Polyamorie

Beim Sex polygam, aber in der Liebe monogam, das ist schon sehr lange meine Devise. Mehr als eine Frau partnerschaftlich zu lieben, ist für mich nicht vorstellbar. Es gibt aber immer wieder Paare, die solche Barrieren erfolgreich überwinden und ich freue mich sehr, dass folgend ein Paar aus ihrem polygamen Leben offen und ehrlich berichtet. Natürlich gilt auch hier: Ladies first!

Polyamorie – Aus Sicht einer Frau

Meine erste Begegnung mit Polyamorie fand in einer meiner vergangenen Beziehungen statt, in der ich auf einmal sowohl Gefühle für meinen Partner, als auch für einen anderen Mann hatte. Für den einen empfand ich die innige Zuneigung und die Art von Liebe, die sich erst nach einer gewissen Zeit einstellt, in den anderen war ich verliebt - mit tausend Schmetterlingen im Bauch.

Ich begann mich zu fragen, ob ich meinen Partner nun nicht mehr lieben würde, doch kam schnell darauf, dass dies nicht der Fall war. Ich liebte beide; auf eine unterschiedliche Weise.

Ich versuchte mit meinem Partner darüber zu reden, doch ich erntete nur Eifersucht und Spott. Auch der andere Mann wäre kein Mensch gewesen, der seine Freundin teilen wollte. Damals akzeptierte ich für mich, dass ich mehrere Menschen synchron lieben kann, lebte dies jedoch nicht aus, sondern blieb noch eine Zeit bei meinem Partner und trennte mich irgendwann von ihm, um mit dem anderen zusammenzukommen. So spielte ich eine Zeit lang das Bäumchen-wechsel-dich-Spiel, versuchte noch einmal eine feste längerfristige Beziehung, in der mir auch wieder ein anderer Mann begegnete, doch dieses Mal blieb ich bei meinem Partner. Beim Versuch, mit meinen Partnern über dieses Thema zu reden, traf ich immer wieder auf dasselbe Unverständnis.

Mit diesem Partner ging es noch etwa zwei Jahre gut, doch dann trennte ich mich auch von ihm. Ich hatte in dieser Zeit sehr viele Dinge bemerkt, die mir fehlten. Neben meiner Veranlagung zur Polyamorie bin ich noch bisexuell, devot-masochistisch und habe einen Hang zum Sadismus. Alles Dinge, die ich nie gewagt hätte, sie mit ihm auszuleben. Außerdem hatte ich mich mit ihm einfach auseinander gelebt. Wir entwickelten uns in verschiedene Richtungen. In der Folge sprang ich wieder von einem zum anderen, doch diesmal ganz bewusst, ohne mich festzulegen oder auch nur zu verlieben.

Ich begann die fehlenden Dinge teilweise recht exzessiv auszuleben, doch ich fand weder das Glück noch das Gefühl, zuhause angekommen zu sein. Mir fehlte eine feste Konstante im Leben. Diese permanente Rotation zwischen den verschiedenen Männern mit ihren verschiedenen Komponenten, die mich an ihnen reizten, fand erst ein Ende, als ich meinen jetzigen Mann kennen lernte. Endlich fand ich meine innere Ruhe und Stabilität wieder.

Das erste Jahr unserer Beziehung genossen wir uns ausführlich, obgleich wir hin und wieder auch jemanden dazu holten. Sehr selten hatten wir eine weitere Frau mit im Bett. Im Regelfall war es ein zweiter Mann. Das begründet sich in meiner nach wie vor vorhandenen Angst davor, tatsächlich mit einer Frau „richtig“ etwas zu machen, aber ich hoffe, dass sich diese Angst bald legt oder ich jemanden finden werde, der mich behutsam einführt.

