Superdom

Gestern erhielt ich seit längerem wieder eine recht kritische Zuschrift, auf die ich gerne mit einem Blogeintrag antworten will:


Hallo Gentledom,

ich lese immer wieder das Wort Sklavin auf deiner Webseite aber ich finde dies bei dir sehr unpassend.

Nur der Herr bestimmt die Grenzen seiner Sklavin. Es ist weder die Aufgabe noch das Recht einer Sklavin ihrem Herrn Grenzen aufzuzeigen. Die Frau, die ihrem Partner Grenzen aufzeigt ist ihrerseits die dominierende, da sie bestimmt, was er zu tun und zu lassen hat, nicht umgekehrt!

Wenn die Frau ihren Partner beschränkt und ihm vorgibt, was er darf und was nicht, wie kann sie dann eine Sklavin sein und er der Herr? Ein Mädchen hingegen das sich voller Vertrauen in die Hände ihres Herrn begibt ohne ihm Vorschriften zu machen, diese ist dann eine wirkliche Sklavin und dies beschränkt sich dann nicht nur auf ein paar Stunden sondern ist 24/7. Dieses Mädchen schenkt sich ihrem Herrn und übergibt sich seiner Gnade.

Mit all deinen Safewords, Tabus etc drehst du aber genau diese naturgegebene Rollenverteilung um. Auch kann ich es nicht verstehen wie ein Dom auf seiner eigenen Webseite Femdoms akzeptieren kann. In dieser Spielart der pseudodominanten Frau und des pseudodevoten Mannes sehe ich eine Zivilisationskrankheit, die sich nur in der westlichen Welt eingebürgert hat, um das Recht des faulen und unselbständigen Mannes auf eine - von einer dienstbaren Frau durchgeführten - sexuelle Erfüllung zu untermauern.

Für Einsteiger ist deine Seite aber sicher gut geeignet, wirkliche BDSMler hingegen schmunzeln über sie genauso wie ich.

Dominante Grüße

Sir Christoph


Hallo Christoph,

ohne dir zu nahe treten zu wollen, finde ich eines schon mal äußerst interessant: Bei einer selbstbestimmten Persönlichkeit schreibst du immer von Frau, bei einer fremdbestimmten Persönlichkeit von Mädchen. Ohne nun tiefer ins Detail gehen zu wollen, machen mir solche Differenzierungen bei der eigenen Wunschvorstellung etwas Sorgen.
Es wirkt so, als würden dir selbstbewusste Frauen Angst machen und deine Rolle und die Beschränkung deiner Partnerin auf ein hilfloses Mädchen wäre eine Kompensationshandlung, die Unsicherheit überdecken soll. Natürlich mag ich damit falsch liegen und vielleicht interpretiere ich etwas viel in die Differenzierung Frau und Mädchen hinein und dieser Teil deines Lebens dreht sich um die Spielart SugarDaddy, die als Rollenspiel bei BDSMlern immer mal wieder vorkommen soll.

Selbstverständlich steht es jedem BDSMler frei, für sich selbst den Begriff 24/7 oder auch Sklavin zu definieren. Wenn nur der Herr die Grenzen der Sklavin bestimmt und er dabei auch das Wohl seiner Partnerin im Auge hat, mag dieses Konzept - verantwortungsbewusst umgesetzt - sicher ein Gutes sein.
Jedoch, wo ist dann der Unterschied, ob ich nun selber die Grenzen im Sinne meiner Partnerin definiere oder es bei ihr liegt? Glaubst du wirklich diese Unterschiede sind in der Praxis so groß? Natürlich ist es für mich schwerer mit ihr eine Grenze zu überschreiten, denn ich brauche im Gegensatz zu dir ihre Einwilligung dafür und muss somit im Vorfeld um Vertrauen werben. Jedoch minimiert dies auch die Risiken, dass etwas in die falsche Richtung läuft. Niemand kann einem Menschen in den Kopf schauen, höchstens davor und deswegen ist es für mich wichtig, dass die Person mit deren Psyche zum Teil gespielt wird (DS ist ein solches Spiel mit der Psyche), auch von sich aus Einfluss nehmen kann, ohne mir aber grundsätzlich in mein Handwerk reden zu dürfen.
Die Einräumung eines Safewords dient der Sicherheit beider Seiten, dass alle Handlung noch von der Einwilligung des devoten Parts gedeckt sind. Gelangt Sub an die eigenen Grenzen und hält er/sie das Spiel aus körperlichen, psychischen oder sonstigen Gründen nicht mehr aus, so kann er/sie mit der Nutzung des Safewords das Spiel abbrechen, was letzlich für beide von Vorteil ist, da sonst auch das Vertrauen irreperabelen Schaden nehmen kann.

