Mit einem Gefühl des Gruselns legte Jacqueline das Buch zugeklappt auf den kleinen Beistelltisch im Salon. Ein entsetzter Schrei sprang beim Aufstehen aus ihrer Kehle. Im gleichen Moment schalt sie sich selber. Ihr war schließlich nur der Fuß eingeschlafen. Der stechende Schmerz im Augenblick des Auftretens hatte für die Illusion gesorgt, auch sie hätte die Bastonade erhalten. Mit dem Lesen musste jetzt Schluss sein, bevor sie endgültig überschnappte.Vergnügt und gelöst verließ sie gegen Abend das Haus, um sich mit ihrer Freundin zum Kino zu treffen. Endlich etwas anderes. Der Film war mehr als mittelmäßig, so beschlossen beide, zum Trost im Anschluss Essen zu gehen. Ziellos ließen sie sich durch die Straßen treiben, wobei sie durch ihr Kichern und Gackern die Blicke der Passanten auf sich lenkten.Ein wenig erschöpft strandeten sie schließlich in einem kleinen verträumten Restaurant in der Nähe der Metrostation Jussieu. Der Blick in die Speisekarte versetzte Jacqueline einen kleinen Stich. Für einen Moment überlegte sie, ob sie ihre Freundin bitten sollte, ein anderes Restaurant aufzusuchen. Seufzend ergab sie sich dann aber doch ihrem Schicksal, das sie in ein persisches Restaurant geführt hatte. Mit einem gewissen Unbehagen, das sich aber schnell legte, studierte sie die Speisekarte und entschied sich für die Entenbrust in Granatapfel-Walnuss Sauce. Der Kellner, der sich gleichzeitig als der Besitzer entpuppte, setzte sich nach dem köstlichen Essen für einen Kaffee zu ihnen. Man plauderte relativ Belangloses, bis der Perser Jacqueline zögerlich ansprach. “Madame, vergeben Sie mir meine Kühnheit, wenn ich Sie auf Ihren Ring anspreche. Er ist...” Hilflos nach Worten ringend brach er ab und verstummte eine Weile. Jacqueline sah ihn neugierig aufmunternd an. Der Perser wand sich.“Er ist sehr ungewöhnlich. Nun zumindest für eine moderne Pariserin, Madame!” Er wurde rot. Jacquelines Freundin bohrte energisch nach.

Der Besitzer erwies sich als Exilant, der in Persien zu Zeiten des Shahs Historiker gewesen war. Umständlich und mit vorsichtigen Worten versuchte er sein Anliegen zu erklären. Der Ring, den Jacqueline trüge, sei ihm sofort ins Auge gesprungen. Zu seiner Schande müsse er gestehen, dass er unter einem Vorwand, den sie vielleicht bemerkt habe, sich dem Ring soweit genähert habe, dass er die Inschrift entziffern konnte. Was ein Nichtfachmann wahrscheinlich nicht bemerken würde sei, dass es sich bei der Gravur nicht um eine Verzierung, sondern eine Zierschrift handele. Jacquelines Freundin platzte mit der Frage heraus, die lastend in der Luft lag.
“Und was steht da jetzt?” Der Perser und Jacqueline erröteten gleichzeitig, wenn auch aus unterschiedlichen Beweggründen. Der Perser holte tief Luft.
“Madame”, er verneigte sich linkisch. “Der Ring weist Ihre Freundin als Sklavin aus!” Er biss sich auf die Unterlippe und starrte verlegen auf das Tischtuch.
Die Freundin lachte lauthals; der Rotton von Jacqueline vertiefte sich um einige Grade. Der Perser suchte betreten ihren Blick. Sie lächelte ihm freundlich zu und legte tröstend ihre Hand auf seine. Der Ring funkelte dabei im Schein der Tischkerze. Erleichtert holte er erneut tief Luft.
“Sie sind mir doch nicht böse?” Sie schüttelte energisch den Kopf. Die Freundin lachte immer noch.
“Da kennen Sie Jacqueline aber schlecht! Die und eine Sklavin. Grade erst hat sie ganz cool ihren Mann, einen wahren Pascha, abserviert!” Prustend schüttelte sie wegen der Vorstellung ihren Kopf.

Das Gespräch dauerte noch einige Kaffees. Langsam hatte sich der Restaurantbesitzer in Fahrt geredet. Während er sein immenses Wissen vor den beiden Frauen ausbreitete, strahlten seine Augen in begeistertem Glanz. So erfuhren die beiden zu Jacquelines Schrecken, dass diese Schrift fast ausschließlich im 17. Jahrhundert christlicher Zeitrechnung gebräuchlich war. Der Ring musste also aus dieser Zeit stammen. In dieser Zeit habe es sogar einige persische Gesandte am französischen Königshof gegeben. Ein ausführlicher Bericht über die damalige politische Lage schloss sich an.
Jacqueline hörte nur mit halben Ohr hin, da sie der Vortrag an die Beschreibung in Armandines Buch erinnerte. Die Erwähnung des Namens Qadir Abd al Mudhill traf sie wie ein Stromschlag. Nur mit Mühe konnte sie ihre Erregung verbergen, während sie leicht über den Tisch gebeugt die entscheidende Frage stellte.
“Den gab es wirklich? Ein seltsamer Name. Was bedeutet er?” Für einen winzigen Moment hielt der Perser irritiert inne.
“Das ist eigentlich Arabisch. Die damalige Hochsprache der islamischen Welt. Qadir bedeutet ‚der Machtvolle‘. Der andere Teil ist ein typischer Namensteil. Abd bedeutet immer Diener oder Knecht. Der zweite Teil enthält einen der sogenannten ‚Namen Gottes‘, von denen es traditionell neunundneunzig gibt.”
Er schweifte ab und ließ sich über die Namen aus, mit denen Gott im Qur’an Qualitäten zugewiesen werden. Seltsame mystische Bruderschaften, die Sufis oder Derwische genannt wurden, kamen ins Spiel. Jacqueline saß vor dem Perser wie eine Katze vor dem Mauseloch. Sie wollte in Wirklichkeit nur die Bedeutung dieses einen Namens wissen.
“Mudhill nun, nach dem Sie gefragt haben, Madame”, der Perser senkte bedeutungsvoll die Stimme. “Mudhill heißt wörtlich übersetzt, der Erniedriger oder Demütiger.”
Der weitere Vortrag über die mystische und theologische Deutungsebene dieses Namen rauschte ungehört an Jacqueline vorbei. Ihre Freundin strahlte. Das gesamte Essen ging auf Kosten des Hauses, die herzliche Einladung zum erneuten Besuch klang verlockend. Galant küsste der Besitzer zum Abschied Jacquelines Hand.
“Ein wundervolles, sehr, sehr wertvolles Stück, von dem es nicht mehr viele auf der Welt gibt. Selbst im Iran werden Sie kaum noch welche finden. Und was besonders beeindruckend ist; Sie tragen ihn sogar am richtigen Finger der richtigen Hand! Möge er Ihnen viel Glück und Segen bringen.” Sein vieldeutiges Lächeln irritierte Jacqueline und berührte sie seltsam.

Der Heimweg verlief unter dem Necken der Freundin, die sich kaum beruhigen konnte. An der Metrostation trennten sich ihre Wege und Jacqueline fuhr in Gedanken versunken nach Hause. Prüfend hielt sie dort ihre Hand mit dem abgespreizten kleinen Finger von sich gestreckt und begutachtete den Ring. Selbstvergessen führte sie den Handrücken an die Wange und fuhr mit dem Ring streichelnd darüber. Erstaunt stellte sie fest, dass ihr die urplötzliche Anwesenheit von Armandine de Marillac keinen Schrecken einjagte und völlig normal schien. Höflich nickte sie ihr grüßend zu. Armandine antwortete mit einem Hofknicks und lächelte.

Das Lächeln Armandines vertiefte sich. Jacqueline erwiderte verlegen das gewinnende Lächeln. Für einen Moment schien sie sich in einem anderen Bewusstseinszustand zu befinden. Gleichzeitig wunderte sie sich darüber, dass sie mit einem Gespenst sprach und es ihr doch als das Normalste auf der Welt erschien.
“Jacqueline, wie du siehst, gibt es keine Zufälle, nicht wahr?” Das verschmitzte Augenzwinkern von Armandine löste bei Jacqueline ein Gefühl erleichterter Heiterkeit aus.
“Es sei denn, man versteht darunter, dass einem etwas zufällt. Dann jedoch gibt es eindeutig welche.” Sie lachten gemeinsam. Mitten in diesem Lachen begann sich die Erscheinung Armandine de Marillacs aufzulösen.
Jacquelines Lachen erstarb und machte schweren Gedanken Platz. Wieder tauchten bohrende Zweifel in ihr auf, ob es nicht doch besser sei, mit dem Lesen aufzuhören. Ihr Leben in relativer Einsamkeit und ihre überschäumende Fantasie schienen ihr einen üblen Streich zu spielen. Ein bisschen Fernsehen würde ihr sicher die erhoffte Ablenkung und Entspannung verschaffen.
Ermattet ließ sie sich auf den Sessel fallen und griff automatisch nach der Fernbedienung. Die Fernbedienung verweigerte standhaft den Dienst. Jacqueline fluchte vor sich hin. Ausgerechnet jetzt mussten anscheinend die Batterien leer sein. Widerwillig wuchtete sie sich aus dem Sessel hoch und schlurfte zum Schreibtisch im Arbeitszimmer. In der Schublade befand sich der Vorrat für alle Fälle. Entgeistert sank sie auf dem Schreibtischstuhl zusammen.
Mitten auf dem Schreibtisch lag das Buch von Armandine de Marillac. Jacqueline war davon überzeugt, das Buch auf dem kleinen Beistelltisch im Salon abgelegt zu haben. Obendrein war sie sich vollkommen sicher, das Arbeitszimmer seit Tagen nicht betreten zu haben. Ein kalter Schauer rann über ihren Rücken und hinterließ ein prickelndes Gefühl im Nacken. Hastig öffnete sie die Schublade. Ihr leerer Blick wanderte sinnlos umher. In der Schublade befand sich keine einzige Batterie. Bewegungslos saß sie für Minuten wie betäubt auf dem Schreibtischstuhl. Im Schein der Schreibtischlampe las sie noch an Ort und Stelle weiter.


Noch bevor draußen die Dämmerung einsetzte, klang der bewusste Satz aus meinem Munde nicht mehr holperig, sondern floss in eleganter Flüssigkeit über meine Lippen. Ein leichter Schauder erfasste mich, wenn ich den Satz in einer bestimmten Tonlage aussprach.
“Ihren Befehl hören, bedeutet ihn unverzüglich zu befolgen, Gebieter!” Meine eigene Stimme klang mir fremd. Allerdings nicht so sehr, weil ich diese Worte in einer mir gänzlich unbekannten Sprache aufsagte. Was daran wirklich fremdartig schien, war die innere Stimmung, in die mich dieser Satz in seiner Bedeutung versetzte. Eine vorher nie gekannte Empfindung, die mich in einen Zustand der gelinden Verwirrung versetzte. Doch dieser Zustand verflog augenblicklich, als unter lautem Getöse die Tür zu meinem Gemach geöffnet wurde.
Verschämt starrte ich zu Boden, unfähig Yussuf ins Gesicht zu sehen. Meine Scham vergrößerte sich, als ich unter seinen und Shirins aufmerksamen Augen meine Notdurft auf dem Eimer neben dem Bett verrichten musste. Hastig schlüpfte ich nach der Verrichtung ins Bett zurück. Shirin reinigte mich sorgfältig, was ein sonderbares Gefühl der Erregung in mir erweckte. Um nicht aufzustöhnen, presste ich die Lippen krampfhaft aufeinander.

Auf einen Wink von Shirin hin löste Yussuf meine Halskette, blieb aber mit verschränkten Armen drohend vor mir stehen. Mit zärtlicher Hand versorgte sie meine geschundenen Füße und bedeutete mir aufzustehen. Der Schmerz beim längeren Stehen war zwar vorhanden, aber bei Weitem nicht so sehr, wie ich es befürchtet hatte. Sie hieß mich in ein Paar weiche gefütterte Pantoffeln zu schlüpfen, die mir das Stehen unendlich erleichterten. Dankbar lächelte ich ihr zu. Unter fröhlichem Geschnatter, von dem ich keine Wort verstand, begann sie mich anzukleiden.
Nie in meinem Leben vorher war ich derart seltsam gekleidet gewesen. Nicht nur seltsam, sondern auch schamlos, wie ich damals empfand. Eine weite Pluderhose, die in Wirklichkeit nur aus losen, nicht miteinander vernähten Stoffbahnen bestand, zeigte bei jeder Bewegung mehr nacktes Fleisch, als dass sie etwas verhüllte. Ein seidiger Stoff von unbekannter Weichheit bedeckte wie ein Leibchen meinen Oberkörper vom Hals abwärts bis knapp unter die Brüste. Die langen Ärmel daran enthüllten meine Arme in der gleichen Weise, wie dies meinen Beinen geschah. Wie zum Hohn verhüllte eine Art ärmelloser Gehrock meinen Körper vom Hals bis zu den Knien.
Meine Hoffnung, er würde vorne geschlossen, wurde bitter enttäuscht. Im Gegenteil schien er meinen nackten Bauch mehr zu präsentieren, denn eine züchtige Bedeckung darzustellen. Nur gut, dass es keinen Spiegel in dem Raum gab; ich wäre ansonsten vor Scham im Erdboden versunken.

Vor Schreck schloss ich die Augen, als Yussuf auf mich zutrat. Das Klirren von Ketten war zu hören, gleichzeitig machte er sich an mir zu schaffen. Zögerlich wagte ich einen Blick zwischen den halbgeschlossenen Augenlidern. Zwischen den Reifen um meine Knöchel spannte sich eine goldene Kette. Ein gleiche Kette musste sich hinter meinem Rücken befinden und die Reifen oberhalb der Ellenbogen zusammenhalten. Der Zug dazwischen war so stark, dass die Schulterblätter zusammengezogen und meine Brüste dadurch unzüchtig präsentiert wurden.
Wieder durchlief eine Welle der Scham mein Gesicht. Ein metallisches Klappern in meinem Rücken ließ mich erneut verschreckt die Augen schließen und meinen Körper erstarren. Sanfte Hände strichen über mein Gesicht. Es konnte sich nur um die Hände von Shirin handeln. Die weiche Wärme ihrer Hände beruhigten meine verschreckte Seele. Um so größer war der Kontrast, urplötzlich kaltes Metall auf der Haut meines gesamten Gesichtes zu spüren. Ein fester Druck legte sich um meinen Kopf; ein scharfes Klicken ertönte, dann herrschte Stille. An der Art der Berührung meinte ich zu erkennen, dass Shirin sich nun an meinem Kopf zu schaffen machte.
Nach einer Ewigkeit getraute ich mich, die Augen zu öffnen. Durch nicht allzu große Sehschlitze versuchte ich mit dem nun eingeschränkten Gesichtsfeld vergeblich meine Lage zu erfassen. Yussuf packte mich in der ihm eigenen groben Art am Arm und schleifte mich ohne Rücksicht auf meine eingeschränkte Schrittlänge mit sich fort. Stolpernd versuchte ich Schritt zu halten, was wegen der knappen Kette zwischen den Füßen beinahe ein Ding der Unmöglichkeit war. Immer wieder drohte ich zu stürzen, aber der Rohling riss mich ohne viel Federlesen mit sich. Erst vor der Tür zu dem großen Saal, in dem die Abendgesellschaft der Gelehrten stattzufinden pflegte, hielt er inne und gab meinen Arm frei.
Seitwärts von mir befand sich an der Wand ein riesiger goldverzierter Spiegel. Der Anblick des seltsamen Wesens darin ließ mich zurückprallen. Mit ungläubigem Staunen versuchte ich zu begreifen, was ich sah. Die fremdartige, schamlose Bekleidung hatte ich ja bereits im Zimmer erblicken können. Darüber schwebte ein konturloses, glattes Gesicht aus Gold, das keinerlei Anhalt für ein Antlitz bot. Lediglich in zwei dunklen Höhlen funkelten aus der Tiefe lebendige Augen. Meine Augen. Nur beim genauen Hinsehen waren die kleinen Atemlöcher für die Nase erkennbar. Den Rest des Kopfes verhüllte ein kunstvoll geschlungener Turban.
Ich war so vertieft in den Anblick, dass ich nicht bemerkte, wie der Gesandte neben mich getreten war. Die leichte Berührung seiner Hand auf meinem Arm ließ mich aus der Versunkenheit aufschrecken. Eilig versuchte ich unter Mühen in meinen Fesseln zu Boden zu sinken, um ihn in der angemessenen Weise zu begrüßen. Seine starke Hand unterstützte mich dabei. Der so mühsam eingeübte Satz war unter der Maske nur als undeutliches Gemurmel zu vernehmen. Symbolisch berührte ich mit meinen hinter der Maske eingesperrten Lippen die Spitzen seiner eleganten Schuhe.

“Ich bin sehr zufrieden mit deinen Fortschritten”, lobte er anerkennend nach einer schier endlosen Zeit des ungewissen Schweigens. “Ich erlaube dir aufzustehen!”
Ein Gefühl der Wut stieg in mir auf. Getreu dem Befehl, den Blick gesenkt zu halten, und der Sichteinschränkung durch die Maske, war es mir nicht möglich, sein Gesicht zu sehen. Aber ich konnte mir bildhaft sein spöttisches Grinsen verstellen, mit dem er meine verzweifelten Versuche quittierte, mich aufzurichten. Doch er schien Erbarmen mit mir zu haben, denn er half mir auf.
“Schau noch einmal in den Spiegel”, forderte er mich auf. “Dies wird auch in der Zukunft dein Aufzug sein, mit dem du hier im Saal deinen Dienst versiehst. Dort drüben”, ich musste den Kopf drehen, um wegen der Maske seiner Geste mit Blicken folgen zu können, “steht wie immer das Tablett mit den Hors d’Oeuvre. Es ist deine Aufgabe, sie den Gästen zu servieren. Wenn zum Essen gerufen wird, wirst du dich an meinen Platz begeben und auf mich warten. Während des Essens stehst du hinter dem Stuhl und harrst meiner Wünsche.”
Wieder erklang der bereitwillig gemurmelte Satz gedämpft hinter der Maske hervor. Meine Bereitwilligkeit zum Gehorchen erlosch beinahe, als sich die Tür öffnete und den Blick in den Saal freigab. Wieder sollte ich an einer der berühmten Soireen im Palais d’Auban teilnehmen. Aber wie anders war mein Auftritt jetzt.

