TÜV Prüfung ab dem 01.09.2015 Pflicht für Studios

BDSM scheint immer mehr in der Gesellschaft anzukommen, mitunter nicht immer nur zu meinem Erfreuen. Vor einigen Tagen unterhielt ich mich mit einer Bekannten, die in Köln ein Studio betreibt. Sie ist selber Domina, hat jedoch auch zwei Angestellte und vermietet das Studio zudem an Privatpersonen. In einem Schreiben der IHK wurde sie darauf hingewiesen, dass nun auch für die Einrichtung und den Betrieb eines Gewerbes in Form eines Studios verschiedene neue Vorschriften gelten und deren Einhaltung auch überprüft werden wird. Das ganze basiert vorwiegend auf einer Initiative des TÜVs Nord, welcher die Studiosicherheit verbessern will.

Auf telefonische Nachfrage beim TÜV wurde mir, durch den Mitarbeiter Herrn Jocus, die Situation wie folgt erläutert:

Behauptung 1 des TÜVs
Auch ein Studiobetrieb unterfällt den arbeitschutzrechtlichen Vorschriften und wenn schon ein Bürostuhl ein Sicherheitszertifikat benötigt, so ist bei einem Sklavenstuhl oder gar Hängekäfig die immanente Gefahr natürlich weitaus größer. Hierbei wurde insbesondere auf die Kennzeichnung von Büromöbeln mit den GS und CE Kennzeichnungen verwiesen.

Gegendarstellung
In meinen Augen kann man zwar eine erhöhtes Verletzungsrisiko annehmen, jedoch ist der Verweis auf die CE und GS Kennzeichnungen fehlgehend, da zumindest die GS Kennzeichnung nach meinem Wissensstand eine freiwillige Kennzeichnung ist. (Seite 7 Dokument) Natürlich muss beachtet werden, dass sich die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften durch die EU Vorgaben der letzten Jahre immer mehr verschärft haben. Daraus direkt einen solchen Wildwuchs zu machen, halte ich aber nicht mehr für verhältnismäßig!

Behauptung 2 des TÜVs
Weiterhin wurde angeführt, dass es im Einzugsgebiet des TÜV Nord zu mehreren schweren Unfällen in BDSM Studios gekommen sei. Einige dieser Unfälle hätten nach der Einschätzung des TÜV Nord auf jeden Fall vermieden werden können, wenn die Gerätschaften besser installiert oder verarbeitet gewesen wären. So sei unter anderem ein Mann schwer verletzt worden, welcher an einem Kreuz (Anmerkung: Andreaskreuz ist gemeint) fixiert war und bei dem die Halterungen nachlässig und nicht in Bezug auf die Tragkraft geprüft eingebaut wurden. Bei dem als Beispiel angeführten Fall habe der Gast drei Rippenbrüche sowie diverse Prellungen erlitten. In einem anderen Fall sei eine Halterung gebrochen, an der eine Person über Kopf fixiert war (Anmerkung: Gemeint ist sicher eine Überkopfsuspension), die sich beim Sturz schwere Schädelverletzungen zugezogen hat.

Gegendarstellung
Es mag stimmen, dass gerade in der letzten Zeit immer mehr Unfälle bekannt geworden sind. Dies liegt aber nicht daran, dass es mehr Unfälle gibt, sondern daran, dass sich die betroffenen Personen inzwischen eher trauen, von solchen Unfällen zu berichten und sich zu beschweren, eben da die Neigung BDSM nicht mehr in der Form tabuisiert wird wie früher. Es mag auch stimmen, dass von Käfigen, Sklavenstühlen und Co. eine größere Gefahr ausgeht, als es vielleicht von einem Bürostuhl der Fall ist. Jedoch greift hier in meinen Augen die Eigenverantwortung, denn diese Gefahr ist für jeden Erwachsenen offensichtlich und wenn es wirklich zu einem Unfall kommt, kann dieser auch ohne TÜV Zertifikat einen Schadensersatz erwirken.

Zwar kam es in den letzten Jahren immer wieder zu solchen Unfällen (Beispiel 1 und Beispiel 2), die mitunter bis hin zum Tod des Gastes geführt haben (aus Pietätsgründen keine Verlinkungen, wen es interessiert der soll einfach Google nutzen), jedoch hätten die mir bekannten Todesfälle auch nicht durch ein TÜV Zertifikat verhindert werden können. Zumal mir weitaus mehr Fälle bekannt sind, bei denen Personen beim Fußball, Tennis oder Ski tödlich verunglückt sind und ich habe noch keinen TÜV Stempel auf einer Piste, einem Tennis Court oder einem Fußballplatz gesehen.