Jedenfalls begannen nach dieser Zeit sowohl mein Mann, als auch ich uns mehr und mehr nach fremder Haut zu sehnen. Die stillen inneren Rufe nach dem Kribbeln im Bauch wurden wieder laut. Ich denke, dass dies auch meinem Mann damals so ging, obwohl er es vermutlich nicht weiter beachtete. Wir holten uns immer öfter jemanden dazu.

Eines Tages stolperte ich in einer unserer Online-Communities über den Begriff „Polyamorie“ und begann, mich damit zu beschäftigen. Ich erkannte, dass meine Erfahrungen einen Namen hatten und dass ich bei weitem nicht die einzige bin, die so fühlen kann. In der Folge versuchte ich erneut, meinem Partner davon zu erzählen, legte ihm die gesammelten Informationen vor und er reagierte sehr aufgeschlossen. Ich war absolut überrascht. Er beschäftigte sich sehr eingehend damit. Er öffnete sich und arbeitete nun merklich an seiner Eifersucht. Darauf war und bin ich immer noch sehr stolz.

Bei einem gemeinsamen Besuch eines Swingerclubs lernten wir dann meinen (inzwischen schon wieder Ex-) Freund kennen. Mein Mann lief für mich Werbung und erzählte ihm, wie toll ich sei. Es war mir schon fast peinlich. Ich für meinen Teil hätte ihn nicht als potenziellen Zweitpartner wahrgenommen, aber mein Mann setzte alles daran, dass er für mich Interesse entwickelte.

Ich war sehr überrascht, denn in meinen Augen hatte mein Mann sich nicht ausreichend Zeit genommen, um sich mit der Theorie der Polyamorie zu beschäftigen. Ich habe Jahre gebraucht, bis ich mir dann auch die Praxis zugetraut habe. Aber vielleicht ist mein Mann auch einer derjenigen, die erst durch reale Erfahrung erleben können, ob Dinge für sie etwas sind oder eben nicht.

Jedenfalls dauerte es nicht lange und auch er hatte eine weitere Partnerin.

Zu Anfang war auch alles wunderbar. Wir genossen die gemeinsame Zeit zu viert. Aber bald wurden die Eifersuchtsattacken der Freundin meines Mannes zu offensichtlich und belasteten zunehmend auch unsere Beziehung. Das Ergebnis ließ nicht lang auf sich warten: Er ritt auf meiner Welle mit, in der ich versuchte, ihr verschiedene Dinge vor Augen zu führen und beendete vorübergehend diese Beziehung. Jedoch ließen sich seine Gefühle natürlich nicht abstellen. Und ich brachte auch nicht übers Herz, mein Veto einzulegen und damit den Kontakt zu ihr vollends zu unterbinden.

Die Grundfesten der Polyamorie sind in erster Linie die gemeinsame Kommunikation und genaue Absprachen zwischen allen Beteiligten. Dafür ist mindestens eine Freundschaft zwischen allen Partnern zwingend nötig. Ohne das hat man keine Basis für ein gemeinsames Gespräch. Nur wenn man offen über seine Gefühle spricht und sich gegebenenfalls auch die ein oder anderen Dinge in Absprache in der Haupt- oder den Nebenbeziehungen vorbehält, hat das ganze eine Zukunft. Für die Umsetzung dieser Dinge sind eine gewisse Reife und die Fähigkeit zur Selbstreflexion unabdingbar.

Die Freundin meines Mannes suchte jedoch keinerlei Dialog mit mir und meine Versuche diesbezüglich blieben fruchtlos. Auch lebte sie eine Zeit lang ihre Eifersucht exzessiv aus. Ich bin ein sehr sensibler und empathischer Mensch und ich spürte, dass diese Feindseeligkeiten mir gegenüber nicht nur mich belasteten, sondern uns alle. Mit dem Bruch begann sie jedoch scheinbar damit, wenigstens daran zu arbeiten. Am Ende haben beide aber beschlossen, es bei einer Spielbeziehung zu belassen.