In deinen Augen mag ich ein WeicheiDom sein, damit kann ich sehr gut leben. Dafür gab es bei mir aber auch noch keine wirklichen Abstürze, bleibende Schäden oder andere unschöne Unfälle. Für mich ist eine Sklavin eben auch Frau und damit verbunden hat sie gewisse Rechte, die ihr immer zustehen werden.
Ich gehe da konform mit den Gesetzen, die bei solchen Einwilligungen immer die Möglichkeit der Rücknahme ebendieser einfordern. Auch finde ich es wunderschön, wenn mir meine Sklavin von sich aus ein Tabu schenkt, weil ihr Vertrauen in mich weiter gewachsen ist oder sie durch mich die Angst davor verloren hat. Das Safeword schützt nicht nur die Sklavin, sondern auch den Herrn und damit ebenfalls das Vertrauen beider ineinander.

Natürlich kenne ich dich nicht persönlich, jedoch kenne ich einige Doms, die ähnliche Ansichten wie du vertreten. Diese fordern jene völlige Hingabe bereits zum Start der Versklavung. Aber schneidet ihr euch damit nicht etwas sehr Schönes vielleicht selber ab?
Vertrauen wächst mit der Zeit und kann in meinen Augen nicht eingefordert werden. Wird es erzwungen, ist es in einem Käfig und wird sich nie zur vollen Blüte entfalten können. Ihr mögt damit schneller mehr machen können, aber BDSM ist für mich kein Quickie, sondern ein gemeinsames Wachsen.

Nun zu dem wirklich amüsanten Teil: Naturgegebene Rollenverteilung??? Sorry, aber warum sind wir Männer von Natur aus etwas Besseres? Weil wir mehr Muskeln haben, weil unsere Füße wärmer sind, weil wir besser einparken können oder weil die meisten Massenmörder und Diktatoren männlich sind und wir damit am Ende der Nahrungskette stehen?
Ich habe ein gutes Ego, dieses beruht aber nicht auf den xx Zentimetern zwischen meinen Beinen, sondern auf meiner Bildung, dem Einfühlungsvermögen, Kreativität, moralischen Werten und anderen Dingen, bei denen ich glaube, einem hohen Standard gerecht werden zu dürfen.
Ok, ich muss zugeben mein Ego, zumindest bei sexuellen Dingen, beruht auch ein wenig auf den Zentimetern zwischen meinen Beinen, aber nicht weil ich einen Schwanz habe, sondern was ich damit machen und bewirken kann ;-).

