Der Tag danach

Die Sonne strahlte bereits am Himmel, als sie mit einem zufriedenen Gefühl vor den Spiegel trat, um sich zu betrachten.
Ein leichter Schmerz hatte sie durchfahren, während sie sich, noch verschlafen, im Bett aufgesetzt hatte. Die Erinnerungen an den gestrigen Abend tauchten plötzlich ganz lebhaft vor ihrem inneren Auge auf. Ein sanftes Lächeln huschte über ihr Gesicht.

Nun stand sie da und sah in ihr Spiegelbild. Sie strich sich mit den Händen über ihren Po und ihre Schenkel, die Schwellungen waren größtenteils zurückgegangen. Geblieben waren dunkelrote Striemen auf leicht gebräunter Haut.
Während sie sich betrachtete und die Striemen bewunderte, wurde ihr bewusst, wie parallel er die Stockhiebe gesetzt hatte. Sechs Stück auf jeder Seite für ihr zu spätes Nachhausekommen. Kein Laut, kein Schrei war über ihre Lippen gekommen. Bis auf ein leises Stöhnen hatte sie die Strafe stumm ertragen.
Ihren Schmerz hatte sie wohl verbergen können, nicht so aber die Lust, die er ihr bereitete. Lust, die ihn dazu bewegte, sie stehend mit ausgestreckten Armen und gespreizten Beinen zu fixieren. Knebeln mochte er sie jedoch nicht. Er wollte sie hören, ihre Lust und auch ihren Schmerz.

Sie sah die etwas zarteren sich kreuzenden Striemen und die blutunterlaufenen Tupfen, die sich wild über ihren Körper verteilten. In ihrer Erinnerung fühlte sie wieder die Cat, die neun geflochtenen Stränge mit den Knoten an den Enden, den hellen Schmerz, den sie verursacht hatte.
Sie dachte an diesen ansteigenden Rausch sowie an die Wollust, unter der ihr Körper leicht zu vibrieren begann und sie innerlich nach mehr flehen ließ.

Ihr Blick wanderte zu den Innenseiten ihrer Oberschenkel. Schattierungen von rot über violett bis blau erzählten von der Fähigkeit der Gerte, sie bis zum Höhepunkt zu treiben, berichteten von ihrer Lust, die sich förmlich ergoss.
Nein, sie konnte danach nicht selig träumend in die Kissen sinken.


Sie stand da, ausgestreckt und ausgeliefert dem Tier in ihm, welches seine Befriedigung suchte. Und ihre Augen nahmen die dunkelblauen, fast schwarzen streifenförmigen Blutergüsse auf ihrem Rücken, Schenkeln, ihrem Po und, weniger intensiv, auf ihren Brüsten wahr.
Sie hörte sich schreien, sah, wie sie sich unter der Intensität der schmalen Singletail wand. Spürte, wie sie unter den Peitschenhieben begann, mehr von sich, von ihrer Seele zu offenbaren, als sie sonst preiszugeben bereit war. Spürte die Tiefe der Gefühle, die sie mit ihm verband.

Sie hatte kaum registriert, wie ihr die Peitsche Stück für Stück die Beherrschung nahm. Sie und ihr Körper wurden rein. Ungeschminkte, natürliche Blöße, frei von alltäglicher Maskerade und Zwängen. Sie war sie selbst gewesen, hatte es genossen.
Wie sie es doch liebte, dieses Schweben zwischen Himmel und Hölle, Erlösung herbeisehnend.


Sie fühlte die Unebenheiten. Schorfige Erhebungen als Überbleibsel der schaurig-schönen roten Tränen, die aus ihrer Haut hervorgetreten waren. Ihre Schreie erstickten in ihrem Hals, Tränen waren über ihre Wangen gelaufen. Immer wieder war sie in der innigen Umarmung der Bullwhip gefangen, geküsst von ihrem leidenschaftlichen Biss.
Später, gelöst aus ihren Fesseln war sie zu Boden gesunken und hatte in tiefster Dankbarkeit seine Füße geküsst. Kein Moment, in dem sie sich ihm näher fühlte als in einem wie diesem. Kein Augenblick, in dem sie ihre Liebe zu ihm inniger empfand.

Nur schwerlich mochte sie sich von diesem Bild des Einsseins lösen und dem Weltlichen Einlass gewähren. Sie nahm diese wunderbaren Gefühle mit in ihre Tagträumereien und wusste zugleich, dass nur ein wenig Zeit zu vergehen brauchte, die Zeichen auf ihrer Haut noch nicht verblasst sein würden, und sie würde sie wieder spüren, diese unbändige Sehnsucht nach Schmerz, der ihr soviel bedeutet.


Verfasserin nadine

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