Aber auch auf meiner Seite begann es zunehmend zu bröckeln. Mein Freund verlor Stück für Stück das (nicht nur) sexuelle Interesse an meinem Mann und verlagerte seinen Fokus auf mich. Hinzu kommt, dass er immense Probleme hat, sich selbst zu öffnen und nur sehr schwer über seine Gefühle sprechen kann. Dies war schließlich auch der Grund dafür, dass ich mich von ihm trennte.

Eifersucht ist in einer solchen Beziehungskonstellation trotz Beschäftigung mit dem Thema immer wieder vorhanden. Mein Mann und auch ich können sie aber mittlerweile relativ gut von den wahren Beziehungskonflikten trennen. Eifersucht ist in unseren Augen eine Emotion, die durch mangelnde Aufmerksamkeit der Eltern für die Kinder entstanden sein könnte und wo nun wir als erwachsene Kinder gefordert sind, uns diesen Unsinn wieder auszutreiben.

Überrascht und stolz bin ich bezüglich meines Mannes nach wie vor, denn er mutierte von einem eifersüchtigen Monoamorösen zu einem selbstkritischen Polyamorösen. Und das in Rekordzeit.

Ich für meinen Teil glaube, dass ich mich, trotz der starken Bindung zu meinem Mann, die wohl nie ein anderer bei mir erreichen wird, erst durch mindestens eine weitere Frau, wenn nicht sogar dazu noch durch einen weiteren Mann neben meinem Mann, vollständig fühlen kann.

Die für mich elementare Wahrheit des Lebens ist das Yin-Yang-Prinzip. Für alle Dinge gibt es auch Gegenstücke. Wenn ich mich in diesem Kontext als Yang bezeichnen möchte, macht mein Mann ca. 80 % des Yin aus, welches mich vervollständigt und mein Gegenstück darstellt. Die anderen 20 % gehören dann also dem oder den anderen Partnern. Das ist sicher keine faire Verteilung, aber darauf kommt es auch nicht an, denn die Liebe zu meinem Mann ist nicht die gleiche, wie die zu den weiteren Partnern. Die Liebe wird nicht geteilt, die Partner bekommen nicht etwa ein Stück vom Kuchen.

So, wie mein Mann mich in vielen Dingen ergänzt, ergänzen mich die andern Partner in anderen Dingen, die mein Mann nicht hat. Das ist aber keineswegs als schlecht anzusehen, denn der Mensch in sich ist widersprüchlich. Vielleicht will man in einigen Bezügen beide Seiten einer Medaille haben. Und die kann ein Mensch allein unmöglich haben. Mein Mann kann beispielsweise nicht chaotisch und ordentlich zugleich sein. Die Partner in einer polyamorösen Beziehung sind unterschiedlich und so ist es auch mit den Gefühlen, die ich für sie hege. Ich liebe nicht den einen mehr und den anderen weniger, sondern ich liebe sie auf ihre ganz eigene Art. Die vorhandene Liebe maximiert sich also, sie wird nicht geteilt.

Jedoch muss ich auch gestehen, dass ich mit dieser Teilvollständigkeit, die ich durch meinen Mann erlebe, durchaus auch für den Rest meines Lebens umgehen könnte, wenn er Polyamorie nicht länger wollen würde.

Aufgrund des oben skizzierten Modells ist mein Mann auch der einzige Mensch, dessen Verlust ich nicht verschmerzen könnte. Das ist jetzt nicht abwertend gegenüber den „Nebenpartnern“ gemeint, denn ich würde sie auch lieben und es wäre sicher auch nicht leicht, sie zu verlieren, nur könnte ich, wenn es notwendig wird, ohne sie leben. Ohne meinen Mann dagegen nicht!

Ich weiß, dass ich mit dieser Einstellung im Kreise der Polyamorösen doch eher zur Minderheit gehöre, doch ich kann nun mal an meinen Gefühlen nichts ändern. Wobei ich mir auch nicht sicher bin, wie sich die Gefühle zu einer Frau entwickeln könnten. In Bezug auf Männer ist es aber definitiv so.