Ein aufgeregtes Murmeln erfüllte bei meinem Erscheinen den Raum, das jedoch schlagartig verstummte, als ich mich dazu durchgerungen hatte, den Saal zu betreten und meiner Aufgabe nachzukommen. Ich schämte mich unendlich in diesem Aufzug vor den Gästen, die ich von anderer Gelegenheit nur allzu gut kannte, zu erscheinen und ihnen als bizarre Bedienstete des persischen Gesandten aufzuwarten.
Betont wurde ich ignoriert, wenn ich mich den einzelnen Gruppen der debattierenden Gäste näherte und die Appetitlichkeiten anbot. Was die Anwesenden jedoch nicht hinderte, wie die Raupen über die Speisen herzufallen. Immer wieder sah ich mich gezwungen, Nachschub für die gefräßigen Mäuler zu besorgen. Entfernte ich mich von einer Gruppe, setzte sofort hinter meinem Rücken ein verstohlenes Tuscheln ein, dessen Mittelpunkt zweifellos meine Erscheinung darstellte.
Je länger ich servierte, desto mehr nahm meine Sicherheit zu, nicht erkannt zu werden. Nur in kurzem Augenblick verspürte ich so etwas wie ein Erkennen. Die junge Musikerin Elisabeth Claude Jaquet, ein wahres Wunderkind in Gesang und Cembalospiel, die wie so oft an den Abenden ihr Können zum Besten gab, sah in meine Augen. Ich weiß nicht, ob es Einbildung war, aber ich vermeinte mich entdeckt. Sie schwieg an diesem Abend und an allen Weiteren, an denen wir uns begegneten.
Von der Maske offensichtlich ansonsten vor Entdeckung geschützt, begann ich meine Lage anders zu sehen. Da ich aufgrund meiner Erscheinung den Anschein erweckte, als ob ich lediglich ein Objekt sei, benahm man sich nach einer Weile in meiner Gegenwart vollkommen ungezwungen. Gespräche wurden weitergeführt, ohne wie sonst abzubrechen, wenn jemand zur Gruppe dazustieß. Wenn Qadir Abd al Mudhill nur geahnt hätte, welche neue Möglichkeit er meinem Auftrag zur Spionage eröffnete.
In demütiger Haltung wartete ich nach dem Läuten zum Essen hinter dem Stuhl meines Gebieters auf sein Erscheinen. Eilfertig richtete ich den Stuhl, damit er sich bequem setzen konnte. Ein feiner Wink von ihm veranlasste mich, meinen Kopf zu ihm zu neigen. Seine Stimme war ein tonloses Flüstern, das seine Tischdame sicher nicht hören konnte.
“Gut gemacht, meine Liebe. Besser wäre es jedoch gewesen, wenn du dich an die Vorschriften gehalten hättest. Die Bestrafung dafür wirst du gleich nach dem Essen im Séparée erhalten!” In aller Seelenruhe widmete er sich dem Essen und der Unterhaltung mit seiner Tischdame.

Schon bei seinen Worten durchfloss es mich heiß. Hatte ich doch vergessen, mich bei seinem Eintritt niederzuwerfen. Die heißen Wellen hielten auch während der Soiree an. Der Gedanke an die bevorstehende Bestrafung ließ mich nicht zur Ruhe kommen. Am ganzen Körper bebend folgte ich ihm mit gesenktem Kopf, als der Gesandte sich mit dem Österreicher nach dem Essen zurückzog. Wir betraten das Zimmer durch die Tapetentür, an der ich vordem gehorcht hatte. Ein Zimmer in ähnlich orientalischem Stil, den ich schon aus dem anderen Raum kannte. Vor dem Ausgang zum Balkon gab es hier eine Empore, zu der zwei Stufen hinaufführten. In der Mitte der Empore ragte eine Marmorsäule auf.
Genau zu dieser Säule schleifte mich der aus dem Nichts erschienene Yussuf. Mit brutaler Gewalt löste er die Kette zwischen meinen Ellenbogen und riss fast im gleichen Augenblick meine Hände nach oben. Voll Panik hob ich den Blick und sah in für mich unerreichbarer Höhe über mir einen schweren metallenen Ring, der in die Säule eingelassen war. Nur einen Rosenkranz später stand ich mit weit aufgestreckten Armen an diesen Ring gekettet.
Das Beben in meinem Körper verstärkte sich, da nichts weiter geschah. Verstohlen versuchte ich über die Schulter nach hinten zu blicken. Die beiden Diplomaten saßen gemütlich auf Sitzkissen, unterhielten sich und tranken gemeinsam. Mit keinem Blick wurde ich gewürdigt. Je mehr Zeit verstrich, desto unbequemer empfand ich meine Lage. Die Arme begannen zu schmerzen; das Stehen wurde immer mühevoller, da auch der Schmerz in meinen Füßen zunahm. Siedendheiß fiel mir die Bastonade wieder ein. Eine weiteres Mal auf die noch frischen Wunden würde ich nicht ertragen.

Jedes Wort der beiden Männer war gut zu verstehen; wäre ich nicht so verängstigt gewesen, hätte sich meine jetzige Position als guter Horchposten erweisen können. So aber konnte ich kein einziges Wort des Gespräches behalten.
“Nun mein teurer Freund”, der Perser wandte sich an sein Gegenüber, “kann ich Ihnen vielleicht eine Freude bereiten, indem ich Ihnen die fällige Bestrafung meiner Bediensteten überlasse?” Trotz der Entfernung war der tiefe Atemzug des Österreichers gut zu vernehmen.
“Aber ich bitte Sie, ich kann Sie doch dieses Vergnügens nicht berauben, verehrter Freund!” Der Perser bestand auf dem Vorrecht des Gastes, der sich weiterhin höflich zierte.
Zu meinem nicht gelinden Entsetzen einigte man sich darauf, dass beide gemeinsam zur Tat schreiten würden. Der österreichische Gesandte sollte beginnen. Lauernd umkreiste er die Säule mit seinem vor Furcht zitternden Opfer. Die nun einsetzende Verhandlung über das zu verwendende Instrument versetzte mich in einen Taumel. Als ob es nicht um einen Menschen ginge, berieten sie in meiner Gegenwart die Vorzüge und Nachteile verschiedener Methoden und Utensilien.
“Ich sehe, wir werden uns doch nicht einig, lieber Freund. Daher schlage ich Ihnen Folgendes vor. Sie übernehmen den Part der Schmerzen, ich für meinen Teil werde Ihnen die persische Variante der zarten Bestrafung vorführen! Und da ich immer gerne neue Dinge dazulerne, gebe ich Ihnen vollkommen freie Hand in der Wahl Ihrer Methode.” Mit lodernder Begeisterung, die mich schwere Befürchtungen hegen ließ, stimmte der Österreicher zu, nachdem er absolut freie Hand erhalten hatte.
“Allerdings”, er zögerte und unterbrach sich für einen Moment. “Vielleicht wäre es möglich, sie zu entkleiden und in eine etwas andere Position zu bringen?” Yussuf wurde angewiesen, den Wünschen nachzukommen. So stand ich also nackend an die Säule gekettet; die Beine weit auseinandergespreizt vor meinen Henkern. Im Boden verankerte Ringe hielten an Ketten meine Fußreifen und damit meine Beine in einer absolut beschämenden Weise unverrückbar fest.
Heiße Tränen liefen unter dem Gold vor meinem Gesicht herab. Nur selten in meinem Leben hatte ich mich bisher so gedemütigt und schamlos gefühlt. Rohe Hände schlangen Seile um meine nackten Brüste und den Oberkörper. Der Österreicher keuchte mehr vor Aufregung, denn aus körperlicher Anstrengung. Sein heißer Atem traf auf meine nackte Haut und ließ mich schaudern. Mit jedem meiner Atemstöße zog er hinter meinem Rücken die kunstvoll um den Oberkörper verschlungenen Seile zu einem spinnennetzartigen Gewebe zusammen. Immer enger schnürten die Seile meinen Brustkorb zusammen und erschwerten mir schmerzhaft einschneidend derart das Atmen, dass ich meinte, fast zu ersticken.
Mit einem kräftigen Einatmen versuchte ich gegen die Spannung der Verschnürung anzukämpfen. Es gelang mit zwar dadurch, trotz der Umklammerung durch die Seile etwas mehr Atem zu erringen, aber zu meinem Nachteil, wie sich umgehend erwies. Jeder Versuch, gegen die Verschnürung anzukämpfen, hatte zur Folge, dass sich die Umschürung meiner Brüste verengte. Ich schrie in meiner Verzweiflung auf. Jede Erleichterung beim Atmen verstärkte die Schmerzen, die mir die Verengung der Brustumschnürung zufügte. Ungläubig hörte ich die Erklärungen des Österreichers.
“Sehen Sie mein Freund! Noch ein kleines bisschen hier ziehen”, stolz präsentierte er das Ergebnis. “Und sie erlebt einen ständig wechselnden Schmerz, der zwischen den Brüsten und dem Brustkorb pendelt.” Qadir Abd al Mudhill zeigte sich beeindruckt, seine Hand glitt prüfend über die Folterseile und meinen gequälten Oberkörper.
“Ah! Ich verstehe. Die jetzt folgenden Schläge haben eine wahrhaft teuflische Nebenwirkung. Amat wird wegen der Schläge tiefer atmen müssen und...”, sein Satz endete in einem anerkennenden Kopfnicken.

Die Schmerzen waren grausam und wieder war ich soweit, meinen Auftrag zu verraten. Man ließ mir eine Pause, um mich zu erholen, nachdem der Österreicher mit seinen Hieben endete. Die Reitgerte, mit der er mich geschlagen hatte, lag sichtbar vor mir auf dem Boden. Es war mir unmöglich, den Blick davon abzuwenden.
“Sie glauben gar nicht, wie gut Ihr kleines Arrangement zu meinem Vorhaben passt!” Mein unbarmherziger Gebieter schien sich zu amüsieren. Shirin huschte herbei und bot ihm ein kleines Säckchen an. Umständlich öffnete er vor meinen Augen den Verschluss und holte etwas Rätselhaftes hervor.
Nur einen Augenblick später erkannte ich, was er da in den Händen hielt. Es war die überaus kunstvolle Nachbildung eines männliches Gliedes aus Elfenbein. Die Ausmaße ließen mir das Blut in den Adern gefrieren. Mit unvermuteter Zärtlichkeit strich er mit dem Kunstglied über meinen Körper. Der Schmerz, der sich durch meine unkontrollierten Bewegungen einstellte, lag in einer nahezu perfekten Balance zu den erregenden Gefühlen, die durch die Berührung mit dem glatten Elfenbein in mir ausgelöst wurden.
Mit diabolischer Langsamkeit strich der Elfenbeinstab zwischen meinen Brüsten auf und ab. Seltsam, dass ich es in diesem Augenblick vermochte, den Kontrast zwischen dem hellen Elfenbein und meinen blaumarmorierten Brüsten mit gebannter Faszination zu bestaunen. Die Berührung der zum Platzen gestauten Brüste mit dem Stab stach wie tausend Nadeln und ließ doch ein Ziehen in meinem Unterleib entstehen, das ich inzwischen nur allzu gut kannte. Je tiefer das Kunstglied nun in der Folge über meinen Körper abwärts glitt, desto intensiver vermischten sich beide Gefühle zu einem, bis ich sie nicht mehr klar voneinander trennen konnte.
Endgültig verschmolzen sie, als mein Gebieter den Stab auf dem Eingang meines Geschlechtes einen wilden Tanz vollführen ließ. Urplötzlich ließ er von mir ab. Ich fiel aus den Höhen des Himmels und wimmerte. Dieses diabolische Spiel wiederholte sich in schier endloser Folge, bis ich mich nur noch als Öffnung empfand, deren einziges Verlangen darin bestand gefüllt zu werden.

“Wollen Sie Ihr Glück versuchen und ihr die Freude eines echten Geschlechtes zuteil werden lassen oder beenden wir unser heutiges Treffen?” Der Österreicher war ob des unvermittelten Angebotes verblüfft, lehnte dankend ab und ließ sich von Shirin hinausbegleiten. Die friedliche Stille in dem Zimmer wirkte unnatürlich und passte nicht zu den unsäglichen Vorgängen darin.
Qadir Abd al Mudhill stand direkt neben mir, seine Kleidung streifte meine nackte Haut. Seine warme Hand strich über meinen gequälten Leib und liebkoste mich. Mit einer einzigen lässigen Bewegung schnippte sein Zeigefinger gegen meine berstend gefüllten Brustwarzen. In einem rasenden Strudel vermischten sich der Schmerz meiner Folter mit dem brennenden Verlangen in mir und verglühte mich in einer sengenden Flamme. Nur undeutlich spürte ich, wie meine Hände gelöst und auf dem Rücken zusammenkettet wurden. Mit zwei schnellen Griffen befreite mein Gebieter meine Beine aus ihrer Zwangshaltung. Erleichtert sank ich in die Knie, unfähig mich auf den Beinen zu halten.
In dieser Stellung nahm er mich. Ohne Vorwarnung durchbohrte er mich so heftig, dass dabei mein Kopf polternd auf den Fußboden schlug. Schon beim Eindringen löschte ein Höhepunkt mein Denken aus, weitere folgten schier unablässig, bis ich das Bewusstsein verlor.

Wie schlaftrunken hob ich beim Erwachen den Kopf und blickte verstört um mich. Mein Gebieter saß mit dem Rücken an die Marmorsäule gelehnt. Mit Erleichterung presste ich mich tiefer in seinen Arm, mit dem er mich umfangen hielt und streichelte mein befreites Gesicht an dem weichen Stoff seines Gewandes.
Seitwärts von uns lagen die zerschnittenen Reste der Stricke. Der kunstvoll gestaltete Dolch meines Gebieters, den er sonst am Gürtel zu tragen pflegte, lag im Kerzenlicht blinkend daneben. Gedankenverloren streichelte er mit einem Finger über meine nackte Haut. In diesem Moment bereute ich meinen Verrat an ihm. Doch ich schwieg. Ein schmerzliches Ziehen in meiner Brust, das nicht durch eine Bestrafung verursacht war, gab mir die Gewissheit. Obwohl er mich so grausam behandelte, gab es keinen Zweifel, ich hatte mich unsterblich in ihn verliebt.


Jacqueline rang heftig nach Atem. Sie hatte im Moment des Lesens fast körperlich die Atemnot am eigenen Leib gespürt. Aber da war noch ein Gefühl gewesen, das ihr gleichzeitig bekannt und doch unbekannt vorkam. Verstört legte sie das Buch auf dem Schreibtisch ab und ging aufgewühlt zu Bett.
In dieser Nacht träumte sie unruhig, ohne dass sie am nächsten Morgen noch erinnerte, was sie geträumt hatte. Der Rest der Woche verlief in hektischer Betriebsamkeit. Jacqueline stürzte sich förmlich in die Anstrengung, denn sie hielt sie davon ab, in dem Buch weiterzulesen.

Die Woche war schneller vergangen als erwartet. Obendrein auch ohne in dieser Zeit einen Gedanken an das Buch oder Armandine de Marillac auftauchen zu lassen. Jacqueline fühlte sich wie von einem bösen Fluch befreit.
Gut gelaunt schlenderte sie nach dem Frühstück ins Arbeitszimmer hinüber, um dort längst fällige Post zu erledigen. Der plötzliche einsetzende Platzregen und die damit verbundene Verdunklung des Tageslichtes spiegelte treffend die innere Verwandlung wider, die in Jacqueline vor sich ging.
Das Buch lag nicht mehr auf dem Schreibtisch. Und das, obwohl sie mehr als sicher war, seit dem letzten Mal das Arbeitszimmer nicht mehr betreten zu haben. Unruhig suchte sie die Plätze in der Wohnung ab, an denen sich üblicherweise verlorengegangene Dinge befinden. Das Buch blieb unauffindbar.

Irritiert zog Jacqueline sich für die Gartenarbeit um. Der Tag an der frischen Luft tat ihr gut. Trotz der körperlichen Arbeit fühlte sie sich erfrischt und zufrieden. Die ausgiebige Dusche im Anschluss tat ihr Übriges. Fröhlich vor sich hin summend wickelte sie ein Handtuch um die nassen Haare, schlüpfte in den flauschigen Bademantel und schlurfte in den ausgelatschten, aber bequemen Pantoffeln, die noch von einem gemeinsamen Urlaub mit Marcel in Marokko stammten, hinüber in den Salon.
In Gedanken fasste sie an den kleinen Finger der rechten Hand. Zu ihrer Überraschung trug sie den Ring, der Armandine damals als Sklavin ausgewiesen hatte. Sie musste ihn gedankenverloren nach der Dusche angesteckt haben. Was verwunderlich war, denn sie hatte ihn seit dem eigentümlichen Besuch in dem persischen Restaurant nicht mehr getragen. Wie vom Donner gerührt blieb sie in der Tür zum Salon stehen. Ganz unübersehbar lag dort das Buch auf dem Beistelltischchen.
Jacqueline zwang sich, den Tee in aller Ruhe zuzubereiten. Der frisch aufgebrühte Assam-Tee glänzte golden in der Glaskanne auf dem Stövchen; kleine Bläschen lösten sich von Rand und stiegen auf. Im Schneidersitz hockte sich Jacqueline neben den Tee auf die Couch und starrte das Buch an. Es war, als ob der Ring an ihrer Hand sie magisch nach dem Buch greifen ließ. Sie wehrte sich innerlich gegen den Drang. Vergeblich versuchte sie den Ring abzustreifen.
Für einen Moment sanken ihre Hände tatenlos in den Schoß. Es fehlte ihr die innere Kraft aufzustehen und zu versuchen, den Ring im Badezimmer mit etwas Seife am Finger abzustreifen. Ermattet gab sie auf, griff nach dem Buch und las.


