Devot?

Vorab die These: Ein Großteil der Subs, die sich als devot bezeichnen, sind alles andere als devot. Bitte macht bei der Umfrage am Ende des Textes erst nach Lektüre desselben mit.

Devot ist einer der großen Begriffe im Bereich BDSM, doch für jeden mag er etwas anderes bedeuten. Für mich hat der Begriff, seitdem ich mir Gedanken um ihn mache, nur noch die Bedeutung eines Oberbegriffs, unter welchen sich alles mögliche subsumieren lässt. Dies ist aber auch kein Wunder, dürften sich doch gut 90% der Subs als mehr oder weniger devot bezeichnen. Daher wird auch jeder für dieses Wort seine individuelle Definition haben.

Nur weil man etwas macht, das dem anderen Lust bereitet oder gar etwas tut, das einem selber unangenehm ist, handelt man noch nicht mit einer devoten Gesinnung. Wäre dem so, so würde jedes normale Paar devot sein, denn auch hier machen beide öfters etwas dem anderen zu liebe.
Genaugenommen wäre ich bei dieser Denkweise auch devot: Es kommt vor, dass ich alles andere als Lust habe, eine Partnerin zu bestrafen (ich bin einfach kein wirklicher Sadist), dennoch bestrafe ich sie, weil es für die BDSM Beziehung und vor allem ihrem Wunsch nach Konsequenz wichtig ist.


Personen, die sich als devot bezeichnen, wollen doch häufig vor allem folgendes:

Unterhalten werden (Spannende Situationen, Szenarien, Kopfkino, Kick)

Geilen Sex (Körperliche Befriedigung)

An persönlichen Grenzen geführt werden (Selbstüberwindung, Grenzerfahrungen, Körperliches, etc)

Loslassen dürfen und dabei einen Rausch der Gefühle erleben (Fliegen)

Den Kopf ausschalten und sich hingeben (Kontrollabgabe)

Im Mittelpunkt stehen (Als devoter Part bekommt man viel Aufmerksamkeit)

In die Hand genommen werden (Mentor)

Versaut sein dürfen ohne moralische Schuld, da ja der andere bestimmt (Heilige Hure)

Spaß am Schlüpfen in eine andere Rolle oder Ausleben eines Fetischs (Kleidung etc.)

Lust nach einem Kräftemessen, bei dem man verlieren will (Rangkämpfe)


Etwas Spezielles spüren wollen (Konsequenz, Erniedrigung, körperliche oder geistige Dominanz)

Devot bedeutet für mich, seine eigenen Wünsche denen seines Partners unterzuordnen und das durchgehend in dem Bereich, in dem man sich als devot bezeichnet.

Vielleicht bedeutet devot aber auch nur, dass sich eine Person zum Ziel der eigenen Luststeigerung einer anderen Person unterordnet. Somit also die Lust des Doms vordergründig im Mittelpunkt steht, es aber den unausgesprochenen Konsens oder auch nur die einseitige Suberwartungshaltung gibt, dass auch die devote Lust befriedigt wird.

Da ich selber nur bedingt über Devotheit schreiben kann, immerhin fehlt mir im Kontext BDSM eine Ader, die dafür stark genug ausgeprägt ist, habe ich mich mit einigen Subs über das Thema unterhalten. In diesen Gesprächen habe ich schnell gemerkt, dass es sicher viele bessere und passendere Worte für devot gibt, aber devot der ideale Oberbegriff ist, den man jedoch mit dem richtigen Inhalt füllen bzw. konkretisieren muss. Die eine Möglichkeit ist, das Wort devot durch andere zu ergänzen, die andere, genauere Worte für den jeweiligen Zustand zu wählen.

Aus den Erfahrungen und Gesprächen heraus ergibt sich für mich, dass die Devotheit zwei primäre Zustände kennt: Die eine ist das selbstlose devote Verhalten, wenn Sub ganz in ihrer Rolle als Sklavin aufgeht, die andere ist die egoistische Devotheit. Für das selbstlose devote Verhalten muss man gemacht sein (Stichwort naturdevot) oder aber es beruht auf einer extrem tiefen emotionalen Bindung zwischen dem Herrn und seiner Sklavin, welche, zumindest denke ich so, bei sehr vielen Beziehung nicht einmal temporär erreicht wird.


Es gibt aber sicher Ausdrücke, die individuell besser passen:

Unterwürfig, hingebungsvoll, Selbstaufgabe/selbstlos, ergeben, demütig, fügsam, gezähmt, willig, ergeben, hörig, gefällig, etc.

Oder auch die, die Erwartungshaltung genauer umreißen:

Wunsch nach: Erniedrigung, Führung, Konsequenz, Geborgenheit, Kontrollverlust etc.


Zur Ausgangsfrage
Ein wirkliches devotes, also selbstlos devotes Verhalten ist die absolute Seltenheit und ehrlich gesagt, auch wenn mich dies mit großer Freude erfüllt, es ist keine zwingende Voraussetzung für eine BDSM Beziehung. BDSM kann für mich ohne weiteres auch bei einem Geben und Nehmen etwas wunderschönes sein.
Die Handlungen einer Sub sind meist nicht gänzlich uneigennützig, sondern immer auch von einer Hoffnung getragen, die nicht nur das Wohl des Partners im Auge hat. Eine Sub sollte sich daher fragen, ob und wenn ja, was sie erwartet. Die Frage nach dem ob kann leicht beantwortet werden: Was würde passieren, wenn dein Dom keinen der obigen Punkte erfüllt, würdest Du dann dennoch gerne seine, vielleicht sogar ganz normalen, Wünsche erfüllen wollen?

Glaubt ihr also, der Putzsklave einer Domina würde für diese mit Freude putzen, wenn er dabei nicht seinen Fetisch/Vorlieben ausleben darf (Lack/Leder/Latex, herrische Dominanz, Erniedrigung etc.)? Wäre dem so, könnte er für eine x-beliebge Person putzen und kein Putzsklave müsste groß suchen; in dem Fall würde ich übrigens auch meine Wohnung und das Büro anbieten.

Oder auch die Sklavin, die keinen Kick daraus zieht, Sexobjekt zu sein, würde sich wünschen, ihren Dom zwei Monate lang jeden Tag zu befriedigen, ohne dass er ihr Freude bereitet oder böse/konsequent oder was auch immer ist?

Ich denke nicht… Bis auf sehr wenige Ausnahmen (und bei diesen liegt es meist in der Hand des Doms, Sub dahin zu bekommen) will Sub auch die eigene Lust befriedigt bekommen und Dom ist dabei ein Mittel zum Zweck. Jemand, der sich selber als rein masochistisch bezeichnet, wird weniger Probleme damit haben dies zuzugeben, als jemand der sich als rein oder überwiegend devot bezeichnet. Aber schlimm ist es doch wirklich nicht.
Beide Partner ergänzen einander und beide wünschen sich die Befriedigung ihrer Bedürfnisse, der devote Part muss dabei einfach nur subtiler vorgehen oder über den eigenen Schatten springen und eine Bitte äußern. Als Dom wird man sich nicht in sein Handwerk reden lassen, aber für Vorschläge offen sein, das ist kein Zeichen von Schwäche. Ich denke, ein Dom, dem an seiner Sub gelegen ist, wird nicht nur seine eigene Lust im Auge haben.


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