Aber machen wir uns nichts vor: Es ist nicht leicht, über die anerzogenen Verlustängste und Eifersüchteleien hinweg zu kommen. Selbst nach Jahren nicht. Fraglich ist, ob man es überhaupt vollends schaffen kann. Aber der Versuch lohnt sich, denn er lässt einen an einem selbst arbeiten, ermöglicht aber auch eine verantwortungsbewusste Freiheit, die es so in einer monoamorösen Beziehung für mich nie geben würde. Man ist nicht gezwungen, sein Leben und all seine Liebe an nur eine Person zu hängen. Man kann in der Enge einer Beziehung die Freiheit der Liebe genießen. Denn je mehr Liebe man gibt, desto mehr bekommt man davon, heißt es.

Auch Treue ist in der Polyamorie keine Phrase: Wir sind keine Swinger, wir hüpfen nicht ständig von Baum zu Baum. Wenn wir uns auf Partner festgelegt haben, leben wir mit ihnen monogamiegleich in einer festen Bindung. Obgleich mein Mann und ich uns neben der Polyamorie auch noch für eine teiloffene Beziehung entschieden haben.

Wir sind im Grunde Menschen, die in einer wie auch immer gearteten offenen Beziehung leben, dabei aber Liebe nicht ausschließen.

Ein Zitat aus dem Buch „Frühstück zu dritt“ hat mich besonders berührt, denn es sagt im Grunde alles zum Thema Eifersucht und Treue bei der Polyamorie aus: "Mir geht die Eifersucht nicht deshalb ab, weil ich so weise bin, sondern weil ich mich entschieden habe, die Frau meines Lebens nicht zu verlassen, unter keinen Umständen. [...] Aus diesem Gedanken folgt für mich, dass Eifersucht immer ein Zeichen von Nicht-Entscheidung ist, vom irgendwo versteckten oder unterdrückten Gedanken, selbst den anderen verlassen zu wollen."

Abschließend lässt sich sagen, dass diese Beziehungsform nicht einfach ist, sich aber für mich ungemein lohnt. Sie ist jedoch nur umsetzbar mit den richtigen Partnern. Es müssen Menschen sein, die sich öffnen, die über ihre Gefühle sprechen und die sich auf mehr als nur einen Menschen einlassen können – egal in welcher Form.

Polyamorie ist lebbar, lohnenswert und ungemein erfüllend, wenn sie offen und ehrlich gelebt und nicht versucht wird, Konflikten generell aus dem Wege zu gehen.

Verfasserin dea infernalis

Polyamorie – Aus Sicht eines Mannes

Wie kam ich zur Polyamorie? Schon sehr früh merkte ich, dass es möglich ist, mehrere Menschen zu lieben. Mit 19 Jahren hatte ich das erste Mal bisexuelle Erfahrung. Dabei wurde ich von einem guten Freund verführt. Dieser Freund war für mich schon immer etwas Besonderes gewesen. Ich genoss jede Sekunde mit ihm und hatte ihn immer gerne um mich. Auf die Idee, dass ich mehr für ihn empfinden könnte, wäre ich nie gekommen, obwohl es im Nachhinein betrachtet genau so war.

Zeitgleich hatte ich aber auch eine Freundin, die ich liebte. Diese erste Bi-Erfahrung hatte mich so aus der Bahn geworfen, dass ich die Beziehung zu meiner damaligen Freundin beendete, da ich dachte, dass ich schwul sei. Ich weiß, das sind sehr komplizierte Gedanken. Es tat irgendwie weh, und ich merkte sehr schnell, dass ich sie beide liebte. Wobei ich zu dem Zeitpunkt noch keinen Begriff dafür hatte, was ich empfand.