Entgegen meiner stillen Hoffnung wurde ich durch Yussuf in mein Gemach zurückgebracht und dort wie schon vordem in meinem Bett angekettet. Ein Ritual, das in der Folge mein Leben im Palais d’Auban so zuverlässig begleitete, wie das Amen in der Kirche. Auch ansonsten gab es wenig Abwechslung. Die Tage verliefen relativ eintönig dahin. Tagsüber überließ man mich weitgehend meinem Schicksal. Freiheit besaß ich trotzdem nicht, denn die Möglichkeiten, mich zu zerstreuen, blieben auf mein Gemach beschränkt. Offensichtlich traute man mir nicht, denn die Tür blieb für mich verschlossen. So blieb mir Zeit, meine Studien der persischen Sprache zu betreiben.
Mit nicht gelindem Stolz kann ich sagen, dass ich in kurzer Zeit sehr große Fortschritte erzielte. Es war noch nicht ein halbes Jahr vergangen, da benötigte ich bereits keinen Dolmetscher mehr. Die Abende dagegen waren das direkte Gegenteil zum Müßiggang meiner Tage. Ein Rest von Aufregung blieb auch nach langer Zeit bestehen, wenn ich in der nämlichen Weise wie das erste Mal meinen Dienst bei der Abendgesellschaft verrichtete. Schon recht bald gehörte meine Erscheinung zum Normalen, so dass niemand mehr in irgendeiner Weise daran Anstoß nahm. Was allerdings blieb, war die Nichtbeachtung, mit der man mich behandelte. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass ich mich anstelle der Gäste anders verhalten hätte. Ein gesichtsloses Wesen, seiner Bewegungsfähigkeit durch Ketten beschränkt. Dies war keine menschliche Erscheinung. Man hätte sich sicherlich nicht gewundert, wenn Qadir Abd al Mudhill an meinem Bauch eine Klappe geöffnet und mich als eine Art Spieldosenfigur enttarnt hätte. Immer wieder hörte man von solchen Automaten, die in der Lage schienen, menschliche Wesen in gewissem Umfang nachzuäffen.
Die Stunden im Separée hingegen verursachten mir stets Furcht, die sich auch niemals legte. Zwar war mir nicht an jedem Abend bestimmt so zu leiden wie beim ersten Mal. Es gab auch Abende, an denen ich lediglich an die Säule gefesselt als eine Art Dekoration dastand, bis sich das Treffen auflöste. Jedoch lernte ich im Laufe der Zeit die Vorlieben der unterschiedlichen Diplomaten und Gesandten kennen.
Mit Grauen erinnere ich mich an den englischen Gesandten, der es liebte, mich mit frischen Ruten zu peitschen und anschließend in unwürdiger Weise zu benutzen. In einem Zwiespalt von Abscheu und Dankbarkeit ließ ich es daher ohne Widerstand geschehen, dass ich nach meiner ersten Schändung an den folgenden Tagen über Stunden hinweg zur Übung ein Kunstglied in meinem After trug. Immer wieder im Verlauf dieser Stunden ließ mich mein Gebieter zu sich bringen, um diesen Eingang auf seine Durchlässigkeit zu überprüfen. Empfand ich anfangs nur Abscheu und Widerwillen, fügte ich mich in einer gewissen Dankbarkeit dieser Prozedur, half sie mir doch, meine Peinigung durch den Engländer besser zu ertragen.

Dann geschah eines Abends etwas Unerwartetes. Der Engländer war gegangen, ohne mich in der üblichen Weise zu benutzen, da erwachte in mir der unbändige Wunsch, mein Gebieter würde mich in dieser Weise verwenden. Beim Frühstück des folgenden Tages beichtete ich ihm verschämt dieses verderbte Verlangen. Sein Schmunzeln versetzte mich in Verlegenheit. Er klatschte in die Hände und Shirin erschien im Zimmer.
Mit unverblümten Worten schilderte er ihr, was nun folgen sollte. Sie verbeugte sich gehorsam und trat neben eins der Sitzkissen. Mir wurde bedeutet, mich mit hocherhobenem Gesäß darüber zu legen. Mein Kopf nahm nicht nur wegen der Abwärtslage eine tiefrote Farbe an. Lauernd umkreiste das Kunstglied mein rückwärtiges Loch in quälender Weise. Trotz meiner Scham flammte ein sündiges Verlangen in mir auf. Ein leises Stöhnen entfuhr mir, das mein Gebieter mit einem Lachen bedachte.
Ganz vorsichtig stieß das Kunstglied immer wieder gegen die Pforte, in die es einzudringen gedachte. Überdeutlich spürte ich, wie sich mein Loch fast von alleine öffnete, um den Elfenbeinstab zu empfangen. Ohne jedes Hindernis glitt er hinein und hinaus. Ein dünne Schnur wurde um meine Taille gezurrt und schneidend fest zusammengezogen. Geschickte Hände knoteten die Schnur um meinen Eindringling. Mit einem Ruck zog man die Schnur an und verknotete sie vorne an der Schnur um die Taille. Jede meiner Bewegungen ließ den Stab in mir wühlen; mir schwanden beinahe die Sinne.
Mein Gebieter bedeutete mir, mich neben ihn zu knien und setzte in aller Seelenruhe sein Frühstück fort. Jedes Mal, wenn sich mein Gesäß zwischen die gespreizten Beine absenkte, da ich mein Gewicht nicht mehr halten konnte, schob sich der Eindringling tiefer in mich hinein. Die Empfindung dabei ließ mich jedoch wieder aufschrecken, was zu einem leichten Herausrutschen des Stabes in mir führte. In immer schnellerer Folge verließen mich zum Amüsement meines Gebieters meine Kräfte, bis ich nur noch stöhnend auf und ab wippte. Nie hätte ich derartige Gefühle für möglich gehalten. Mein leeres Geschlecht schrie nach Füllung. Ein verschlingendes Begehren bemächtigte sich meiner, ohne dass es zur Erfüllung meines animalischen Verlangens kam. Das zufriedene Grinsen, mit dem mich Qadir Abd al Mudhill beobachtete, spornte mich an, meine Bemühungen zu intensivieren, bis ich schweißnass und überwältigt kraftlos zusammensackte. Noch bevor ich mich erholt hatte, warf mich mein Gebieter auf den Rücken und drang in mein Geschlecht ein. Der Rest des Vorgangs ging in einem Strudel von Empfindungen unter, die mir schließlich die Sinne raubten.

Ähnlich wie aus einem wirren Traum kehrte ich zum Bewusstsein zurück. Langsam kroch ich über den Boden auf meinen Herrn zu, der genüsslich seinen Tee schlürfte. Wie ein Hündchen kringelte ich mich zu seinen Füßen zusammen und schlief ein.
Ein sanfte Berührung zog mich aus dem traumlosen Schlaf. Shirin beugte sich über mich. Verwirrt blickte ich um mich. Wir waren alleine.
“Es scheint so, als ob es nicht mehr lange dauert, bis er dich zur Sklavin nimmt!”, gurrte sie mir verführerisch ins Ohr. Doch blitzschnell wandelte sich ihre Stimme zu einer eiskalten Drohung.
“Doch vorher gibt es noch etwas, was du lernen solltest, wenn dir dein Leben lieb ist!” Entsetzt starrte ich sie wortlos an.
“Du hast nicht nur ihm zu gehorchen, sondern vor allem auch mir, da ich die oberste der Dienerinnen bin.” Alle bisherige Freundlichkeit war von ihr gewichen. Mit roher Gewalt riss sie meinen Kopf an den Haaren in den Nacken.
“Hast du mich verstanden?” Noch bevor ich antworten konnte, ohrfeigte sie mich auf das Härteste und fiel über mich her.
Hilflos gefesselt lag ich im Anschluss auf dem Boden. Mit ihren langen Fingernägeln fuhr sie meine nackte Haut entlang. Immer schmerzhafter drangen ihre Nägel in mein Fleisch, bis ich anfing zu heulen.
“Wirst du wohl den Mund halten, oder soll ich Yussuf holen?”, drohte sie mit Schrecken erregender Stimme. Hilfesuchend sah ich mich um, aber ich blieb meiner Peinigerin alleine hilflos ausgeliefert.
Mit einem brutalen Glitzern in den Augen nestelte sie den Verschluss meiner Kleidung auf und legte meine Brüste frei. Lauernd fuhr der Fingernagel des rechten Zeigefingers um meine Brustwarzen über das empfindliche Fleisch. Ein unterdrücktes Wimmern entrann meiner Kehle, sobald Shirin den Druck verstärkte.
“Du wirst bald größere Schmerzen erleiden!” höhnte sie mit einem diabolischen Grinsen, das mich in tiefe Furcht versetzte.
“Warte nur, wenn dir die Brustwarzen durchbohrt werden, damit die Ringe..”, der Satz blieb unvollendet, dafür packte sie mit katzengleicher Behändigkeit meine Brustwarzen jeweils zwischen Zeigefinger und Daumen.
Atemzug für Atemzug steigerte sie den Griff, die Nägel bohrten sich immer tiefer. Mein Wimmern nahm im gleichen Maß zu. Ein gleißender Schmerz durchzuckte mich, als Shirin für einen Augenblick mit aller Kraft zukniff. Verärgert kniete sie über mir.
“Habe ich dir nicht befohlen, still zu sein?” Mit einer energischen Geste griff sie nach einer der Servietten, die noch vom Frühstück dort lagen und versuchte, sie in meinen Mund zu stopfen. Mit aller mir zur Verfügung stehenden Kraft bemühte ich mich, die rüde Attacke abzuwehren.
Mein eigener Körper wurde allerdings zum schnöden Verräter an mir. Denn mein Mund öffnete sich weit zum Schreien, als Shirin erneut zukniff. Allein der Schrei erstickte an dem Stück Leinen, das nun meine Mundhöhle ausfüllte. Und obschon ich so ausgestopft war, dass es mir unmöglich war, den Ballen mit eigener Kraft aus meinem Mund zu spucken, schien Shirin nicht zufrieden. Mit roher Kraft knotete sie eine weitere, zusammengedrehte Serviette um meinen Mund. Mit weit aufgerissen Augen starrte ich sie angstvoll an. Mit Sicherheit würde ich ihr gehorchen, denn sie schien ein Ausbund an Gemeinheiten. Dass ich Recht mit meiner Annahme hatte, bewies sie nur Augenblicke später.

Mit einer Kraft, die ich ihr nicht zugetraut hätte, wälzte Shirin mich vollends auf den Rücken und nahm rittlings auf meinen Oberschenkeln Platz. Ihr Gewicht presste mich zu Boden und lieferte mich ihr wehrlos aus. Wieder und wieder bearbeite sie mit ihren Krallen meine Brüste, bis sie endlich von mir abließ. Der Ohnmacht nahe lag ich einige Zeit durch die Nase schnaufend da und hielt vor Furcht die Augen weiter geschlossen.
“Jetzt sieh doch nur, wie brav du sein kannst, wenn du dir nur ein bisschen Mühe gibst!” verhöhnte sie mich in meinem Elend. “Aber was ist das?” Ob der Frage riss ich verschreckt die Augen auf. Allerdings nur, um sie gleich wieder vor Scham zu schließen.
Mit dem Hauch einer Bewegung schnippten ihre Finger an meine Brustwarzen. An meine steil aufgerichteten Brustwarzen, die mich also jämmerlich beschämten. Shirin rutschte tiefer, bis sie auf meinen Knien ritt. Einer ihrer Krallenfinger glitt schneidend von der Brust über den Bauch abwärts, bis er auf meinem Geschlecht anlangte. Der Größe nach musste es ihr kleiner Finger gewesen sein, der in die Grotte schlüpfte.
Nur einen Wimpernschlag später wurde mir schwarz vor Augen und ich wurde vor Schmerz ohnmächtig. Ohne den Finger aus mir zu entfernen, hatte sie meinen Kitzler zwischen zwei Finger gepackt und zugekniffen. Der Schmerz pochte noch in mir, als ich aus meiner Ohnmacht erwachte.

“Weißt du, dass es Völker gibt, die auch da einen Ring durchbohren?” Lauernd sah sie mir ins Gesicht und weidete sich an meiner Furcht.
“Ich könnte unserem Herrn vorschlagen, dass du...!” Schäbig grinsend brach sie den Satz ab. Zu meinem übergroßen Erstaunen wandelte sie plötzlich ihr Verhalten und streichelte zärtlich das Gebiet um mein Geschlecht, ohne selbiges jedoch zu berühren. Sie lachte laut auf und erhob sich, um das Zimmer zu verlassen.
Es mochten nur wenigen Minuten bis zu ihrer Wiederkehr vergangen sein. In der Hand hielt sie eine lange Holzstange, ähnlich einer Wagendeichsel an beiden Enden mit einer metallenen Öse versehen. Ehe ich recht begriff, wie mir geschah, löste sie die Fesseln an meinen Fußgelenken voneinander. Allerdings nur, um sie jeweils am Ende der Stange einzuhaken. Mit weit gespreizten Beine lag ich nun in schamlosen Offenheit da. Verschämt mühte ich mich die Beine zu schließen, was zu keinerlei Erfolg führte. Je mehr ich rüttelte und mühte, desto entflammter zeigte sich die entblößte Region zwischen meinen zwangsweise geöffneten Beinen. Shirin lachte aus voller Seele.
“Warte nur, gleich wird es dir noch schlimmer ergehen!” Sie hatte nicht zuviel versprochen. Die beiden Elfenbeinstäbe trafen auf keinerlei Widerstand, als sie meine Pforten eroberten. An der Art der geschickten Verschnürung, deren Aufgabe es war, die beiden Okkupanten in ihrer Stellung zu halten, erkannte ich Shirins Handschrift wieder. Aber sie war noch nicht zufrieden.
Mit einem Turbantuch umwickelte sie fest meinen gesamten Kopf mit Ausnahme der Nasenlöcher. Das Tuch umspannte meinen Kopf wie ein festes Mieder und versenkte mich in eine vollkommene Dunkelheit.
“Damit du dich so richtig freuen kannst, werde ich dir verraten, was jetzt folgt!” Der Spott in Shirins Stimme war auch in meiner erzwungenen Blindheit unübersehbar.
“Ich stehe über dir”, wie zur Bestätigung presste sie für einen Augenblick ihre Beine fest gegen meine Taille, so dass mir die ohnehin schon knappe Luft geraubt wurde. “Und ich sehe genau zwischen deine Beine. Allah, was sind deine Schamlippen angeschwollen! Du musst brennen!”

Shirin hatte nur zu Recht. Die Lage, in der ich mich befand, die Stäbe in mir, die bei der kleinsten Bewegung mein inneres Feuer schürten. All dieses trieb mich an den Rand des Wahnsinns. Ich meinte jeden Augenblick zu explodieren, die Spannung war schier unerträglich. Etwas Hartes und doch Biegsames strich über meine Bauchdecke, die sofort unkontrolliert zu zucken begann. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass ein Verlangen so stark sein kann und doch unerfüllt bleibt.
Mein ganzer Körper verselbständigte sich in Vibrieren und Zucken. Nur noch durch eine Nebelwand aus lilafarbenen Lichtkreisen vor meinen verbundenen Augen hörte ich die Ankündigung, dass Shirin mich jetzt mit Ruten peitschen würde. Sie schlug mit einer solchen Präzision zwischen meine Beine, dass jeder ihrer Schläge die Elfenbeinstäbe tiefer in mich hineintrieb und doch mein Geschlecht getroffen wurde. Die Gleichzeitigkeit von Schmerz und Erregung ging über mein Vermögen. In einem Funkenregen erlosch ich in einer endlosen Welle, die mich durchschüttelte.

Als ich erwachte, war mein Kopf befreit, jedoch nicht von dem Knebel, der inzwischen durch die Feuchtigkeit in meinem Mund auf das Doppelte angeschwollen schien.
“Wir sind noch nicht am Ende!” Shirins weiße Zähne blitzen hinter ihren vor Erregung geöffneten Lippen. Ihre Augen strahlten in einem überirdischen Licht, die Nasenflügel bebten. Doch sie wandte sich abrupt ab, als ob sie befürchtete ein Geheimnis preis zu geben.
Diesmal konnte ich sie bei ihrem Treiben beobachten. Sie schien ein ausgesprochen feines Gespür zu haben, denn sie brach die Hiebe genau in dem Augenblick ab, da sich ein erneuter Orgasmus bei mir andeutete. Es war, als ob ich beim Gehen ausgerutscht und rücklings zu Boden gestürzt war. Verzweifelt bäumte ich mich auf und versuchte mit erstickten Schreien eine Fortsetzung zu erheischen.
Shirin zeigte keine Gnade, sondern weitere Grausamkeit. Mit der gleichen Sorgfalt wie vordem peitschte sie weiter. Jedoch nicht das Gebiet meines Verlangens, sondern die schutzlosen Innenseiten meiner Oberschenkel. Das schmerzliche Brennen ließ mich auf das Tuch in meinem Mund beißen. Wie zur Kontrolle wandte sich Shirin im Schlagen zu mir. Die Tränen in meinen Augen ließen sie befriedigt innehalten.
Schon ein paar Atemzüge später setzte sie ihr Tun fort. Wieder trieb sie mich mit Schlägen auf mein Geschlecht an den Rand des Höhepunktes, um genauso grausam innezuhalten und sich wieder meinen Innenschenkeln zuzuwenden. Ein ums andere Mal trieb sie dieses heimtückische Spiel mit mir, bis es mir gestattet war, unter den Rutenhieben zur Erlösung zu kommen.

Noch ganz benommen glaubte ich meinen Augen nicht zu trauen. Shirin stand, diesmal mit dem Angesicht, über mir und begann sich lasziv zu entkleiden. Ihr Körper war mit winzigen Schweißperlen übersät, die im Licht wie Schmuck funkelten. Langsam kauerte sie auf mir nieder, bis ich ihr heißes Geschlecht auf meiner Bauchdecke spürte. Ein seltsames Ziehen kroch von dort bis in mein eigenes Geschlecht, das immer noch angefüllt, sogleich zu Pochen begann.
Unendlich langsam rutschte sie auf meinem bebenden Körper aufwärts, wobei ich die Kühle ihrer Flüssigkeit auf meiner Haut spürte. Immer höher glitt sie, bis ihr enthaartes Geschlecht an meinem Kinn rieb. Mit schlangengleichen Bewegungen rieb sie sich an meinem Kinn und dem Tuch vor meinem Mund. Ihr Stöhnen wurde immer lauter; die Bewegungen immer heftiger, bis sie mit einem Schrei vornüber sank und sich zur Seite wegrollte. Bedächtig kleidete sie sich an. Ernst sah sie auf mich herab.
“Hast du verstanden?” Ihre Augen waren lauernd zusammengekniffen. Eifrig bemühte ich mich zu nicken. Sie schien zufrieden. Es kostete sie einige Anstrengung, den Knoten in meinem Nacken zu lösen und die Serviette aus meinem Mund zu fischen. Angewidert ließ sie die feuchte Leinwand neben meinem Kopf zu Boden fallen. Noch immer machte sie keine Anstalten, mich von meinen Fesseln zu befreien. Im Gegenteil packte sie die Stange zwischen meinen Füßen und schleifte mich daran zu den Sitzkissen. Beinahe hätte ich lachen müssen. Gemeinsam brachten wir mich unter Ächzen und Stöhnen auf die Knie. Doch die Lust zum Lachen verging mir augenblicklich.
Bäuchlings musste ich mich über eines der Sitzkissen legen. Eine Kette an meinem Halsreif führte unter dem Sitzkissen hindurch zu der Spreizstange und wurde dort befestigt. Zur Sicherheit band Shirin meinen Oberkörper mit dem Turbantuch zusätzlich an dem Kissen fest. Unverrückbar kniete ich also an diesem Ort.
Mit einem zarten Kuss auf das Ohrläppchen und dem kurzen Eindringen ihrer Zunge in mein Ohr verabschiedete sich Shirin und hinterließ eine gänsehäutige Gefangene ihrem Schicksal.

