Der Stein des Glücks

Der Sand ist feucht unter ihren Füßen, die Spuren hinterlassen, bis die nächste Welle alles wieder auslöscht. Langsam geht sie über den Strand und schaut konzentriert zu Boden.
Manchmal, so sagen Einheimische, findet man nach einem Sturm wie dem in der letzten Nacht kleine gelbe Klümpchen. Bernstein, das Gold des Meeres. Selbst gefunden sollte der Bernstein Glück bringen, und sie meint, eine ganze Menge Glück nötig zu haben.
Also läuft sie zu dieser frühen, fast menschenleeren Stunde über den Weststrand. Mal trockenen Fußes, mal von den sanften Wellen überschwemmt, halb gebückt und nichts sonst um sich herum wahrnehmend. In sich versunken grübelt sie, während ihre Augen aufmerksam kleine Muschelschalen, schwarze und bunte Steinchen sowie Möwenfedern sortieren, die an Land geschwemmt wurden.

Diesen Urlaub allein hatte sie sich gewünscht, um einmal ganz in Ruhe nachdenken zu können. Über sich, ihre Ehe, ihre Wünsche, ihr Leben. Irgendwie war in den letzten Jahren alles um sie herum in Stillstand geraten. Eingefroren und sie mit. Sie fühlt einfach, dass es so nicht richtig war. Aber was ist richtig, was nötig, was unwichtig und unnötig in ihrem Leben?
Sie liebt ihren Mann, ja. Dessen war sie sich schon sicher, bevor sie die Reise angetreten hatte. Aber reicht diese Liebe, um glücklich zu sein? In den letzten Tagen hier auf der Insel hatte sie sehr wohl erkannt, dass sie nicht abhängig ist von ihm, wie sie immer geglaubt hatte. Dass sie durchaus in der Lage ist, unter Umständen auch ein eigenes, von ihrem Mann getrenntes Leben zu führen.
Aber will sie das? Ist er in der Lage, ihre Wünsche und Bedürfnisse wahrzunehmen? Sie wünscht sich so sehr, sich nicht mehr einsam neben ihm zu fühlen, seine Kraft und Stärke zu spüren. Kann er aus seinem bequemen Lehnstuhl des Lebens, den sie ihm bereitet hatte all die Jahre, aufstehen und ihr folgen? Sie hofft es so sehr!

Dieser Tag ist der letzte Tag auf ihrer Insel und sie will den Stein des Glücks finden. Ab und zu beugt sie sich herunter, um einen gelben Stein näher zu betrachten. Aber kein Bernstein war bisher darunter. Dann seufzte sie und blickte fast verzweifelt auf Sand und Dünen um sie herum.
Der Himmel ist blau und klar. Weiche, einzelne, weiße Wölkchen unterbrechen das morgendliche Blau. Da, wieder ein gelber Stein. Sie kniet sich in den feuchten Sand und ihre Finger klauben den nassen Tang auseinander.
"Im Sand wirst du dein Glück nicht finden", hört sie eine feste, männlich-rauhe Stimme über sich. Sie schaut nach oben. Aber die Sonne blendet sie so sehr, dass sie wieder nach unten blicken muss. Neben sich von der Meerseite her stehen nackte, kräftige Füße im Sand.
Merkwürdig. Keinerlei Spuren, die darauf hinweisen könnten, aus welcher Richtung der Fremde plötzlich aufgetaucht ist.

Die Füße neben ihr wirken sehr gepflegt. Perlmuttfarben schimmern die Nägel. Die Waden fest und kräftig. Darüber kernige Knie und Schenkel. Mehr kann sie nicht erkennen. Die Sonne steht zu dieser frühen Stunde noch sehr tief und blendet sie.
Plötzlich wird ihr bewusst, dass sie hier am Strand vor einem Fremden kniet und will aufstehen. Doch eine feste kräftige Hand auf ihrer Schulter hindert sie sanft an ihrem Vorhaben. Verwundert will sie wieder aufschauen. Jedoch hat sie ganz und gar die Helligkeit der Sonne vergessen und senkt so gezwungenermaßen den Blick wieder in den Sand.
Was will der Fremde? Ihre Stirn kräuselt sich, wie die Wellen neben ihr. Leichte Panik steigt in ihr auf. Plötzlich ist ihr bewusst, dass sie hier alleine ist mit diesem unbekannten Mann.

Aber das Geräusch der Wellen und das leise Kreischen der Möwen hoch über ihrem Kopf versetzt sie in eine leichte Trance. Fast ergeben kniet sie so im Sand und in der Flut, die nun schon ihr linkes Knie, ihre Wade und ihren Fuß benetzt. Noch wundert sie sich, warum sie nicht einfach aufsteht und davongeht. Doch ein leichtes Kribbeln auf ihrer Haut, in ihrem Bauch macht sich breit.
Noch immer liegt die Hand des Fremden auf ihrer Schulter. Seine Füße werden jetzt ebenfalls von jeder Welle bedeckt. Magisch angezogen von diesen Füßen, beugt sie sich herunter, und ihre Finger berühren sanft die perlmuttfarbenen Zehennägel.
Das Meer singt sein sanftes Lied dabei. Die Wellen kommen und gehen im gleichmäßigen Rhythmus, und um sie herum scheint es nur noch diese Füße zugeben. Ihr Kopf wird von Welle zu Welle leerer, das Kribbeln erreicht ihren Unterleib. Aus dem Kribbeln wird ein leises Ziehen, ein Sehnen nach mehr.