Wenn es nun bedeutet, dass BDSM genormt wird, bin ich alles andere als dafür, dass wir BDSMler in die Mitte der Gesellschaft rücken. Da war mir das Leben am Rande, verbunden mit dem Vorteil, nicht auch im Fokus von irgendwelchen rechtlichen Neuerungen zu stehen, diesbezüglich weitaus lieber. Dass es nun ernsthafte Vorschläge gibt, Handschellen und Lederpeitschen in den Aufklärungsunterricht einzubringen halte ich für ebenso fehlgehend wie eine BDSM DIN Norm.

Bisher geht es zum Glück nur um technische Geräte, für welche die Normen entsprechend gelten werden. Ich frage mich, ob nun die IHK oder der TÜV auch noch auf die Idee kommen werden, die fachliche Qualifikation einer Studiodomina irgendwelchen Prüfungskriterien zu unterwerfen oder ob es gar einen BDSM Führerschein für Doms und Subs geben wird. Wobei, letzteres wäre vielleicht nicht mal schlecht. Wenn ich im Netz lese, was manche Leute als Doms so erwarten.

Schon vor 1,5 Jahren unterhielt ich mich mit einem Studiobesitzer in Dortmund, von welchem inzwischen auch eine Vergnügungssteuer erhoben wird. Diese Steuer wird seit dem Erfolg von Shades of Grey scheinbar von vielen Gemeinden genutzt, um ihre klammen Kassen aufzubessern (Beispiel Stuttgart). Sollte der TÜV wirklich konsequent die Studiobetriebe überwachen, so kann ich es nicht verstehen, warum dies dann nicht auch für Händler und Hersteller von BDSM Möbeln gelten soll. Hier scheint in meinen Augen eine ungerechtfertigte Diskriminierung von BDSM Professionals gegeben zu sein. Denn ich denke, ich nutze mein Bondagebrett zum Beispiel nicht weniger selten, als es eine Domina in ihrem Studio tut.

 

April, April ;) Nein die bürokratische Regelungswut scheint noch nicht so weit zu gehen und natürlich war der Herr Jocus ein kleiner Hinweis darauf, immerhin bedeutet dieser Name Scherz in der guten alten lateinischen Sprache. Wobei ich auch überlegt habe ihn Herrn Loki zu nennen, für jene die eher der nordischen Mythologie anhängen :) So ich hoffe niemand nimmt mir diesen kleinen Schabernack nun allzu übel, wer mag kann auch gerne schauen was ich in 2013 zum April gemacht habe.


Kommentare:


Sonja schrieb am 23.01.2018


Als ich mich so durch Deine Homepage durchgelesen habe, kam mir die Idee, was Qualitätsmanagement im BDSM Bereich für Vorteile haben könnte ;-)
eventuell erheitert es Dich auch, deshalb will ich es nicht vorenthalten

Ich muss mich leider beruflich mit dem Thema QM herumschlagen, sodass mir einige Anwendungsbereiche beim Lesen in den Sinn kamen:
-standartisierte Formulare (Neigungsbogen /Tabuliste/Grenzen/Anamnesebogen+Medikamentenliste/Sklavenvertrag)
-"Kundenbewertung" bzw. Bewertung kooperierende Stellen
-Richtlinien und Arbeitsanweisungen für Doms und Subs u.s.w.
-Flowcharts für eine Session
-Zufriedenheitsbefragung
-Zielvereinbarungen/Weiterentwicklung

Der TÜV könnte dann zertifizieren und als Zertifikat das Gentledom-Emblem.
Eine zertifizierte Sub könnte dann dies auch als Branding erhalten. (Ein zertifizierter Dom wird sich wohl nicht branden lassen, da wäre vielleicht ein UV-Tattoo machbar).

-------------
Deine Seite ist wirklich sehr informativ. Aber ich habe auch schon schallend gelacht.
Diese Kombination aus beiden, macht die Sache sehr lesenswert.

Beste Grüße

Sonja


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Hallo Sonja!