Das Blut schoss mir in den Kopf, als unter einem erstaunten Ausruf der persische Gesandte das Zimmer betrat. Mein Anblick muss erniedrigend gewesen sein. Eine nackte Frau kniet mit schamlos gespreizten Beinen, die einen unverstellten Blick auf ihr Intimstes erlauben, bäuchlings über einem Sitzkissen. Die beiden Kunstglieder müssen wie Feldzeichen, die von einer geschlagenen Schlacht kündeten, aus mir geragt haben.
Ich schämte mich in Grund und Boden. Geistesgegenwärtig presste ich eine Entschuldigung hervor, die meine fehlende standesgemäße Begrüßung des Gebieters erklären sollte. Qadir Abd al Mudhill trat näher. Wie zum Spaß hob er einen Fuß und setzte die Sohle auf die Enden der beiden Stäbe in mir. Leise wippte der Fuß hin und her. Mein Stöhnen zeigte augenblicklich den Erfolg seines Handelns an.
Erst nach einer ziemlichen Weise ließ er von ab. Er hockte sich neben mich und sah mir ins Gesicht. Verschämt schloss ich die Augen. Seine Hand streichelte suchend über meinen ausgelieferten Körper. Mit einer zärtlichen Geste löste er die Fesseln meiner Hände und hieß mich die Arme ausstrecken. Erleichtert dehnte ich die Arme.
Der Gesandte dachte jedoch nicht daran, mich wirklich vollends freizulassen. Denn nach dieser kurzen Entspannung führte er meine Handgelenke an die Knie und befestigte die jeweiligen Reifen aneinander. Erst jetzt löste er die Kette vom Halseisen und das Tuch. Für ihn bedeutete es keine so große Anstrengung wie für Shirin, mich in eine andere Lage zu bringen. So saß ich nun also rücklings an ein Sitzkissen gelehnt in einer nicht minder schamlosen Positur. Jeder, der zur Tür hereinkommen würde, sah eine Nackte mit weit geöffneten Beinen, die scheinbar von ihren eigenen Händen auseinandergehalten wurden.
Mein Blick ging verschämt zu Boden, als Yussuf das Zimmer betrat. Die urplötzliche Ausbuchtung in seiner Hose war kaum zu übersehen. Der Gebieter winkte Yussuf herbei.
“Warst du das?” fragte er amüsiert. Vehement verneinte Yussuf mit heftigem Kopfschütteln.
“Sehr einladend und appetitanregend, nicht wahr?” Seine spöttische Frage war mehr an mich gerichtet. “Das Essen Yussuf!” Der verneigte sich dienstfertig und verschwand.
Der Dolch blitzte in seinen Händen. Mit einer schnellen Bewegung durchschnitt mein Gebieter den dünnen Strick, der die Stäbe in mir hielt. Mit einem schmatzenden Geräusch zogen sich die beiden Besatzer ohne jedes Zutun aus ihrem eroberten Terrain zurück. Achtlos schob Qadir Abd al Mudhill sie mit dem Fuß zur Seite. In diesem Augenblick wusste ich nicht, was schlimmer war. Die Stäbe in mir zu spüren oder ihr Fehlen.

Yussuf kehrte mit dem Essen zurück und starrte unverwandt zwischen meine Beine, bis unser Gebieter ihn fortschickte. Wie ein hilfloses Kind musste ich mich von Qadir Abd al Mudhill füttern lassen. Anscheinend kleckerte er absichtlich, um einen Vorwand zu haben, meine nackte Brust zu reinigen. Ähnliches geschah während meines Aufenthaltes im Palais d’Auban noch mehrfach, doch immer war es mir peinlich, dass meine Brustwarzen so verräterisch keck ihren Kopf dabei hoben.
Nach dem Essen rückte er dicht neben mich und liebkoste ausführlich meine Brüste. Unfähig auch nur den Hauch einer Gegenwehr zu leisten, gab ich mich ihm hin, obschon ich an den Fesseln zerrte. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, genoss er das Spiel mit meiner Hilflosigkeit.
“Nun”, er machte eine bedeutungsvolle Pause, während er doch gleichzeitig seine Liebkosungen fortsetzte, “gegen Ende des Sommers könnten deine Brüste ihre bisherige Unversehrtheit verlieren. Es sei denn, du änderst deine Meinung und bittest um deine Freilassung. Willst du?”
Die Frage lastete schwer im Raum. Gedanken durchhuschten mein Gehirn. Würde Fauchard sich mit den Nachrichten zufrieden geben, die ich bisher liefern konnte? Würde er mich dann in Frieden lassen? Die Antwort fiel nicht schwer. Mit Sicherheit würde Fauchard toben, wenn er erführe, dass ich meinen Auftrag aus eigenem Antrieb niedergelegt hätte. Und was dann mit mir geschehen würde, bedurfte keinerlei Fantasie.

Qadir Abd al Mudhill war aufgestanden und sah mich ernst an. Für einen Moment vergaß ich meine schamlose Zurschaustellung und meine Fesseln und verlor mich in seinen Augen. Ich würde bleiben und seine Sklavin werden. Nicht aus Angst vor Fauchard und dem was er mir antun würde, sondern weil ich meinen Herrn liebte, trotz allem was ich in seinem Haus erdulden musste.
“Es steht mir nicht zu, darüber zu entscheiden, Herr. Euren Befehl hören, bedeutet ihn unverzüglich zu befolgen, Gebieter!” Seine Miene erhellte sich, meine Augen füllten sich mit Tränen.
“Wenn Ihr es wünscht, werde ich mit Freuden und Stolz die Zeichen meiner Unterwerfung unter Euren Willen tragen!” In diesem Augenblick wäre ich ihm so gerne um den Hals gefallen, oder ihm zu Füßen. So blieb mir in meinen Fesseln, die mich unbarmherzig gefangen hielten, nichts als ein sehnsüchtiger Blick. Und eine eindeutige Geste, die er sofort verstand. Langsam beugte er sich über mich und begann meinen wehrlosen Körper, den ich ihm bereitwillig hingab, mit Küssen zu bedecken.


Mit einem tiefen Seufzer ließ Jacqueline das Buch sinken und legte es beiseite. Sie schloss die Augen und gab sich den Gefühlen hin, von denen sie durchflutet wurde. Mit einem Schlag durchzuckte sie eine Hitzewelle. Schon während des Lesens war sie von der Couch auf den Fußboden gerutscht. Zu ihrem Schreck saß sie jetzt mit dem Rücken an die Couch gelehnt. Die Beine leicht angewinkelt und weit gespreizt. Ihre Hände ruhten auf den Kniegelenken, als ob sie an die Oberschenkel gefesselt wären. Weitaus mehr erschreckte sie, dass ihre steil aufgerichteten Brustwarzen am Stoff des Bademantels rieben.
Mit einem Satz war sie auf den Beinen und stürzte ins Badezimmer. Der verfluchte Ring musste vom Finger. Mit Tränen in den Augen kämpfte sie mit allen Tricks gegen das tückische Metall, das sie anscheinend unter keinen Umständen aus seiner Gewalt freigeben wollte. Panik stieg in ihr auf, als auch der Versuch mit der Zahnseide scheiterte.
Verstört flüchtete sie ins Bett. Die rechte Hand blieb über der Bettdecke, als ob sie nicht zu Jacqueline gehörte. Der Finger pochte und schien zu glühen. Mit dem Gedanken, morgen in eine Klinik zu fahren und sich dort den Ring entfernen zu lassen, fiel sie in einen unruhigen Schlaf.

Der erste Gedanken nach dem Aufwachen galt dem Ring. Ihr Griff ging unverhofft ins Leere. Der Ring befand sich nicht mehr am kleinen Finger der rechten Hand. Mit einem Ruck saß Jacqueline aufrecht im Bett. Noch halb schlaftrunken und mit verquollenen Augen suchte sie tastend im Bett nach dem Ring. Verstört knabberte sie nach Abbruch der erfolglosen Suche an der Unterlippe. Der Ring blieb unauffindbar. Angestrengt versuchte sie ihn auf dem Fußboden vor dem Bett zu entdecken. Aber auch hier hatte sie keinen Erfolg.
Jacqueline beschloss, die ganze Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen und möglichst weder an den Ring noch an das Buch einen weiteren Gedanken zu verschwenden. Verärgerung stieg in ihr auf. Zeit, um aufzustehen und etwas anderes zu tun, als sich mit der Geschichte zu beschäftigen. Vehement schlüpfte sie in die Pantoffeln und fuhr mit einem erschreckten Aufschrei zurück. Ihr rechter Großzeh war im Pantoffel an etwas Kaltes gestoßen. Irritiert und doch gleichzeitig erleichtert hielt sie den Ring auf der flachen Hand, nachdem sie den Pantoffel ausgeschüttelt hatte.
Für einen kurzen Moment schweiften ihre Gedanken ab, dann fasste sie einen Entschluss. Buch und Ring sollten gemeinsam für eine längere Zeit in der Schublade des Nachttisches verschwinden. Somit würde ihr in Zukunft sicher so manche dieser rätselhaften Überraschungen erspart bleiben.
Für zwei arbeitsreiche Wochen hatte Jacqueline in dieser Richtung auch tatsächlich die erhoffte Ruhe. Unangekündigt stand eines Abends ihre Freundin vor der Tür, um sich ihr Herz wegen einer Liebesaffäre auszuschütten.

Nur widerwillig gab Jacqueline dem Drängen der Freundin nach, gemeinsam in das persische Restaurant zum Essen zu gehen. Noch beklemmender war der Vorschlag der Freundin, für diesen Besuch den Ring anzustecken, damit der Besitzer sie wieder erkennen und vielleicht erneut ein kostenloses Essen herausspringen würde. Mit einem verkrampften Gefühl in der Magengegend gab sie dem Ansturm der Freundin nach.
Der Perser erkannte sie sofort wieder und küsste zuerst galant der Freundin die Hand. Verschämt ließ Jacqueline es geschehen, dass er auch sie mit einem Handkuss begrüßte. Der Ring blitzte im Licht der Kerzen unübersehbar auf; der Perser lächelte verhalten.
“Madame, ich sehe, Sie tragen den Ring trotz allem?” Mehr eine Feststellung als eine Frage. Ein eiskalter Schreck durchfuhr sie. Woher konnte er von den Vorgängen um Armandine wissen? Irritiert suchte sie den Blick des Persers. Ein geheimnisvolles Leuchten drang aus diesen dunklen Augen, das sie für einen kurzen Moment in heftige Unruhe versetzte. Die Unruhe wich aber nur wenige Herzschläge später einem eigentümlichen Gefühl von Frieden und Ruhe.
Jacqueline atmete tief durch. Erleichtert nickte sie stumm. Das Essen verlief in einer eigentümlichen Atmosphäre. Nur mit halbem Ohr verfolgte sie den mehr als ausführlichen Bericht ihrer Freundin. Der genügten die stummen Nickbewegungen als Bestätigung zum Weitererzählen.
Jacqueline hing in ihrer eigenen Welt ganz anderen Gedanken nach. Der Perser schien etwas zu wissen, was sie betraf. Alles Grübeln führte sie jedoch zu keinem greifbaren Ergebnis. Mit einem hastigen Kuss verabschiedete sich die Freundin nach dem köstlichen Essen und ließ sie in dem Restaurant zurück. Die neue Affäre wartete. Inzwischen waren auch die meisten anderen Gäste gegangen.

“Sie erlauben?” Der Perser wartete höflich auf die Aufforderung sich zu setzen. “Madame, ich hoffe, Sie finden mich nicht aufdringlich, wenn ich mir die Freiheit erlaube, mich zu Ihnen zu setzen?” Mit einem freundlichen Ausdruck im Gesicht sah er sie an. Jacqueline schüttelte verlegen lächelnd den Kopf.
“Sie haben schweren Kummer? Vielleicht sogar wegen des Ringes?” Jacqueline hielt für einen Moment den Atem an, dann sprudelte es zu ihrer eigenen Verblüffung aus ihr heraus. Bisher hatte sie noch niemandem, nicht mal ihrer besten Freundin, von den Vorgängen um Armandine de Marillac erzählt. Und jetzt erleichterte sie ihr Herz einem nahezu Unbekannten. Mit Tränen in den Augen sah sie ihn flehend an.
“Sie glauben mir doch, oder? Ich bin wirklich nicht verrückt!” Er lächelte. Das Lächeln flutete wie ein warmer Sonnenstrahl an einem Märztag durch Jacqueline. Mit einem Mal fühlte sie sich entspannt und gelöst. Die Tränen rannen jetzt über ihr Gesicht. Der Perser reichte ihr taktvoll eine Serviette.
“Sie erlauben, dass ich Sie Jacqueline nenne? Nun Jacqueline, in meiner Heimat sind solche Dinge ganz normal. Geister oder Djinns gehören zu unserem Leben wie hier Telefon und Auto. Wir haben allerdings den Vorteil, dass wir uns an Menschen wenden können, die diese Erscheinungen deuten können.” Er drehte sich um und rief etwas Unverständliches in Richtung der Küche.
Jacqueline blieb für einen Moment das Herz stehen, als ein Mann aus der Küche kam. Er war von eher unbedeutendem Äußerem; seine Kleidung wies ihn als Koch aus. Aber von dem Moment an, in dem er die Gaststube betrat, beherrschte seine Ausstrahlung dem Raum.

“Leider spricht Wali nur Persisch, erlauben Sie daher, dass ich für Sie übersetze?” Lachend registrierte er Jacquelines fragenden Blick.
“Wali ist nicht nur unser Koch, er ist auch ein Derwisch. Ich erzählte Ihnen doch bei Ihrem letzten Besuch hier von Derwischen und Sufis! Bei uns gelten sie als Magier und man sagt sie haben Zauberkräfte!” Sein Lachen wirkte ansteckend und doch hatte Jacqueline das seltsame Gefühl, dass sich dahinter eine tiefere Wahrheit verbarg. Er redete längere Zeit eindringlich mit dem Koch. Der saß in einer eigentümlich entrückten Haltung mit geschlossenen Augen am Tisch und schien lautlose Worte zu murmeln.
Jacqueline wurde ein wenig unheimlich. Ihr Unbehagen steigerte sich, als der Koch nach dem Ende des Berichtes die Augen öffnete und sie intensiv ansah. Sein Blick schien gleichzeitig durch sie hindurchzugehen und doch bis tief in ihr Innerstes zu sehen. Dann schloss er die Augen wieder und schien geistesabwesend.
Bei Jacqueline setzte ein seltsames Brennen auf der Höhe des Brustbeins ein, das schließlich auf ihren ganzen Körper übergriff. Unvermittelt schlug des Brennen in die selbe Art von friedlichem Gefühl um, das sie schon bei dem Besitzer des Restaurants empfunden hatte. Der Koch tuschelte einige Sätze zu seinem Nachbarn und kehrte nach einer wortlosen Verbeugung in die Küche zurück.
“Ich habe mich übrigens noch gar nicht vorgestellt, entschuldigen Sie bitte meine Nachlässigkeit! Ich heiße Amin. Das bedeutet der Freund. Amin Nabastari.”
Das rätselhafte Lächeln erschien wieder auf seinem Gesicht. Jacqueline starrte ihn mit offenem Mund an. Sie hatte noch nie zuvor den Eindruck erlebt, dass der Name eines Menschen und seine Ausstrahlung so übereinstimmten. Herr Nabastari beugte sich ein wenig vor.
“Wali hat gesagt, dass Sie nur Ruhe finden werden, wenn Sie jenes Buch zu Ende lesen. Denn das Band zwischen Ihnen beiden sei unentrinnbar verknüpft, da ein Teil von Ihrer Vorfahrin auch in Ihnen lebe. Alles werde sich danach für Sie zum Guten wenden. Die Seele Ihrer Vorfahrin kann nur so aus der Macht des bösen Geistes gerettet werden, der sie in der Welt der Geister immer noch gefangen hält. Ein Geist, der zu Lebzeiten große Schuld auf sich geladen hat und sich an alle unerlösten Seelen seiner Zeit klammert, derer er habhaft werden konnte. Ihre Ahnin wird Ihnen dafür ein Geschenk zukommen lassen, das Ihnen helfen wird, zu einem Teil Ihres eigenen Selbst zu finden, der bislang noch verschüttet ist. Er erwähnte eine Tür, die Sie öffnen müssten, dort würden Sie das Geschenk finden. Und noch etwas sehr Seltsames. Nun, manchmal verstehe auch ich seine Aussagen nicht ganz.” Herr Nabastari lächelte hilflos.
 Er sagte, Sie trügen den Ring im Augenblick zu Unrecht. Und Sie sollten ihn bis zum Juli nächsten Jahres auf keinen Fall tragen. Erst wenn Sie dem König begegnet sind, gehört er wirklich Ihnen. Seltsam nicht?”

Sie schwiegen beide eine Weile und hingen ihren Gedanken nach. Immer noch in Grübeleien verstrickt verabschiedete sich Jacqueline und fuhr nach Hause. Wie unter einem Bann legte sie sich ins Bett, holte das Buch aus der Schublade des Nachttisches und wollte beginnen zu lesen. Der Ring glitt wie von allein von ihrem Finger auf die Bettdecke. Behutsam legte sie ihn in die Schublade.


Der Sommer näherte sich mit Macht. Die Stadt wurde immer heißer und stickiger, obwohl man im Inneren des Palais d’Auban nicht allzu viel davon verspürte. Trotzdem wurde beschlossen, der allgemeinen Mode zu folgen und einige Wochen auf dem Land zu verbringen.
Zum ersten Mal seit meinem Eintritt in die Dienste des persischen Gesandten bot sich mir also die Gelegenheit, das Palais zu verlassen. Alle meine stillen Hoffnungen zerstoben jedoch noch vor der Abfahrt. Yussuf winkte mich in der Vorhalle zu sich. Als er sein Werk an mir vollendet hatte, war mir zum Weinen. Stück für Stück nahm er mir die erhoffte Freiheit.
Meine Ellenbogen straff hinter dem Rücken zusammengekettet, die Hände ebenso vor dem Bauch, waren meine Arme zu nichts mehr nütze. Kurze Ketten zwischen Knien und Fußgelenken ließen mir kaum Raum zum Schreiten. Obendrein löschte die goldene Maske mein Gesicht aus. Ein weiter Kapuzenumhang verbarg diskret meinen Aufzug vor den Augen etwaiger Neugieriger.

Ohne viel Federlesen hob Yussuf mich in die Kutsche, die unterdessen im Innenhof vorgefahren war. Eine Kette an meinem Halsreif hielt mich endgültig als Gefangene in der Kutsche. Auch später habe ich bei meinen gelegentlichen Ausflügen zu meinem Leidwesen nie eine andere Art des Transportes erlebt.
Wortlos stieg Qadir Abd al Mudhill zu mir in die Kutsche und kontrollierte meine Fesseln. Zufrieden mit Yussufs Arbeit nickte er dem stummen Diener zu und wandte sich an mich.
“Ich werde in Kürze zu Pferd folgen. Yussuf wird dich auf der Fahrt begleiten und auf dich achten!” Er überzeugte sich, dass die Vorhänge der Kutsche dicht verschlossen waren und entfernte sich. Yussuf nahm mir gegenüber Platz und verharrte die gesamte Fahrt mit verschränkten Armen nahezu bewegungslos auf der Sitzbank.
Als wir endlich unser Ziel erreichten, war die Dunkelheit bereits längst hereingebrochen. Die Grillen zirpten in der lauen Sommernacht und die Luft war angenehm mild nach der Fahrt in der stickigen Kutsche. Zwei Diener mit Fackeln eilten herbei, um die Reisenden zu empfangen und das Gepäck zu versorgen. Man ließ mich einfach neben der Kutsche stehen, als ob ich ein vergessener Koffer sei. Die Kutsche entfernte sich in Richtung Remise.

