Meine Tochter hat mir gestanden, dass sie mit einem dominanten Mann eine Beziehung führt, sie ist 17 und er ist 28. Was kann ich tun und ist das überhaupt legal?
Zuerst einmal der einfach zu beantwortende Teil. Die meisten Spielarten im Bereich BDSM sind in dieser Konstellation legal. Ab 14 können erwachsene Menschen mit Jugendlichen Sex haben, sofern nicht Sonderfälle vorliegen. Ein Sonderfall (Lehrer, Freier, etc.) ist hier erst einmal nicht erkennbar. Beim BDSM ist es ähnlich, auch in diesem Kontext geht es um die Einwilligungsfähigkeit, also ob die Person weiß worin sie einwilligt und was die jeweiligen Folgen sind. Mit Ausnahme extremer Spielarten sollte daher das, was die beiden teilen, legal sein. (Zur Rechtslage Minderjährige und BDSM und bezüglich der rechtswirksamen Einwilligung).
In Bezug auf BDSM ist es wichtig, sich erst einmal selbst über den Bereich zu informieren. Kein Elternteil ist eine Hilfe, wenn Emotionen und nicht Wissen die Grundlage der Erziehung darstellt. Auch wenn es schwerfallen mag und es nicht die eigene Spielart ist, sollten Texte gelesen werden, die eigentlich dafür gedacht sind Anfänger diesen Bereich näherzubringen. Weiterhin besteht BDSM aus verschiedenen Facetten, wenn ihre Tochter sagt, sie habe sich in einen dominanten Mann verliebt bedeutet dies wahrscheinlich sie genießt die devote (Hingabe) Rolle bei ihm, ob sie zudem Spaß an SM (Schmerz erzeugt Lust bei ihr) hat oder Bondage (fixiert werden) lässt sich aus so einer Aussage nicht schließen. Auch deswegen ist es wichtig, die Grundlagen zu kennen um mit ihr reden und mehr erfahren zu können.
Für Rückfragen stehe ich sehr gerne zur Verfügung und hoffe das Beste!
Nicht hilfreich ist es, so eine Neigung als krank zu titulieren oder vor der Tochter oder auch sich selbst (was habe ich nur falsch gemacht bei deiner Erziehung) Vorwürfe zu machen. Eine sexuell devote Neigung ist erst mal keine Krankheit und dass Kinder an anderen Dingen als die Eltern Spaß haben (auch beim Sex), ist normal. Wir wünschen uns alle starke und selbstbestimmt Kinder und genau das kommt auch darin zum Ausdruck, dass solch eine Neigung ausgelebt wird. Viele sexuell devote Frauen (und Männer) sind außerhalb der Sexualität sehr erfolgreiche und selbstbewusste Menschen, die es einfach nur mal genießen, sich in diesem Kontext fallenzulassen.
Wenn die Tochter nur ihren Freund als BDSMler kennt, kann dieser sie viel leichter manipulieren, wenn er schlechte Absichten hat. Es mag sich abstrus anhören aber ihr Zugang zu anderen jungen BDSMlern zu verschaffen, kann sehr heilend sein, wenn er eben jemand ist, der nicht fair mit ihr umgeht. Hier fallen mir zwei Anlaufstellen ein, unser Forum, welches sich unter forum.gentledom.de finden lässt und der Verein für junge BDSMler, der SMJG. Information und Austausch können ihrer Tochter helfen, Gefahren selbst zu erkennen und zu beseitigen. Ihre devote Neigung wird wahrscheinlich nicht verschwinden und es ist besser, wenn hier eine gute Aufklärung erfolgt, denn Aufklärung erzeugt keine Gelüste, die nicht vorher schon irgendwie vorhanden waren, aber sie hilft, Gefahren zu erkennen.
Sicher fällt es ihnen nicht leicht, aber wahrscheinlich wird das Verbot, den Mann zu sehen nicht helfen. Wenn sie sich verliebt hat, würde ich den Mann einladen, um ihn kennenzulernen, sich hierzu zu überwinden ist wahrscheinlich alles andere als einfach, aber so lernt man die Person kennen, bei der man befürchtet, sie könnte der eigenen Tochter schaden. Vielleicht ist die Person gar nicht so schlimm und einiges an Bedenken kann aus der Welt geschafft werden und wenn nicht, dann ist es gut, dass die Bedenken nicht nur auf einem Gefühl, sondern auch auf Fakten beruhen. Daher sollte ihm möglichst neutral begegnet werden, so schwer wie das auch sein mag.
Sollte ihre Tochter früher in psychologischer Behandlung gewesen sein (zum Beispiel Borderline), dann wäre es gut, sich mit der behandelnden Person kurzzuschließen. Auch wenn BDSM keine Krankheit ist, kann BDSM in Kombination mit einer Krankheit ziemlich toxisch werden. Auf keinen Fall sollte sie ohne bisherige Probleme wegen dieser Neigung zu einem Arzt oder Psychologen geschickt werden, wirklich nur wenn es in der Vergangenheit psychische Probleme gab, dann sollte der Therapeut konsultiert werden, um mit diesem das weitere Vorgehen abzusprechen.
Ich kann gut verstehen, dass 11 Jahre Altersunterschied die Alarmglocken läuten lassen, das würde mir wohl ähnlich gehen, zumal in dieser Konstellation eben nicht nur durch die Lebenserfahrung ein Ungleichgewicht herrscht, sondern womöglich auch durch das gelebte Beziehungskonstrukt. BDSM selbst ist aber, sofern nicht Besonderheiten (sehr gefährliche Spielarten, psychische Störungen, toxische Partnerschaft) hinzukommen, keine Gefahr, sondern nur eine von vielen sexuellen Spielarten.
Übrigens zeigt das Geständnis ihrer Tochter, dass sie großes Vertrauen zu ihnen hat, viele Jugendliche würde solch eine Beziehung verheimlichen und ganz sicher nicht den Eltern erzählen. Dieses Vertrauen sollte auf keinen Fall mit vorschnellen und emotionsgetrieben Handlungen untergraben werden. Sie scheinen einen Zugang zu ihrer Tochter zu haben, den ganz sicher nicht jedes Elternteil hat. Ich wünsche ihnen von Herzen, dass alles den Verlauf nimmt, der für ihre Tochter am besten ist und dass sie diesen Verlauf zumindest akzeptieren können.
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