Ich habe mich lange mit einer Sub ausgetauscht wir haben uns zu einem Rapegame verabredet das cnc sein sollte. Darüber haben wir intensiv geschrieben, dass sie genau das will. Wir hatten auch zwei Treffen vorher indem wir uns über die Modalitäten geeinigt haben. Wir haben auch viel über BDSM geschrieben und geredet, auch, dass es ein internationales Safeword gibt und das Mayday sei. Das dritte Treffen war dann bei mir und es kam zum Rapegame, während der Session sagte sie mehrfach Nein, Halt, Mayday, aber es war ja als cnc Session geplant und daher ignorierte ich es. Sie hat sich im Vorfeld auch mit zwei anderen Doms über cnc und Rapeplay ausgetauscht und die meinten, dass ein Safeword und ein Abbruch immer möglich ist, auch beim cnc. Nun hat sie mich angezeigt! Es kann doch nicht sein, dass so etwas verfolgt wird, wenn man sich klar auf ein cnc Szenario geeinigt hat und ich habe eine Vorladung von der Polizei erhalten, wie kann ich mich dagegen wehren, das ist doch eine massive Rufschädigung!
Zuerst einmal der wichtigste Rat: Sichere eure Chats und nimm dir einen guten Fachanwalt für Strafrecht und der sollte dich auf die Vernehmung gut vorbereiten! Bei dir geht es gerade nicht um eine Bewährungsstrafe, sondern, im Fall einer Verurteilung, um eine mögliche Gefängnisstrafe!
Zu dem was vorgefallen ist, cnc ist in Deutschland nicht legal. Subjektiv magst du gemeint haben, wenn cnc vereinbart ist, darfst du dich über ihren Willen hinwegsetzen, dem war und ist aber nicht so. Du hast also darüber geirrt, was dir erlaubt war und was nicht. Ich glaube aber nicht, dass hier ein rechtliches Irrtumsprivileg ziehen kann, denn unvermeidbar war dieser Irrtum ganz sicher nicht.
Ich weiß, dass man auf einigen Seiten etwas anderes liest oder es schwammig als „umstritten“ beschrieben wird, aber jeder Volljurist den ich kenne (mich eingeschlossen) weiß, dass das Nonsens ist. In Deutschland muss eine Einwilligung immer frei widerrufbar sein. Klar können sich beide darauf einigen, dass es nicht so sein soll, aber das ist dann euer Agreement, was eben nur so lange klappt, solange Sub keine rechtlichen Schritte einleitet.
Erfüllt sein dürfte vorliegend der § 177 Abs. 6 Nr. 1, wegen dem Sex (Mindeststrafe 2 Jahre) und je nach Session kommen dann noch die Absätze 5 Nr. 1 (Gewalt), 7 Nr. 1/2, Absatz 8 Nr. 2a, Körperverletzung, Beleidigung, Freiheitsberaubung, Nötigung, usw. hinzu. Einen Freispruch würde es geben, wenn der Nachweis des fehlenden Konsenses scheitert, also man den entgegenstehenden Willen nicht nachweisen kann, was schwer werden dürfte, wenn ihr danach über das Ereignis geschrieben habt und du darauf beharrt hast, dass du das wegen cnc durftest. Die Hoffnung auf eine Bewährungsstrafe, tja dafür müsste alles bis auf die Vergewaltigung unter den Tisch fallen (154/154a StPO) und dann müsste der Richter beim Strafrahmen zudem die absolute Minimalstrafe aussprechen. Um auf das Mindestmaß zu kommen, bräuchte es in der Regel ein Geständnis, einen Täter-Opferausgleich und wenn es für sinnvoll erachtet wird auch eine Therapie, im Austausch dafür, dass dem Opfer die Aussage erspart wird und es eine Entschädigung erhält.
Immerhin bei der Schuldfrage, also einem Punkt bei dem es um die Höhe der Strafe geht, sollte (sofern der/die Richter/in das auch so sieht) die Einwilligung Einfluss haben und das Strafmaß deutlich reduzieren, denn bei cnc finde ich, geht der devote Part bewusst auch das Risiko ein und wenn es schiefläuft, ist es für mich etwas anderes als bei einer unabgesprochenen Vergewaltigung. Der Handlungsunwert ist in diesem Fall ein ganz anderer als bei dem Fall, den der Gesetzgeber vor Augen hatte. Dennoch kann sich kein Dom auf eine rechtlich illegale Vereinbarung berufen, um komplett straffrei zu bleiben. Wenn ich cnc betreiben will, dann muss ich mich informieren, ob das in meinem Land geht (mir fällt übrigens kein Land ein, bei dem das legal wäre), auch muss ich mich versichern, dass die andere Seite sich genau darüber klar ist in was sie einwilligt (um das Risiko zumindest etwas zu minimieren) und dann muss es auch klar sein, dass die Person psychisch stabil und reif genug ist, um mit dem Erlebnis klarzukommen. Wer das alles im Vorfeld gründlichst klärt, dem kann man keinen moralischen Vorwurf machen, selbst wenn es dennoch nach dem Gesetz strafbar ist. Was davon gemacht wurde weiß ich nicht, was aber gut ist, du hast schriftliche Nachweise, dass ihr beide das wolltet und ihr euch darüber intensiv ausgetauscht habt.
Ich glaube dieser Vorfall ist kein Einzelfall. Auch mir ist aufgefallen, wie sehr in den letzten 10 Jahren Begriffe ausgehöhlt oder umgedeutet wurden. Wenn früher von cnc geredet wurde, kannte jeder die Definition und so gut wie keiner wäre auf die Idee gekommen diese abzuschwächen. Es scheint aber ein schlechter Trend zu sein, dass sich Leute gerne mit cnc, Debris, TPE Begriffen schmücken, ohne den Inhalt dieser Begriffe wirklich zu verstehen. Wobei sich Definitionen auch ändern können, die alten BDSMler haben kein Recht darauf, dass immer alles beim Alten bleibt. Ich selbst habe mal Brats als Tabu definiert, wenn ich aber sehe, wer sich heute alles als Brat bezeichnet, muss ich sagen, das sind zum Teil nur leicht renitente Subs, die bei der richtigen Führung schnell handzahm werden. Daher müssen Definitionen immer hinterfragt werden, wenn man sich nicht ganz sicher sein kann, über eine gemeinsame Grunddefinition zu verfügen. Vielleicht ist mir durch das Tabu Brat in den letzten Jahren ein spannender Kontakt entgangen, damit kann ich aber leben. Wenn ich mir aber vorstelle, dass durch eine unterschiedliche Definition von cnc eine Bewährungsstrafe oder gar eine Gefängnisstrafe zustande kommt, ist das eine ganz andere, teilweise stark lebensverändernde, Maßnahme.