Zögerlich näherte sich einer der Diener und griff scheu nach der Kette, die noch von meinem Halsreif baumelte. Als ob ich ein Pferd und kein Mensch sei, führte er mich ins Haus. Ich konnte es ihm nicht verdenken. Ohne meinen Herrn zu Gesicht zu bekommen, wurde ich nach dem Entfernen der Maske mit allem Nötigen versorgt und schließlich eine Treppe hinab in ein Kellerverlies geführt.
Eine einfache Pritsche war neben einem Eimer für die Notdurft das Einzige, was sich in dem Raum befand. Eine Zelle wie im Gefängnis der Geheimen Staatspolizei. Ein leichtes Grauen packte mich. Anscheinend kam es niemandem in den Sinn, mich von meinen Fesseln zu befreien, denn die schwere Holztür öffnete sich nicht bis zum Morgen. Mein Gebieter erschien in der Begleitung von Yussuf.
“Nun, das einfache Landleben bietet bei weitem nicht soviel Komfort wie die Stadt, nicht wahr?” Er grinste schelmisch.
“Dafür ist das Leben hier nicht ganz so von der Etikette bestimmt. Vor allem was die Bekleidung betrifft, sieht man es auf dem Land ein wenig legerer.” Er wies Yussuf an mich von den Ketten zu befreien. Augenblicklich warf ich mich in der vorgeschriebenen Weise vor meinem Gebieter nieder.
Was er mit seinen Worten wirklich meinte, erfuhr ich, nachdem er mich aufstehen hieß. Er zeigte auf einen Beutel, den Yussuf in der Hand hielt. Sein stummer Befehl wurde umgehend befolgt. Ein ähnliche Maske, wie ich sie in der Öffentlichkeit sonst auch trug, bedeckte mein Gesicht, ließ aber die Mundpartie unbedeckt. Obendrein bestand sie anstelle von Metall aus handschuhweichem Leder.
“Das wird für die Zeit hier deine einzige Bekleidung sein.” Mit zitternden Händen entkleidete ich mich und überreichte meine Kleider Yussuf.

Meine Beine wollten mir schier nicht gehorchen, als ich hinter den Beiden die Treppe emporstieg. Die Diener starrten mich an, als ob ich vom Mond gefallen sei und mussten ermahnt werden, sich an ihre Arbeit zu begeben. Trotzdem konnten sie den Blick nicht von mir wenden. Kaum einen Bissen des Frühstücks konnte ich herunterschlucken.
Nach dem Frühstück folgte ich meinem Gebieter zu einem großen Wandspiegel im Flur. Auch diese Maske beraubte mich der Person, wenngleich sie mich nicht so nachhaltig entmenschlichte. Aber ich schien nur ein Körper ohne Seele oder Wesen.
“Diese Maske hat der anderen gegenüber einen Vorteil!” verkündete mir mein Gebieter. “Nun ist auch dein dritter Zugang frei verfügbar.” Und wie zur Bestätigung öffnete er vor der Dienerschaft, der fast die Augen aus dem Kopf fielen, seine Hose und entblößte sein Geschlecht.
Inzwischen hatte ich gut genug gelernt, um zu wissen, was nun von mir verlangt wurde. Eilfertig fiel ich auf die Knie, legte die Hände sittsam überkreuz auf den Rücken und liebkoste das steil aufgerichtete Geschlecht mit dem Mund. Mit einem leichten Seufzer ergoss sich mein Herr.
Ich muss gestehen, dass ich an dieser Art, einen Mann zu befriedigen, einen gewissen Genuss empfand. Niemals zuvor hatte mein verstorbener Gatte etwas derartiges von mir verlangt. Erst im Palais d’Auban lernte ich diese Methode kennen und schätzen. Entsprechend meiner Aufgabe säuberte ich sein Geschlecht mit dem Mund und schloss dann seine Hose.

Die Diener sahen in diesem Augenblick aus wie zwei Hunde, die einen Knochen erspäht haben. Allein die Furcht vor meinem Herrn, der auch der ihre war, hielt sie an einer unsichtbaren Leine zurück. Unwirsch herrschte er sie an.
“Was gafft ihr so? Schert euch an die Arbeit!” Mit untertänigem Kratzfuß und voller Furcht machten sie sich davon. Inzwischen kannte ich Qadir Abd al Mudhill gut genug, um sein amüsiertes Lächeln zu entdecken, das seine Mundwinkel umspielte. Er hatte den Vorfall genossen. Freundlich wandte er sich mir zu.
“Ich bin sehr zufrieden mit dir. Ein letzte Prüfung, und du wirst in kurzer Zeit die Sklavenringe tragen dürfen. Zum Zeichen dafür erhältst du diesen Ring hier schon heute!” Getreu seinem Befehl hob ich meine rechte Hand zu ihm empor.
Mit Nachdruck schob er einen etwas zu engen Ring über meinen kleinen Finger. Ein kleiner Ring, der den Reifen ähnelte, die mich als seine Gefangene kennzeichneten. Überglücklich und stolz fiel ich vornüber und küsste voll echter Dankbarkeit seine Füße. An meinen Schultern hob er mich empor. Ernst sah er mir in die Augen.
“Aber diese Prüfung von der ich sprach, wird schwer zu bestehen sein. Ich denke jedoch, es wird dir gelingen!” Mit diesen Worten verabschiedete er sich, ohne ein weiteres Wort über die Angelegenheit zu verlieren und ging, um auszureiten.

Versonnen betrachtete ich den Ring an meiner Hand. Etwas, das wie ein zartes Blütenmuster wirkte, war der einzige Schmuck an dem sonst schlichten Goldring. Begutachtend bewegte ich die Hand hin und her. Ein wenig verloren stand ich in dem Raum und wusste nicht wohin. Das kleine Schlösschen, in dem wir uns aufhielten, war mir vollkommen fremd.
Beinahe umgehend wurde ich jedoch meiner Unsicherheit enthoben. Yussuf erschien und bedeutete mir durch Zeichen, ihm zu folgen. Möglicherweise wäre es mir leichter gefallen, wenn ich in Ketten gelegt worden wäre. So aber verließ mich Yussuf in relativer Freiheit, nachdem er mich im Kellerverlies eingesperrt hatte. Der karge Raum war mir anscheinend als Aufenthalt beschieden.
Gelangweilt legte ich mich auf die Pritsche. Das Bild meiner Benutzung durch meinen Herrn vor der Dienerschaft ging mir nicht mehr aus dem Sinn. Immer drängender steigerte sich mein Verlangen. In meiner Not begann ich schließlich, mich selber zu befriedigen. Erleichtert ließ ich mich zurücksinken.

Ein eigentümliches Gefühl beunruhigte mich jedoch urplötzlich. Ich folgte meiner Eingebung und sah in Richtung Tür. Durch das winzige vergitterte Fenster in der Tür war ein schattenhaftes Antlitz zu erahnen. Zu Tode erschrocken fuhr ich von der Pritsche auf. Unter Getöse öffnete sich die Tür und mein Gebieter betrat das Verlies. Eilfertig sprang ich von der Pritsche, fiel beschämt vor ihm nieder und erbat seine Gnade.
“Gnade? Du weißt doch, dass ich keine Gnade walten lasse. Noch heute Morgen hätte ich nichts zu diesem kleinen Spielchen gesagt. Nun aber, da du im Begriff stehst, meine Sklavin zu sein, sei dir Folgendes gesagt. Zukünftig ist es dir verboten, dich selber zu berühren, es sei denn, es wird dir befohlen!” Seine Stimme klang ernst und streng, aber vollkommen ruhig.
“Und damit du es richtig verstehst...!” Drohend endete der Satz, ohne zu Ende geführt zu sein. Gehorsam kroch ich zur Pritsche hinüber und legte mich auf seinen Befehl mit dem Oberkörper darauf. Die Hiebe seiner Reitgerte bissen in mein ergeben aufgestrecktes Hinterteil. Zärtlich fuhr die Gerte nach den Schlägen über meinen nackten Rücken und hinterließ eine Spur des Schauerns.
“Und jetzt stell dich in die Mitte des Raums!” Nur zwei Atemzüge später stand ich mit hängenden Armen und schamhaft gesenktem Blick daselbst. Langsam umkreiste er mich; seine Stiefel hallten auf dem Steinfußboden.
“Beginne!” Ratlos versuchte ich zu erfassen, was er von mir wünschte. Ein Hieb traf meine Oberschenkel, dann noch einer. Die Spitze der Reitgerte stach zwischen meine zusammengepressten Beine, fuhr aufwärts und rieb in meiner Spalte hin und her.
“Beginne!” Diesmal verstand ich. Mit zitternden Händen griff ich nach meinem Geschlecht und begann zögerlich seinem Befehl zu folgen.
“Eben grade ging es doch noch ohne jede Schwierigkeit?” Seine Stimme hatte einen verärgerten Unterton. Erst nach weiteren Hieben schien er mit meiner Ausführung zufrieden. Jedes Mal, wenn ich erlahmte oder die Scham mich erneut überwältigte, trieb er mich mit unbarmherzigen Schlägen weiter.
“Du bist wie ein störrisches Pferd, das die Peitsche braucht, um zu galoppieren!” Die Gerte zog ihre sengende Spur immer wieder über mein Gesäß. Und tatsächlich schien er mit seinen Worten Recht zu haben. Der Rhythmus seiner Schläge schien mir den Weg zu weisen, als ich mich der Schlagfolge übergab. Keuchend sackte ich zusammen, als der Höhepunkt kam. Aber ich fiel nicht zu Boden, denn er fing mich auf und trug mich auf die Pritsche.

Nach Atem ringend kehrte ich zu vollem Bewusstsein zurück. Qadir Abd al Mudhill saß auf dem Rand der Pritsche und beobachtete mich. Seine Hand strich sanft über meinen Oberschenkel. Die Kühle seiner Hand linderte das heiße Brennen der Striemen ein wenig. Stöhnend bewegte ich mich. Das Liegen auf dem Gesäß erschien nahezu unmöglich.
“Ich möchte es noch einmal sehen!” Sein ernsthafter Ausdruck ließ keinen Zweifel offen. Diesmal fiel mein Zögern schwächer aus. Das Brennen der Striemen erzeugte die Illusion von Hieben, so fiel es mir leicht, einem erneuten Höhepunkt ohne Widerstand zuzutreiben.

Meine Scham der Dienerschaft gegenüber, nachdem ich im Gefolge meines Gebieters die Wohnräume betreten hatte, wurde durch die Aufmerksamkeit, die ich erregte, gelindert. Die frischen Striemen auf meiner nackten Haut, die ich derart unverhüllt zur Schau stellen musste, schienen eine solche Wirkung auf die Dienerschaft zu besitzen, dass sie erst durch die ihrerseitige Bekanntschaft mit der Gerte des Gebieters die Arbeit wieder aufnahmen.
Die Mahlzeiten pflegten wir im kleinen Rahmen einzunehmen. Es war und blieb mir trotzdem peinlich daran teilzunehmen, obschon auch hier eine gewisse Gewöhnung eintrat. Meine Erleichterung darüber, bisher außer der Dienerschaft, keinen Fremden begegnet zu sein, zerstob eines Abends zu Staub.
“Wir werden am Wochenende hier ein Fest geben”, verkündete nach etwa drei Wochen mein Gebieter an jenem Abend. Mein ganzer Körper begann unkontrolliert zu beben.
Eine Gesellschaft! Auf allen Vieren kroch ich auf ihn zu und flehte ihn an, mich nicht in diesem Aufzug einer Gästeschar zu präsentieren. In dieser Nacht kam der Schlaf nicht zu mir. Schon vor Beginn meines Flehens erkannte ich seine Nutzlosigkeit. Qadir Abd al Mudhill ließ sich wie immer nicht erweichen. Die folgende Bestrafung erinnerte mich an meine Pflicht. Im Anschluss an die zehn Hiebe spürte ich das feine Rinnsal von warmem Blut, das langsam an meinen Beinen herunterlief. Schläge in dieser Stärke hatte ich bisher nicht von der Hand meines Gebieters erhalten. Noch immer weinend, wenn auch still, stürzte ich förmlich vor ihm zu Boden.
“Ihren Befehl hören, bedeutet ihn unverzüglich zu befolgen, Gebieter!” Voller Verzweiflung umschlang ich seine Beine und herzte seine Füße.
“Bitte, ich will es versuchen, aber ich schäme mich so!” Seine rechte Hand ruhte auf meinem Haupt. Ich kroch näher zwischen seine geöffneten Beine und bohrte meinen Kopf in seinen Schoß. Sachte streichelte seine Linke den nicht bedeckten Teil meines maskierten Gesichtes. Mit den Lippen fing ich seinen Finger und liebkoste ihn mit der Zunge. Seine rechte Hand, die immer noch auf meinem Scheitel ruhte verwehrte mir, den Blick zu heben. So blieb mir nur seine körperliche Nähe. Wir verweilten eine Ewigkeit in diesem Zustand der tiefen Verbindung.
Mitten in dieses Gefühl der Verbundenheit platzten seine Worte, die mich trotz ihrer Schrecklichkeit beinahe unberührt ließen. Die Scham über mein avisiertes Auftreten in der Gesellschaft verblasste angesichts der Ungeheuerlichkeiten, die mir offensichtlich zudem bevorstanden.


Ein heftiges Herzklopfen führte dazu, dass Jacqueline die Lektüre abbrach. Voll Bangen dachte sie an die Worte des rätselhaften Kochs in dem persischen Restaurant.
Es stand ihr anscheinend noch Einiges bevor, bis sie das Buch zu Ende gelesen hatte. Offensichtlich nahmen die Leiden der Armandine de Marillac kein Ende. Ihre Vorfahrin musste Höllenqualen erlitten haben. Es erschien Jacqueline kein Wunder mehr, dass ihre Vorfahrin keine Ruhe fand. Das Buch verschwand umgehend in der Nachttischschublade. Zu einer Fortsetzung des Lesens fehlte ihr im Moment einfach die Kraft.

Die eigentümliche Kraftlosigkeit hielt noch einige Tage an. Jacqueline funktionierte wie eine Maschine, ohne richtig bei der Sache zu sein. Das Denken fiel ihr schwer und sie fühlte sich ständig wie ausgelaugt. Matt schleppte sie sich durch die Tage. Morgens erwachte sie häufig müder, als sie abends eingeschlafen war. Nichts schien gegen diesen Zustand zu helfen.
Eines Samstagmorgens wurde sie von einem kleinen Trupp ihrer Freunde überfallen, die sie zu einem Ausflug überredeten. Die Fahrt endete ungefähr hundert Kilometer von Paris entfernt in einem kleinen Dorf. Getrennt gingen sie auf Entdeckungsreise und verabredeten vorher einen Treffpunkt für die Heimfahrt.
Jacqueline ließ sich durch den Ort Provins und das Museum treiben. Der ganze Ort schien direkt aus dem Mittelalter in die heutige Zeit versetzt zu sein. Der mächtige Burgturm und die Wehrmauer der Stadt strahlten eine trotzige Kraft und Festigkeit aus, die sich auf Jacqueline übertrug. Das Eintrittsgeld im Museum wurde von freundlichen Angestellten in mittelalterlicher Tracht kassiert. Jacqueline staunte. Beinahe eine Zeitreise in eine ferne, vergangene Zeit, in der Kaufleute Stoffe und Gewürze aus fernen Ländern anboten. Eine Verbindung von Frankreich und dem Orient, die in ihrem Inneren eine leise Wehmut auslöste.
Jacqueline streunte weiter durch den Ort und sog die Eindrücke in sich auf. Irgendwann stand sie vor der Kirche Saint Quiriace. Von der Kuppel gab es einen famosen Rundblick über das Städtchen und die Umgebung. Die frische Luft und die Abwechslung ließen die Mattigkeit endgültig von ihr abfallen. In Gedanken versunken schlenderte sie durch das Kirchenschiff in Richtung Ausgang. In ihrer Unachtsamkeit prallte sie im Ausgang auf einen Mann. Hastig murmelte sie eine Entschuldigung. Im gleichen Moment schlug ihr Herz bis zum Hals.

Der Besucher, auf den sie gedankenverloren zusammengestoßen war, lächelte sie an.
“Keine Ursache Madame! Aber warten Sie, haben wir uns nicht schon mal in meiner Kirche getroffen? Es ist anscheinend ein Wink des Schicksals, dass wir uns wieder an der Tür zu einer Kirche begegnen?” Seine Heiterkeit war ansteckend, trotzdem brauchte Jacqueline ein paar Atemzüge, bis sie sich gesammelt hatte.
“Aber sicher. Ich erinnere mich noch gut! Sie waren so freundlich und erzählten mir einiges über die kleine Kirche, in der Sie Pfarrer sind!” Ein Gespräch entwickelte sich, in dem der Pfarrer erneut seine Fähigkeit unter Beweis stellte, Geschichten und Geschichtchen zu erzählen. Erschrocken sah Jacqueline auf die Uhr.
“Entschuldigen Sie mich! Ich muss Sie schon wieder Hals über Kopf verlassen, aber meine Freunde warten längst auf mich!” Ein leichtes Gefühl der Bangigkeit flog Jacqueline an, als der Pfarrer sie zu einem erneuten Besuch in der kleinen Kirche einlud. Trotzdem sagte sie zu.

Die Begegnung schien in ihr eine neue Kraft geweckt zu haben. Dennoch verhielt sie sich auf der Rückfahrt nach Paris schweigsam. Der Abend im Kreise der Freunde verlief zwar in fröhlicher Atmosphäre, doch Jacqueline wurde ein Gefühl der Angespanntheit nicht los.
Kaum waren die Freunde gegangen und alles aufgeräumt, zog sie sich in den Salon zurück und las wieder in dem Buch. Sie musste an die Worte des persischen Kochs denken, dass sie wohl nur auf diese Weise die innere Anspannung loswerden konnte.

Der bewusste Tag nahte in Windeseile. Je mehr die Stunden des Tages verrannen, desto banger wurde mir. Den Geräuschen im Hof nach zu urteilen, trafen gegen die Mittagszeit die ersten Kutschen mit Gästen ein.
Im Park des Schlösschens war bereits seit den frühen Morgenstunden alles für das Fest vorbereitet worden. Zusätzliche Diener waren aus dem nahe gelegenen Dorf engagiert, die ein wenig steif in der ungewohnten Livree umher standen.
Das Fest begann mit einer Ansprache des Gastgebers. Noch stand ich wartend in der Eingangshalle, denn mein Gebieter hatte mir bedeutet, daselbst seiner zu harren. Beinahe im selben Augenblick trafen er und Yussuf nach seiner Rede in der Halle zusammen, jeder aus einer anderen Richtung kommend.

