Vergewaltigung, Fachbeitrag

Der Fachbeitrag besteht aus fünf Teilen.

1. Teil: Rechtliches zur Strafbarkeit
2. Teil: Physische und psychische Folgen
3. Teil: Beweissicherung
4. Teil: Tipps zur Beweissicherung
5. Teil: Die polizeiliche Vernehmung

Teil I Strafbarkeit des § 177 StGB

§ 177 Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung

„(1) Wer eine andere Person

  1. mit Gewalt,

  2. durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder

  3. unter Ausnutzung einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist,

nötigt, sexuelle Handlungen des Täters oder eines Dritten an sich zu dulden oder an dem Täter oder an einem Dritten vorzunehmen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

  1. der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere, wenn sie mit dem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder

  2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.“

(…) Im StGB folgen hier weiter die Qualifizierungen des Deliktes in Form von „Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt“, „sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden“, „das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt“ und weiterhin

„ bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder das Opfer

a) bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder

b) durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.“

Je nach Schwere der Tat, hat der Gesetzgeber die Strafzumessung angepasst. Will heißen: Je mehr Qualifizierungsmerkmale (Waffen/gefährliches Werkzeug/schwere Gesundheitsschädigung beim Opfer/körperliche Misshandlung/Gefahr des Todes) vorliegen, desto höher die Strafzumessung.

Juristen und Polizei prüfen bei Vorliegen einer Straftat die Tatbestandsbestandsmäßigkeit(das Vorliegen der im Gesetz genannten „Bedingungen“, die Rechtswidrigkeit(War das Tun oder Unterlassen zu diesem Zeitpunkt durch ein Gesetz bestimmt?) und die Schuld (Gibt es Gründe, die die Handlung „entschuldbar“ machen?)

Zur Tatbestandsbestandsmäßigkeit
Der § 177 StGB schützt die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung; und zwar für die Frau und für den Mann. Auch Frauen können also Täter und Männer Opfer sein.

Egal welchen Alters, welcher Geschlechtsreife oder welchen Personenstands die beteiligten Personen sind, die Vorschrift schützt die Freiheit jedes Menschen in jeglicher Situation. Somit ist die Vorschrift auch auf Vergewaltigung in der Ehe anwendbar.

Gewalt ist die Entfaltung körperlicher Kraft zur Überwindung eines tatsächlichen oder bestimmt zu erwartenden Widerstandes. Auf einen größeren Kraftaufwand kommt es dabei nicht an. Sie muss aber von dem Opfer als körperlicher Zwang empfunden werden. Daher ist es nicht ausschlaggebend, welche „Abwehrverletzungen“ ein Opfer aufweisen kann. Auch das bloße „ Festhalten“ der Hände reicht aus, um von einem geängstigten Opfer als „körperlichen Zwang“ empfunden zu werden.

Erfasst wird sowohl die die körperliche Überwältigung des sich wehrenden Opfers, als auch die vorausgehende körperliche Misshandlung, die darauf abzielt, jeden Widerstandswillen von vornherein zu brechen bzw. es zu Widerstandshandlungen gar nicht erst kommen zu lassen.

Wichtig: Zur Erfüllung des Tatbestandes muss die Gewaltanwendung vor Beendigung der sexuellen Handlung angewendet worden sein.

Andererseits fällt aber auch die Fortsetzung einer anfänglich geduldeten sexuellen Handlung unter Gewaltanwendung bei Wegfall der Einvernehmlichkeit unter § 177 StGB. Das bedeutet, die angewendete Gewalt muss zur Erfüllung des Tatbestandes angewendet worden sein mit dem Ziel, sexuell zu missbrauchen. Das bedeutet, die Missachtung eines Stoppwortes ist hier ebenso aufgefangen, wie andere Handlungen, die nicht mehr „einvernehmlich“ stattfinden.

Auch betäubende Mittel (Stichwort: KO Tropfen, Alkohol) fallen unter diese Bestimmung. Die Gewalteinwirkung besteht bei Anwendung von solchen Mitteln darin, dass das Opfer in einen die freie Willensbildung ausschließenden Zustand versetzt wird mit dem Ziel, es sexuell zu missbrauchen.

Eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben ist die Ankündigung einer unmittelbar bevorstehenden und nicht erst für die Zukunft angedrohten, nicht nur einfachen Körperverletzung, auf deren Eintritt der Täter angeblich oder tatsächlich Einfluss hat. Hier ist das Empfinden und der Glaube des Opfers maßgeblich, in wie weit diese nicht nur einfache Körperverletzung tatsächlich eintreten könnte. Der Gesetzgeber sagt hierzu: Die Drohung braucht gar nicht ernst gemeint zu sei, ausreichend ist, dass das Opfer sie ernst genommen hat und der Täter damit gerechnet hat, dass sein Opfer sie ernst nehmen wird.

Ergo: Der bloße Glaube des Opfers an die Ernsthaftigkeit der Drohung des Täters reicht aus, damit die Tatbestandsbestandsmäßigkeit und dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt sind. .

Auch die Drohung gegen eine dritte Person, die dem Opfer nahe steht (Kind, Ehepartner etc.) kann ausreichend sein(NStZ 94, 31).

Das Ausnutzen einer Lage, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist, bedeutet nicht, dass es sich um eine Zwangslage handeln muss. Das Opfer muss seiner Schutz- und Verteidigungsmechanismen beraubt sein. Der Täter muss in dieser Lage ungehinderten Einfluss auf das Opfer haben. Unerheblich hierbei ist, ob der Täter die Lage selbst herbeigeführt hat, oder lediglich ausgenutzt hat.

Diese Lage kann durchaus zunächst mit Einverständnis des Opfers geschaffen worden sein (BDSM Kontext.)

Die oben genannten Punkte (Tatbestandsmerkmale): Gewaltanwendung, Drohung mit Gewalt oder Ausnutzen der Lage, müssen das Mittel zur Erzwingung oder Duldung der sexuellen Handlung sein, diese Handlungen müssen also der sexuellen Handlung vorausgegangen sein.

Der § 177 StGB kennt vier Tathandlungen:

– Der Täter zwingt sein Opfer zu dulden, dass er an ihm sexuelle Handlungen vollzieht

– Der Täter zwingt das Opfer, das es an ihm sexuelle Handlungen vollzieht

– Der Täter zwingt das Opfer zu dulden, dass ein Dritter an dem Opfer sexuelle Handlungen vollzieht

– Der Täter zwingt das Opfer, an einem Dritten sexuelle Handlungen zu vollziehen

Damit der Tatbestand erfüllt und die Tatbestandsbestandsmäßigkeit gegeben ist, muss der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzogen haben. Dies ist gegeben, wenn „ das Glied in den Scheidenvorhof eingedrungen ist“(BGH 16, 175)

Ein Samenerguss ist hierbei nicht erforderlich.

Allerdings werden auch weitere sexuelle Handlungen von dem Begriff „ Beischlaf“ erfasst, die dem „Beischlaf ähnlich sind und das Opfer besonders erniedrigen“. Insbesondere ist dies der Fall, wenn diese Handlungen mit einem Eindringen in den Körper des Opfers verbunden sind (hier also: Vaginal, anal, oral). Alle diese Handlungen fallen unter den § 177 StGB.

Vor allem der Anal- und/oder Oralverkehr stellen einen besonders schweren Fall des § 177 StGB dar.

Hierbei ist zu beachten, dass bereits das Einführen eines Fingers oder Gegenstandes ausreichend für die Tatbestandsbestandsmäßigkeit ist. Egal, ob in Täter oder Opfer eingedrungen wird, dies stellt bei vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Vorschrift eine Strafbarkeit nach § 177 StGB dar.

(Ein Beispiel hierzu: Auch ein Mann, der wider Willen durch eine Frau oral befriedigt wird, kann Opfer einer Straftat nach § 177 StGB sein, denn hier dringt das Glied des Opfers gegen dessen Willen in den Mund des Täters ein.)

Die Vergewaltigung liegt als Tatbestand somit immer dann vor, wenn eines oder mehrere der oben genannten Regelbeispiele für einen besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung vorliegen. Kommen also die o.g. Punkte hinzu, wird ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich des § 177 StGB eingeleitet.

Ansonsten handelt es sich um eine sexuelle Nötigung (ebenfalls § 177 StGB). Die Vergewaltigung stellt somit ein Regelbeispiel für die sexuelle Nötigung (als besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung) dar.

Teil II Physische und psychische Auswirkungen

Bei einer Vergewaltigung erleidet das Opfer häufig verschiedene körperliche und seelische Schäden durch die Gewaltanwendung des Täters und durch die eigene Abwehrreaktion. Die körperlichen Verletzungen reichen von Schürf- und Kratzwunden, Hämatomen, Infektionen, herausgerissenen Haaren, abgebrochenen Zähnen bis zu Knochenfrakturen. Gerade im Bereich des Beckens erleiden Frauen oft Frakturen.

