"Der Weg zum erfolgreichen SM Ladenhüter!"


Tipps & Tricks für gediegene Frustration von Kai

Auch wenn Du meinst, sie wären ausschlaggebend - die ganzen äußeren Merkmale kannste erst mal getrost vergessen. Zu einem richtigen Ladenhüter braucht es sehr viel mehr als ein bischen zuviel Körpergewicht.
Zugegeben, haarige Warzen und ähnliche Attribute helfen auch sehr, sind aber doch eher plump und werden von Masken und Augenbinden viel zu leicht verdeckt.

Zu einem richtigen Ladenhüter in Sachen SM wird man nur mit der richtigen inneren Einstellung. Ich kann da aus meinem soziologischen Feldversuch berichten, den ich vor Jahren getarnt als Kontaktanzeigen-Board und Forum gestartet habe.
Da sind echte Spezialisten bei, denen Du bestimmt nicht das Wasser reichen kannst. Einige haben ihre Strategien so verfeindert, dass sie tatsächlich vor jeglichen Kontakten sicher geschützt sind...

Hier eine Kurzfassung: Ganz wichtig für einen erfolgreichen Ladenhüter ist sein Beharrungsvermögen. Zuerst natürlich das physische, aber auch das mentale, was Ansichten und Standpunkte angeht. Auf _keinen Fall_ darfst Du real mit anderen Menschen zusammentreffen.
Je wahrscheinlicher das Thema SM, desto weiter solltest Du Dich fernhalten. Krabbelgruppen und Volkshochschulkurse gehen noch, aber auf gar keinen Fall solltest Du zu SM-Stammtischen gehen oder Dich mit Leuten vearbreden, die vielleicht eine SM-Neigung haben. Am sichersten ist es zuhause, denn da kommen potentielle Kontaktpersonen am unwahrscheinlichsten vorbei.

Solltest Du dennoch in die Nähe von möglichen SMlern kommen, dann darfst Du auf keinen Fall etwas von Dir preisgeben. Schon gar nicht, was Dich begeistert. Das würde sonst möglicherweise andere dazu verleiten, Dich als Spielpartner in Erwägung zu ziehen oder Dich gar mit anderen zu verkuppeln, die die gleichen Vorlieben haben.
Also am besten ein Pseudonym verwenden und niemals erreichbar sein. Fortgeschrittene Ladenhüter legen sich außerdem einen Schutzwall zu, der andere zuverlässig fernhält. Schließlich kann man nie wissen, wie fies andere versuchen könnten, einen doch zwangszubeglücken.

Methode eins ist im Prinzip ganz einfach. Jeder findet an sich irgendetwas unattraktives. Das muss man nur deutlich genug herauskehren.
Aber Vorsicht! Die gemeinen Zeitgenossen haben häufig nichts besseres zu tun, als einem das Gegenteil zu versichern. Also mach es Dir zur Gewohnheit Dir täglich neu zu bestätigen, wie unattraktiv Du bist. Suche auch neue Makel an Dir.

Das kann z.B. Deine Wohnregion sein. Denk Dir aus, warum gerade in Deiner Gegend ganz bestimmt keine Partner zu finden sind. Oder Dein Alter, Deine Familie, Dein Beruf. Am besten Dinge, die sich nur schwer ändern lassen.
Kindheit und Herkunft sind sehr beliebt, aber auch allgemeines "mich will ja sowieso keine" wirkt angenehm betäubend auf lebensfrohe Mitmenschen, die einem zu nahe kommen könnten.

Wappne Dich jedoch gegen gute Ratschläge. Zu jedem Tipp, wie man einen Fehler beseitigen oder zum Vorteil wenden könnte, hat der erfahrene Ladenhüter sofort ein paar Gründe zur Hand, weshalb das bei ihm nicht geht. Ist nur eine Übungssache.
Gute Ladenhüter haben damit kein Problem, weil sie sowieso die ganze Zeit mit Grübeleien verbringen, wie sie Glücksfälle und Chancen vermeiden können. Aber auch wenn man schon mal die meisten Leute abschreckt, indem man sich selbst nicht mag, bleiben jene unangenehm penetranten Typen mit nem Helferkomplex übrig. Und da das häufig Frauen sind, ist man stets in Gefahr, doch noch irgendwie eingebunden zu werden.