“Zuerst wirst du dich bis zum Einbruch der Dunkelheit ein wenig nützlich machen! Yussuf wird dich dafür vorbereiten.” Seine Gesten zeigten Yussuf an, dass nun sein Part begann, über den er anscheinend wie immer im Voraus informiert war.
Ungläubig sah ich danach meinen Gebieter an. Ein Tragejoch lag auf meinen Schultern, unverrückbar befestigt an meinem Halsreif. Damit nicht genug, hingen auch meine Handreifen an dieses Joch gekettet. Man brauchte mir nicht zu sagen, welche Aufgabe mir zugedacht war. Meine Scham ließ mich beinahe im Erdboden versinken.
Nicht genug damit, dass ich nackt vor die Gäste treten sollte. Dies war das typische Joch, an dem die Eimer für das Urinieren der Gäste baumelten. Ich kann wohl sagen, dass ich bis zum Einbruch der Dunkelheit meine Schamesröte nicht abgelegt habe.
Mit zusammengebissenen Zähnen und weichen Knien wanderte ich unablässig zwischen den Gästen auf und ab und bot meine Dienste an. Schon bei den Abendgesellschaften im Palais d‘Auban behandelte man mich mit herablassender Missachtung. Aber im Gegensatz zu meinem jetzigen Dienst, wurde ich dort noch freundlich behandelt. Als ob ich die personifizierte Kloake sei, bediente man sich meiner. Ein ums andere Mal ohrfeigte mich eine der feinen Damen der Gesellschaft, wenn ihre Röcke durch eine Ungeschicklichkeit mit etwas von der gelben Flüssigkeit befleckt wurden.
Aber auch die Männer waren nicht gerade zimperlich. Je mehr von dem Wein floss, desto unflätiger wurde ihr Benehmen. Der schwedische Gesandte erwies sich als besonderer Rüpel. In vorgeblicher Unabsichtlichkeit urinierte er derart neben den Eimer, dass er mich benässte. Johlend tat es ihm sein Begleiter nach. Die warme Flüssigkeit rann an meinem Körper herab und erkaltete beim Trocknen. Meine Scham vergrößerte sich, als sich schlagartig ein Kreis um mich bildete. Unter dem Gelächter der Damen tat sich der Schwede in seiner betrunkenen Übermütigkeit hervor.
“Seht doch nur! Eine wahre Brunnenfigur aus weißem Alabaster! Lasst die Fontänen sprudeln, liebe Freunde!” Hilfesuchend sah ich mich nach meinem Gebieter um, aber er war nicht anwesend. Da auch der österreichische Gesandte fehlte, ahnte ich, wo Qadir Abd al Mudhill sich aufhalten würde.
Ich wollte flehen, um Einhalt bitten. Mein Mund weigerte sich indes aus unbegreiflichen Gründen. Inzwischen waren alle Anwesenden dem Kreis beigetreten und begafften das sonderbare Schauspiel, das nun begann.

Auf ein Kommando des Schweden hin, traten etliche Männer nach ganz vorne und öffneten die Hosen. Wieder erfolgte ein Kommando und aus allen Richtungen prasselte ein Strahl der warmen Flüssigkeit auf meinen nackten Leib. Lachend und scherzend zerstreute sich die Gesellschaft und hinterließ eine tropfnasse Gestalt.
Fortan ließ man mich in Ruhe. Als einzige Reaktion rümpfte man die Nase, wenn ich nähertrat. Der Geruch einer Latrine umwehte mich, wie mir selber nicht entging. Besudelt und vernichtet sank ich erschöpft zu Boden, als Yussuf mich mit der einbrechenden Dunkelheit befreite. Ein paar Eimer eiskaltes Wasser, die er zum Säubern über mich schüttete, brachten mich jedoch schnell wieder auf die Beine. Hastig schlang ich die dargebotene Mahlzeit hinunter und stürzte mich auf den Krug mit Wasser.
Der Tag in der Sonne hatte mich ausgedörrt. Aber mein Leid schien noch nicht zu Ende. Im Schein der Fackeln und Laternen setzte sich die Feier auch nach der Dunkelheit in der lauen Sommernacht fort. Die Scherze in der Gesellschaft nahmen immer rüdere Formen an. Diesmal waren die Dienerschaft und die einfachen Leute aus dem Dorf die Zielscheibe des Spottes. Aber es blieb nicht nur bei Spott.
Einer Magd wurden die Kleider vom Leib gerissen und sie selber auf der Tafel drapiert. Man türmte Speisen auf ihr auf und verspeiste sie direkt von ihrem Leib. Sie selber schien sich damit zu trösten, dass jeder, der sich an ihr bediente, eine Silbermünze in den Schlitz ihres Geschlechts schob.
Den Dienern erging es deutlich schlechter. Die Hiebe, die man an sie austeilte, wurden nicht in nämlicher Weise versilbert.

Inmitten dieses Trubels, und doch anscheinend völlig unbeteiligt, saß Qadir Abd al Mudhill. Mit einer Geste winkte er mich zu sich. Vorschriftsgemäß fiel ich vor ihm nieder und bekundete meine Bereitschaft zum Dienen.
“Amat, heute ist der Tag der Entscheidung. Du hast, wie ich höre, in meiner Abwesenheit deine Gefügigkeit und Bereitschaft zur Unterwerfung hinreichend bewiesen, auch ohne dass ich es dir befohlen hätte. Ich bin zufrieden.” War es das Licht der Fackeln, das ein Lächeln auf sein Antlitz zauberte, oder lächelte er tatsächlich? Ich weiß es bis heute nicht. Mit großem Ernst fuhr er in seiner Ansprache fort.
“Auch sonst erweckst du den Anschein, eine gehorsame Sklavin zu sein. Bevor wir mit der Zeremonie beginnen, gibt es da noch etwas, was ich über dich wissen müsste?” Die Frage traf mich wie eine Keule.
Alles drehte sich und mir wurde schwarz vor Augen. Ich wollte sprechen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt. Ich wollte ihm beichten, welch schändlichen Verrat ich an ihm beging, indem ich meine Aufgabe als Spionin im Dienste Frankreichs erfüllte. Wollte von den geheimen Botschaften auf den Papierfetzen berichten, die ich über den Brennholzlieferanten an Fauchard sandte. Das Brandmal auf meinem Gesäß brannte wie in dem Augenblick, da es mir aufgedrückt wurde.
Das Einzige, das ich zuwege brachte war, dass ich ihm zu Füßen fiel und schwieg. Seine Hand streichelte sanft über mein Haupt, fand seinen Weg zu den Ohren und strich sanft über die Ränder der Ohrmuscheln.
“Nun, da du so tapfer in deinem Schweigen bist, denke ich, dass dir der Mut nicht fehlen wird, jetzt die Ringe zu empfangen!” Ein eiskalter Schreck riss mich aus aller Verwirrung. Er schien mein wahres Sein zu kennen. Dieser Gedanke verflog jedoch sofort. In diesem Fall würde er mich vielleicht töten oder hinauswerfen, aber doch nicht als seine Sklavin kennzeichnen. Und im selben Augenblick kam mir die Misshandlung meiner Brustwarzen durch Shirin wieder in den Sinn.
Ein Abgrund von Zweifel tat sich vor mir auf. Die Erinnerung an den furchtbaren Schmerz durchzuckte mich. Wie ein Flügelaltar des Schreckens öffnete sich die Erkenntnis, dass ich mich jetzt zwischen den beiden Übeln zu entscheiden hatte. Der furchtbare Schmerz und die Sklaverei gegen eine ungewisse Zukunft in den Klauen Fauchards.

“Verfügt über mich nach Belieben, Gebieter!” Meine Worte klangen fest und gaben mir in dem Augenblick, da ich sie aussprach, die Gewissheit, dass ich mich richtig entschieden hatte. Alle Furcht und Zweifel waren einem Gefühl der Erleichterung gewichen. Der kommende Schmerz würde die Bestrafung für meinen abgefeimten Verrat sein. Danach würde ich einfach meine Tätigkeit als Spionin einstellen, da Fauchard fortan über keinerlei Mittel verfügte, mich dann weiter in den Dienst Frankreichs zu zwingen. Qadir Abd al Mudhill schien blass geworden zu sein. Aber auch seine Stimme klang fest und ruhig.
“Gut, dann beginnen wir jetzt. Folge Yussuf, er wird dich vorbereiten!” Zu meiner Erleichterung wurde ich nicht verstoßen, sondern angenommen.
“Euren Befehl hören, bedeutet ihn unverzüglich zu befolgen, Gebieter!” Die Welt begann sich in diesem Augenblick zu drehen. Seine Augen sandten ein dunkles Licht von unergründlicher Tiefe aus und ich bin mir sicher, dass auch meine Augen strahlten. Wie in einem Traum, in dem man schweben kann, folgte ich bereitwillig Yussuf zu meiner bevorstehenden Folterung, in die ich soeben selbst eingewilligt hatte. Nein, es wäre fast besser zu sagen; die ich nun herbeisehnte.


Jacqueline ließ für einen Moment das Buch sinken und gab sich dem Gefühl hin, das sie durchströmte. Auch ihr erging es, als ob sie sich in einem unwirklichen Traum befand. Mit einer eigentümlichen Distanz, doch gleichzeitig sehr intensiv, hatte sie die Emotionen der Vorfahrin beim Lesen durchlebt.
In dem selben Zustand des Schwebens wie Armandine, schlüpfte sie aus dem Bett und huschte ins Bad. Während sie auf der Toilette hockte, entstand das Bild des soeben Gelesenen in ihr. Sie hatte die Augen geschlossen und lauschte dem Geräusch in der Toilettenschüssel unter ihr. Ein seltsamer Schauer durchzog sie, der sie verwirrte. Fast meinte sie, die warme Flüssigkeit auf ihrem Körper zu spüren. Als beim Aufstehen ein paar Tropfen an ihrem Bein abwärts rannen, sah sie ihnen fasziniert hinterher. Mit einem entschlossenen Griff langte sie jedoch nach einem Waschlappen und wusch sich gründlich. Obwohl sie allein war, errötete sie urplötzlich.
Ein zufälliger Blick in den Spiegel zeigte den Blick auf das verrutschte Nachthemd. Vorwitzig lugte eine Brust aus dem offenen Ausschnitt hervor und gab den Blick auf eine erigierte Brustwarze frei. Für einen winzigen Moment bestand die Illusion, die Brustwarze sei von einem goldenen Ring durchbohrt, an dem eine Plakette hing. Verschämt ordnete sie das Hemd. Mit einer energischen Bewegung strich sie ihr Haar aus dem erhitzten Gesicht. Der prüfende Blick dabei in den Spiegel führte dazu, dass sie unverzüglich wieder wegsah. Wie durch einen engen Tunnel raste sie ins Schlafzimmer zurück und ließ sich erleichtert ins Bett fallen. Eine Stunde würde sie noch lesen.


Yussuf verschwand hinter einem Paravent, wohin ich ihm auf dem Fuße folgte. Kaum war ich um die Ecke gebogen, als mein Schritt in der Luft einfror. Dort stand ein mannshohes Kreuz aus massivem Holz. Es gab keinen Zweifel, für wen dies bestimmt war. Mit hängendem Kopf stellte ich mich mit dem Rücken gegen das harte Holz und hob willig meine Arme an den Querbalken. Yussuf schien nicht zufrieden.
Mit seinem sinnlosen Lallen bedeutet er mir, von dem Kreuz wegzutreten. Eine kleine Leiter wurde an das Kreuz gelehnt und mir befohlen hinaufzusteigen. Jetzt erst lagen meine Arme wirklich parallel zu dem Balken. Und obschon ich ja eigentlich Fesseln trug, fesselte er meine Arme mit groben Stricken an den Balken. Unter kräftigem Ziehen verschnürte er mit einer Kreuztour auch meinen Oberkörper an dem Kreuz.
Sein weiteres Vorgehen ließ mich die Augen aufreißen. Mit einem Seil umschlang er den senkrechten Längsbalken und meine Taille und zog mit aller Kraft zu. Mir blieb fast die Luft weg, nachdem er den Knoten vor meinem Bauchnabel gesetzt hatte. Aber damit nicht genug. Die Enden des vor meinem Bauch verknoteten Seils führte er zwischen meinen Beinen nach hinten durch und verknotete sie dort an meiner Rückseite. In diesem Augenblick meinte ich zu platzen. Ich ritt förmlich auf dem dicken Tau, das bei jeder Bewegung mein empfindliches Geschlecht reizte und scheuerte. Es war unmöglich, mich des Stöhnens zu enthalten, was ein seltenes Lächeln auf Yussufs Gesicht zauberte. Ein Tritt von ihm beförderte die Leiter fort und mit einem Ruck hing ich in den Seilen. Sodann fesselte er meine Beine mehrfach eng zusammen und verknotete auch diese Seile an der Rückseite des Kreuzes.
Zu meiner nicht gelinden Überraschung hing ich nun eigentlich bequem und sicher, abgesehen von dem ständigen Reiz in meiner Spalte. Aber noch war Yussuf mit mir nicht fertig. Ein breites Tuch verschloss meine Augen und presste gleichzeitig meinen Kopf unverrückbar an das Holz hinter mir.
Für wie lange ich dort so hing, ohne dass sich etwas ereignete, vermag ich nicht zu sagen. Die vollständige Dunkelheit raubte mir jede Möglichkeit der Orientierung. Die Geräusche des Festes, Stimmengewirr und Klirren der Gläser zeigten mir an, dass die Feier noch in vollem Gange war. Mit einem Mal herrschte Totenstille.
Es war nicht schwer zu erraten, dass in diesem Augenblick der Paravent entfernt worden war und den Blick auf die Gekreuzigte freigab. Ich nehme an, dass Qadir Abd al Mudhill diese Inszenierung gewählt hatte, um seine christlichen Gäste zu schockieren. Es war ihm vollends gelungen. Seine Stimme erklang direkt neben mir. Wie zur Beruhigung legte er während seiner Ansprache seine Hand auf eines meiner gefesselten Beine. Die Gäste erfuhren, was nun folgen sollte.

Man wäre Zeuge, wie meine Brustwarzen durchbohrt und mit den Ringen versehen, die mich als persönliches Eigentum Qadir Abd al Mudhills ausweisen würden. Ein Raunen ging durch die Anwesenden und drang bis an mein Ohr. Lebhaft konnte ich mir die Gesichter vorstellen. Aber es sei nötig, dass für diese Arbeit mehr Licht vorhanden sei.
Auf Persisch, das ich inzwischen wie meine Muttersprache verstand, befahl er Yussuf, Kerzen herbei zu schaffen. Der befestigte die Kerzen entlang des Querbalkens des Kreuzes. Heißes Wachs tropfte immer wieder auf mein nacktes Fleisch der Arme und ließ mich zusammenzucken. Zischend holte ich tief Luft. Ein großer Fleck heißen Wachses traf meine rechte Schulter. Aus dem Druck, der danach erfolgte schloss ich, dass in diesen Wachssee eine Kerze getaucht wurde. Das Wachs trocknete und spannte. Jede kleine Bewegung ließ aus der Kerze auf meiner Schulter ein wenig flüssiges Wachs rieseln, das sich entlang der Brust verteilte. Dergestalt verfuhr man auch auf meiner linken Schulter. Jede Seitwärtsbewegung meines Kopfes ließ die Hitze einer Flamme an mein Gesicht schlagen, so dass ich den Kopf absolut still hielt. Der leichte Geruch verbrannter Haare lag in der Luft.
Etwas Kaltes griff nach einer meiner Brustwarzen und kniff zu. Ein leiser Schreckenslaut entrann meiner Kehle. Es war eine Arte Zange, mit der man die Spitze meiner Brustwarze gepackt hielt und sie unbarmherzig in die Länge zog. In Erwartung des Schmerzes hielt ich den Atem an.

Der Schmerz kam heftiger, als ich vermutet hatte. Ein unkontrollierter Schrei verhallte in den Tiefen des Parks, ohne dass innegehalten wurde. Ein zweiter Schmerz folgte ihm auf den Fuß, wenn auch nicht so heftig. Denn der Ring wurde durch den Stichkanal geschoben und verschlossen. Ein leichter Dauerschmerz blieb bestehen; ausgelöst durch den Zug der Plakette an dem Ring. Dieser Schmerz ertrank umgehend bei der Durchstechung der zweiten Brustwarze. Auch diesen Schmerz begleitete ein unmenschliches Brüllen aus meiner Kehle.
Ein Strudel gleißenden Schmerzes zog mich erbarmungslos in ungeheure Tiefen. Flammende Sonnen erschienen vor meinen verbundenen Augen. Mein Körper bäumte sich in wilder Pein auf, doch die Seile hielten ihn in seiner hilflosen Unbeweglichkeit am Kreuz. Heiße Tränen rannen unter der Maske über meine Wangen und tropften auf meine Brust wie heißes Wachs, das ebenfalls immer wieder auf mein Fleisch rieselte.
Die Menge klatschte und johlte Beifall. Dann zeigten die Geräusche an, dass man sich wieder der Feier zuwendete. Immer wieder kam ein einzelner der Gäste oder eine Gruppe herüber, um sich das Bild näher zu betrachten. Tastende Hände fuhren über mein Fleisch und überzeugten sich vom Sitz der Ringe darin.
Ein leichter Schmerz durchzuckte mich bei jeder Berührung bis in meinen Schoß hinab. Aber zu meinem übergroßen Erstaunen strömte gleichzeitig ein Gefühl der Erregung in demselben Fluss. Das Feuer des Schmerzes setzte meinen Schoß in Flammen. Meine befreiten Beine suchten zitternd Halt auf der untergeschobenen Leiter.
Stück um Stück lösten sich meine Fesseln. Das Tuch löste sich zwar von Holz, verhüllte aber weiterhin meine Augen. Irgend jemand half mir auf den Boden. Erschöpft lehnte ich mich an einen Körper, den ich vom Geruch her im selben Augenblick als den meines Gebieters erkannte. Yussufs riesige Pranken schlossen meine Ellenbogen hinter meinem Rücken zusammen. Die Lippen meines Gebieters fanden die meinen und wir verschmolzen. Keuchend fiel ich in seinen Arm, als er seine Lippen von mir löste. Unter heiterem Gelächter machte er daran, das angetrocknete Wachs von meinem Körper zu schälen.
“Bring sie in mein Schlafzimmer!” befahl er Yussuf, und zu mir gewandt: “Ab jetzt hat du das Recht auch dort zu schlafen, wenn ich es wünsche.”