Allerdings heißt das nicht, dass eine Vergewaltigung, die ohne die o.g. schweren körperlichen Verletzungen vollzogen wurde, weniger schlimm ist.

Die psychischen Schäden können für das Opfer sogar erheblich belastender sein, als mögliche physische Verletzungen.

Es treten bei einer Vielzahl der Opfer längerfristige, psychische Schädigungen auf. Zunächst treten hier die akuten psychischen Reaktionen in den Vordergrund. Dies kann von Angstzuständen und Panikattacken bis hin zur generellen Vermeidung von Kontakt mit anderen Menschen reichen. Aber auch Schlafstörungen und Selbstzweifel sowie die(unbegründete) Scham lassen die Opfer starke Einbußen ihrer Lebensqualität erleiden.

Längerfristig stellen sich bei (unbehandelten) Opfern teilweise Depressionen ein, die bis zum Suizid oder Suizidversuch führen können.

Für Opfer einer Vergewaltigung ist es daher äußerst wichtig, schnell fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen. Je früher mit dieser Hilfe gearbeitet wird, desto schneller und effektiver kann das Trauma überwunden werden.

Die Behandlung sollte dabei von geschulten Psychologen und Ärzten durchgeführt werden. Dies ist unabhängig von der Erstattung einer Strafanzeige möglich, da Ärzte an die sog. Schweigepflicht gebunden sind.

Ob das Opfer die Tat bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft anzeigen möchte, kann das Opfer selbst entscheiden. Allerdings sollte immer bedacht werden, dass der Täter aus freiem Willen zum Täter geworden ist. Das Opfer konnte sich seine Lage nicht aussuchen. Auch Schadenersatz und Schmerzensgeld sind kurz nach einer Vergewaltigung für das Opfer vermutlich kein Thema, aber dies kann sich im Laufe der Zeit durchaus ändern.

Teil III Spurensicherung durch Polizei und Ärzte

Das Opfer einer Vergewaltigung sollte sich in jedem Fall zeitnah in ärztliche Behandlung begeben. Dies sollte auf jeden Fall geschehen, auch wenn das Opfer die Tat nicht zur Anzeige bringen möchte. Eine Behandlung durch einen Arzt ist auch ohne Befundsicherung möglich. Es besteht keine Anzeigepflicht für den behandelnden Arzt!

Allerdings sollte das Opfer beachten, dass eine Behandlung ohne Befundsicherung Spuren unwiederbringlich zerstören wird.

Bringt das Opfer die Tat bei der Polizei zur Anzeige (in einer akuten Notsituation geschieht dies über den polizeilichen Notruf) oder erscheint das Opfer nach der Tat bei der Polizeidienststelle und erstattet Anzeige, wird die Polizei tätig. Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung sind Verbrechen und müssen durch die Polizei verfolgt werden, wenn diese davon Kenntnis erlangt!

a) Ablauf einer Anzeigenerstattung bei der Polizei

Das Opfer wird zunächst kurz befragt(keine Vernehmung) und dann zur körperlichen Untersuchung und zur Spurensuche und -sicherung in ein Krankenhaus gefahren.

Hierbei ist wichtig zu beachten, dass das Opfer bei der Polizeidienststelle darum bitten kann, von einer Beamtin befragt zu werden und auch eine Vertrauensperson hinzuziehen darf. In dieser ersten Befragung werden die wichtigsten Informationen zum Ablauf der Tat in Erfahrung gebracht. Zeitgleich werden durch die Polizeibeamten weitere Maßnahmen ergriffen, um den Täter zu ermitteln und zu ergreifen.

Anschließend wird das Opfer in ein Krankenhaus gebracht. Eine detaillierte Vernehmung des Opfers wird zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt. Deswegen kann es hilfreich sein, wenn das Opfer sich bereits zu diesem Zeitpunkt ein Gedächtnisprotokoll anfertigt.

b) Ablauf im Krankenhaus

Hier wird eine körperliche Untersuchung durchgeführt und alle Verletzungen werden protokolliert. Bei dieser Untersuchung kann das Opfer ebenfalls um die Behandlung durch eine Ärztin bitten.

Am Körper des Opfers wird ferner nach Spuren gesucht, die den Täter mit dem Opfer in Verbindung bringen. Dies sind wichtige Beweisstücke, die bei einer Verhandlung Anhaltspunkte über die Tatbegehung des Täters liefern und somit dazu beitragen, den Täter zu bestrafen.