Gegen die hilft meist nur die Methode zwei, die fortgesetzte Frustration, die allerdings noch etwas mehr Vorbereitung verlangt als Methode eins.
Zunächst solltest Du Dich auf eine möglichst kleine Zielgruppe einschießen. Das fällt dem geübten Ladenhüter bei SM besonders leicht, weil er sich nur eine hinreichend seltene Spielart aussuchen muss, zum Beispiel einen Sockenfetisch oder eine Praktik mit gebrauchten Handtaschen.
Besonders hilfreich sind selbstgestrickte, sehr enge Definitionen und Spezialbegriffe. Das gibt einem den Hauch des völlig Aussenstehenden.
Falls doch jemand darauf einsteigt, unbedingt eine Abgrenzungsstrategie vorrätig haben! Der Trick ist, möglichen Helfer(innen) erst gar keine Angriffsfläche zu bieten. Je weniger sie sich eine Realisierung vorstellen können, umso eher geben sie auf.
Also bitte nicht weich werden und gar irgendwelche Erklärungen abgeben. Siehe oben:

Erstes Gebot: Niemandem preisgeben, was einen anmachen könnte. Niemals. Wollen sie dennoch hartnäckig etwas über die eigenen Neigungen wissen, dann kontere mit einem Drehbuch. Je ausgefeilter, desto besser.
Da weder Beziehung noch andere Menschen Deine Zeit vergeuden, hast Du viele lange Abende Zeit, es so richtig auszufeilen. Wenn Du gefragt wirst, kannst Du dann stundenlang reden. Das schützt sehr zuverlässig vor möglichen Spielbegegnungen.
Füge auf jeden Fall einen Haufen unverzichtbarer Details hinzu. In der Schilderung kannst Du mit Gerätschaften und Praktiken beginnen und schließlich die körperlichen Attributen der Beteiligten ausmalen. Models aus Hochglanzheften eignen sich vorzüglich dafür, denn Du kannst Dir so gut wie sicher sein, dass Dein Gegenüber diesen Parametern nicht im Mindesten entsprechen wird.
Falls Du wider Erwarten doch vereinnahmt werden solltest, wirst Du vielleicht ein oder zwei Versuche erdulden müssen, aber spätestens nach dem zweiten Mal ohne jegliches Feedback dürfte auch der härteste Möchtegernhelfer aufgeben.

Leider wird die Szene immer bunter und breiter. Man kann potentiellen Spielpartnern kaum mehr entgehen. Der Profi-Ladenhüter testet deshalb regelmäßig, ob die Schutzmechanismen noch taugen, in dem er sie potentiellen Zielgrupen aussetzt.
Im Internet geht das kostengünstig und vor allem ohne persönlichen Kontakt. Sehr praktisch sind wieder Pseudonyme wie Sklave0815 oder dev_maso, unter denen sich erstens keiner was vorstellen kann und zweitens eigentlich auch nicht will. Kontaktanzeigen sind sozusagen der Schnelltest, so wie bei BSE.

"Wertloser Sklave, 45, 187, 100 sucht Dame, die ihn erzieht" ist die absolute Kurzform. Sehr schön die Selbstentwertung, die zuverlässig signalisiert, dass es nicht lohnt, sich mit diesem Menschen zu befassen. Vorteilhaft auch die Wortwahl am Satzende.
Von "Damen" reden heute meist Männer über 50 ohne Sozialkontakte, die ihnen moderne Sprache näherbringen könnten. Auf diese Anzeige wird der Autor also keine Antworten bekommen, was ja die beste Bestätigung für den Ladenhüter ist.

Fortgeschrittene trauen sich schon an die Beschreibung einer virtuellen Zielperson. Auch hier sind Äußerlichkeiten wunderbar verwendbar, je unwahrscheinlicher, desto besser.
Die fertigen Drehbücher abzuliefern sollten sich nur Profis trauen. Allzu schnell könnte jemand darauf anspringen und sich melden, um weitere Einzelheiten zu besprechen.
Bevor Du sowas angehst, solltest Du selber ein paar solcher Vorstellungen lesen. Aus denen wählst Du diejenigen, die Dir am unattraktivsten erscheinen als Basis für Deine eigenen.

Nur keine Scheu, die anderen schreiben auch voneinander ab, das wirst Du sehen, wenn Du sie vergleichst. Wie gesagt: Profi-Ladenhütertum ist eine Art Kunstform für sich selbst. Nur langjährige Übung führt hier zum Ziel.
Und zwei Dinge bitte auf keinen Fall vergessen:
(1) _Regelmäßig_ nachtesten. Sowas nutzt sich ab und schwupps sitzt man doch mit einem passenden Spielpartner für sein Drehbuch da.
(2) Wenn eine Strategie funktioniert - also zuverlässig vor Kontakten schützt - dann bleib um Himmels Willen dabei! Never change a running system.

Enthalte Dich irgendwelcher Veränderungen in Deinen Ansichten, Spielarten und Aussagen. Man könnte Dir sonst eine gewisse Bandbreite nachsagen und das würde Dich nur wieder für andere interessant machen.
Wöchentlich die gleiche Anzeige scheint mir etwas übertrieben, weil man nach einer Weile wohl nicht mehr sauber erkennen kann, ob nun wegen der brillianten Formel oder der langweiligen Wiederholung niemand mehr antwortet. Letzteres wäre unangenehm, weil sich das Publikum ja mit der Zeit erneuert.

Ich hoffe, ein paar dieser Tipps helfen Dir weiter. Falls Du diesen Weg nicht nur in punkto (SM-)Partnerschaft vervollkommnen möchtest, empfehle ich [1] als Lektüre.

© Kai

[1] Watzlawick, Paul: "Anleitung zum Unglücklichsein", ISBN 3492221009

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