgendwo gibt es fast immer ein Gleis 9 3/4, man muss seinen Zugang dazu nur finden.