Bei dieser körperlichen Untersuchung wird durch den Arzt z.B. auch versucht, DNA -Material des Täters(in Form von Speichel, Blut, Epithelzellen, Haaren oder Sperma, wobei dieses nur nur bis zu 72 Stunden nachweisbar ist) am Opfer zu sichern. Auch Bisswunden mit bestimmten Zahnschemata können helfen, einen Täter zu überführen.

Lichtbilder von den Verletzungen des Opfers dokumentieren diese für die spätere Ermittlungsakte.

Bei der ärztlichen Untersuchung wird dem Opfer auf Wunsch Blut abgenommen, um eine Infektion mit bestimmten Krankheiten auszuschließen(ggf. einige Tage später erneute Blutabnahme, da die Dauer zwischen Infektion und Nachweis von Erregern oder Antikörpern im Blut von Krankheiten unterschiedlich lang ist). Weiterhin kann das Opfer für den Fall, dass eine Schwangerschaft eingetreten sein könnte, bestimmte Hormonpräparate verabreicht bekommen, damit die Einnistung eines befruchteten Eis verhindert wird. Darüber klären in einem solchen Fall aber die Ärzte detailliert auf.

Durch die Polizeibeamten wird die Bekleidung des Opfers sichergestellt. Dies dient in erster Linie dazu, Faserspuren, die der Täter an der Kleidung des Opfers hinterlassen hat, zu sichern. Bei einer Ermittlung des Täters wird dessen Bekleidung ebenfalls auf Faserspuren untersucht, die an der Kleidung des Täters von der Bekleidung des Opfers stammen.

Bei der Suche und Sicherung nach diesen Beweismitteln ist es für die Polizei äußerst wichtig, dass das Opfer die Polizeibeamten aktiv unterstützt. Viele Spuren werden durch Unkenntnis des Opfers bereits im Vorfeld zerstört, so dass bei einer Gerichtsverhandlung der Täter nicht angemessen bestraft werden kann, weil wichtige Beweise schlicht fehlen.

Teil IV Unterstützung durch das Opfer bei der Spurensicherung

Ist eine Frau oder ein Mädchen Opfer einer Vergewaltigung geworden, kann sie bereits im Vorfeld viel dazu beitragen, dass die Arbeit der Polizei hinsichtlich der Spurensuche und -sicherung vereinfacht wird. Denn so können bessere und vielfältigere Beweismittel erhoben werden, die sowohl die Wahrscheinlichkeit der Ermittlung des Täters, als auch die einer Verurteilung erhöhen können. Zunächst einmal sollten die Opfer bis zur Erscheinen der Polizei keinen körperlichen Kontakt mit Dritten haben (nicht in den Arm nehmen).

Die Polizeibeamten werden die Oberbekleidung des Opfers (wegen der o.g. Faserspuren) sicherstellen (mit Einwilligung des Opfers), bzw. beschlagnahmen (ohne Einwilligung des Opfers).

Sämtliche Bekleidung sollte zur Spurensicherung an die Polizeibeamten ausgehändigt werden. Dazu gehören auch Hygieneartikel wie Binden, Tampons oder Taschentücher. Alle diese Dinge können al s. Spurenträger in Frage kommen.

Das Opfer sollte sich, auch wenn es schwer fällt, bis nach der ärztlichen Untersuchung nicht duschen oder waschen.

Gegenstände, die im Täterkontakt waren, sollten der Polizei auf Verlangen ebenfalls ausgehändigt werden.

Teil V Die polizeiliche Vernehmung

Nach der Tat wird das Opfer meist binnen einer oder zwei Wochen zur Vernehmung vorgeladen, um detaillierte Angaben über den Tathergang zu machen. Diese sog. Vorladung erfolgt meist schriftlich, kann aber auch telefonisch durch den Sachbearbeiter/die Sachbearbeiterin erfolgen.

Grundsätzlich ist ein Opfer nicht verpflichtet, Angaben bei der Polizei zu machen.

Möchte das Opfer keine Angaben machen, so sollte es dies mitteilen und ggf. auf den Anwalt verweisen, der das Opfer vertreten wird. Eine Vernehmung kann dann immer noch durch das Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft erfolgen. Dieser Vorladung hat das Opfer allerdings Folge zu leisten.