Da ich früher Unternehmensberater gewesen bin und auch in der Startupszene aktiv war, wittere ich hier ein echt gutes Geschäft. Wir sollten uns zusammentun und den Markt erschaffen und natürlich konkurrenzlos bleiben, das sind meist die besten Märkte :D Also wenn besprechen wir das ;)

Liebe Grüße

GentleTÜV

pixi schrieb am 02.04.2015


Also da muss ich Dir widersprechen ...

Warum sollte der bzw die Sub nicht auch in den Genuss von TÜV geprüften Gerätschaften profitieren?

Jedes Auto muss in Deutschland nach 2 oder 3 Jahren zum Tüv, jedes Bondage Seil aus dem Baumarkt hat eine entsprechende Zertifizierung entsprechend der Traglast. Mein Kletterkarabiner ist auch TÜV geprüft - davon hängen Leben ab!

Warum soll dann nicht ein hängender Sub bei einer Professionellen zumindestens in TÜV geprüftem Umfeld aufgehangen werden? Selbst die Hundeschale aus der er nachher trinkt hat eine EU Unbedenklichkeitserklärung - warum also das Andreaskreuz ausnehmen?

Ich gehe sograr mit meinen Forderungen noch weiter.
Wenn es schon Regelungen für gekrümmte Bananen, in der Watt Aufnahme kastrierte Staubsauger gibt, wann gibt es endlich die TÜV Zertifizierung für professionelle Dienstleister im BDSM Bereich?

Selbst virtuelle Einkaufsmöglichkeiten im Web haben schon ein solches Siegel - und mir als Mann sind diese Schuh-Flatrate-Versender deutlich unerotischer als manch "Professionelle".

Und wenn wir schon dabei sind *lieber Dachverband der deutschen BDSM'ler* - dann bitte auch das freiwillige TÜV Zertifikat für die gewöhnliche HausSub oder DumDom.

Sofern die Lizensgebühren für das Siegel im erträglichem bleiben, würde ich dieses dann gerne auch hier auf der Seite integrieren.

PS: Wenn noch Prüfer für die gewöhnliche Haussub auf 660 Euro Basis gesucht werden, bitte PN.


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Ach du willst doch nur einen schönen und geilen Nebenjob haben :P

Sunny schrieb am 01.04.2015


Lieben Dank für den kreativen Text zum 1. April :-)
Hoffen wir nur, dass nun nicht irgendwie auf die Idee kommt, den 'Vorschlag' wirklich aufzugreifen ;-)


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Ich vermute nicht, dass der TÜV zu meiner Leserschaft gehört und wenn dem so ist, dass ich jemanden wirklich damit beeinflussen kann ;)

Nina schrieb am 01.04.2015


April April?!?


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der macht was er will :D

Lola schrieb am 01.04.2015


und ich dachte immer, mein großes Latinum wäre zu nichts Nutze gewesen *schmunzel*


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Siehste :D

Carsten schrieb am 01.04.2015


So eine Regelung wäre weitaus sinnvoller wenn sich die Gesundheitsämter mal die Hygiene unter die Lupe nehmen würde. Das ist noch viel gefährlicher als ein Andreaskreuz welches falsch angebracht wurde.


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Ja bei manchen Studios muss ich dir da wohl zustimmen, wobei hier dann auch das Ordnungs- oder auch Gesundheitsamt sicher weiterhelfen können.

Corina schrieb am 01.04.2015


Hallo Mr. Gentle, Hm, das ist auch kein verfrühter Aprilscherz von dir, um uns so richtig zu foppen? Obwohl so manche Regelungen ähneln an sich schon einem Scherz. Was es nicht alles gibt..Das würde ja dann bedeuten, dass die Prüfer am eigenen Leibe in den Genuss kommen müssen, um sich ein Urteil bezüglich der unbedenklichen Benutzung der Geräte machen zu können. Als nächstes gibt's für Subs dann das Siegel als Brandmal? Erstaunlich was es doch immer wieder für Neuerungen gibt, um hier und da ein Geldloch zu stopfen. ;))

War das echt kein Witz von dir? ;))

Naja, wie auch sei, liebe Grüße
Corina


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Also wenn dann wäre ich für ein Gentledom Brandmal, wäre sicher auf Dauer eine sehr effiziente Form des Guerilla Marketings :D

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