Mit 21 Jahren lernte ich meine Exfrau kennen und da war es erst einmal vorbei mit anderen Frauen und Männern. Als sie merkte, dass ich auch Interesse an Männern habe, gab es erst Szenen ohne Ende, als ob ich etwas dafür könnte. Im letzten Jahre unserer Ehe konnte ich meine verdrängten Neigungen nicht mehr zurückhalten und begann mich exzessiv mit Männern zu treffen – also aus ihrer Sicht fremdzugehen.

Ein halbes Jahr später lernte ich meine Frau kennen. Wir sprachen sehr viel über das Thema. Es war, als hätte ich jemanden gefunden, der mich endlich so nimmt, wie ich bin. Das Problem an der ganzen Geschichte war, dass ich immer noch die monogamen Strukturen im Kopf hatte und sehr viel Eifersucht empfand. Obwohl ich wusste, dass es nicht an den anderen liegt, sondern an mir. Aber sein Gehirn im Erwachsenenalter umzupolen oder umzuerziehen, ist ein sehr langer und aufwendiger Prozess.

Nach fast zwei Jahren Beziehung wagten wir den ersten Schritt in die Polyamorie. Ein zweiter Mann im Bett war für uns ja nichts Neues, das hatten wir schon öfter gemacht, aber Gefühle diesmal zuzulassen, das war sehr wohl neu für uns. Wir lernten den ersten Ex-Polypartner im Swingerclub kennen, in dem wir beide SM praktizierten und der dadurch sehr neugierig auf uns wurde. Anfangs war es auf Sex aufgebaut, aber nach vier Tagen gestand er ihr, dass er sich in sie verliebt hatte.

So, jetzt war es also so weit. Meine Frau führte ihre erste Zweitbeziehung. Vorher wurden aber einige Absprachen getroffen, um unsere Beziehung zu schützen. Unsere Beziehung hat immer oberster Priorität. Und wer versucht, nur im Geringsten dazwischen zu funken, fliegt sofort.

Ich hatte anfangs enorme Schwierigkeiten mit der Situation. Es tobte ein Krieg in mir. Verlustangst, Albträume, die Furcht, weniger geliebt zu werden, die Befürchtung, der andere könne besser sein, subtile Ängste, offensichtliche Ängste. Mir ging es anfangs nicht gut damit, im Gegenteil. Ich überlegte, ob ich das wirklich wollte. Aber einen Rückzieher zu machen, jetzt, wo sie anfing, mit ihm glücklich zu werden, wollte ich auch nicht. Ich musste da durch. Aus meiner Sicht konnte ich jetzt nicht mehr abbrechen.
Also habe ich mir ziemlich schnell eine Partnerin gesucht. Ich muss dazu sagen, dass es für mich nicht schwer ist, jemanden zu finden und so traf ich meine Freundin, mit der ich auch heute noch liiert bin, in der Arbeit.

Anfangs war es nur sexuelle Anziehungskraft, dann leichte Verliebtheit. Leider kam sie mit Polyamorie aber überhaupt nicht klar und wurde ziemlich schnell eifersüchtig. Sie sah meine Frau als Konkurrenz und wollte die Hauptbeziehung werden. Ich habe es anfangs, beziehunngsweise bis vor kurzem nicht gemerkt, dass sie unserer Beziehung erheblichen Schaden zugefügt hat.

Zu dem Zeitpunkt liebte ich aber drei Frauen. Die dritte Frau ist eine Freundin, die wir schon lange kennen. Da hat es vor einem halben Jahr schon bei mir gefunkt, aber das habe ich immer ignoriert. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es gut so war, da diese Liebe nur einseitig war.

Nachdem meine Frau und ich nur noch über meine Polypartnerin gestritten haben, habe ich die Beziehung zu meiner „Zweitfrau“ auf Eis gelegt, solange, bis diese damit klarkam. Ich stellte aber sehr schnell fest, dass meine Gefühle schon deutlich mehr waren als nur Verliebtheit. Und jetzt war ich wieder allein, während meine Frau ihren Freund hatte.