Sie spürt die andere Hand des Fremden auf ihrem Kopf. Ein leichter Druck nur und sie ergibt sich ihren lange vermissten Gefühlen in ihrem Kopf und ihrem Unterleib. Es ist ihr nun völlig egal, was um sie herum geschieht. Wer dieser fremde Mann ist und wer sonst noch in der Nähe sein könnte.
Sie spürt einfach nur Macht und Kraft, und ergibt sich fraglos. Und sie folgt ihrem Wunsch, sich weiter herunter zu beugen und seine Füße zu küssen. Oder war es sein unausgesprochener Wunsch?
Sie denkt nicht darüber nach, folgt einfach ihren Gefühlen, und es ist ihr egal, dass jede Welle ihr Gesicht ins salzige Wasser taucht, während ihre Lippen die glänzenden Zehennägel berühren.

Der Fremde stellt sich genau über sie. Seine Beine bilden einen Bogen über ihrem Kopf. Ein Dach sowie einen festen, undurchdringlichen Schutz vor der Welt um sie herum. Er greift unter ihre Arme und zieht sie nach oben, so dass sie mit dem Rücken zu ihm steht. Er zieht sie sanft an seine Brust, ihren Hinterkopf an seine kräftigen Schultern gelehnt.
"Dreh dich nicht um", sagt seine rauhe Stimme hinter ihr. "Vertraue mir einfach". Er schiebt sie einige Meter vor sich her über den Strand, bis hin zu den Bunen, die einst gegen die Gewalt des Meeres in den Ufersand gerammt worden sind und nun vor sich hin modern.

Er dreht sie in die Richtung der Bunen und drängt sie sanft, die erste morsche Bohle zu betreten.
"Geh, ich bin bei dir. Alles ist gut", sagt er leise hinter ihrem Rücken. Kaum kann sie ihn verstehen im Rauschen der Wellen. Aber sie geht den nächsten Schritt zitternd und ängstlich. Was will er? Was soll das alles bedeuten? Diese Fragen sind nur für Sekundenbruchteile in ihrem Kopf. Längst hat sie sich ihm ergeben. Trotzdem hat sie Angst, ihr wird schwindelig.

Dann spürt sie wieder die kräftigen Arme, die sie in den Hüften halten. Und sie wird wieder ruhiger. Mit zitternden Knien geht sie weiter, doch das Holz unter ihren Füßen wird morscher und morscher. Es ist weich unter ihren nackten Füssen und bröckelt teilweise unter ihrem Gewicht. Sie fühlt sich so hilflos, so ausgeliefert und doch beschützt und geborgen in diesen fremden Armen.
Der Mann hinter ihr scheint zu schweben. Kein Schwanken, kein Zögern. Keine Spur von Unsicherheit kann sie an ihm entdecken. Und sie vertraut wieder. Wird sicherer mit jedem Schritt.
Was soll ihr schon passieren können in diesen Armen, die stark sind und gut? Selbst wenn sie nun stolpern sollte, fallen wird sie in diesen Armen nicht, dessen ist sie sich ganz sicher. Nicht mehr weit, und der letzte Stamm ist erreicht. So steht sie mitten im Meer. Um sich herum die Flut, ihre Füße nun schon im Wasser.

Der Fremde nimmt ihre Hände in die seinen und streckt sie seitlich aus. Sie hat keine Ahnung, wie tief das Wasser nun ist, neben und vor ihr. Sie weiß nicht, wie stark die Strömung ist während der Flut. Aber das spielt gerade keine Rolle mehr.
Die Arme seitlich weit von sich gestreckt, hält er ihre Hände noch fest. Sie schaut hinaus auf das Meer. Die leichte Brandung neben sich bemerkt sie kaum. Frei und leicht fühlt sie sich. Fast, als ob sie fliegen könnte, wie die Möwen über ihr. Da lässt er ihre Hände los, und sie steht ganz allein.
Fast wird sie wieder unsicher, da wird ihr die Anwesenheit des Fremden bewußt. Seine Kraft, seine Stärke. Ihr kann nichts passieren. Und sie genießt das alles. Die Freiheit, die Abhängigkeit sowie die Weite um sich herum, und die stark begrenzte Bewegungsfreiheit. So steht sie eine halbe Ewigkeit.