Willig ließ ich mich in meiner erzwungenen Blindheit von Yussuf davon führen. Dass ich im Zimmer meines Gebieter schlafen durfte, bedeutete offensichtlich nicht, dass ich dies in Freiheit tun konnte. Im Gegenteil fesselte Yussuf auch noch zusätzlich meine Hände aneinander und meinen Halsreifen an eine Kette.
Ganz von ferne drangen die Geräusche des Festes durch das offene Fenster hinein. Langsam verebbten die Geräusche, bis schließlich eine friedliche Stille über dem Anwesen lag. Das Pochen in meinen Brustwarzen hatte sich zwischenzeitlich zu einem Paukenschlagen gesteigert. Fassungslos spürte ich, wie die Schläge, die eigentlich schmerzhaft waren, sich wie die Ringe auf dem Wasser, wenn man einen Stein hingeworfen hat, in meinem Körper verteilten. Wellen begannen durch meinen Körper zu branden.
Schon seit längerer Zeit standen meine Brustwarzen wie kleine prall gefüllte Beutel ab. Unruhig versuchte ich meine Lage zu verändern. Die Bewegung meiner Beine dabei förderte zu Tage, dass ich im Begriff war auszulaufen. Erschreckt fuhr ich auf; die Kette am Halsreif riss mich jedoch erbarmungslos auf die Bettstatt zurück. Jemand hatte das Zimmer betreten.

Im schummrigen Licht des Kerzenleuchters sah ich meinen Gebieter auf der Bettkante sitzen. Er hatte eben das Tuch und die Maske von meinem Kopf entfernt und drehte sie unschlüssig in den Händen. Versonnen legte er sie neben dem Bett nieder. Willig folgte ich dem Zug seiner Hände und schlüpfte aus dem Bett.
Der Leuchter neben dem Spiegel im Ankleidezimmer warf seinen Schein direkt auf die Vorderseite meines Körper. Im Halbdunkeln hinter mir stand mein Gebieter und sah ebenfalls in den Spiegel vor uns. Ungläubig starrte ich die Ringe an. Mit einer unendlich vorsichtigen Bewegung griff er unter meine Brüste und hob sie leicht an.
“Sieh her! Dein Körper gehört nun unübersehbar mir! Dein neuer Name, der ebenfalls hier eingraviert ist, bestätigt es.” Eine kleine kreisende Bewegung seiner Hände massierte meine Brüste und löste eine Kette verschiedener Empfindungen in mir aus. Allerdings auch ob seiner Mitteilung über meinen Namen. Lächelnd sah er in meine fragenden Augen.
“Taslime ist Eigentum von ...“ Er lachte und ließ den Satz unvollendet.
“Es wird etwa sechs Wochen dauern, bis die Wunden verheilt sind. Danach...” Auch dieser Satz blieb unvollendet, statt dessen schnipste er mit den Fingern gegen die Ringe. Ein gellender Schmerz schoss bis in meinen Unterleib hinab, wo er sich augenblicklich in Erregung verwandelte. Langsam öffnete ich meine Augen wieder.
“Nicht nur mein Körper gehört Ihnen Gebieter!” hauchte ich. Er nickte bestätigend.
“Ich weiß, dass du mir auch deine Seele übergeben hast, aber ich kann sie nicht annehmen. Deine Seele gehört allein Allah! Somit begnüge ich mich mit deinem Körper.” Seine Stimme klang so ernst, dass ich ihm jedes Wort auf der Stelle glaubte.
“Zu deinem eigenen Schutz werde ich dich heute Nacht gefesselt lassen. Jede unnötige Berührung der Wunden schadet dem Prozess der Heilung. Aber komm jetzt. Mir verlangt nach deinem Körper!” Noch nie zuvor habe ich den Satz, der von mir als Sklavin erwartet wurde, mit größerer Übereinstimmung ausgesprochen als in diesem Augenblick.

Unsere Vereinigung war zärtlich, obwohl immer wieder Berührungen oder Bewegungen meiner Brust diesen ziehenden Schmerz nach sich folgen ließen. In einem Feuerwerk aus Schmerz und Lust versank ich.
Als ich endlich daraus auftauchte, schlief mein Gebieter bereits. Ich nutzte die letzten Strahlen des Lichts der niederbrennenden Kerzen, um ihn in seinem Schlaf zu betrachten. Wie anders er doch aussah. Ganz fest presste ich mich an ihn, meine Brüste brannten im schmerzhaften Feuer. Aber ich litt, weil es ihm so gefiel.
Dann glitten meine Gedanken zu meinem neuen Namen. Taslime bedeutete Hingabe; soviel wusste ich. Doch verbarg sich vielleicht eine tiefere Absicht hinter der Wahl dieses Namens. Ohne zu einem Ergebnis zu erlangen, glitt ich in den Schlaf hinüber.


Jacqueline war den Tränen nahe. Die Buchstaben begannen vor ihren Augen zu verschwimmen. Zeit, mit dem Lesen zu enden. Noch lange lag sie an diesem Abend wach im Bett und starrte ins Leere vor sich hin.
Bilder des Tages tauchten aus ihrem Inneren auf. Ihre eigentümliche Gefühle, als ihr Urin am Bein herabgelaufen war, ihre steil aufgerichtete Brustwarze. Ihr Blick in den Spiegel, als sie nach dem Lesen noch ein letztes Mal im Bad gewesen war. Etwas hatte sie dazu verführt, vor dem Spiegel ihre Brüste zu entblößen und sie zu betrachten.
Sie verscheuchte die Erinnerung daran, dass wieder für einen Moment das Bild aufgeblitzt war, ihre Brustwarzen seien ebenfalls mit Ringen durchbohrt. Erschrocken hatte sie mit den Händen die Brüste abgedeckt und war aus dem Badezimmer geflohen.
Eine heftige innere Unruhe packte sie und veranlasste sie dazu aufzustehen. Nervös wanderte sie in der Wohnung umher. Ein Geräusch vom Dachboden her ließ sie zusammenfahren. Mit einer großen Taschenlampe bewaffnet schlich sie die Treppe empor und öffnete die Tür.

Zwei glühende Punkte im Raum brachten ihr Herz zum Stillstand. Der Strahl der Lampe zielt direkt auf die Punkte. Im grellen Schein der Taschenlampe flüchtete eine Katze aus der offenen Dachluke. Jacqueline knipste das Deckenlicht an und betrat den Dachboden. Mit einem Seufzer der Erleichterung ging sie durch den Raum, um die Dachluke zu schließen. Fast angewurzelt blieb sie auf dem Rückweg nachdenklich stehen, bis der gärende Prozess in ihr sich seinen Weg bahnte.
Wie ferngesteuert ging sie auf das Gebälk am anderen Ende des Dachbodens zu. Eine stabile Holzkiste half ihr bei ihren Vorhaben. Die Kiste war im Handumdrehen vor einen der Längsbalken gezerrt. Jacqueline stieg hinauf und drehte sich vorsichtig mit dem Rücken zum Balken. Das Holz drückte hart in ihren Rücken, als sie sich mit ihrem vollen Gewicht daran lehnte. Wie in Zeitlupe hob sie die Arme in die Waagerechte und drückte sie an den Querbalken dahinter.
Schon nach ein paar Atemzügen sanken ihr die Arme schwer herab. Suchend sah sie sich im Raum um. Zwei alte Laken, die zur Abdeckung von Möbeln dienten, versprachen Abhilfe. Jacqueline schlang die zusammen gedrehten Laken um den Querbalken und stieg wieder auf die Kiste. Es war nicht schwer, die freihängenden Enden der Laken zu erwischen und sie mehrfach um die Handgelenke zu wickeln, bis ihre Arme in der richtigen Haltung schwebten.
Jacqueline schloss die Augen und gab sich dem Gefühl hin. Ein verhaltenes Räuspern erschreckte sie zu Tode.

“Jacqueline, du bist wirklich mit viel Fantasie begabt!” Sie hatte den Eindruck, dass in der Stimme von Armandine de Marillac ein wenig Tadel mitschwang. Beschämt schlängelt sie ihre Hände aus den Laken, und sprang von der Kiste.
“Verzeih Armandine! Für dich war das sicher kein Spiel?” Die Vorfahrin sah ernst aus.
“Für dich anscheinend auch nicht, Jacqueline?” Die Frage, die eigentlich mehr eine Feststellung war, löste eine heiße Welle in Jacqueline aus.
“Ich wollte doch nur...” Unter Tränen brach sie den gestammelten Satz ab. Armandine sah tröstend aus. Sie lächelte und legte den Kopf ein wenig schief.
“Ich weiß! Aber denke an die Worte des Kochs!” Jacqueline stockte der Atem. Die ganze Sache wurde immer unheimlicher. Noch bevor sie etwas fragen konnte, war Armandine bereits wieder verschwunden.
Als ob sie aus einem Traum erwacht wäre, sah Jacqueline sich um. Urplötzlich überfiel sie eine tiefe Scham wie eine Woge. Hastig zerrte sie die Laken vom Balken und flüchtete vom Dachboden.

Am nächsten Morgen erwachte Jacqueline mit einem schlechten Gewissen. Das unbehagliche Gefühl verstärkte sich, nachdem die Handwerker ihre Arbeit aufgenommen hatten. Ausgerechnet an diesem Morgen musste einer der Handwerker auf den Dachboden, um eine Leitung neu zu verlegen. Jacqueline stand scheu noch für eine Weile auf dem Dachboden und starrte unverwandt auf den Balken. Zerstreut riss sie sich von dem Anblick los, um auf eine Frage des Handwerkers zu antworten. Mit hochrotem Kopf schlich sie die Treppe hinunter und überließ den Dachboden dem Handwerker.
Ein Gefühl der Beklemmung überfiel sie, als sie nach Beendigung der Arbeit des Handwerkers zur Kontrolle den Dachboden wieder betrat. Für eine Weile blieb sie in Gedanken versunken stehen, nachdem der Mann schon längst gegangen war, um seine Arbeit an anderer Stelle fortzusetzen. Ein unbändiger Drang lockte sie in die Nähe des Balkens.
Mit einem gleichzeitigen Gefühl des Schauders und der Faszination ertrank sie in der Betrachtung des Balkens. Rätselhafte Bilder, die nicht zu ihr zu gehören schienen, flogen in wirrer Folge in ihrem Inneren wie eine Schar aufgescheuchter Vögel umher. Als ob eine fremde Macht sie dazu zwänge, trat sie näher an den Balken und lehnte sich dagegen. Das glatte Holz kühlte ihre erhitzten Wangen, als sie den Kopf gegen den Balken presste. Langsam glitten Jacquelines Arme aufwärts, bis sie den Querbalken erreichten. Die Illusion eines sengenden Schmerzes auf ihrem Gesäß schien immer realistischer zu werden.

Das stürmische Rauschen des Blutes in ihren Ohren verwandelte sich in ein bedrohliches Pfeifen, das den jeweils folgenden Schlag ankündigte. Das fremdländische Gesicht eines Orientalen schwebte im Halbdunkel vor ihr und beobachtete sie aufmerksam. Jacqueline schämte sich vor diesem Blick und sah in eine andere Richtung. Wohin sie auch immer blickte, schwebte dieses Gesicht über einen beinahe gestaltlosen Körper. Stöhnend rieb sich ihr Körper unkontrolliert an dem Holz.
Das Klappen einer Tür irgendwo im Haus riss Jacqueline augenblicklich aus dem rauschhaften Zustand in einen eisigen Schrecken, der ihr in alle Glieder fuhr. Hals über Kopf flüchtete sie vom Dachboden ins Bad hinunter und schloss sich mit zitternden Fingern ein. Nur mit Mühe beruhigte sie sich einigermaßen, bis ihr Blick in den Spiegel fiel.
Die Fratze, die ihr aus dem Spiegel entgegen starrte, hatte nur wenig mit der Jacqueline, die sie kannte, gemeinsam. Verschwitzte, feuchte Haare hingen wirr in die Stirn. Die Wangen seltsam gerötet. Ihre Augen glänzten in eigentümlichem Glanz. Ein nahezu animalisches Verlangen schien dem Gesicht zu entspringen, was durch die bisher verdrängten Gefühle im Unterleib bestätigt zu werden schien. Überhastet stürzte sie zur Toilettenschüssel und erbrach sich heftig voll innerer Abscheu. Das anschließende Zähneputzen zog sich bedeutend länger hin als die vom Zahnarzt empfohlene Zeit und wurde nur von dem starken Drang unterbrochen, unter die Dusche zu schlüpfen.
Nach einer Ewigkeit ließ sie den heißen Strahl versiegen und begann, sich abzutrocknen. Ein flüchtiger und verschämter Blick in den Spiegel zeigte eine verstörte Jacqueline.

Für den Rest der Woche vermied sie es, sich dem Dachboden auch nur zu nähern. Auch das Buch blieb liegen. Dafür besuchte sie den Pfarrer der kleinen Kirche in ihrer Nähe. Der Nachmittag verlief ausgesprochen interessant. Der Pfarrer schleppte auf ihre Nachfrage hin die alten Kirchenbücher heran. Gemeinsam begaben sie sich auf die Suche nach Aufzeichnungen über Armandine de Marillac. Aber außer den Eintragungen der Lebensdaten fanden sich keine weiteren Spuren.
Als der Pfarrer erfuhr, dass Jacqueline eine Nachfahrin war, kannte seine ohnehin vorhandene  Begeisterung keine Grenzen mehr. Mit einer hochwichtigen Miene entschuldigte er sich und blieb für eine Weile verschwunden. Triumphierend kehrte er mit einem dicken, alten Buch zurück.
“Madame Versol, hier haben wir etwas, was uns weiterhelfen könnte!” Er klang fast so, als ob er Nachforschungen nach seiner eigenen Vorfahrin unternehmen würde.
“Das Tagebuch des Geistlichen aus jenen Tagen!” Mit geröteten Wangen und aufgeregt wie Kinder vor der weihnachtlichen Bescherung begaben sie sich auf die Suche. Stirnrunzelnd las der Pfarrer die altfranzösischen Aufzeichnungen, die mit vielen lateinischen Wörtern gespickt waren.
“Also hier steht”, übersetzte er an Jacqueline gewandt, “leider nicht so viel, wie zu hoffen wäre. Vor allem nicht so ausführlich. Mein Amtsbruder hatte anscheinend Bedenken, sie kirchlich zu bestatten, da Armandine de Marillac im Verdacht stand, dem Glauben an die heilige Kirche abgeschworen zu haben. Sie soll sich dem heidnischen Bekenntnis an Mahomet hingegeben haben. Seltsam”, fügte er mit fragendem Blick hinzu, “ihre Vorfahrin also eine Frau mit fraglichem muslimischem Glauben. Im damaligen Frankreich eigentlich unvorstellbar! Mahomet, müssen Sie wissen, war der Name, den man damals für Mohammed verwendete. Nun, es scheint sich nicht bewahrheitet zu haben, denn sie wurde schließlich doch mit dem Segen der Kirche bestattet. Ansonsten hätte man sie irgendwo außerhalb der Kirchenmauer verscharrt.”
Jacqueline errötete vor Scham. “Wissen Sie Herr Pfarrer, vielleicht kommt das daher, weil Armandine für einige Zeit beim persischen Gesandten in Diensten war. So lautet jedenfalls die Familiensaga.” Sie hoffte inständig, dass ihr Gesprächspartner diese kleine Unwahrheit nicht bemerken würde. Aber anscheinend schluckte er die Erklärung. Der Pfarrer erging sich noch einige Zeit über die Familie de Marillac und ihre anderen prominenteren Vertreter. Jacqueline war erleichtert, dass er das Thema Armandine nicht vertiefte.
Es war unterdessen früher Abend geworden, daher verabschiedete sie sich freundlich und ging erleichtert nach Hause. Nach einem kurzen Imbiss lümmelte sie sich im Salon auf den Sessel und begann weiterzulesen.


Der nächste Morgen war wunderschön. Ich erwachte in seinen Armen. Wohl pochten meine Brustwarzen in einem dumpfen, wenn auch nur leichten Schmerz, aber ich war stolz und selig, diesen Schmerz zu spüren. Bedeutete er doch, dass ich ihm nun vollends gehörte. Und ich versuchte meinem neuen Name alle Ehre zu machen.
Diese nächsten Tage verliefen in einer samtweichen Schönheit, die wie Balsam auf die Heilung meiner Wunden wirkte. Jäh stürzte ich allerdings aus diesem Gefühl der Beschaulichkeit. Die Ankündigung meines Herrn, den Landsitz für eine Woche wegen dringender Geschäfte verlassen zu müssen, war allerdings nicht der Grund für meine Bestürzung. Es war die Tatsache, dass er mir wie selbstverständlich mitteilte, er habe mich für diesen Zeitraum im Gegenzug für die Überlassung eines Pferdes an unseren Nachbarn ausgeliehen. Und als ob es verabredet gewesen wäre, erscholl der Hufschlag eines Pferdes auf dem gepflasterten Hof.
Stimmen erklangen im Flur und die Tür flog auf. Der Nachbar, ein ungehobelter Landedelmann mit dem Aussehen und dem Benehmen eines Bauers betrat unter Gepolter das Gemach. Nach der überschwänglichen Begrüßung meines Herrn trat er einen Schritt zurück und begutachtete mich in der Weise, wie man eben ein Pferd begutachtet, das man zu kaufen gedenkt.
“Mein werter Gallardon, schön dass Sie schon so früh kommen konnten!” Die leise Ironie meines Gebieters entging dem Besucher mit Sicherheit. Unverwandt beglotzte er mich.
“Ist sie das?” Seine Stimme klang, wie er aussah. Grob und vulgär. Bestätigend nickte mein Herr stumm.
“Prachtvoll, gefällt mir! Ein guter Tausch! Kann ich sie gleich mitnehmen, ich habe noch viel zu tun, müssen Sie wissen Eurer Exzellenz? Vorbereitung für die Ernte!” Qadir Abd al Mudhill schien amüsiert. Freundlich lud er den Besucher mit einer Geste zum Gehen ein und folgte ihm.
Mir schien es selbstverständlich, mich auch ohne gesonderte Aufforderung ebenfalls anzuschließen.

Im Hof stand ein Kaltblut, das zu seinem Herrn passte. Aus dem Nichts erschien Yussuf, bei dessen Anblick der gute Gallardon riesige Augen bekam. Seine Augen wurden nicht kleiner, nachdem Yussuf mit mir fertig war.
Ein ledernes Riemengeschirr umschnürte fest meinen Körper und machte sich bei jedem Atemzug bemerkbar. Kritisch überprüfte mein Gebieter den Sitz. Auf seinen Wink hin verband Yussuf meine Handgelenke mit einer Art Deichsel, die meine Arme vor dem Bauch auf Armeslänge auseinanderspreizte. Ein weitere Deichsel, die in der Mitte jener anderen ansetzte, wurde mit meinem Halsband verbunden und hielt nun ihrerseits meine Arme noch vorne ausgestreckt. Aber er gab sich damit noch nicht zufrieden.
Mit geschickten Handgriffen schnallte er eine Art Zaumzeug um meinen Kopf. Mit flehentlichem Blick erhoffte ich Erlösung von der Schande, aber mein Gebieter blieb unbarmherzig. Ich trug jetzt tatsächlich ein Zaumzeug. Damit nicht genug, auch Scheuklappen und eine Trense zwischen den Zähnen. Wie einem Pferd gab mir mein Gebieter zum Abschied einen Klaps auf die Kuppe.