Ich bin ein Verfechter der Emanzipation und finde, diese ist leider in vielen Bereichen noch nicht wirklich vollzogen, vor allem in den Köpfen der Menschen. Natürlich gibt es auch Bereiche, wo der Gesetzgeber über das Ziel hinausgeschossen ist (Stichwort gleiche Rechte = gleiche Pflichten), aber das wäre ein anderes Thema.
Emanzipation und BDSM passen hervorragend zusammen, immerhin entscheidet hier nur die Neigung über die Rolle und nicht das Geschlecht, Alter, Herkunft, Aussehen etc. Ich denke sogar sexuell liegt die devote Rolle der Frau allgemein mehr als die dominante, was auf Erziehung, dem sozialen Umfeld und vielleicht auch der genetischen Veranlagung beruhen mag. Dies ist aber eine reine Tendenz und natürlich gibt es dominante Frauen, die wirklich führen können.
Ganz ehrlich, die meisten Dominas sind bei weitem kreativer und härter als ihre männlichen Kollegen. Selbstverständlich gibt es auch sexuell devote Männer und so wie ich es bisher kennen gelernt habe, sind diese im Durchschnitt selbstbewusster und gebildeter als die männlichen Doms, zumindest auf der Alltagsebene.
Menschen sind so vielfältig und anderen Menschen eine Neigung abzusprechen ist fast unmöglich, denn wie will ich wissen was eine andere Person wirklich empfindet? Für dich ist ein devoter Mann krank, für andere wirst du krank sein...

Ich freue mich, mit selbsternannten wirklichen BDSMlern wie dir nicht viel zu tun zu haben, denn ehrlich gesagt kotzt mich diese Intoleranz ziemlich an. Letztlich scheint dein „dominanter“ Gruß doch nur Ausdruck einer Hoffnung auf spürbare Souveränität zu sein, die sich aber bereits durch ihre Verwendung selbst zerstört.
Souverän und damit mit einem Hauch von Dominanz versehen sind Grüße erst, wenn sie sich nicht selbst als solche etikettieren müssen. Da mir grundsätzlich aber alle willkommen sind, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, wünsche ich dir weiterhin viel Spaß beim Schmunzeln auf meiner Seite, vielleicht auch über diesen Blogeintrag ;-)

In diesem Sinne rosaplüschhandschellige Grüße!

Gentledom


Nachtrag: Ich bin gespannt, ob‘s eine Antwort geben wird...

Ergebnis: Gab`s leider nicht ;(


Kommentare:


Susanne schrieb am 18.06.2020


Einparken...
ich freue mich mit jedem Beitrag, den ich hier lese, daß ich beim Stöbern im World wide Web über diese Seite gestolpert bin. Es gibt ziemlich viele gruselige Vorstellungen, die mir im Kopf rumgeistern und dazu gehört genau die, solch einem DomExemplar in die Quere zu kommen. Ich kann es mir beim besten Willen nicht vorstellen, alle Rechte abzugeben ohne die Möglichkeit im Vorfeld die Regeln auszudiskutieren. Erst dann kann Mensch sich doch vertrauensvoll fallen lassen, oder? Dann noch das Gefühl, dass Männer wie Sir C. Frauen nicht wirklich mögen.. Wie soll da ein geschenktes Tabu dem Herrn Freude machen, wenn er sich eh alles holen kann wie er gerade will.. Ich bin leider schon auf meinem Weg an gelinde gesagt, furchterregende Psychos geraten, und es war keine gute Furcht. So jemand als Dom - nächste Ausfahrt Psychiatrie. Nicht lustig..

P. S Beim gekonnten Einparken spielt auch immer die Größe des genutzten Fahrzeugs eine Rolle - und die Größe der Parklücke :)

LG mal wieder schlaflos in M
Susanne


Antwort auf diesen Kommentar

Hallo Susanne,

gut dass du den Absprung rechtzeitig geschafft hast bei der Metapher des Einparkens ist mein Kopfkino aber irgendwie mehr bei den Geschlechtsteilen als den Tabus haften geblieben :D

Liebe Grüße

Gentle

Steffi schrieb am 16.06.2014


Respekt

Ich schreibe eigentlich keine Kommentare, aber dieser Blogeintrag hat mich echt beeindruckt. Ich habe selten eine so souveräne Antwort auf dümmliches Geschwätz gelesen. Schade, dass sich Sir Christoph nicht mehr zu einer Antwort durchringen konnte *g

Aber seit wann können Männer besser einparken?? Das halte ich für ein Gerücht *g


Antwort auf diesen Kommentar

In der Regel können wir es :P Aber sicher gibt es auf beiden Seiten einige Ausnahmen :D

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