Seine Lippen berühren leicht ihren Hals. Streicheln ihn sanft und das Kribbeln in ihrem Körper ist sofort wieder da. Er legt eine Hand über ihre Augen, zieht ihren Kopf sanft zurück und beugt ihn nach hinten. Sie schwankt, verliert so fast das Gleichgewicht. Er aber hält sie ganz fest in seinen Armen und küsst ihr sanft die nun bebenden Lippen.
Dann ziehen seine Hände sie ganz an sich. So an ihn gelehnt, findet sie schnell ihre, nein, seine Sicherheit zurück. Seine Hände legen sich sacht von hinten auf ihre Brüste, streicheln sie und halten sie fest. Und je fordernder diese Hände um ihre Brüste werden, desto weicher wird sie, ergebener zu diesem Fremden.
Noch hat sie die Arme von sich gestreckt. Doch als sie spürt, wie die Kraft in ihnen nachlässt, packt er ihre Hände und legt sie ihr auf den Rücken.

Den linken Arm legt er ihr wieder um sie, die Hand auf ihrer Brust. Seine rechte Hand spürt sie nun an ihrem Hintern. Er schiebt sie sacht unter ihren im Wind flatternden Rock und streichelt ihre Pobacken. Sie kann sich nicht wehren. Selbst wenn sie es wollte. Eine falsche Bewegung, und sie landet unsanft im salzigen Meer mit seiner unbekannten Tiefe. Aber will sie sich denn wehren?
Wieder nur für Sekundenbruchteile kommt ihr dieser Gedanke. Aber die von ihm ausgehende seltsame Macht über sie lässt keine Fragen zu. Auch jetzt, wo seine Hand zwischen ihre Pobacken drängt, ihre Schamlippen öffnet, obwohl sie mit geschlossenen Beinen hier auf dem morschen Holz steht.
Seine Finger durchsuchen ihre Feuchtigkeit, drängen in die Tiefe ihrer Lust, und sie stöhnt auf. Ihr ganzer Körper bebt nun, zittert, genießt. Es fällt ihr nicht leicht, das Gleichgewicht zu halten. Die Stöße seiner Finger bewegen ihren ganzen Körper. Sie muss sich konzentrieren, festen Stand zu behalten. Die Hand an ihrer Brust hat sich längst unter ihre leichte Bluse geschoben, und feste Fingernägel pressen sich in ihre spitze Brustwarze.

Die Wellen um sie herum sind kräftiger geworden. Bis zu den Knien steht sie nun im Wasser, aber sie spürt es kaum. Er hält sie und er fickt sie mit seinen Fingern. Ihr Stöhnen ist im Lärm der Brandung kaum zu hören.
Fast verlässt sie die Kraft, noch aufrecht in den Wellen zu stehen. Aber er treibt sie unablässig in ihre so lange verborgenen Gefühle. Das Meer scheint sich in ihrem Körper auszubreiten. Und den Wellen gleich durchbraust ein Höhepunkt nach dem anderen ihre zuckenden Glieder, ihre ergebene Seele.

Erst, als sie wirklich kraftlos ins Meer zu versinken droht, lässt er von ihr ab. Mit beiden Armen umfasst er ihren Körper und hält sie ganz fest an sich gepresst. So stehen sie in inniger Vertrautheit.
Lange stehen sie so, bis irgendwann die Ebbe ihre Füße wieder frei gibt. Sie ist erschöpft, müde und kraftlos. Aber sie weiß, seine Kraft reicht für sie beide. Und so ängstigt sie sich nicht, sondern lässt sich einfach fallen in ihn.

Sie fühlt, wie er sie hoch hebt und in seine starken, nun schon so vertrauten Arme nimmt. Sie liegt in seinen Armen. Geborgen, beschützt, behütet. Doch die Sonne ist in der Zwischenzeit hoch in den Himmel gestiegen. Sie ist wieder geblendet und kann sein Gesicht nicht sehen.
Ihre Augen fest zusammengepresst, spürt sie, wie er sie sicheren und festen Schrittes zurück zum Ufer trägt. Sie kuschelt ihren Kopf fest an seine breite Schulter und leise rollen Tränen des Glücks über ihre Wangen. Seine Lippen trocknen die Tränen. Kleine zärtliche Küsse bedecken ihr Gesicht. Sie ist so wunderbar glücklich. Fühlt sich so leicht, so beschützt, so geborgen.

Zurück am Strand stellt er sie auf die Füße, dreht sie herum und mit Erstaunen öffnet sie ihre Augen. Noch einmal laufen ihr die Tränen über ihr Gesicht. Diesmal vor Erleichterung, Freude und purem Glück. Und sie fällt ihrem Mann in die Arme. Presst ihn fest an sich und sinkt vor ihm auf die Knie. Diesmal, um keinem Fremden die Füße zu küssen, sondern bewusst ergeben ihrem Mann.
Und da liegt er. Einfach so, ohne ihn zu suchen, neben seinen Fersen: der goldglänzende Bernsein, der Stein des Glücks.

Verfasserin masinchen

(c) by masinchen 2005

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