Ist es unmoralisch Fantasien zu haben, die nicht legal sind?
Eine Frage, die ich über diese Seite erhielt und welche nicht ganz so leicht zu beantworten ist, wie viele anderen. Moral macht sich für mich primär an Handlungen fest, nicht an Gedanken.
Im Kontext Macht und Sex habe ich selbst durchaus eine Fantasie, die, würde ich sie umsetzen, massiv gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen würden. Damit ist die Vergewaltigungsfantasie gemeint, bei der mich eine reale Umsetzung rein aus dem Blickwinkel des Triebs durchaus reizen würde, welche ich aber aus moralischen Gründen niemals umsetzen könnte.
Ich habe diese Fantasie bereits in Teilen umgesetzt, aber eben in jenen, die mit meiner Moral und natürlich auch dem Gesetz zu vereinbaren sind. Kurz, das Opfer war niemals ein wirkliches Opfer, da diese Frau dem Szenario zugestimmt hat und auch mittels eines Safewords jederzeit hätte aussteigen können und ich mich an vorgegebene Tabus hielt.
Ich denke, jeder hat ab und an Fantasien, die massiv gegen Rechtsvorschriften verstoßen würden. Die Angestellte, die am liebsten ihren Chef umbringen würde oder auch der Polizist, der lieber einen extrem schlimmen Straftäter erschießen, denn nur verhaften würde oder auch die brave Lehrerin, die dem extrem frechen und frauenfeindlichen Max gerne mal einen kleinen Klaps verpassen würde. Das alles ist weder rechtens noch moralisch, aber es ist zumindest ein menschlicher Gedanke und würde bedeutet eben nicht er/sie macht es auch.
Es gibt zudem aber auch Fälle, die gegen das Recht verstoßen, jedoch nicht gegen die Moral: Im Jahr 2002 wies der stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner seine Mitarbeiter an, einem Entführer Folter anzudrohen, um das Entführungsopfer, einen 11 jährigen Jungen, zu retten. Moralisch war es in meinen Augen vertretbar und menschlich, rechtlich stellte es aber eine Straftat dar, für welche er auch verurteilt wurde (Interessante Analyse). Moral und Recht sind daher nicht immer das gleiche.
Moralisch verwerflich wird es frühestens dann, wenn eine reale und nicht entschuldbare Gefährdung ersichtlich wird und je höherwertig das jeweilige Rechtsgut ist, umso früher sollte eingeschritten werden. Wenn ich also einen Trieb habe, der mich in der Zukunft zu etwas verleiten könnte, was wirklich sehr verwerflich ist, wäre es die moralische Pflicht des Individuums, gegen diesen Trieb anzukämpfen und wenn es allein nicht möglich ist, sich entsprechende Hilfe zu besorgen.
Nein, BDSM hat sicher nichts mit Pädophilie zu tun, aber genau dieser Bereich ist in meinen Augen etwas, bei dem eine unbedingte moralische Pflicht zum Handeln besteht und daher ein gutes Beispiel.
Laut der Berliner Charité sind in Deutschland etwa 250.000 Männer pädophil veranlagt, bei rund 80.000.000 Einwohnern ist demnach jeder 160. Mann betroffen. Ich denke, die meisten werden trotz ihrer Veranlagung nicht straffällig, sondern haben sich unter Kontrolle.
Wenn also jemand solch eine Fantasie hätte, sollte er sich sofort Hilfe suchen und er muss dies tun, sobald sich jene Fantasie bei ihm manifestiert (denkt häufig daran, sucht Nähe zu Kindern etc.). Unsere Gesellschaft ist frei und offen, daher gibt es selbst für diese Veranlagung inzwischen präventive Therapieplätze, beispielweise das Projekt Kein Täter werden der Berliner Charité.
Solange man sicherstellen kann, dass die eigene Fantasie einen nie übermannt, sondern sie eben nur Fantasie bleibt, ist diese nicht unmoralisch. Ich für meinen Teil bin mir absolut sicher, dass ich niemanden aufgrund meines Sexualtriebs vergewaltigen würde. Meine Sozialisation, Disziplin, wie auch meine moralischen Wertvorstellungen sind zu stark, als dass meine Triebe dahingehend die Oberhand gewinnen könnten. Und genau diese Frage muss sich jeder stellen, der eine Fantasie hat die in ihrer Umsetzung schädlich für andere wäre:
Bin ich stark genug dieser Fantasie niemals nachzugeben oder muss ich Maßnahmen ergreifen, um dies sicherzustellen?