Damit kam ich nicht klar. Also arbeitete ich subtil an einer Wiederaufnahme unsere Beziehung. Immer noch wusste ich nicht, ob diese Beziehungsform richtig ist für mich. Aktiv kann ich mehrere Menschen lieben, passiv habe ich Schwierigkeiten, gerade wenn es meine Frau betrifft. Auch verstieß ich gegen sämtliche Absprachen, ohne es bewusst zu merken.

Nachdem wir heirateten, kam die Wendung. Der Partner meiner Frau zog sich komplett zurück, hatte kein Interesse mehr an meiner Person, öffnete sich nicht mehr und so kam es, dass er die Liebe meiner Frau zu ihm im Keim erstickte. Nach mehreren erfolglosen Gesprächen beendete meine Frau ihre Beziehung. Sie hielt sich immer an die Absprachen, während ich es aus Angst, jemanden weh zu tun, nicht tat.

Die Konsequenz kam deutlich. Unsere heilige, geschützte Beziehung bröckelte und wir entfernten uns immer mehr voneinander. Da unsere Hochzeitsfeier ein Albtraum war und wir beide ein Trauma davontrugen, waren wir an einem Punkt, der der Tiefpunkt unsere Beziehung war. Ich wollte stark sein für sie und begann zu trinken, um das ganze auszuhalten. Und flüchtete immer mehr in die Zweitbeziehung, während meine Frau alleine und einsam war und litt.

Ich würde sagen, der erste Versuch der Polyamorie ist gescheitert. Es wurden Fehler auf allen Ebenen gemacht. Diese gingen sogar so weit, dass unsere Ehe nach kurzer Zeit schon wankte. Aus meiner Sicht ist Polyamorie sehr schwer zu führen, ja, unmöglich zu führen, wenn man den falschen Polypartner hat. Es kann sogar eine Gefahr für die Hauptbeziehung sein.

Es gibt verschiedene Arten der Polyamorie. Das Wichtigste sind aber die Absprachen, die das Hauptpaar vorher schon treffen muss. Werden diese Absprachen nicht eingehalten, wird die eigene Beziehung gefährdet oder bis zum Einsturz gebracht.
Dies trifft aus meiner Sicht hauptsächlich dann zu, wenn es um einen gegengeschlechtlichen Partner geht, der den Hauptpartner als Konkurrenz sehen könnte. Bei einem gleichgeschlechtlichen Partner, der im Idealfall ebenfalls Interesse an der Frau hat, dürfte diese Schwierigkeit nicht entstehen. Das Konkurrenzdenken ist weniger ausgeprägt und wird vermutlich auch nicht entstehen. Wenn man aber den richtigen Partner dafür findet, kann es eine Bereicherung werden. Eben eine Ergänzung zum Hauptpartner.

Ich selbst bin immer noch sehr kritisch und weiß immer noch nicht, ob Polyamorie mit einer zweiten Frau, in meinen Falle, je harmonisch ablaufen kann. Ich weiß nicht einmal, ob ich es wirklich will. Ich werde abwarten und offen bleiben, aber so richtig überzeugt bin ich aufgrund der ersten Erfahrung nicht. Wobei in meinem bisherigen Leben die ersten Erfahrungen selten ausschlaggebend waren.

Rein spirituell ist Polyamorie meiner Meinung nach bei jeden Menschen möglich. Es geht sogar soweit, dass man es auf alle Lebewesen ausweiten könnte, genau was Buddha, Jesus oder dergleichen es getan haben. Und das wäre dann der Augenblick der Erleuchtung heißt es.

In meinen Fall werde ich es erneut versuchen, dann, wenn die Liebe mich ein zweites Mal trifft. Sich dagegen zu verweigern, wäre falsch. Und ich hoffe, dass das Projekt Polyamorie für mich zu reiner Liebe werden kann, die ich für zwei oder mehr Menschen empfinde. Es könnte aber auch sein, dass diese Beziehungsform für mich auf Dauer doch nichts ist...

Verfasser deus infernalis

 

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