Hat sich das Opfer entschieden, die Polizei durch eine Aussage bei ihren Ermittlungen zu unterstützen, so wird es in aller Regel den Vorladungstermin wahrnehmen.

Hierbei ist anzumerken, dass die Vernehmung in aller Regel durch eine Polizeibeamtin bei einer Kriminaldienststelle erfolgt. Diese hat umfangreiche Lehrgänge zum Thema Opferschutz und Zeugenbefragung absolviert. Sollte es wider erwarten während der Vernehmung zu einem Konflikt mit der vernehmenden Beamtin kommen, so kann man durchaus darauf bestehen, dass eine andere Kollegin die Vernehmung fortführt.

Zur Vernehmung ist es in aller Regel (außer es stehen Hemmnisse bezüglich der Ermittlungen dagegen) machbar, eine Freundin, Mutter, oder sonstige Vertrauensperson mitzubringen.

Das Opfer sollte sich, falls möglich, schon vor der polizeilichen Vernehmung ein kurzes Gedächtnisprotokoll in Stichworten angelegt haben. Dann hat es einen roten Faden, an dem es sich in der Vernehmung orientieren kann.

Vor dem Beginn der polizeilichen Vernehmung wird das Opfer gem. §§ 52, 55, 57 StPO belehrt.

Im Grundsatz geht es darum, dass das Opfer zum einen über das sog. Zeugnisverweigerungsrecht belehrt wird. Ein Zeugnisverweigerungsrecht gibt es zum Beispiel, wenn Opfer und Beschuldigter miteinander verwandt oder verschwägert sind, oder bei nicht mehr bestehenden Ehen oderLebensgemeinschaften (--> hierzu § 52 StPO genau lesen)

§ 55 StPO besagt, dass sich ein Zeuge bei seiner Vernehmung nicht sich selbst oder einem in § 52 Abs. 1 StPO bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen muss, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden (also niemand braucht sich in seiner Vernehmung selbst einer Straftat bezichtigen)

§ 57 StPO ist eine Rechtsnorm, die den Zeugen der Tat auffordert, die Wahrheit über das Geschehene auszusagen. Und hier sind wir bei dem entscheidenden Punkt: In den Schilderungen darf nichts dem Geschehenen hinzugefügt oder verschwiegen werden

(wird zum Bsp. Die Frage gestellt „Mit welcher Hand schlug der Täter zu?“, und der Zeuge erinnert sich nicht, ist die Antwort klar: „Das kann ich nicht sagen, ich erinnere mich nur an den Schlag aber nicht mit welcher Hand er ausgeführt wurde.“ Auch ist es sehr wichtig, keine Schätzungen abzugeben (Frage: „Aus welcher Entfernung in etwa sprang sie der Täter an?“ Antwort: „Ich würde sagen aus geringer Entfernung.“ Nicht: „Aus 5 Metern.“ ) Ein Verteidiger vor Gericht würde anhand genau dieser Antwort versuchen können die Glaubwürdigkeit des Opfers zerschmettern („Dann schätzen sie hier mal im Gericht 5 Meter!)

Also: Sich nicht mehr zu erinnern ist nicht so schlimm, wie etwas zu „verschlimmbessern“.

Nach der Belehrung fängt die eigentliche Vernehmung an. Hier sollte das Opfer seine Gedächtnisstütze ruhig benutzen. Auch ist es durchaus legitim, wenn sich das Opfer während der Vernehmung Notizen macht.

In manchen Fällen wird die Vernehmung auf Band gesprochen. Das Opfer hat immer das Recht, sich diese Aufnahmen anzuhören und Nachbesserungen zu erwirken.

Bei der eigentlichen Vernehmung sollte das Opfer schon im Vorwege darauf gefasst sein, dass durch die vernehmende Beamtin sehr intime Fragen zum Tathergang gestellt werden. Dies ist für die polizeilichen Ermittlungen nötig und oftmals führen scheinbare Nebensächlichkeiten zum Ermittlungserfolg.

Nach Ende der Vernehmung darf sich das Opfer, falls diese auf Band aufgezeichnet wurde, die Aufzeichnung anhören. Falls die Vernehmung verschriftet wurde, liest sich das Opfer alle Fragen und Antworten durch.

Anschließend wird durch eine Unterschrift die Bestätigung der gefertigten Aussage verifiziert. 

 

Autorin will anonym bleiben

Eine Möglichkeit schnell und unbürokratisch Hilfe zu erhalten ist der Weiße Ring eine Opferschutzorganisation die bundesweit aktiv ist.

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