An dem Lederzügel meines Zaumzeuges zog mich Gallardon hinter sich her, notgedrungen stolperte ich ihm nach. Selbst als ich den Kopf wendete, gelang es mir wegen der Scheuklappen nicht, zum Abschied einen Blick auf meinen Gebieter, der mich so schnöde in eine für mich ungewisse Zukunft verlieh, zu erhaschen. Tränen rannen über das Leder meiner Gesichtsmaske, über die man das schandvolle Zaumzeug geschnallt hatte.
Kaum hatten wir die kleine Brücke über den Wassergraben überschritten, ließ mich Gallardon passieren und ging nun hinter mir. Schritt ich für seinen Geschmack zu langsam aus, spürte ich seine Reitgerte.
Nach einer tüchtigen Wegstrecke, bei der uns zu meiner Erleichterung keine Menschenseele begegnete, näherten wir uns dem Anwesen Gallardons. Ein etwas heruntergekommener Gutshof. Das Gesinde staunte mit offenem Mund über die Neuerwerbung, die da auf den Hof getrieben wurde. Der Hofhund umsprang mich mit wütendem Bellen und schnappte nach meinen Waden. Erst die Gerte Gallardons brachte den Hund dazu, von mir abzulassen. Aus sicherer Entfernung kläffte er jedoch weiter. Die gleiche Gerte bekam ich sodann erneut zu spüren. Beißende Hiebe dirigierten mich in Richtung der Stallungen.
Meine Befürchtung beim Anblick der Ölmühle bewahrheitete sich umgehend. Mit ziemlicher Grobheit zerrte der abstoßende Rohling mich zu dem langen Balken, der aus der Ölmühle entsprang. Wegen der Scheuklappen war es mir unmöglich, die Vorgänge hinter meinem Rücken zu beobachten, aber ich erriet auch so, was geschah.

Man zog eine schwere Kette durch zwei Schlaufen an dem Riemengeschirr, das mich so beißend umhüllte, und befestigte sie an dem Balken. Gallardon trat in mein eingeengtes Gesichtsfeld und baute sich wichtig vor mir auf.
“Du wirst jetzt die Mühle drehen. Der Hütejunge wird aufpassen, dass du deine Arbeit gut erledigst. Jede Stunde wird dir eine Pause gestattet. Nur dann darf die Mühle stillstehen. Pierre wird jeden anderen Stillstand der Mühle unnachgiebig zu unterbinden wissen!” Das freche Grinsen des Hütejungen ließ mich Böses ahnen.
Gallardons anscheinende Fürsorge, mit der er die Scheuklappen vollends meine Augen bedecken ließ, um wie er sagte, einem Schwindelanfall vorzubeugen, empfand ich als Verhöhnung. Also blind begann ich mein Werk.

Die Mühle war schwer und schon bald drohten meine Kräfte zu erlahmen. Und wirklich wusste dieser Pierre den Stillstand der Mühle zu unterbinden. Eine Peitsche hätte mich kaum so aufgeschreckt und erneute Bewegung versetzt, wie die Schläge mit den Brennnesseln, die er mir angedeihen ließ. Mein Körper brannte wie Feuer. Keuchend hing ich nach Ablauf der ersten Stunde in der Kette und versuchte, mich zu erholen. Zu früh endete die Pause.
Der vollkommenen Erschöpfung nahe fiel ich gegen Abend zu Boden, als man die Kette löste. Mühsam kroch ich wegen der Deichseln an meinen Armen unter großen Schwierigkeiten zum Stall hinüber. Man kettete mich in dort an den Platz des verliehenen Pferdes, entfernte die Trense und stellte einen Krug Wasser und ein Brot vor mich hin und überließ mich meinem Schicksal.

Verzweifelt mühte ich mich ab, um an das Essen zu gelangen. Es war vergeblich zu versuchen, mit den Händen zu essen. Die Deichseln verhinderten zuverlässig, dass ich mit dem Mund auch nur an einen Bissen, geschweige denn an einen Schluck kam.
Eine Magd, die auf dem Weg vom Melken an mir vorüberkam, erbarmte sich meines Elends. Mit unverhohlener Neugier griff die einfältige Person ohne Scheu an die Plaketten, die von meinen Brüsten baumelten, während sie mich fütterte. Ein eigentümliches Gefühl durchrieselte mich und erinnerte mich an die Begebenheit, in der ich nach den Plaketten einer anderen gegriffen hatte. Mit einem Satz war sie auf den Beinen und rannte angstvoll davon.
Gallardon war aus dem Nichts aufgetaucht und hatte sie angeschrien. Er ließ seinen Blick über die Szenerie gleiten und kehrte kurze Zeit später zurück. Mit dumpfem Grunzen platzierte er zwei hölzerne Futtertröge vor mich, in die er meine Speisung kippte. Wortlos entfernte er sich.
Widerwillig, durch mein Schmachten aber angetrieben, stürzte ich gleich einem hungrigen Hund über die Tröge her und fraß das mir Zugedachte eben wie ein Tier. Vor Erschöpfung fiel ich augenblicklich in Schlaf.

Kurz nach Sonnenaufgang riss man mich grob aus dem Schlaf. Meine Morgenmahlzeit erhielt ich in nämlicher Weise wie vordem mein Abendessen. Bis zum Mittag drehte ich in der glühenden Sonne meine blinden Runden, immer wieder angetrieben durch Hiebe mit den Brennnesseln, die dem Hütejungen anscheinend in unerschöpflichem Vorrat zur Verfügung standen.
Die Kette, die mich mit der Mühle verband, wurde lediglich soweit gelockert, dass ich an Ort und Stelle zu Boden sinken konnte. Desgleichen der Riemen, der mit grausamem Druck die Trense in meinem Mund gehalten hatte. Die speichelnasse Trense baumelte unter meinem Kinn und benässte meinen Hals.
Mit schmerzenden Kiefern schlabberte ich die Graupensuppe, die mein Mittagsmahl darstellte, aus dem Trog, den man achtlos vor mich gestellt hatte. Die Mittagspause war viel zu schnell vorbei. Bevor man mir mit roher Gewalt die Trense erneut zwischen die Zähne schnallte, flehte ich darum, meine Notdurft verrichten zu können. Unter höhnischem Gelächter bedeutete man mir, dass ein Tier seinen Urin schließlich auch einfach unter sich lassen würde.
Unablässig drehte ich meine Runden in Blindheit, immer wieder angetrieben, sobald ich Anzeichen zu erlahmen bot. Genau so unablässig kreiste eine Frage in mir. Ob mein Herr wusste, zu was man mich hier verwendete und vor allem wie.
Meine Blase drohte zu platzen. Meine Verzweiflung schlug in Wut um. Ich schrie und tobte gegen die Trense an, gegen die Kette in meinem Rücken, die Deichseln, die meine Arme in hilflose Gestrecktheit zwangen, den Druck in meinem Unterleib, der mich zu zerreißen drohte. In meiner Wut bemerkte ich erst, als die Wärme des Urins an meine bloßen Schenkel schlug, dass ich außerstande war, ihn noch länger zu halten.
Eine Welle von Scham schlug über mir zusammen, die meine Wut augenblicklich ertränkte. Und wieder eine Weile später begriff ich, dies war eine weitere Prüfung. Mein Herr wusste von all dem und hatte es vielleicht sogar befohlen.

Von diesem Moment an ergab ich mich meinem grausamem Schicksal und war ein Zugpferd. Selbst wenn ich die Trense nicht mehr hätte tragen müssen, wäre kein menschliches Wort mehr über meine Lippen gekommen. Selbst wenn meine Hände befreit gewesen wären, hätte ich meine Mahlzeiten aus dem Trog gefressen. Man hätte mich nicht zum Schlafen im Pferdestall anketten müssen, weil dies der Platz war, den er für mich bestimmt hatte.
Die Woche verging nach dieser Erkenntnis wie im Flug. Besudelt, abgemagert und erschöpft stand ich im Hof des kleinen Schlösschens, in dem mein Gebieter residierte. Aber ich war vollkommen glücklich. Glücklich darüber, gewesen zu sein, was er mir bestimmt hatte.
Die Sonne blendete, ich konnte nur ein Schema erkennen, das aus Richtung der Stallungen kam und ein Kaltblut hinter sich am Zügel führte. Dieses Schema reichte, um mich erkennen zu lassen, dass es mein Gebieter war, der mich zurück tauschte. Augenblicklich fiel ich trotz meiner Fesseln in der vorgeschriebenen Weise zur Begrüßung auf den Boden. Seine Stiefelspitzen standen direkt vor meinen Augen, als er endlich stehen blieb. Die Scheuklappen verwehrten mir jeden weiteren Anblick. Eine Welle des Glücks durchströmte mich und in diesem Moment des Rausches wünschte ich mir, er möge mir die Scheuklappen nie mehr entfernen, da sie doch meinen Blick rigoros auf das Wesentliche richteten. Meine Unterwerfung.

Die Männer redeten über mich, wie man eben über ein Arbeitstier redet. Dann verstummte das Gespräch. Gallardon unterbreitete nach einer Weile des betretenen Schweigens den Vorschlag, bei Gelegenheit sein Kaltblut gerne dem Nachbarn wieder zum Tausch zu überlassen. Qadir Abd al Mudhill lachte und lehnte höflich ab, da er umgehend nach Paris zurückzukehren gedächte. Mit einem Ausdruck des Bedauerns verabschiedete sich Gallardon. Der immer leiser werdende Hufschlag zeigte an, dass er sich mit seinem Pferd entfernte.
Mein Gebieter rief nach einer Magd und befahl ihr, mich zu säubern. Mit den gleichzeitigen Anzeichen von Scheuheit und Abgestoßensein führte sie mich zum Brunnen, um mich dort zu waschen. Mit ungeschickten Fingern stand sie im Begriff, meine Fesseln zu lösen. Energisch machte ich ihr durch Gesten verständlich, dies zu unterlassen. Hatte doch mein Gebieter ihr mit keinem Wort befohlen, mich zu befreien.
Resigniert und mit dem Ausdruck des Unverständnisses unterließ sie jeden weiteren Versuch und begann, das ihr aufgetragene Werk zu verrichten. Unsicher stand sie nach Abschluss neben mir. Zaghaft wollte sie mich in Richtung Haus ziehen, aber ich weigerte mich standhaft wie ein störrisches Pferd. Hilfesuchend sah sie sich nach dem Haus um und rief hinüber.
Es dauerte eine Weile, bis einer der Diener seinen Kopf aus dem Fenster streckte und sich nach ihrem Begehren erkundigte. Danach verging erneut eine Ewigkeit, bis er wieder im Fenster erschien und den Befehl meines Gebieters übermittelte, mich ins Haus zu bringen.
Man brachte mich ins Kaminzimmer, wo Qadir Abd al Mudhill mich bereits erwartete. Höchstpersönlich befreite er mich von meinen Fesseln und der Trense. Nachdem die Magd das Zimmer verlassen hatte, entfernte er sogar die Ledermaske von meinem Kopf. Mit Behutsamkeit versorgte er die an einer Stelle aufgescheuerte Haut. Nur seine Augen lächelten, aber ich schmolz dahin.

Bereitwillig berichtete ich haarklein meine Erlebnisse. Er unterbrach meinen Rapport nicht, nur gelegentlich nickte er bestätigend. Und doch bemerkte ich sein ungespieltes Erstaunen. Sein Blick wandelte sich in Unglauben. Es sprudelte förmlich aus mir heraus, ich erflehte die Gnade, es ihm vorführen zu dürfen. Nach einem Augenblick des schweigenden Überlegens willigte er ein.
So verbrachte ich das Abendessen zu seinen Füßen. Angetan mit den Deichseln, die meine Arme in Hilflosigkeit zwangen und dem Zaumzeug. Beiläufig ließ er Speisereste in den Holztrog vor mir fallen.
Nachdem er sein Mahl schließlich beendet hatte, entfernte er die Trense und sah mir beim Essen zu. Seine erkennbare Befriedigung dabei machte mich glücklich. Kaum hatte ich geendet, mühte ich mich ab, die Trense mit dem Mund zu fischen. Es gelang mir nach einigen vergeblichen Mühen glücklich. Ergeben bot ich meinem Gebieter meinen Kopf, damit er es leichter haben möge, den Riemen wieder festzuschnallen. Es erschien mir, als ob er absichtlich den Riemen enger als vordem zuzog. Dagegen bin ich mir sicher, dass noch nie zuvor die Trense so grausam in meine Mundwinkel schnitt.
Ich gab mir alle Mühe, einen Kuss der Dankbarkeit auf seine Hand zu hauchen. Zu meiner Glückseligkeit ließ er mich gewähren. Sachte begann er mich zu streicheln. Mit einem Seufzer der Erleichterung gab ich mich hin.

In einem Augenblick der Klarheit schoss ein Gedanke durch meinen Kopf. Ich liebte ihn so sehr, dass ich auf seinen Befehl hin in den Tod gegangen wäre. Noch nie zuvor habe ich mich mit einer solchen Bereitwilligkeit hingegeben. Unterwürfig wie ein Hund kroch ich zu seinen Füßen. Und gleich einer rolligen Katze kniete ich vor ihm und bot mein Gesäß dar. Die Schläge waren grausam, doch ich ertrug sie ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen.
In dieser Stellung nahm er mich anschließend. Unsere Vereinigung war überirdischer Natur. Zeit und Raum verloren ihre Bedeutung. Ein Taumel ewiger Lust verschlang mich, bis ich irgendwann in tiefe Bewusstlosigkeit fiel. Mein Erwachen dauerte gerade lang genug, um zu bemerken, dass ich in seinen Armen lag. Er schlief tief.
Im sanften Licht des Mondes, das durch das Fenster hineinglitt, sah Qadir Abd al Mudhill wie der Erzengel Michael aus. Eine unbedachte Bewegung zeigte mir an, dass meine Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Bevor mein Verlangen, ihn zu berühren, richtig erwacht war, schlief ich bereits wieder ein.


Auch Jacqueline war während des Lesens müde geworden. Sie legte das Buch beiseite und schlief auf der Stelle ein. Schon nach einer Stunde erwachte sie erfrischt und las weiter.


Unsere Rückkehr nach Paris verlief vollkommen unspektakulär. Alles ging seinen gewohnten Gang und doch hatte sich etwas verändert. Qadir Abd al Mudhill schien mir trotz meiner Sklaverei mit größerer Achtung zu begegnen als vor dem Aufenthalt auf dem Land. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, weiterhin nach Belieben mit mir zu verfahren.
Getreu meinem Vorhaben nahm ich nach unserer Rückkehr die Übermittlung von Nachrichten an Fauchard nicht wieder auf. Der Chef der Geheimen Staatspolizei war zu einem unbedeutenden Bild verblasst. Um so größer war mein Schrecken, als eines Tages mein Gebieter mich in der üblichen Weise zum Ausgang vorbereiten ließ und mit sich nahm. Zu meinem Entsetzen fand ich mich in der Loge Fauchards am Place de Grève wieder.
“Ah, mein lieber Gesandter! Wie freue ich mich, dass Sie und Ihre rätselhafte Begleitung, von der halb Paris spricht, meiner Einladung Folge leisten konnten. Darf ich Ihnen erklären, welches Programm heute geboten wird?” Lauernd sah mich Fauchard an, versuchte aber dabei den Anschein zu erwecken, er rede mit dem persischen Gesandten.
“Wir haben ein paar unbedeutende Mörder und Halsabschneider, die heute hingerichtet werden. Aber es gibt als letzte Hinrichtung etwas ganz Besonderes. Ein Hochverräter, der sich gegen Frankreich vergangen hat. Er versuchte vergeblich, sich seiner gerechten Bestrafung durch eine Flucht nach Freiburg im Breisgau zu entziehen. Es gelang jedoch meinen Agenten, ihn dort zu fangen und nach Paris zu bringen, obwohl der österreichische Kaiser schützend seine Hand über ihn hielt. Das Verhör dieses schändlichen Schurkens zog sich unsäglich lange hin. Man brauchte anschließend Monate, um ihn für die Hinrichtung wieder aufzupäppeln. Sie sehen Exzellenz, Frankreich findet seine Feinde überall und führt sie ihrer gerechten Strafe zu!” Selbstgefällig lehnte er sich zurück.

Keimte bereits bei seinen Worten ein Verdacht in mir, dass die ganze Affäre meinetwegen inszeniert worden war, erlangte ich brutale Gewissheit, als nach einer abstoßenden Reihe von Hinrichtungen der Hochverräter zur Hinrichtungsstätte geführt wurde. Selbst auf die Entfernung konnte ich unzweifelhaft erkennen, dass es sich dabei um meinen Bruder handelte.
Zu meinem Glück schützte mich die goldene Maske vor dem Gesicht davor, dass Fauchard bemerken konnte, wie sehr ich erbleichte. Zum Glück saß ich in einem bequemen Sessel, ansonsten hätten mir mit Sicherheit die Beine den Dienst versagt und ich wäre zu Boden gestürzt. Aus seinen verstohlenen Blicken konnte ich jedoch schließen, dass ihm mein tiefes Entsetzen trotzdem nicht entging. Seine Selbstgefälligkeit quoll beinahe aus jedem seiner Knopflöcher.
Die Hinrichtung war die grauenvollste ihrer Art, der ich je beigewohnt hatte. Mit verzweifelter Mühe versuchte ich meine Erschütterung zu verbergen. Es gab keinen Zweifel. Mit der Hinrichtung meines sicher unschuldigen Bruders wollte Fauchard mir demonstrieren, dass er auch in meiner jetzigen Situation einen Zugriff auf meine Person haben würde, sollte ich mein schändliches Treiben nicht wieder aufnehmen.

In dieser Nacht war ich froh, dass mein Herr nicht nach mir verlangte. Aus Trauer um meinen Bruder weinte ich mich in den Schlaf. Als ich noch vor Morgengrauen erwachte, fällte ich eine tief greifende Entscheidung. Noch am selben Vormittag verfasste ich bereits wieder eine Mitteilung an Fauchard, die ich wie üblich in der Kammer für das Brennholz deponierte. Meine Scham darüber übertraf alle Demütigungen, die ich bisher erdulden musste.
Fortan war mir jede Bestrafung durch meinen Herrn eine willkommene Buße für meinen schändlichen Verrat. Mit einiger Beschämung muss ich gestehen, dass ich in der Folge so manche Strafe absichtlich herbeigeführt habe, um zu büßen. Und es waren etliche Bestrafungen darunter, die mich einer wirklich harten Buße unterwarfen.

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